Der Kocher war für Oberkochen ein wichtiger Wirtschaftsfaktor: Neben der Fischzucht muß hauptsächlich an die Wasserkraft des Kochers erinnert werden, von welcher die örtlichen Mühlen und die Bohrermacherindustrie lange Zeit abhängig waren.
An mindestens acht verschiedenen Stellen wurde in Oberkochen die Wasserkraft als Antrieb benutzt. Zu nennen ist die Turbine der Fa. Wilhelm grupp sowie das Wasserrad der Fa. Leitz am Ölweiher. Die Firma J.A. Bäuerle übernahm die beiden Wasserräder der zum Ende des 19. Jahrhunderts stillgelegten ” Oberen Mühle” (vormals Zimmermann) und trieb außerdem mit einem Wasserrad am Katzenbach einen Schleifstein an (Nähe “Storchenbäck”). Die Untere Mühle (Scheerer) zog und zieht ihre Wasserkraft aus dem Kocherkanal. Das dortige Wasserrad ist als einziges in Oberkochen noch funktionsfähig. Seit 1977 wird in der Unteren Mühle mit Hilfe einer Turbine Strom gewonnen. Auch die Firma Wilhelm Bäuerle verfügte über ein Wasserrad, das sich bei dem um 1950 aufgeschütteten Weiher hinter den heutigen Häusern Aalener Str. 45 und 47 befand. Ebenso nutzte die Firma I.Karl Walter die Wasserkraft, während das Kaltwalzwerk als deren Nachfolger das Kocherwasser heute nur noch zu Kühlzwecken einsetzt. In der Kreuzmühle lief ebenfalls ein Wasserrad. Fast alle dieser Wasserrechte sind inzwischen erloschen.
Eine entscheidende Hilfe für die Landwirtschaft war die allgemeine Einführung des elektrischen Stromes ab 1915/16 in Oberkochen. Die Glühbirne ersetzte das “armselige” Kerzen und Petroleumlicht im Haus. In der Landwirtschaft wurden die Futterschneidemaschinen und später auch die Dreschmaschine elektrisch betrieben. In der Küche jedoch blieb der alte Herd, den man mit Holz schüren mußte, noch lange erhalten. Der erste Elektroherd wurde in Oberkochen vor dem Ende der 30er Jahre kaum installiert.
Den ersten elektrischen Strom in Oberkochen produzierte der “alte” Kronenwirt Johannes Elmer schon vor 1915. Nach anderer Erinnerung soll “Kraftstrom” für die Futterschneidemaschinen bereits 1906 vorhanden gewesen sein, während das elektrische Licht noch zehn Jahre auf sich warten ließ. Jedenfalls produzierte Elmer den Strom mit Hilfe einer Turbine im Kocher. Er betrieb in Richtung Unterkochen eine Kettenfabrik und versorgte die Gasthäuser “Krone” und “Grube” mit Elektrizität. Schnell zeigten immer mehr Oberkochener Familien Interesse an der neuen Energieform und ließen sich an das auf Holzmasten durch den Ort gezogene “Stromnetz” anschließen. Es entstand sogar eine Leitung nach Ochsenberg. Wenn Elmer irgendwo im Ort Strom benötigte, um z.B. seine Holzsägemaschine anzutreiben, dann war das für ihn kein Problem. Mit zwei langen Stangen hängte er einfach die Kabel in die Leitung ein und schon floß Strom. Als Josef Elmer, der Sohn des alten Kronenwirtes, im Jahre 1916 in den Krieg ziehen mußte, wurde die Stromproduktion an das Überlandwerk verkauft und die Kettenfabrik aufgelöst. Das Gebäude ging an den Fabrikanten Leitz, der dort für einige Jahre von mehreren Arbeitern und einem Meister Werkzeuge (Bohrer) fertigen ließ. Das Gelände der ehemaligen Bohrerfabrik wird heute noch manchmal als “Werk II” bezeichnet.
Für ein knappes Jahr bestand dort draußen auch eine Stuhlfabrik, die aber so plötzlich verschwunden zu sein scheint, wie sie aufgetaucht ist. Dort waren sieben oder acht Arbeiter beschäftigt, die täglich in der “Krone” zum Mittagessen einkehrten. Offensichtlich ist nicht bekannt, woher die Männer kamen und wohin sie nach Auflösung der Stuhlfabrik gegangen sind. Die Kronenwirtin Ida Elmer weiß jedoch zu berichten, daß die Arbeiter aufgrund ihrer Eßgewohnheiten “von weiter her” gekommen sein müssen. Die Männer wünschten sich ihren Salat stets mit Zucker angemacht, was früher in unserer Gegend unbekannt gewesen zu sein scheint.
Die Firma Leitz verkaufte etwa um 1935 das “Werk II” an die Familie Lebzelter, die dort erst eine Schlosserei und bald darauf die heute noch bestehende Wäscherei einrichtete. Gereinigt wurden zunächst hauptsächlich Industriewäsche und Arbeitsanzüge der Oberkochener Betriebe, die Palette vergrößerte sich im Laufe der Jahre ständig.