Oberko­chen habe keine Geschich­te. So kann man immer wieder hören, oder zumin­dest: sie begin­ne erst mit der angeb­lich ersten urkund­li­chen Erwäh­nung des Orts im Jahr 1240, als ein Graf Hartmann von Dillin­gen, der letzte Brenzgau­graf und seiner­zei­ti­ge Besit­zer der heuti­gen Gemar­kung Oberko­chen, etwa die Hälfte des Gebiets dem Kloster Ellwan­gen schenk­te; die andere vererb­te er testa­men­ta­risch im Jahr 1258 an die Grafen Helfenstein/Geislingen. Tatsäch­lich jedoch, so haben die neues­ten Nachfor­schun­gen von Christ­hard Schrenk (1985) ergeben, kann Oberko­chen mit Sicher­heit erst ab dem Jahr 1337 nachge­wie­sen werden. Die Urkun­de von 1240 erwähnt ledig­lich den Namen »Kochen«, womit der Fluß und ein bestimm­ter Landstrich entlang des Oberlaufs des heuti­gen Kochers, nicht aber »Oberko­chen« selbst gemeint ist. Hiervon wird an anderer Stelle ausführ­lich die Rede sein.

Hier soll nun aufge­zeigt werden, — und die meisten Erkennt­nis­se hierfür wurden erst während der letzten beiden Jahrzehn­te gewon­nen, — daß es auf Oberko­chens Gemar­kung auch vor der Stich­zahl 1337 bis in die graue Vorzeit hinein, die Stein­zeit, archäo­lo­gisch nachweis­ba­re Besied­lungs- und Kultur­spu­ren gibt, die zwar allge­mein nicht von überre­gio­na­lem, dafür aber umsomehr von lokalem, heimat­kund­li­chem Inter­es­se sind.

Das Landes­denk­mal­amt hat dem Verfas­ser für diese zum ersten Mal zusam­men­hän­gen­de und ausführ­li­che Oberko­che­ner Vorge­schichts­dar­stel­lung freund­li­cher­wei­se Ablich­tun­gen der dort vorlie­gen­den Fundbe­rich­te und Beschrei­bun­gen zur Verfü­gung gestellt (Dr. Dieter Planck, Haupt­kon­ser­va­tor des LDA Baden-Württem­berg, Abt. Archäo­lo­gi­sche Denkmal­pfle­ge, Stutt­gart) und diesen Bericht auf seine histo­ri­sche Richtig­keit durch­ge­se­hen (Dr. Ingo Stork, LDA BW/Stuttgart, — Leitung der Ausgra­bun­gen im alaman­ni­schen Gräber­feld Oberko­chen, 1980).
Dafür herzli­chen Dank.

Aus grauer Vorzeit

Jungstein­zeit (Neoli­thi­kum, 4000–1200 v. Chr.)

Waldrei­che Seiten­tä­ler im Gemar­kungs­ge­biet von Oberko­chen und zahlrei­che Quellen lassen vermu­ten, daß hier bereits lange Zeit vor den Römern Jäger und Acker­bau­ern siedel­ten, oder, zumin­dest zeitwei­lig, ansäßig waren. Hinzu kommt eine hervor­ra­gen­de geogra­phi­sche Lage im Durch­gangs­tal vom Kocher zur Brenz unweit der europäi­schen Rhein/­Do­nau-Wasser­schei­de, die man an dieser Stelle als einen flachen Paß am Rande der Schwä­bi­schen Alb bezeich­nen kann.

In diesem Zusam­men­hang erlan­gen ein Zufalls­fund aus dem Jahr 1953 und ein Fund aus dem Jahr 1968, Stein­bei­le aus der Jungstein­zeit, beson­de­re Bedeutung.

Im August 1953 sandte Friede­ri­ke Fiedler, Oberko­chen, Aalener Straße 24, an OStDir Keller (Schub­art-Oberschu­le, Aalen) folgen­de Notiz samt Beil: »Beim Aushe­ben des Erdbo­dens zwecks Kanali­sa­ti­on fand mein kleiner Bruder beim Spiele das Stein­beil und brach­te es meiner Mutter.« Der Sachbe­ar­bei­ter beim Landes­denk­mal­amt (LDA), Dr. Zürn, vermerk­te später im Fundbe­richt dazu: »Fundort s.o. vor dem Haus, wo das Abfluß­rohr der Dachrin­ne in die Erde führt. Da das Erdloch am gleichen Tage wieder zugeschüt­tet wurde, konnten wir nicht unter­su­chen, ob noch ähnli­che Dinge ausge­gra­ben worden waren.« Offizi­ell wird in diesem Bericht das »Beil« als »bandke­ra­mi­scher Hammer« beschrie­ben. Die Zeit der »Bandke­ra­mik« (durch beson­ders auffäl­li­gen abstrak­ten auf die Keramik aufge­mal­ten Bänder­schmuck gekenn­zeich­ne­te Gefäße) wird zum ältes­ten Zeitab­schnitt der Jungstein­zeit, dem sogenann­ten Altneo­li­thi­kum, zugerech­net (zw. 4000 und 2500 v. Chr.), d.h., der handwerk­lich hervor­ra­gend gearbei­te­te Hammer ist um die 5000 Jahre alt. Die relativ große Bohrung zum Einset­zen des Stiels bedingt natür­lich eine konstruk­ti­ve Schwä­chung — aber der Hammer ist unbeschä­digt. Er befin­det sich im Aalener Schub­art­mu­se­um. Am 1. Febru­ar 1954, also fünf Monate später erst, notier­te Zürn: »Forst­meis­ter Koch, Aalen, legt am 1.2.54 einen gut erhal­te­nen durch­bohr­ten Stein­ham­mer vor. Dieser wurde von einem Schüler an OStDir. Keller (Schub­art-Oberschu­le Aalen) überbracht. Granit­ar­ti­ges Gestein. Aufbe­wahrt in der Schub­art-Oberschu­le. Der Hammer ist 12,3 cm lang, an seiner breites­ten Stelle 5,1 cm breit. Das Bohrloch mißt 2,9 cm.«

