Abschnitt der „Beson­der­hei­ten“
Faschings­zeit war die Zeit zum Feiern mit Hausbäl­len und Kappen­aben­den. Beson­ders im „Café Gold“, im „Hirsch“, „Lamm“, in der „Sonne“, im „Gullmann“, in „dr Gruab‘“, em „Pfluag“ und im „Grea Baum“. Da ging es mitun­ter recht wild her – wie die Zeiten eben waren. Nix mit #MeToo und ähnli­chem – s hat oifach gmenschelt ????.
Kegeln. Das Kegel­spiel ist eine der ältes­ten Sport­ar­ten. Vorläu­fer gab es bereits im antiken Ägypten. Bei archäo­lo­gi­schen Ausgra­bun­gen fand man Teile eines Kinder­ke­gel­spiels aus der Zeit um 3500 vor unserer Zeitrech­nung und Wandre­li­efs in Grabstät­ten, die Spiel­sze­nen darstel­len. Im Mittel­al­ter verbrei­te­te sich das Spiel immer weiter, obwohl die Obrig­keit es immer wieder verbot. Bis ins 18. Jahrhun­dert wurde ausnahms­los im Freien gespielt. Kegeln fehlte auf keinem Jahrmarkt und auf keiner größe­ren Hochzeit. Anfang bis Mitte des 19. Jahrhun­derts diente die Gründung fester Kegel­ge­mein­schaf­ten zunächst der Unter­stüt­zung Bedürf­ti­ger. Doch rasch trat der sport­li­che Gedan­ke mehr und mehr in den Vorder­grund. Das Sport­ke­geln wurde geboren und verbrei­te­te sich rasant. Ab 1889 kennen wir den Deutschen Kegler­bund (DKB) und seit 1891 führte er Deutsche Meister­schaf­ten durch. Nach dem Krieg wurde dann am 14. Oktober 1950 neu gegrün­det und hatte 2017 noch ca. 80.000 Mitglie­der, einher­ge­hend mit einer Abnah­me des Inter­es­ses am Kegeln durch geänder­te Freizeit­ge­wohn­hei­ten.
In Oberko­chen begann der Kegel­sport im Gasthaus „Pflug“ und in „dr Schell“. Wie schon erwähnt, wurden beide Bahnen aber wieder abgeris­sen, weil zu wenig konsu­miert wurde. Die richti­ge Geburts­stun­de des Kegelns in Oberko­chen war am 9. Novem­ber 1957. Die neue Kegel­bahn in der „Grube“ wurde eröff­net. Der erste Wettkampf fand um 14:30 Uhr zwischen den „Roasch­hurglern“ aus Oberko­chen“ und den „Königs­mör­dern“ aus Ebnat statt. Ebnat gewann mit 384 zu 357 Holz. Beste Spieler auf Oberkoch­ner Seite waren Dürr, F. Schnell und M. Tritt­ler. Um 18 Uhr wurde sie durch die Kreis­keg­ler­ver­ei­ni­gung Aalen feier­lich eröff­net, mit einem anschlie­ßen­den Vergleichs­kampf zwischen Oberko­chen und Unter­ko­chen (Gewon­nen hat Unter­ko­chen – war eh klar). Die besten Oberkoch­ner waren Brucker, M. Tritt­ler und M. Schoch). In der Zeitung wurde sie damals als schöns­te Bahn im Kreis Aalen bezeich­net. Selbst­ver­ständ­lich waren Bürger­meis­ter, Gemein­de­rat und die Kirche bei der Eröff­nung zugegen. Und kaum zu glauben – Dr. Hans Schmied überbrach­te die Grüße der wissen­schaft­li­chen Verei­ni­gung der Fa. Carl Zeiss.
Kegel­club „Sonnen­berg“. Am 17. Novem­ber, eine Woche nach der Eröff­nung der Bahn, wurde „mein“ (also der meines Vatis) Kegel­ver­ein gegrün­det. Die damali­gen Gründungs­mit­glie­der waren nament­lich (A‑Z). Im Bericht 548 wurde ausführ­lich über diesen Verein berichtet.

