»Bekämpf­et die Flammen, die Haus und Mitmen­schen bedro­hen; entzün­det die Flammen der Nächs­ten­lie­be, der Gemein­schaft und Opferbereitschaft!«

So alt wie die Mensch­heit ist, so alt ist der Kampf gegen den roten Hahn. In den ersten Jahrhun­der­ten waren es die Zünfte der Handwer­ker. Später, zu Turnva­ter Jahns Zeiten, die Turner, dann die Pflicht­feu­er­weh­ren in den Gemein­den. Alle diese Einrich­tun­gen halfen, die damals sehr schwie­ri­ge Aufga­be des Brand­schut­zes mit einfachs­ten, manch­mal primi­tivs­ten Mitteln zu meistern.

Der Brand­schutz im 18. Jahrhun­dert erwies sich in Städten und Dörfern als nicht ausrei­chend genug. Es fehlte an gut ausge­bil­de­ten Männern, an regel­mä­ßi­gen Brand­be­kämp­fungs­übun­gen, vor allem an dem notwen­di­gen Gerät und an Schutz­klei­dun­gen. Auch den damali­gen Ratsher­ren und der staat­li­chen Obrig­keit fehlte vielmals die Erkennt­nis von der Notwen­dig­keit einer gut diszi­pli­nier­ten Feuer­lösch­grup­pe. Geldmit­tel waren verständ­li­cher­wei­se kaum dafür übrig.

Erst in den 1840er Jahren began­nen sich durch beherz­te Männer die Lösch­grup­pen zu formie­ren. Im Jahre 1846 gründe­te ein Durla­cher Bürger, namens Hengst, das erste freiwil­li­ge »Pompier-Corps«, welches sich beim Brand des Karls­ru­her Theaters, trotz aller bishe­ri­gen gegen­tei­li­gen Meinun­gen, hervor­ra­gend bewähr­te. Den Namen Feuer­wehr finden wir dann zuerst 1847 nach diesem Karls­ru­her Theater­brand, als sich in Karls­ru­he eine Freiwil­li­ge Feuer­wehr gründe­te in die 160 Turner aus Karls­ru­he eintra­ten. In Leipzig gründe­te sich Anfang 1847 die Freiwil­li­ge Turner-Feuer­wehr mit 180 Turnern.

So entstan­den überall in den damali­gen Ländern aus den Rettungs­mann­schaf­ten, Steiger­corps, Lösch­grup­pen usw. die Freiwil­li­gen Feuer­weh­ren in Schwä­bisch Gmünd, Heilbronn, Reutlin­gen, Ulm, Berlin, Schwä­bisch Hall, Göppin­gen, Biber­ach, Schwein­furt, Nürnberg, Tübin­ger Gymna­si­um, Stutt­gart, Duisburg, Alten­burg, Barmen, Bayreuth, Dresden, Weimar, Dessau, Braun­schweig, Gera, Jena, Gotha, Hanno­ver, Erfurt, Landau/Pfalz, Lüneburg, Oppeln, Schwe­rin, Sonders­hau­sen, Weida, Zeitz, Essen, Bochum, Biele­feld, Mönchen-Gladbach und in vielen anderen Orten.

Es waren vor allem die Turnver­ei­ne, die ihre Männer zur Freiwil­li­gen Feuer­wehr führten. Angespornt durch das Beispiel dieser ersten Feuer­weh­ren und den sich immer mehr erwei­sen­den Nutzen für die Volks­wirt­schaft, folgte Gemein­de auf Gemein­de den Fahnen der neuge­grün­de­ten Feuerwehrverbände.

Feuer-Ordnun­gen aus vergan­ge­ner Zeit, mit ihrem: »Es wird angeord­net und befoh­len!«, wurden abgelöst durch das Gebot der Freiwil­lig­keit, dem Nächs­ten durch Tat zu helfen, sein Leben und Eigen­tum zu schüt­zen; mit dem Wahlspruch der Feuer­weh­ren besiegelt:

»Gott zur Ehr’ — dem Nächs­ten zur Wehr«.

