Abschnitt der „Besonderheiten“
Faschingszeit war die Zeit zum Feiern mit Hausbällen und Kappenabenden. Besonders im „Café Gold“, im „Hirsch“, „Lamm“, in der „Sonne“, im „Gullmann“, in „dr Gruab‘“, em „Pfluag“ und im „Grea Baum“. Da ging es mitunter recht wild her – wie die Zeiten eben waren. Nix mit #MeToo und ähnlichem – s hat oifach gmenschelt ????.
Kegeln. Das Kegelspiel ist eine der ältesten Sportarten. Vorläufer gab es bereits im antiken Ägypten. Bei archäologischen Ausgrabungen fand man Teile eines Kinderkegelspiels aus der Zeit um 3500 vor unserer Zeitrechnung und Wandreliefs in Grabstätten, die Spielszenen darstellen. Im Mittelalter verbreitete sich das Spiel immer weiter, obwohl die Obrigkeit es immer wieder verbot. Bis ins 18. Jahrhundert wurde ausnahmslos im Freien gespielt. Kegeln fehlte auf keinem Jahrmarkt und auf keiner größeren Hochzeit. Anfang bis Mitte des 19. Jahrhunderts diente die Gründung fester Kegelgemeinschaften zunächst der Unterstützung Bedürftiger. Doch rasch trat der sportliche Gedanke mehr und mehr in den Vordergrund. Das Sportkegeln wurde geboren und verbreitete sich rasant. Ab 1889 kennen wir den Deutschen Keglerbund (DKB) und seit 1891 führte er Deutsche Meisterschaften durch. Nach dem Krieg wurde dann am 14. Oktober 1950 neu gegründet und hatte 2017 noch ca. 80.000 Mitglieder, einhergehend mit einer Abnahme des Interesses am Kegeln durch geänderte Freizeitgewohnheiten.
In Oberkochen begann der Kegelsport im Gasthaus „Pflug“ und in „dr Schell“. Wie schon erwähnt, wurden beide Bahnen aber wieder abgerissen, weil zu wenig konsumiert wurde. Die richtige Geburtsstunde des Kegelns in Oberkochen war am 9. November 1957. Die neue Kegelbahn in der „Grube“ wurde eröffnet. Der erste Wettkampf fand um 14:30 Uhr zwischen den „Roaschhurglern“ aus Oberkochen“ und den „Königsmördern“ aus Ebnat statt. Ebnat gewann mit 384 zu 357 Holz. Beste Spieler auf Oberkochner Seite waren Dürr, F. Schnell und M. Trittler. Um 18 Uhr wurde sie durch die Kreiskeglervereinigung Aalen feierlich eröffnet, mit einem anschließenden Vergleichskampf zwischen Oberkochen und Unterkochen (Gewonnen hat Unterkochen – war eh klar). Die besten Oberkochner waren Brucker, M. Trittler und M. Schoch). In der Zeitung wurde sie damals als schönste Bahn im Kreis Aalen bezeichnet. Selbstverständlich waren Bürgermeister, Gemeinderat und die Kirche bei der Eröffnung zugegen. Und kaum zu glauben – Dr. Hans Schmied überbrachte die Grüße der wissenschaftlichen Vereinigung der Fa. Carl Zeiss.
Kegelclub „Sonnenberg“. Am 17. November, eine Woche nach der Eröffnung der Bahn, wurde „mein“ (also der meines Vatis) Kegelverein gegründet. Die damaligen Gründungsmitglieder waren namentlich (A‑Z). Im Bericht 548 wurde ausführlich über diesen Verein berichtet.