• Hermann Alfons (Oberleh­rer), Sonnen­berg­str. 21
• Hölldampf Anton (Oberleh­rer), Sonnen­berg­str. 23
• Huber Hermann (Hilfs­ar­bei­ter), Sonnen­berg­str. 27
• Vorstand: Kolb Adolf (Schlos­ser), Dreißen­tal­str. 62
• Kölbl Otto (kfm. Hilfs­kraft), Brunnen­hal­de­str. 7
• Maier Micha­el (Bohrer), Sonnen­berg­str. 6
• Kassie­rer: Müller Georg (Dreher), Sonnen­berg­str. 34
• Ramisch Walter (?), Sonnen­berg­str. 38
• Ruhroth Hans (u.a. Hunde­züch­ter), Dreißen­tal­str. 87
• Vater Alfred (Hilfs­ar­bei­ter), Sonnen­berg­str. 38

Der „Kegel­club Sonnen­berg“ (Billie Mitte erste Reihe flankiert von Barba­ra Huber und Manfred Vater) vor der Maiwan­de­rung vor dem frühe­ren Lehrer-Haus im Sonnen­berg 23 (Archiv Müller)

Als ehema­li­ger Sport­keg­ler muss ich sagen, dass es für uns in den späte­ren Jahren immer eine sonntäg­li­che Tortur war, auf einer einbah­ni­gen Anlage einen Wettkampf zu bestrei­ten, denn das dauer­te nahezu den ganzen Tag, bis die Kämpfe angeschlos­sen waren. Also konnte die Lösung nur heißen – wir brauchen eine 2‑Bah­nen-Anlage.
Und so beschloss der TVO 1961 im Katzen­bach ein Vereins­heim mit Turnhal­le und einer vollau­to­ma­ti­schen 2‑bah­ni­gen-Kegel­asphalt­an­la­ge zu bauen. Der Der Bau des gesam­ten Projek­tes dauer­te aber viele Jahre bis zur Eröff­nung im Jahr 1970. Die Kegel­bahn konnte aller­dings schon im Jahr 1966 zur Benut­zung freige­ge­ben werden.
Bekann­te Firmen waren und sind Funk, Spell­mann, Pauly oder auch Ahlborn, bei uns im Süden findet man aber überwie­gend Anlagen von Vollmer Biber­ach.
Der frühe­re SKO, für den ich Anfang der 70er ein paar Jahre lang spiel­te, brach­te das Kegeln als Leistungs­sport in unsere Gemein­de. Hier eine kurze geschicht­li­che Übersicht:
Am 14. April 1959 gründe­te sich in der „Grube“ der Kegel­ver­ein „Die glück­li­che 13“. Die Gründungs­mit­glie­der hießen

• Adolf Bezler
• Wolfgang Carl
• Josef Dobschik
• Erwin Geis
• Severin Gold
• Dieter Göhring
• Lothar Hanke
• Rudolf Hoffmann
• Wilhelm Kaiser
• Willy Saur
• Hermann Schür­le
• Erwin Schwarz
• Hans Günther Vay

Erstmals machte sich der Verein einen Namen, als die Sport­ka­me­ra­den Dobschick, Bezler und Hanke auf der neu erbau­ten Bahn im „Fässle“ in Waldhau­sen (Des Wirtes Töchter­lein Candi­da Müller geb. Funk war Billies Tante) zum Bundes­ke­gel­sport­ab­zei­chen antra­ten. Ab 1. Jan. 1964 änder­te der Verein seinen Namen und trat nun als Sport­ke­gel­club Oberko­chen (SKO) an. In der „Grube“ wurde es schlicht und einfach zu eng, zumal die Anlage auch nur (wie viele aus der Anfangs­zeit) nur eine Bahn hatte.
Und so zog man 1966 in die TVO-Anlage im Katzen­bach um. Der Verein wuchs, Erfol­ge stell­ten sich ein wie z.B. Alfred Betzler Württ. Meister 1968. Der Sport zog auch einige Junge an und Georg „Schorsch“ Tritt­ler wurde in den 70ern zum Aushän­ge­schild des Vereins, der 1976 in Sindel­fin­gen mit 949 Holz einen Bahnre­kord aufstell­te.
Der konnte schon verdammt gut mit der Handku­gel umgehen. Kein Wunder, kam zum Talent doch der Vortei­le einer eigenen Trainings­an­la­ge in der elter­li­chen „Grube“ dazu. Der Billie trat dem SKO wohl 1970 bei und blieb bis 1973, als er nach Sylt zur Marine ging. Ich konnte ruhigen Gewis­sens gehen, hatte ich doch meinen erstes 800er-Spiel hinter mir ????. In dieser Zeit veröf­fent­lich­te ich als erster „Schrei­ber“ für den Verein wöchent­li­che sport­li­che Berich­te in der Schwä­Po (wobei damals noch gutes Zeilen­geld bezahlt wurde) und im Amtsblatt.
Ich erinne­re mich gerne an Gretl Mönch, Maria Betzler und Franzy Painc­zek, an Karl-Heinz Rodeck sen., Walter Kitty Mönch, Rolf Trutschel, Roland Traub, Alfred Betzler sowie an den Ausflug nach Coburg.