Oberkochen

Viele Gegner und Schwie­rig­kei­ten der mensch­li­chen Klein­staa­te­rei mußten erst durch echten Gemein­schafts­geist der Nächs­ten­hil­fe, durch Männer wie Chris­ti­an Hengst (Durlach), Carl Metz (Heidel­berg), Theodor Georgi (Tübin­gen), Conrad Dietrich (Magirus Ulm) und noch viele andere, überwun­den werden.

Beim dritten Deutschen Turnfest in Leipzig, im August 1863, führten die Leipzi­ger Turner-Feuer­weh­ren ihre ersten Lösch­vor­füh­run­gen vor, welche wieder­um Anregun­gen zur Gründung weite­rer Turner-Feuer­weh­ren auf der Grund­la­ge freiwil­li­ger Hilfs­be­reit­schaft brachten.

So warb vom Anfang des 18. Jahrhun­derts ein guter Gemein­schafts­sinn für die Feuer­wehrsa­che, aus dem im Laufe der Jahrzehn­te, unter Führung bewähr­ter Männer, der heuti­ge »Deutsche Feuer­wehr­ver­band« hervor­ge­gan­gen ist, in dem die Berufs‑, Gemein­de- und Werks­feu­er­weh­ren organi­siert sind. Weiter sind in jedem Minis­te­ri­um der Länder Landes­brand­di­rek­to­ren mit ihren Sachbe­ar­bei­tern, Inspek­teu­ren usw. Einge­setzt, die von dem jewei­li­gen Landes­feu­er­wehr­bei­rat der angeglie­der­ten Feuer­weh­ren in Brand­schutz­fra­gen mitbe­ra­tend unter­stützt werden.

Große Vorbil­der hat die Feuer­wehr, z. B. Goethe als Geheim­rat in Weimar, der nach heuti­gem Begriff auch das Amt des Landes­brand­di­rek­tors in Thürin­gen verwal­te­te. Beim Großbrand in Gera eilte er mit seiner Lösch­mann­schaft von Weimar mit Pferd und Wagen nach dem 50 km entle­ge­nen Gera. Melde­te der Feuer­rei­ter anders­wo einen Brand, so schwang sich Goethe bei Tag- oder Nacht­zeit aufs Pferd, um, wenn notwen­dig, an Ort und Stelle, selber mit dem Strahl­rohr in der Hand, dem Feuer Einhalt zu gebie­ten. Jeder andere Staats­be­am­te erließ nur Feuer­ord­nun­gen auf dem Papier. Anders unser Goethe, von dem auch der Ausspruch stammt: »Die Höhe der Kultur eines Volkes erkennt man unter anderem auch daran, inwie­weit es bestrebt und imstan­de ist, seine wertvolls­ten Kultur­gü­ter gegen Vernich­tung durch Feuer zu schützen.«

Überhaupt haben in den letzten Jahrhun­der­ten zahlrei­che Akade­mi­ker, auch anderer Fakul­tä­ten wie Ärzte, Apothe­ker, Profes­so­ren, Studi­en­rä­te, Ingenieu­re, Archi­tek­ten usw., im freiwil­li­gen Feuer­wehr­dienst eine Rolle gespielt. Johann Wolfgang von Goethe ist vor allem uns deutschen Feuer­wehr­leu­ten ein Vorbild für ewige Zeiten, möge er auch Mahner an die Jugend aller Berufe sein, die Reihen der Feuer­weh­ren immer wieder aufzu­fül­len, im Geiste der wirkli­chen Gemein­schaft des Helfens.

In Ameri­ka war es Frank­lin, als eifrigs­ter Führer der ameri­ka­ni­schen Feuer­wehr, der es nicht unter seiner Würde fand, den weißen Helm des »fire Chief« zu tragen. Wenn wir dabei Schil­lers Lied von der Glocke vor unseren Augen erste­hen lassen:

Flackernd steigt die Feuer­säu­le,
durch der Straßen lange Zeile
wächst es fort mit Windes­ei­le,
kochend, wie aus Ofens Rachen,
glühn die Lüfte, Balken krachen,
Pfosten stürzen, Fenster klirren,
Kinder jammern, Mütter irren,
Tiere wimmern unter Trümmern,
alles rennet, rettet, flüch­tet,
taghell ist die Nacht gelichtet.