• Hermann Alfons (Oberlehrer), Sonnenbergstr. 21
• Hölldampf Anton (Oberlehrer), Sonnenbergstr. 23
• Huber Hermann (Hilfsarbeiter), Sonnenbergstr. 27
• Vorstand: Kolb Adolf (Schlosser), Dreißentalstr. 62
• Kölbl Otto (kfm. Hilfskraft), Brunnenhaldestr. 7
• Maier Michael (Bohrer), Sonnenbergstr. 6
• Kassierer: Müller Georg (Dreher), Sonnenbergstr. 34
• Ramisch Walter (?), Sonnenbergstr. 38
• Ruhroth Hans (u.a. Hundezüchter), Dreißentalstr. 87
• Vater Alfred (Hilfsarbeiter), Sonnenbergstr. 38

Der „Kegelclub Sonnenberg“ (Billie Mitte erste Reihe flankiert von Barbara Huber und Manfred Vater) vor der Maiwanderung vor dem früheren Lehrer-Haus im Sonnenberg 23 (Archiv Müller)
Als ehemaliger Sportkegler muss ich sagen, dass es für uns in den späteren Jahren immer eine sonntägliche Tortur war, auf einer einbahnigen Anlage einen Wettkampf zu bestreiten, denn das dauerte nahezu den ganzen Tag, bis die Kämpfe angeschlossen waren. Also konnte die Lösung nur heißen – wir brauchen eine 2‑Bahnen-Anlage.
Und so beschloss der TVO 1961 im Katzenbach ein Vereinsheim mit Turnhalle und einer vollautomatischen 2‑bahnigen-Kegelasphaltanlage zu bauen. Der Der Bau des gesamten Projektes dauerte aber viele Jahre bis zur Eröffnung im Jahr 1970. Die Kegelbahn konnte allerdings schon im Jahr 1966 zur Benutzung freigegeben werden.
Bekannte Firmen waren und sind Funk, Spellmann, Pauly oder auch Ahlborn, bei uns im Süden findet man aber überwiegend Anlagen von Vollmer Biberach.
Der frühere SKO, für den ich Anfang der 70er ein paar Jahre lang spielte, brachte das Kegeln als Leistungssport in unsere Gemeinde. Hier eine kurze geschichtliche Übersicht:
Am 14. April 1959 gründete sich in der „Grube“ der Kegelverein „Die glückliche 13“. Die Gründungsmitglieder hießen
• Adolf Bezler
• Wolfgang Carl
• Josef Dobschik
• Erwin Geis
• Severin Gold
• Dieter Göhring
• Lothar Hanke
• Rudolf Hoffmann
• Wilhelm Kaiser
• Willy Saur
• Hermann Schürle
• Erwin Schwarz
• Hans Günther Vay
Erstmals machte sich der Verein einen Namen, als die Sportkameraden Dobschick, Bezler und Hanke auf der neu erbauten Bahn im „Fässle“ in Waldhausen (Des Wirtes Töchterlein Candida Müller geb. Funk war Billies Tante) zum Bundeskegelsportabzeichen antraten. Ab 1. Jan. 1964 änderte der Verein seinen Namen und trat nun als Sportkegelclub Oberkochen (SKO) an. In der „Grube“ wurde es schlicht und einfach zu eng, zumal die Anlage auch nur (wie viele aus der Anfangszeit) nur eine Bahn hatte.
Und so zog man 1966 in die TVO-Anlage im Katzenbach um. Der Verein wuchs, Erfolge stellten sich ein wie z.B. Alfred Betzler Württ. Meister 1968. Der Sport zog auch einige Junge an und Georg „Schorsch“ Trittler wurde in den 70ern zum Aushängeschild des Vereins, der 1976 in Sindelfingen mit 949 Holz einen Bahnrekord aufstellte.
Der konnte schon verdammt gut mit der Handkugel umgehen. Kein Wunder, kam zum Talent doch der Vorteile einer eigenen Trainingsanlage in der elterlichen „Grube“ dazu. Der Billie trat dem SKO wohl 1970 bei und blieb bis 1973, als er nach Sylt zur Marine ging. Ich konnte ruhigen Gewissens gehen, hatte ich doch meinen erstes 800er-Spiel hinter mir ????. In dieser Zeit veröffentlichte ich als erster „Schreiber“ für den Verein wöchentliche sportliche Berichte in der SchwäPo (wobei damals noch gutes Zeilengeld bezahlt wurde) und im Amtsblatt.
Ich erinnere mich gerne an Gretl Mönch, Maria Betzler und Franzy Painczek, an Karl-Heinz Rodeck sen., Walter Kitty Mönch, Rolf Trutschel, Roland Traub, Alfred Betzler sowie an den Ausflug nach Coburg.