Die Kegel­bahn des SKO in der Heiden­hei­mer Straße (Archiv SKO)

Die ersten Träume einer eigenen Kegel­bahn wurden schon zu meiner Zeit hin und wieder disku­tiert, aber immer wieder verwor­fen. Endlich, 1997/98 konnte dieser Traum in der Heiden­hei­mer Str. 122 mit einer 4‑Bah­nen-Anlage in die Reali­tät umgesetzt werden. Die Finan­zie­rung wurde durch Eigen­mit­tel, reich­lich Arbeits­stun­den und durch Zuschüs­se der Sport­ver­bän­de und der Stadt Oberko­chen gestemmt. Die Bewirt­schaf­tung übernahm die damals dort ansäs­si­ge Pizze­ria „Romana“. Das Gebäu­de gehör­te früher Schön-Immobi­li­en und heute der Firma Leitz. Der SKO ist Mieter der Kegel­bahn und benutzt die Bahn wie eh und jeh als Trainings- und Wettkampf­ort.
Ein Verein lebt durch die Aktivi­tät der Mitglie­der. Seien es die Vorstän­de, die Sport- und Bahnwar­te, fleißi­ge Hände im Hinter­grund oder die Spieler, die Meister­schaf­ten nach Hause bringen. Viele wären hervor­zu­he­ben, um gleich­zei­tig andere nicht zu erwäh­nen. Trotz­dem – einen will ich mal erwäh­nen – Wilhelm Kaiser, der im Frühjahr 2022 für über 900 Spiele geehrt wurde und inzwi­schen auch den Sport­ler-Ehren­brief erhielt. Im Jahr 2017 erfolg­te die Fusion zum SK GA Wasser­al­fin­gen-Oberko­chen e.V.

Die Vorstän­de im Laufe der Zeit waren bzw. sind:

• 1966 – 1977 Harry Schei­be
• 1977 – 1979 Wolfgang Kühnert
• 1979 – 1981 Roland Traub
• 1981 – 1995 Klaus-Dieter Kreick­mann
• 1995 – 2008 Ernst Lebzel­ter
• 2008 – 2009 Marc Elze (kommis­sa­risch / 2.Vorsitzender)
• 2009 – 2017 Günter Jurasch­ka
• 2017–2021 Hermann Bäurle
• Aktuell Helmut Gerlach

Im Zusam­men­hang mit dem Grund­the­ma „Gastwirt­schaf­ten“ muss ich das Thema „Flaschen­bier­hand­lung“ anschnei­den. Wenn ich mich in die Zeit meiner Kindheit zurück­er­in­ne­re, kommt es mir vor, als hätte es am Ort „1.000 priva­te Bierhand­lun­gen“ gegeben. Natür­lich waren es weniger, aber trotz­dem unglaub­lich viele, wie sich bei der Recher­che zeigte. Fast in jeder Straße gab es eine und der Privat­ver­brauch dürfte manch­mal nicht unerheb­lich gewesen sein. Aber doch so viel, dass sich das Rathaus bemüßigt sah, für eine Klarstel­lung zu sorgen (nachste­hen­de auszugs­wei­se): „…zur Eröff­nung einer solchen bedarf es keiner Erlaub­nis, aber eine Anmel­dung beim Landratsamt…es ist nicht gestat­tet, das Bier an Ort und Stelle zu genie­ßen – auch nicht im Flur, in Hinter­zim­mern, im Hofraum, im Garten oder der Straße vor dem Haus.“ Die müssen damals schon einen Mords­durst gehabt haben ????.
Liste der Flaschen­bier­hand­lun­gen (keine Gewähr auf Vollständigkeit)

• Bezler in der Aalener Straße 59
• Bohmann in der Brunnen­hal­de 64
• Breit­weg im Sonnen­berg 5
• Englert im Rosen­weg 5
• Fischer in der Först­erstra­ße 7
• Fritz in der Brunnen­hal­de 22
• Fuchs in der Lenzhal­de 2
• Gries­ler in der Brunnen­hal­de 55
• Grupp in der Kelten­stra­ße 6
• Hahn in der Katzen­bach­stra­ße 28
• Hamburg in der Schil­ler­stra­ße 25
• Holz Linus in der Katzen­bach­stra­ße 64
• Hug im Tulpen­weg 2
• Jakal in der Schil­ler­stra­ße 8
• Klein­hans im Dreis­sen­tal 93
• Kolb im Dreis­sen­tal 62
• Maurer im Weingar­ten 52
• Müller im Finken­weg 4
• Müller im Hasen­gäss­le 5
• Müller Heiden­hei­mer Str. 60
• Neumann in der Volkmars­berg­stra­ße 17/1
• Peuker in der Walter-Bauers­feld-Straße 35
• Plötner in der Jenaer Straße 13
• Ruff im Zeppe­lin­weg 52
• Schreck in der Schil­ler­stra­ße 49
• Schüt­ze im Gerhard-Haupt­mann-Weg 87
• Schwab in der Brunnen­hal­de 34
• Speth in der Volkmars­berg­stra­ße 6
• Staschek in der Panora­ma­stra­ße 13
• Strobel in der Mühlstra­ße 22
• Teichelm­ann, Carl-Zeiss-Straße 25
• Weiser im Adalbert-Stifter-Weg 17
• Weiß im Gerhard-Haupt­mann-Weg 13
• Weng im Zeppe­lin­weg 6
• Ziemons im Kapel­len­weg 21