Sirenen heulen, Glocken läuten Sturm, Fanfa­ren rufen, Trompe­ten und Trommeln geben Feuer­si­gnal. Feuer­wehr­män­ner, mit Geräte­wa­gen ausge­rüs­tet, laufen zum Brand­platz, bereit das Leben und Gut des Anderen zu retten oder zu schüt­zen. Unter selbst­lo­ser Hinga­be ihrer ganzen Person wagen sie ihr Leben für jeden, auch für Dich und mich.

Leider macht man oft die psycho­lo­gisch durch­aus verständ­li­che Beobach­tung, daß junge Leute und auch teils ältere an die Größe einer Gefahr, auf die man sie beson­ders hinge­wie­sen hat, infol­ge mangeln­der eigener Erfah­rung nicht eher glauben, bis sie durch erlit­te­nen oder auch erleb­ten Schaden klug gewor­den sind. Aufklä­rung der Mitmen­schen über die sie bedro­hen­den Gefah­ren des Feuers ist eine der größten Aufga­ben der Feuer­weh­ren. Hinwei­se auf das richti­ge Erken­nen der Gefah­ren sind die Grund­be­din­gung erfolg­rei­cher Brand­ver­hü­tung. Anderer­seits sollen jene, die infol­ge beson­ders schwer­fäl­li­ger Veran­la­gung derar­ti­ger Hinwei­se dauernd bedür­fen, um den logischen Zusam­men­hang zwischen Ursachen und Wirkung im richti­gen Augen­blick erken­nen, lernen.

Der Jugend fehlt oft die richti­ge Einstel­lung zur Bereit­schaft der Nächs­ten­hil­fe gegen­über den Gefah­ren der in dieser Zeit beson­ders starken Entwick­lung der Technik. Überall, wo Gefah­ren drohen, ist es notwen­dig, daß sich Menschen finden, die gewillt sind, diese Gefah­ren mit allen erlern­ten und jahre­lang erprob­ten Mitteln zu bekämp­fen. Es ist notwen­dig, zu erken­nen, daß der Feuer­wehr­mann nicht seiner Uniform wegen seine harten Übungen 25 oder 40 ja sogar über 50 Jahre hindurch ausführt. Nein, die Tatsa­che der Erkennt­nis schwer­wie­gen­der Gemein­de- oder Betriebs­schä­den, aus dem Bewußt­sein, unersetz­ba­res Kultur­gut des Volkes vor dem Feuer zu retten oder zu schüt­zen, wenn notwen­dig, sein Leben für die Rettung anderer einzu­set­zen, ist das hohe Ziel, welches den wahren Feuer­wehr­mann freiwil­lig verpflichtet.

Groß sind die Aufga­ben einer Feuer­wehr, wechseln doch ständig die Situa­tio­nen, vor die sie gestellt wird, verant­wor­tungs­voll die Aufga­ben des einsatz­lei­ten­den Komman­dan­ten seinen Wehrmän­nern gegen­über. Nur wenn die Gefah­ren des Feuer­wehr­diens­tes von den Männern richtig erkannt werden, kann man sie vermei­den, dann wird auch meistens der Erfolg des aufop­fern­den Einsat­zes gesichert sein, wenn Lebewe­sen – Mensch oder Tier – oder beson­ders wertvol­le Güter dem Feuer entris­sen werden sollen. Oftmals muß dann der Feuer­wehr­mann die Gefahr für sein Leben gering­schät­zen, wenn zufäl­li­ge Ereig­nis­se eintre­ten, mit denen natur­ge­mäß nicht gerech­net werden konnte.