Die Kegelbahn des SKO in der Heidenheimer Straße (Archiv SKO)
Die ersten Träume einer eigenen Kegelbahn wurden schon zu meiner Zeit hin und wieder diskutiert, aber immer wieder verworfen. Endlich, 1997/98 konnte dieser Traum in der Heidenheimer Str. 122 mit einer 4‑Bahnen-Anlage in die Realität umgesetzt werden. Die Finanzierung wurde durch Eigenmittel, reichlich Arbeitsstunden und durch Zuschüsse der Sportverbände und der Stadt Oberkochen gestemmt. Die Bewirtschaftung übernahm die damals dort ansässige Pizzeria „Romana“. Das Gebäude gehörte früher Schön-Immobilien und heute der Firma Leitz. Der SKO ist Mieter der Kegelbahn und benutzt die Bahn wie eh und jeh als Trainings- und Wettkampfort.
Ein Verein lebt durch die Aktivität der Mitglieder. Seien es die Vorstände, die Sport- und Bahnwarte, fleißige Hände im Hintergrund oder die Spieler, die Meisterschaften nach Hause bringen. Viele wären hervorzuheben, um gleichzeitig andere nicht zu erwähnen. Trotzdem – einen will ich mal erwähnen – Wilhelm Kaiser, der im Frühjahr 2022 für über 900 Spiele geehrt wurde und inzwischen auch den Sportler-Ehrenbrief erhielt. Im Jahr 2017 erfolgte die Fusion zum SK GA Wasseralfingen-Oberkochen e.V.
Die Vorstände im Laufe der Zeit waren bzw. sind:
• 1966 – 1977 Harry Scheibe
• 1977 – 1979 Wolfgang Kühnert
• 1979 – 1981 Roland Traub
• 1981 – 1995 Klaus-Dieter Kreickmann
• 1995 – 2008 Ernst Lebzelter
• 2008 – 2009 Marc Elze (kommissarisch / 2.Vorsitzender)
• 2009 – 2017 Günter Juraschka
• 2017–2021 Hermann Bäurle
• Aktuell Helmut Gerlach
Im Zusammenhang mit dem Grundthema „Gastwirtschaften“ muss ich das Thema „Flaschenbierhandlung“ anschneiden. Wenn ich mich in die Zeit meiner Kindheit zurückerinnere, kommt es mir vor, als hätte es am Ort „1.000 private Bierhandlungen“ gegeben. Natürlich waren es weniger, aber trotzdem unglaublich viele, wie sich bei der Recherche zeigte. Fast in jeder Straße gab es eine und der Privatverbrauch dürfte manchmal nicht unerheblich gewesen sein. Aber doch so viel, dass sich das Rathaus bemüßigt sah, für eine Klarstellung zu sorgen (nachstehende auszugsweise): „…zur Eröffnung einer solchen bedarf es keiner Erlaubnis, aber eine Anmeldung beim Landratsamt…es ist nicht gestattet, das Bier an Ort und Stelle zu genießen – auch nicht im Flur, in Hinterzimmern, im Hofraum, im Garten oder der Straße vor dem Haus.“ Die müssen damals schon einen Mordsdurst gehabt haben ????.
Liste der Flaschenbierhandlungen (keine Gewähr auf Vollständigkeit)
• Bezler in der Aalener Straße 59
• Bohmann in der Brunnenhalde 64
• Breitweg im Sonnenberg 5
• Englert im Rosenweg 5
• Fischer in der Försterstraße 7
• Fritz in der Brunnenhalde 22
• Fuchs in der Lenzhalde 2
• Griesler in der Brunnenhalde 55
• Grupp in der Keltenstraße 6
• Hahn in der Katzenbachstraße 28
• Hamburg in der Schillerstraße 25
• Holz Linus in der Katzenbachstraße 64
• Hug im Tulpenweg 2
• Jakal in der Schillerstraße 8
• Kleinhans im Dreissental 93
• Kolb im Dreissental 62
• Maurer im Weingarten 52
• Müller im Finkenweg 4
• Müller im Hasengässle 5
• Müller Heidenheimer Str. 60
• Neumann in der Volkmarsbergstraße 17/1
• Peuker in der Walter-Bauersfeld-Straße 35
• Plötner in der Jenaer Straße 13
• Ruff im Zeppelinweg 52
• Schreck in der Schillerstraße 49
• Schütze im Gerhard-Hauptmann-Weg 87
• Schwab in der Brunnenhalde 34
• Speth in der Volkmarsbergstraße 6
• Staschek in der Panoramastraße 13
• Strobel in der Mühlstraße 22
• Teichelmann, Carl-Zeiss-Straße 25
• Weiser im Adalbert-Stifter-Weg 17
• Weiß im Gerhard-Hauptmann-Weg 13
• Weng im Zeppelinweg 6
• Ziemons im Kapellenweg 21
Dann haben wir noch die „Getränkehandlungen“. Die Vorgänger waren die o.a. Bierhandlungen.