Dann haben wir noch die „Geträn­ke­hand­lun­gen“. Die Vorgän­ger waren die o.a. Bierhandlungen.

Weite­re Entwick­lun­gen sehen wir in den nachste­hend aufge­führ­ten Geschäften:

• Flaschen­bier­hand­lung Beyschlag Nördlin­gen über Kutscher­auer im Heide­weg 8 und Pilz in der Brunnen­hal­de 9
• Koepf-Braue­rei über Wiedmann im Silcher­weg 6
• Schäff-Bräu Treucht­lin­gen über Waltraud Teichelm­ann in der Beetho­ven­stra­ße 6
• Weinaus­lie­fe­rungs­la­ger August Fischer im Katzen­bach 59
• Weinaus­lie­fe­rungs­la­ger Ludwig Brossardt über Vinzenz Dürr im Kronen­gäss­le 3
• Weingroß- und Einzel­han­del Anna Barth im Katzen­bach 61 (sie betrieb auch die Bewirt­schaf­tung der Dreißen­tal­turn­hal­le)
• Weinhand­lung Josef Tritt­ler in der Aalener Straße 43
• Weinver­kauf Hugo Müller in der Heiden­hei­mer Straße 60
• Weinver­kauf Werner Ritter über Hans Schwarz im Gerhart-Haupt­mann-Weg 19

Im Einwoh­ner­mel­de­buch von 1975 sehen wir noch folgen­de Unterscheidungen:

Bierhan­del

• Bayer in der Blumen­stra­ße 22
• Biemann in der Brunnen­hal­de 31
• Bihlmayr im Silcher­weg 17
• Eckart­sberg in der Panora­ma­str. 1
• Langguth im Zeppe­lin­weg 14
• Schwab im Silcher­weg 13
• Wiedmann im Silcher­weg 6

Geträn­ke­han­del

• Anna Edinger in der Aalener Straße 1
• Anna Englert im Rosen­weg 5
• Frank Fase in der Schil­ler­stra­ße 43
• Königs­bräu Gebr. Mayer KG in der Dreißen­tal­stra­ße 22
• Annelie­se Neuhäu­ser in der in der Dreißen­tal­stra­ße 48
• Helga Paap im Kapel­len­weg 22
• Sieglin­de Styrnol im Kapel­len­weg 20
• Hermann Weber in der Heiden­hei­mer Str. 6

Weine und Spirituosen

• Anna Barth Weingroß- und Einzel­han­del im Katzen­bach 61
• Maria Scharpf im Jäger­gäss­le 3
• Hans Schwarz im Gerhart-Haupt­mann-Weg 19

In den Einwoh­ner­mel­de­bü­chern ab 1983 taucht erstmals der Begriff „Geträn­ke­han­del“ auf:

• Elfrie­de Anderl im Zeppe­lin­weg 46
• Anna Barth im Katzen­bach 61
• Cabinet Weinver­trieb GmbH in der Heiden­hei­mer Straße 41 (wurde separat unter „Weine“ gelis­tet) *** identisch
• Chris­tel Erhardt in der Bürger­meis­ter-Bosch-Str. 3
• Göbel GmbH in der Walter-Bauers­feld-Str. 49
• Herbert Grupp „Hättre“ im Hasen­gäss­le 6
• Georg Hahn in der Aalener Straße 23
• Andrea Onder­ka in der Volkmars­berg­str. 1 (wurde separat unter „Weine“ gelis­tet) *** identisch
• Helga und Peter Paap im Kapel­len­weg 22
• Werner Ritter im Gerhart-Haupt­mann-Weg 19
• Gerhard Rüdiger in der Einstein­stra­ße 1
• Adolf Schmid OHG im Dreißen­tal 55
• Otto Schmidt im Zeppe­lin­weg 47
• Helene Speth in der Volkmars­berg­str. 6
• Alfred Schieß in der Goethe­stra­ße 6
• Hermann Weber in der Heiden­hei­mer Straße 6

Die letzten öffent­lich zugäng­li­chen Unter­la­gen stammen aus dem „Adress­buch 2002“. Danach gab man seitens der Stadt­ver­wal­tung das Projekt „Adress­buch“ aus Kosten­grün­den und wegen des Daten­schut­zes für immer und ewig auf. Sollte es mal jeman­den geben, der sich nach meiner Zeit mit Recher­che­ar­bei­ten zu beschäf­ti­gen hat, dem sage ich nur: „Glück auf, wer sucht der findet – vielleicht – irgend­wo irgendwas????“.