Vielzahl sind die Gefah­ren der Brand­stel­le: Verqual­mung, Stich­flam­men, Explo­sio­nen verschie­de­ner Art, Dunkel­heit, Hitze, Ab- und Einsturz­ge­fah­ren, gifti­ge Gase, Sauer­stoff­man­gel usw. machen die Verant­wor­tung der Einsatz­lei­ter sehr schwer. Wachsein mit allen Sinnen ist das Gebot am Brand­platz. Aber selbst die größte Umsicht wird ungewoll­te Schäden nicht verhin­dern können. Bei dieser Tätig­keit der Feuer­weh­ren hängt viel von einer vertrau­ens­vol­len Zusam­men­ar­beit der einzel­nen Wehrmän­ner mit ihrem Komman­dan­ten ab. Der Komman­dant weiß, daß er für schuld­haft entstan­de­ne Schadens­fäl­le an der Gesund­heit seiner Wehrmän­ner oder an dem zu schüt­zen­den Gut nach dem bestehen­den Gesetz heran­ge­zo­gen wird. Auch die Erkennt­nis dieses Wissens, von den Außen­ste­hen­den meistens nicht beach­tet, sollte alle Mitmen­schen nachdenk­lich stimmen, wenn sie nur ihre Feuer­wehr­ab­ga­be bezah­len müssen. Die Aufga­be und Notwen­dig­keit dieser Organi­sa­ti­on des Brand­schut­zes wird wohl manchem erst recht zum Bewußt­sein kommen, wenn er folgen­de Schadens­auf­stel­lung liest, in der nicht die Not und das Elend enthal­ten sind, die von den Feuer­wehr­in­va­li­den, den Witwen und Waisen getra­gen werden. Ihnen sei hier nochmals beson­ders für ihre Opfer gedankt.

Die jährlich den Versi­che­run­gen gemel­de­ten Brand­schä­den in Westdeutsch­land betru­gen an versi­cher­ten Objek­ten in den Jahren 1949 bis 1954:

Oberkochen

Es muß aber noch mit zahlrei­chen weite­ren Brand­schä­den gerech­net werden, bei denen nicht versi­cher­te Werte den Flammen zum Opfer fielen.

Brand­ur­sa­chen waren in Prozent im Jahr 1954 (angeführt sind nur Schäden über 100000 DM):

Oberkochen

Das was geschützt und erhal­ten wurde, ist nicht zu überse­hen, ist aber ein Vielfa­ches der Schadens­sum­men. Damit soll keine Lobhu­de­lei der Feuer­wehr darge­stellt werden. Es soll den Mitbür­ger anhal­ten, mitzu­den­ken, Brand­schutz zu pflegen. Den Feuer­wehr­män­nern sollen diese Zahlen Beweis sein, daß ihre freiwil­lig gestell­ten Aufga­ben weiter­hin eine hohe sinnvol­le Verant­wor­tung tragen. Ist die Erhal­tung der kultu­rel­len Werte eines Volkes, einer Gemein­de oder eines Betrie­bes es doch wert, sich voll und ganz dafür einzusetzen.

Der beste Dank für die Feuer­wehr­män­ner ist, wenn man ihnen die technisch beste Ausrüs­tung an Brand­schutz­klei­dung und Geräten für ihren Einsatz beschafft. Weiter können wir den Dank abstat­ten, wenn mit Feuer, Gas, elektri­schen Anlagen, Kocher, Heizöfen, Bügel­eisen usw. bedacht­sam umgegan­gen wird, wenn alle evtl. entste­hen­den Gefah­ren besei­tigt werden. Du selbst kannst der Geschä­dig­te an Gesund­heit und Leben sein. Dein Leicht­sinn kann Dich und Deine Familie und im Betrieb viele andere brotlos machen. Wir Feuer­wehr­leu­te bitten darum: Helft Brände verhü­ten, dann helft Ihr uns beim ersten Gebot der Brandverhütung.

Wenn uns Werkfeu­er­wehr­leu­te erst die Sirene zum Lösch­ein­satz rufen muß, hat der Betrieb schon Schaden erlit­ten. Um weite­ren Schaden zu verhü­ten, setzen wir mit der Bekämp­fung der Gefahr ein.

Die Werkfeu­er­wehr bittet alle Betriebs­an­ge­hö­ri­gen sowie die Gemein­de­bür­ger, bei solchen Einsät­zen Ruhe zu bewah­ren. Wege, Treppen­häu­ser und Gänge sind freizu­hal­ten, damit keine Behin­de­rung der Einsatz­grup­pen entsteht.

Franz Balle

Weitere Kapitel