Weitere Entwicklungen sehen wir in den nachstehend aufgeführten Geschäften:
• Flaschenbierhandlung Beyschlag Nördlingen über Kutscherauer im Heideweg 8 und Pilz in der Brunnenhalde 9
• Koepf-Brauerei über Wiedmann im Silcherweg 6
• Schäff-Bräu Treuchtlingen über Waltraud Teichelmann in der Beethovenstraße 6
• Weinauslieferungslager August Fischer im Katzenbach 59
• Weinauslieferungslager Ludwig Brossardt über Vinzenz Dürr im Kronengässle 3
• Weingroß- und Einzelhandel Anna Barth im Katzenbach 61 (sie betrieb auch die Bewirtschaftung der Dreißentalturnhalle)
• Weinhandlung Josef Trittler in der Aalener Straße 43
• Weinverkauf Hugo Müller in der Heidenheimer Straße 60
• Weinverkauf Werner Ritter über Hans Schwarz im Gerhart-Hauptmann-Weg 19
Im Einwohnermeldebuch von 1975 sehen wir noch folgende Unterscheidungen:
Bierhandel
• Bayer in der Blumenstraße 22
• Biemann in der Brunnenhalde 31
• Bihlmayr im Silcherweg 17
• Eckartsberg in der Panoramastr. 1
• Langguth im Zeppelinweg 14
• Schwab im Silcherweg 13
• Wiedmann im Silcherweg 6
Getränkehandel
• Anna Edinger in der Aalener Straße 1
• Anna Englert im Rosenweg 5
• Frank Fase in der Schillerstraße 43
• Königsbräu Gebr. Mayer KG in der Dreißentalstraße 22
• Anneliese Neuhäuser in der in der Dreißentalstraße 48
• Helga Paap im Kapellenweg 22
• Sieglinde Styrnol im Kapellenweg 20
• Hermann Weber in der Heidenheimer Str. 6
Weine und Spirituosen
• Anna Barth Weingroß- und Einzelhandel im Katzenbach 61
• Maria Scharpf im Jägergässle 3
• Hans Schwarz im Gerhart-Hauptmann-Weg 19
In den Einwohnermeldebüchern ab 1983 taucht erstmals der Begriff „Getränkehandel“ auf:
• Elfriede Anderl im Zeppelinweg 46
• Anna Barth im Katzenbach 61
• Cabinet Weinvertrieb GmbH in der Heidenheimer Straße 41 (wurde separat unter „Weine“ gelistet) *** identisch
• Christel Erhardt in der Bürgermeister-Bosch-Str. 3
• Göbel GmbH in der Walter-Bauersfeld-Str. 49
• Herbert Grupp „Hättre“ im Hasengässle 6
• Georg Hahn in der Aalener Straße 23
• Andrea Onderka in der Volkmarsbergstr. 1 (wurde separat unter „Weine“ gelistet) *** identisch
• Helga und Peter Paap im Kapellenweg 22
• Werner Ritter im Gerhart-Hauptmann-Weg 19
• Gerhard Rüdiger in der Einsteinstraße 1
• Adolf Schmid OHG im Dreißental 55
• Otto Schmidt im Zeppelinweg 47
• Helene Speth in der Volkmarsbergstr. 6
• Alfred Schieß in der Goethestraße 6
• Hermann Weber in der Heidenheimer Straße 6
Die letzten öffentlich zugänglichen Unterlagen stammen aus dem „Adressbuch 2002“. Danach gab man seitens der Stadtverwaltung das Projekt „Adressbuch“ aus Kostengründen und wegen des Datenschutzes für immer und ewig auf. Sollte es mal jemanden geben, der sich nach meiner Zeit mit Recherchearbeiten zu beschäftigen hat, dem sage ich nur: „Glück auf, wer sucht der findet – vielleicht – irgendwo irgendwas????“.