Dann gibt es noch ein paar Anmer­kun­gen zum Thema „Braue­rei­en“. Hier erhielt ich eine Auflis­tung aller einmal existie­ren­den Braue­rei­en am Ort über folgen­den Weg: Albert Hald – NN Haas – Anton Gutheiß – Ludwig Burghard. Die Vielzahl ist auf den ersten Blick nahezu unglaub­lich, aber entspricht doch den Tatsa­chen.
Die Liste stammt vom verstor­be­nen Senior-Chef Albert Hald der „Hald“-Brauerei in Dunstel­kin­gen. Eine Rückfra­ge zu der Liste war leider erfolg­los, weil die Nachkom­men nur berich­ten konnten, dass der Senior in seinen Unruhe­stands-Jahren alle Braue­rei­en seiner Heimat penibel erfasst hat. Ihn selbst können wir nicht befra­gen, da er 2014, im Alter von 85 Jahren, verstarb. Seine Braue­rei lässt sich bis ins Jahr 1664 zurück­ver­fol­gen. Er war ein Brauer mit Leib und Seele, pfleg­te die regio­na­le Braukul­tur, vertei­dig­te das Reinheits­ge­bot und forsch­te heimat­kund­lich nach alten, meist unter­ge­gan­ge­nen Braue­rei­en, an die sich oft nicht einmal mehr die Zeitge­nos­sen erinnern.
Die Oberko­che­ner Liste sieht wie folgt aus:

16801 a / 1895 bis 1898 / Joh. Elmer, Braue­rei
16801 b / bis 1902 / Braue­rei Kolb
16802 a / 1875 bis 1879 / Fuchs, Braue­rei zum Hirsch
16802 b / bis 1889 / Paul Engel
16802 c / bis 1913 / Georg Nagel
16802 d / bis 1920 / Georg Nagel, Erben
16803 a / 1895 bis 1903 / M- Gold, Wwe. Braue­rei zur Grube
16804 a / 1875 bis 1889 / F. Köpf, Braue­rei zum Ochsen
16804 b / bis 1892 / Joh. Gg. Köpf, Braue­rei zum Ochsen
16804 c / bis 1902 / Ludwig Trick
16804 d / bis NN / Jakob Kirch­dör­fer und Anna Edinger
16805 a / 1888 bis 1896 / Anton Schell­mann, Braue­rei zum Bahnhof
16805 b / bis 1903 / Anton Veil
16806 a / 1900 bis 1903 / Weber, Braue­rei zum Lamm
16807 a / 1895 bis 1903 / Fr. A. Weber, Braue­rei zum Grünen Baum