Dann gibt es noch ein paar Anmerkungen zum Thema „Brauereien“. Hier erhielt ich eine Auflistung aller einmal existierenden Brauereien am Ort über folgenden Weg: Albert Hald – NN Haas – Anton Gutheiß – Ludwig Burghard. Die Vielzahl ist auf den ersten Blick nahezu unglaublich, aber entspricht doch den Tatsachen.
Die Liste stammt vom verstorbenen Senior-Chef Albert Hald der „Hald“-Brauerei in Dunstelkingen. Eine Rückfrage zu der Liste war leider erfolglos, weil die Nachkommen nur berichten konnten, dass der Senior in seinen Unruhestands-Jahren alle Brauereien seiner Heimat penibel erfasst hat. Ihn selbst können wir nicht befragen, da er 2014, im Alter von 85 Jahren, verstarb. Seine Brauerei lässt sich bis ins Jahr 1664 zurückverfolgen. Er war ein Brauer mit Leib und Seele, pflegte die regionale Braukultur, verteidigte das Reinheitsgebot und forschte heimatkundlich nach alten, meist untergegangenen Brauereien, an die sich oft nicht einmal mehr die Zeitgenossen erinnern.
Die Oberkochener Liste sieht wie folgt aus:
16801 a / 1895 bis 1898 / Joh. Elmer, Brauerei
16801 b / bis 1902 / Brauerei Kolb
16802 a / 1875 bis 1879 / Fuchs, Brauerei zum Hirsch
16802 b / bis 1889 / Paul Engel
16802 c / bis 1913 / Georg Nagel
16802 d / bis 1920 / Georg Nagel, Erben
16803 a / 1895 bis 1903 / M- Gold, Wwe. Brauerei zur Grube
16804 a / 1875 bis 1889 / F. Köpf, Brauerei zum Ochsen
16804 b / bis 1892 / Joh. Gg. Köpf, Brauerei zum Ochsen
16804 c / bis 1902 / Ludwig Trick
16804 d / bis NN / Jakob Kirchdörfer und Anna Edinger
16805 a / 1888 bis 1896 / Anton Schellmann, Brauerei zum Bahnhof
16805 b / bis 1903 / Anton Veil
16806 a / 1900 bis 1903 / Weber, Brauerei zum Lamm
16807 a / 1895 bis 1903 / Fr. A. Weber, Brauerei zum Grünen Baum
Dann bleiben noch die „Migranten“ aus der Ostzone ????– die Thüringer. Die gingen gerne in den „Ochsen“, den „Hirsch“ und den „Pflug“. Denen, so hat es den Anschein, ging es wohl überwiegend um billiges / preiswertes, aber dennoch gutes Essen. Und im „Ochsen“ hat man relativ schnell erkannt, dass man mit „Thüringer Bratwürsten“ und „Königsberger Klöpsen“ gutes Geld verdienen konnte. Die Thüringer Landsmannschaft ging bisweilen gerne ins „Lamm“ und ins „Rössle“.
Orte zum Spielen. In meiner Jugend liebte ich es zu spielen – auch an Automaten. Spielautomaten gab es im „Café Muh“, in der „Sonne“, in der „Grube“, im „Gullmann“, im „Ochsen“ und im „Hirsch“. An manchen dieser Geräte stand aber immer der „P.X.“, rauchte Zigarre und fütterte diese Automaten reichlich mit Groschen. Interessanterweise gewann er aber auch relativ häufig. Vielleicht lag es an seinem, als Kriminaler geübten, scharfen Blick. Dann gab es noch im Hinterzimmer im „Gullmann“ ein Flipper-Stüble. Da wurde kräftig gespielt und getilt – bis die Finger glühten. Das grüne Tuch des Billard-Tischs im „Fässle“ zog mich magisch an und ich übte mich in der Handhabung des Queues und dem Versenken der Kugeln. Auch die Musik-Boxen zogen mir magisch das Geld aus der Tasche, denn meine Musik wurde nicht ständig im Radio gespielt, dafür musste man schon zahlen – im „Hirsch“, im „Gullmann“ und im „Café Italia“ (wobei der Chef Floriano manchmal einfach den Stecker zog, wenn ihm unsere musikalischen Vorlieben missfielen). Dann war da noch der „Kicker“ im „Café Muh“. Dort waren die Rastellis der kleinen weißen Kugel und den Stangen mit den Kicker-Figuren zugange. Und da gab es richtige Könner, gegen die wir keine Chance hatten.