Dann bleiben noch die „Migran­ten“ aus der Ostzo­ne ????– die Thürin­ger. Die gingen gerne in den „Ochsen“, den „Hirsch“ und den „Pflug“. Denen, so hat es den Anschein, ging es wohl überwie­gend um billi­ges / preis­wer­tes, aber dennoch gutes Essen. Und im „Ochsen“ hat man relativ schnell erkannt, dass man mit „Thürin­ger Bratwürs­ten“ und „Königs­ber­ger Klöpsen“ gutes Geld verdie­nen konnte. Die Thürin­ger Lands­mann­schaft ging biswei­len gerne ins „Lamm“ und ins „Rössle“.
Orte zum Spielen. In meiner Jugend liebte ich es zu spielen – auch an Automa­ten. Spiel­au­to­ma­ten gab es im „Café Muh“, in der „Sonne“, in der „Grube“, im „Gullmann“, im „Ochsen“ und im „Hirsch“. An manchen dieser Geräte stand aber immer der „P.X.“, rauch­te Zigar­re und fütter­te diese Automa­ten reich­lich mit Groschen. Inter­es­san­ter­wei­se gewann er aber auch relativ häufig. Vielleicht lag es an seinem, als Krimi­na­ler geübten, schar­fen Blick. Dann gab es noch im Hinter­zim­mer im „Gullmann“ ein Flipper-Stüble. Da wurde kräftig gespielt und getilt – bis die Finger glühten. Das grüne Tuch des Billard-Tischs im „Fässle“ zog mich magisch an und ich übte mich in der Handha­bung des Queues und dem Versen­ken der Kugeln. Auch die Musik-Boxen zogen mir magisch das Geld aus der Tasche, denn meine Musik wurde nicht ständig im Radio gespielt, dafür musste man schon zahlen – im „Hirsch“, im „Gullmann“ und im „Café Italia“ (wobei der Chef Floria­no manch­mal einfach den Stecker zog, wenn ihm unsere musika­li­schen Vorlie­ben missfie­len). Dann war da noch der „Kicker“ im „Café Muh“. Dort waren die Rastel­lis der kleinen weißen Kugel und den Stangen mit den Kicker-Figuren zugan­ge. Und da gab es richti­ge Könner, gegen die wir keine Chance hatten.
Nun muss ich aber noch die Stamm­ti­sche erwäh­nen. Von der Defini­ti­on ist ein Stamm­tisch sowohl eine Gruppe von mehre­ren Perso­nen, die sich regel­mä­ßig in einem Lokal trifft, als auch der meist größe­re, runde Tisch, um den sich diese Gruppe versam­melt. Im ländli­chen Raum gelten Stamm­ti­sche häufig als ein Treff­punkt von ausschließ­lich Männern eines Ortes. Im Mittel­punkt dieser Stamm­tisch­run­den stehen oft das gesel­li­ge Zusam­men­sein, Karten­spiel und politi­sche oder philo­so­phi­sche Diskus­sio­nen. Dem Stamm­tisch wird oft eine verein­fa­chen­de, undif­fe­ren­zier­te Argumen­ta­ti­ons­wei­se unter­stellt, für die sich Begrif­fe wie „Stamm­tisch­pa­ro­le“, „Stamm­tisch­po­li­tik“ und „Stamm­tisch­ni­veau“ etabliert haben. Vor allem in ländli­chen Regio­nen und kleinen Gemein­den war die Zugehö­rig­keit zum Stamm­tisch an einen höheren Sozial­sta­tus gebun­den. So setzte sich ein Dorfstamm­tisch bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhun­derts vor allem aus örtli­chen Honora­tio­ren wie dem Bürger­meis­ter, Arzt, Apothe­ker, Lehrer, Förster oder wohlha­ben­den Bauern zusam­men. Stamm­ti­sche finden auf dem Land abends oder nach dem sonntäg­li­chen Gottes­dienst als „Frühschop­pen“ statt. Die Einla­dung an einen Ortsfrem­den, am Stamm­tisch Platz zu nehmen, galt als nicht selbst­ver­ständ­li­che Wertschät­zung. Dort, wo man beson­ders dem Skatspiel zugetan war, hängte man die „Grand Ouverts“ in einem Rahmen an die Wand, mit der Info wer den wann mit wem gespielt hat.
Ein Stich­wort sagt: „Kinder und Narren sagen die Wahrheit.“ Es gibt noch eine Gelegen­heit die ungeschmink­te Wahrheit zu erfah­ren – den Stamm­tisch. Er ist ein Ort der Wahrhei­ten – einer von vielen Wahrhei­ten halt. Wer die wirkli­che Stimmung im Volk kennen­ler­nen möchte, muss sich zu einer Stamm­tisch­run­de gesel­len. Aller­dings ist das nicht so einfach. Die Mitglie­der solcher Runden sind Fremden gegen­über sehr zurück­hal­tend.
Ansons­ten gibt es ruhige Zeiten oder dynami­sche Zeiten am Stamm­tisch. Mal wird ruhig disku­tiert, mal quer über den Tisch unter­ein­an­der mit geball­ter schwä­bi­scher Angriffs­lust aufein­an­der einge­schwätzt – mitun­ter wird der Kolle­ge auch als „Schwar­zer Seggl“ oder als „Roter Socken“ tituliert.
Heuti­ge Abgeord­ne­te trauen sich oft nicht an ihre heimi­schen Stamm­ti­sche, da sie mit dem heute üblichen Polit-Sprech wie z.B. „…. Am Ende des Tages…..“ oder „wir haben begon­nen darüber nachzu­den­ken….. und wir haben deutlich gemacht“ Schiff­bruch erlei­den würden. Da war unser Bundes-Schorsch in „dr Grub“ eine Ausnah­me, wahrschein­lich hat er die Stamm­tisch-Atmosphä­re schon als Kind einge­at­met, als er noch unter dem Tisch zwischen den erwach­se­nen Männer­bei­nen herum­ge­krab­belt ist.
Selbst Theodor Heuss (ehem. Bundes­prä­si­dent) und Reinhold Maier (ehem. Minis­ter­prä­si­dent) genos­sen die Zeit am Stamm­tisch, der nur in der „freien Luft“ gedei­hen konnte, wo jeder seine Meinung frei heraus sagen konnte, auch wenn er danach einste­cken musste.
Stamm­ti­sche, an denen alles, von der großen Politik bis zur kleinen lokalen Politik alles verbal und meist mundart­lich, also auf gut schwä­bisch, behan­delt wurde, gab oder gibt es bis heute in der „Krone“, im „Pflug“, im „Hirsch“, in der „Grube“ (Mo, Fr und Sa) sowie in „dr Schell“ als auch einige Zeit lang im „Fässle“ und in der „Schee­rer­müh­le“. Zu beson­de­rer Berühmt­heit hat es der Stamm­tisch „Graf Eberhard“ gebracht, als er seiner­zeit im Jahre 1989 das „Linden­brun­nen-Projekt“ auf die Straße trug. Die „Grube“ warte­te auch mit der Beson­der­heit eines Damen­stamm­ti­sches auf.