Nun muss ich aber noch die Stammtische erwähnen. Von der Definition ist ein Stammtisch sowohl eine Gruppe von mehreren Personen, die sich regelmäßig in einem Lokal trifft, als auch der meist größere, runde Tisch, um den sich diese Gruppe versammelt. Im ländlichen Raum gelten Stammtische häufig als ein Treffpunkt von ausschließlich Männern eines Ortes. Im Mittelpunkt dieser Stammtischrunden stehen oft das gesellige Zusammensein, Kartenspiel und politische oder philosophische Diskussionen. Dem Stammtisch wird oft eine vereinfachende, undifferenzierte Argumentationsweise unterstellt, für die sich Begriffe wie „Stammtischparole“, „Stammtischpolitik“ und „Stammtischniveau“ etabliert haben. Vor allem in ländlichen Regionen und kleinen Gemeinden war die Zugehörigkeit zum Stammtisch an einen höheren Sozialstatus gebunden. So setzte sich ein Dorfstammtisch bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts vor allem aus örtlichen Honoratioren wie dem Bürgermeister, Arzt, Apotheker, Lehrer, Förster oder wohlhabenden Bauern zusammen. Stammtische finden auf dem Land abends oder nach dem sonntäglichen Gottesdienst als „Frühschoppen“ statt. Die Einladung an einen Ortsfremden, am Stammtisch Platz zu nehmen, galt als nicht selbstverständliche Wertschätzung. Dort, wo man besonders dem Skatspiel zugetan war, hängte man die „Grand Ouverts“ in einem Rahmen an die Wand, mit der Info wer den wann mit wem gespielt hat.
Ein Stichwort sagt: „Kinder und Narren sagen die Wahrheit.“ Es gibt noch eine Gelegenheit die ungeschminkte Wahrheit zu erfahren – den Stammtisch. Er ist ein Ort der Wahrheiten – einer von vielen Wahrheiten halt. Wer die wirkliche Stimmung im Volk kennenlernen möchte, muss sich zu einer Stammtischrunde gesellen. Allerdings ist das nicht so einfach. Die Mitglieder solcher Runden sind Fremden gegenüber sehr zurückhaltend.
Ansonsten gibt es ruhige Zeiten oder dynamische Zeiten am Stammtisch. Mal wird ruhig diskutiert, mal quer über den Tisch untereinander mit geballter schwäbischer Angriffslust aufeinander eingeschwätzt – mitunter wird der Kollege auch als „Schwarzer Seggl“ oder als „Roter Socken“ tituliert.
Heutige Abgeordnete trauen sich oft nicht an ihre heimischen Stammtische, da sie mit dem heute üblichen Polit-Sprech wie z.B. „…. Am Ende des Tages…..“ oder „wir haben begonnen darüber nachzudenken….. und wir haben deutlich gemacht“ Schiffbruch erleiden würden. Da war unser Bundes-Schorsch in „dr Grub“ eine Ausnahme, wahrscheinlich hat er die Stammtisch-Atmosphäre schon als Kind eingeatmet, als er noch unter dem Tisch zwischen den erwachsenen Männerbeinen herumgekrabbelt ist.
Selbst Theodor Heuss (ehem. Bundespräsident) und Reinhold Maier (ehem. Ministerpräsident) genossen die Zeit am Stammtisch, der nur in der „freien Luft“ gedeihen konnte, wo jeder seine Meinung frei heraus sagen konnte, auch wenn er danach einstecken musste.