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Stamm­tisch Graf Eberhard – aus frühe­ren Jahren – da war die Stuhl­ord­nung noch eine andere (Archiv Müller)

Der „Graf Eberhard-Stamm­tisch“ in „dr Gruab“ wurde am 15. März 1985 gegrün­det. Erfor­der­lich von einem einge­la­de­nen Gast sind 2 Flaschen Wein als Berech­ti­gung „zom Naohog­ga“ sowie Lied- und Textsi­cher­heit beim Württem­ber­ger-Lied. Im Frühjahr 2025 wurde zünftig das 40jährige im Wirts­haus Schee­rer-Mühle gefei­ert.
Wer den Text nicht kennt, hier die offizi­el­le Versi­on (Es gibt auch noch eine VFB-Versi­on). Für „die wo“ nicht so genau bewan­dert sind — vor Baden-Württem­berg (das genau­so alt ist wie ich — BJ 1952) gab es Baden, Hohen­zol­lern und Württem­berg und jeder hatte sein eigenes Lied – Das „Badener Lied“, das „Hohen­zol­lern­lied“ und unsere „Hymne der Württemberger“:

Preisend mit viel schönen Reden
Ihrer Länder Wert und Zahl,
Saßen viele deutsche Fürsten
Einst zu Worms im Kaisersaal.

„Herrlich“, sprach der Fürst von Sachsen,
Ist mein Land und seine Macht;
Silber hegen seine Berge
Wohl in manchem tiefen Schacht.“

„Seht mein Land in üpp’ger Fülle,“
Sprach der Kurfürst von dem Rhein,
„Goldne Saaten in den Tälern,
Auf den Bergen edlen Wein!“

„Große Städte, reiche Klöster!“,
Ludwig, Herr zu Bayern sprach.
„Schaf­fen, dass mein Land dem euren
wohl nicht steht an Schät­zen nach.“

Eberhard, der mit dem Barte,
Württem­bergs gelieb­ter Herr,
Sprach: „Mein Land hat kleine Städte,
Trägt nicht Berge silberschwer;

Doch ein Klein­od hält’s verbor­gen:
Dass in Wäldern, noch so groß,
Ich mein Haupt kann kühnlich legen
Jedem Unter­tan in Schoß.

Und es rief der Herr von Sachsen,
Der von Bayern, der vom Rhein:
„Graf im Bart! Ihr seid der Reichs­te!
Euer Land trägt Edelstein!“

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Stamm­tisch Graf Eberhard – aus dem Jahr 2010 (Archiv Müller)

Was kommt zum Schluss? Richtig — dr Nacht­wäch­ter. Wir erinnern uns an Josef Müller aus der Katzen­bach­stra­ße 10, der am 29. August 1965 das hohe Alter von 94 Jahren erreicht und damit damals der ältes­te Bürger Oberko­chens war. Seine Erklä­rung für sein hohes Alter: „Wenig gässa, solid gläbt.“ Wer kann das heute noch sagen? Zuerst schaff­te er 38 Jahre lang in der Werkstät­te des Herrgott-Häfners (neben dem alten Rathaus – heute Boarding Haus), ab März 1929 wurde er Wegknecht und Nacht­wäch­ter der Gemein­de. 1935 bekam die Gemein­de einen Gendar­me­rie­pos­ten und er wurde nicht mehr gebraucht. Täglich drehte er seine Runden (samstags und sonntags zusam­men mit dem Polizei­meis­ter Maier), um die Polizei­stun­de in den Gasthäu­sern abzubie­ten (wie man damals sagte). Wie er meinte, mit großer Milde: „Wenn sie ruhig geblie­ben sind, hat man sie halt sitzen lassen“. Später, in den 50ern, brauch­te man solche Diens­te nicht mehr. Der damali­ge Bürger­meis­ter hat einfach eigen­mäch­tig die Polizei­stun­de verlän­gert – nicht selten, bis es dem Morgen graute und der Bäcker die ersten Brezeln aus dem Ofen holte ????. Nach(t)sitzungen waren früher der anstren­gen­de­re Teil einer Gemein­de­rat­sit­zung – heute eher nicht mehr.
In uralten Zeiten, als die Gemein­de noch in einen katho­li­schen und einen evange­li­schen Teil getrennt war, verlief die Konfes­si­ons­gren­ze mitten durch die Wirts­stu­be des (2016 abgeris­se­nen) Gasthau­ses „Zum Hirsch“. Wenn die erste Polizei­stun­de nahte, wechsel­ten die Herren einfach über die „Grenze“ in den anderen Teil, der noch eine Stunde länger den Ausschank erlaub­te. Ich vermu­te, dass die Katho­li­schen länger bleiben durften als die Evangelischen.