Stammtische, an denen alles, von der großen Politik bis zur kleinen lokalen Politik alles verbal und meist mundartlich, also auf gut schwäbisch, behandelt wurde, gab oder gibt es bis heute in der „Krone“, im „Pflug“, im „Hirsch“, in der „Grube“ (Mo, Fr und Sa) sowie in „dr Schell“ als auch einige Zeit lang im „Fässle“ und in der „Scheerermühle“. Zu besonderer Berühmtheit hat es der Stammtisch „Graf Eberhard“ gebracht, als er seinerzeit im Jahre 1989 das „Lindenbrunnen-Projekt“ auf die Straße trug. Die „Grube“ wartete auch mit der Besonderheit eines Damenstammtisches auf.

Stammtisch Graf Eberhard – aus früheren Jahren – da war die Stuhlordnung noch eine andere (Archiv Müller)
Der „Graf Eberhard-Stammtisch“ in „dr Gruab“ wurde am 15. März 1985 gegründet. Erforderlich von einem eingeladenen Gast sind 2 Flaschen Wein als Berechtigung „zom Naohogga“ sowie Lied- und Textsicherheit beim Württemberger-Lied. Im Frühjahr 2025 wurde zünftig das 40jährige im Wirtshaus Scheerer-Mühle gefeiert.
Wer den Text nicht kennt, hier die offizielle Version (Es gibt auch noch eine VFB-Version). Für „die wo“ nicht so genau bewandert sind — vor Baden-Württemberg (das genauso alt ist wie ich — BJ 1952) gab es Baden, Hohenzollern und Württemberg und jeder hatte sein eigenes Lied – Das „Badener Lied“, das „Hohenzollernlied“ und unsere „Hymne der Württemberger“:
Preisend mit viel schönen Reden
Ihrer Länder Wert und Zahl,
Saßen viele deutsche Fürsten
Einst zu Worms im Kaisersaal.
„Herrlich“, sprach der Fürst von Sachsen,
Ist mein Land und seine Macht;
Silber hegen seine Berge
Wohl in manchem tiefen Schacht.“
„Seht mein Land in üpp’ger Fülle,“
Sprach der Kurfürst von dem Rhein,
„Goldne Saaten in den Tälern,
Auf den Bergen edlen Wein!“
„Große Städte, reiche Klöster!“,
Ludwig, Herr zu Bayern sprach.
„Schaffen, dass mein Land dem euren
wohl nicht steht an Schätzen nach.“
Eberhard, der mit dem Barte,
Württembergs geliebter Herr,
Sprach: „Mein Land hat kleine Städte,
Trägt nicht Berge silberschwer;
Doch ein Kleinod hält’s verborgen:
Dass in Wäldern, noch so groß,
Ich mein Haupt kann kühnlich legen
Jedem Untertan in Schoß.
Und es rief der Herr von Sachsen,
Der von Bayern, der vom Rhein:
„Graf im Bart! Ihr seid der Reichste!
Euer Land trägt Edelstein!“

Stammtisch Graf Eberhard – aus dem Jahr 2010 (Archiv Müller)
Was kommt zum Schluss? Richtig — dr Nachtwächter. Wir erinnern uns an Josef Müller aus der Katzenbachstraße 10, der am 29. August 1965 das hohe Alter von 94 Jahren erreicht und damit damals der älteste Bürger Oberkochens war. Seine Erklärung für sein hohes Alter: „Wenig gässa, solid gläbt.“ Wer kann das heute noch sagen? Zuerst schaffte er 38 Jahre lang in der Werkstätte des Herrgott-Häfners (neben dem alten Rathaus – heute Boarding Haus), ab März 1929 wurde er Wegknecht und Nachtwächter der Gemeinde. 1935 bekam die Gemeinde einen Gendarmerieposten und er wurde nicht mehr gebraucht. Täglich drehte er seine Runden (samstags und sonntags zusammen mit dem Polizeimeister Maier), um die Polizeistunde in den Gasthäusern abzubieten (wie man damals sagte). Wie er meinte, mit großer Milde: „Wenn sie ruhig geblieben sind, hat man sie halt sitzen lassen“. Später, in den 50ern, brauchte man solche Dienste nicht mehr. Der damalige Bürgermeister hat einfach eigenmächtig die Polizeistunde verlängert – nicht selten, bis es dem Morgen graute und der Bäcker die ersten Brezeln aus dem Ofen holte ????. Nach(t)sitzungen waren früher der anstrengendere Teil einer Gemeinderatsitzung – heute eher nicht mehr.
In uralten Zeiten, als die Gemeinde noch in einen katholischen und einen evangelischen Teil getrennt war, verlief die Konfessionsgrenze mitten durch die Wirtsstube des (2016 abgerissenen) Gasthauses „Zum Hirsch“. Wenn die erste Polizeistunde nahte, wechselten die Herren einfach über die „Grenze“ in den anderen Teil, der noch eine Stunde länger den Ausschank erlaubte. Ich vermute, dass die Katholischen länger bleiben durften als die Evangelischen.

Der letzte Nachwächter Josef Müller (Archiv Müller)
Das alte Lied des Nachtwächters lautet wie folgt:
Hört, Ihr Herrn, und lasst Euch sagen:
Unsre Glock hat 10 geschlagen!
Zehn Gebote setzt Gott ein,
gib, dass wir gehorsam sein.
Hört, Ihr Herrn und lasst Euch sagen:
Unsre Glock hat Elf geschlagen!
Elf Apostel bleiben treu,
einer trieb Verräterei.
Hört, Ihr Herrn und lasst Euch sagen:
Unsre Glock hat Zwölf geschlagen!
Zwölf, das ist die Zahl der Zeit,
Mensch, bedenk die Ewigkeit.
Ausblick und Zukunft. Facebook ist zwar schön und nett – mit Abstrichen – auch eine Art Stammtisch, aber ohne Essen und Trinken und irgendwie ohne Manieren, dafür mitunter mit reichlich Aggression und nicht wenigen Fake-News-Ballons und Robots. An manchen Stammtischen geht es mitunter auch gewöhnungsbedürftig zu – aber dort muss man sich dabei in die Augen schauen, eine direkte Antwort ertragen und sich beim Ade-Sagen möglichst wieder vertragen – was in der Regel auch gelingt.
Wenn wir uns aber nicht mehr vor Ort in den Gasthäusern, Restaurants, Kneipen, Beizen und Vereinshütten treffen, so „von Mensch zu Mensch“ (wie der verstorbene Jürgen von Manger sagen würde), wäre das eine weitere gravierende gesellschaftliche Verarmung.
Den Wert mancher Dinge erkennen wir erst, wenn wir sie nicht mehr haben – dann ist es aber zu spät und irreparabel. Für die Gastronomie ist das Ende dann gekommen, wenn wir unseren 80. Geburtstag irgendwo im Stehen mit einer Bratwurst oder einem LKW (Leberkäswecken) mit ABS (a Bissle Senf) in der Hand feiern müssen. Nao gut‘ Nacht om Sechse!
Abgesang. In diesem Sinne müssen wir für die Erhaltung unserer alten Gasthäuser sorgen. Wie machen wir das? In dem wir hingehen und dort Freunde und Bekannte für ein paar Stunden treffen – denn Oberkochen hat schon viele Wirthäuser schließen sehen, zuletzt „d‘ Gruab“ und „d’r Pfluag“, Es bleiben uns jetzt noch „d‘ Scheerer-Mühl‘“, die Hütten auf dem Volkmarsberg, bei den Naturfreunden, den Kleingärtnern, der Kolpingsfamilie und den Miniaturgolfern, die sich den Aufwand eigener Heime leisten. Und vielleicht erleben wir ja in einigen Jahren die Wiederbelebung von „Lamm“ und „Ochsen“.
Also sorgen wir gemeinsam für den Erhalt der alten Wirtshaus- und Vereinshüttenkultur.
Didi Bantel dachte manchmal an eine interaktive Karte mit allen Wirtshäusern auf der Website des Heimatvereins. Vielleicht schaffen wir dieses Jahr noch beides – Website und Karte – nicht aufgeben.
Es grüßt (von irgendeinem Ort, wo es schmeckt) der „Billie vom Sonnenberg“