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Der letzte Nachwäch­ter Josef Müller (Archiv Müller)

Das alte Lied des Nacht­wäch­ters lautet wie folgt:

Hört, Ihr Herrn, und lasst Euch sagen:
Unsre Glock hat 10 geschla­gen!
Zehn Gebote setzt Gott ein,
gib, dass wir gehor­sam sein.

Hört, Ihr Herrn und lasst Euch sagen:
Unsre Glock hat Elf geschla­gen!
Elf Apostel bleiben treu,
einer trieb Verräterei.

Hört, Ihr Herrn und lasst Euch sagen:
Unsre Glock hat Zwölf geschla­gen!
Zwölf, das ist die Zahl der Zeit,
Mensch, bedenk die Ewigkeit.

Ausblick und Zukunft. Facebook ist zwar schön und nett – mit Abstri­chen – auch eine Art Stamm­tisch, aber ohne Essen und Trinken und irgend­wie ohne Manie­ren, dafür mitun­ter mit reich­lich Aggres­si­on und nicht wenigen Fake-News-Ballons und Robots. An manchen Stamm­ti­schen geht es mitun­ter auch gewöh­nungs­be­dürf­tig zu – aber dort muss man sich dabei in die Augen schau­en, eine direk­te Antwort ertra­gen und sich beim Ade-Sagen möglichst wieder vertra­gen – was in der Regel auch gelingt.
Wenn wir uns aber nicht mehr vor Ort in den Gasthäu­sern, Restau­rants, Kneipen, Beizen und Vereins­hüt­ten treffen, so „von Mensch zu Mensch“ (wie der verstor­be­ne Jürgen von Manger sagen würde), wäre das eine weite­re gravie­ren­de gesell­schaft­li­che Verar­mung.
Den Wert mancher Dinge erken­nen wir erst, wenn wir sie nicht mehr haben – dann ist es aber zu spät und irrepa­ra­bel. Für die Gastro­no­mie ist das Ende dann gekom­men, wenn wir unseren 80. Geburts­tag irgend­wo im Stehen mit einer Bratwurst oder einem LKW (Leber­käs­we­cken) mit ABS (a Bissle Senf) in der Hand feiern müssen. Nao gut‘ Nacht om Sechse!
Abgesang. In diesem Sinne müssen wir für die Erhal­tung unserer alten Gasthäu­ser sorgen. Wie machen wir das? In dem wir hinge­hen und dort Freun­de und Bekann­te für ein paar Stunden treffen – denn Oberko­chen hat schon viele Wirthäu­ser schlie­ßen sehen, zuletzt „d‘ Gruab“ und „d’r Pfluag“, Es bleiben uns jetzt noch „d‘ Schee­rer-Mühl‘“, die Hütten auf dem Volkmars­berg, bei den Natur­freun­den, den Klein­gärt­nern, der Kolpings­fa­mi­lie und den Minia­tur­gol­fern, die sich den Aufwand eigener Heime leisten. Und vielleicht erleben wir ja in einigen Jahren die Wieder­be­le­bung von „Lamm“ und „Ochsen“.
Also sorgen wir gemein­sam für den Erhalt der alten Wirts­haus- und Vereinshüttenkultur.

Didi Bantel dachte manch­mal an eine inter­ak­ti­ve Karte mit allen Wirts­häu­sern auf der Website des Heimat­ver­eins. Vielleicht schaf­fen wir dieses Jahr noch beides – Website und Karte – nicht aufgeben.

Es grüßt (von irgend­ei­nem Ort, wo es schmeckt) der „Billie vom Sonnenberg“

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