Der zweite vorge­schicht­lich-stein­zeit­li­che Fund wurde kurz vor der Stadt­er­he­bung im Jahre 1968 von dem Oberko­che­ner Bürger Dr. Weidmann auf einem Streif­zug mit dem Ziel, Fossi­li­en aufzu­spü­ren, getätigt. Dr. Weidmann war ein vielsei­tig inter­es­sier­ter Forscher und ging immer mit offenen Augen durchs Gelän­de. Die amtli­che Fundno­tiz von Dr. Zürn lautet: »Stein­beil aus dunkel­grü­nem Gestein. (Wahrschein­lich aus dem Alpen­raum stammen­des Serpen­tin­ge­stein, (Dr. W.).) Oberflä­che etwas korro­diert. Länge 7,8 cm, Breite 4 cm, Dicke 2 cm. Gefun­den am 7.4.68 von Dr. Carl Weidmann, Oberko­chen, auf einem Lesestein­hau­fen in der Flur »Strick«, 1,2 km SSW vom Ort. In dem Bereich liegt die Kocher­quel­le. Fund in dessen Besitz. Mittei­lung durch v. Gleich. 4.6.68 Zürn.«

Die näheren Umstän­de des Fundes sind in einem ausführ­li­chen Fundbe­richt der Festnum­mer anläß­lich der Stadt­er­he­bung im Amtsblatt »Bürger und Gemein­de« vom 28.6.68 nachzu­le­sen. Das Beil wird als etwas jünger als der in der Aalener Straße gefun­de­ne Hammer angese­hen. Es stellt einen völlig anderen Werkzeug­typ dar als der zuvor beschrie­be­ne Hammer. »Die Schneid­sei­te besitzt einen guten Schliff, während die Schäf­tungs­sei­te sehr rauh ist. Durch länge­res Liegen an der Oberflä­che ist die Politur durch Regen und Witte­rung angegrif­fen. Eine doppel­te Beschä­di­gung der Schnei­de erfolg­te vermut­lich in jünge­rer Zeit, erkennt­lich am frischen Bruch. Das Beil war wahrschein­lich in einem Teilstück eines Hirsch­ge­weihs befes­tigt oder direkt in einem Gabel­holz (oder einem gespal­te­nen Stiel­holz) geschäf­tet.« (Dr. W.)

Mit diesen beiden stein­zeit­li­chen Funden ist natür­lich keine vorge­schicht­li­che Siedlung auf unserer Gemar­kung nachzu­wei­sen. Beleg­bar ist aber immer­hin, daß sich Jäger hier aufge­hal­ten haben, — ja, in unserer unmit­tel­ba­ren Nachbar­schaft, etwa in Königs­bronn, Heiden­heim und am Rosen­stein sind noch viel ältere Spuren mensch­li­cher Existenz nachge­wie­sen: Werkzeug­fun­de, die in die Zeit des Neander­ta­lers verwei­sen (100.000 Jahre) oder im Raum Ochsenberg/Schnaitheim die ältes­ten siche­ren Spuren mensch­li­cher Stein­werk­zeug­her­stel­lung (1,5−1,8 Millio­nen Jahre).

Es erscheint beacht­lich, daß inner­halb relativ kurzer Zeit gleich zwei vorge­schicht­li­che »Zeugen« auf Oberko­che­ner Gemar­kung gefun­den wurden. Offene Augen und geziel­te Forschun­gen vor allem auch in den Berei­chen um unsere Höhlen können und könnten hier noch vieles ausrichten.

Bronze­zeit (1800−1200 v. Chr.) und Urnen­feld­erkul­tur (1200−700 v. Chr.)

Die Kelten der Hallstatt­zeit (700−450 v. Chr.)

Die Spuren aus der an die Jungstein­zeit anschlie­ßen­den Bronze­zeit sind bei uns sehr dürftig. In den Unter­la­gen des LDA findet sich ledig­lich eine Notiz in den Fundbe­rich­ten Baden-Württem­berg 1914/16: »Forst Oberko­chen, Abtei­lung »Grabhü­gel«. Grabhü­gel­fun­de. Funde in Sammlung Heidenheim.«

Oberkochen

Da es sich bei dieser Grabung um die einzi­ge ihrer Art auf unserer ehema­li­gen Gemar­kung handelt, sei aus den oben erwähn­ten Fundbe­rich­ten zitiert: Oberko­chen. Hügel­grab aus der jünge­ren Hallstatt­zeit, ausge­schach­tet am 9. und 11. April 1914 im Forst Oberko­chen, »Abtei­lung Grabhü­gel«, zwischen Oberko­chen und Ebnat. Hügel­um­fang an der Basis 5,6 m, Höhe des Hügels 1,2 m. Um gründ­lich auszu­gra­ben, gab ich dem Aushub­loch einen Durch­mes­ser von 6,7 m. Schich­ten­fol­ge: 85 cm Auffül­lung, sandi­ge Erde mit 33 großen Jura-Ʃ-Findlin­gen; 2 cm Brand­schich­te; 10 cm Auffül­lung; 3 cm Brand­schich­te (also zwei Brand­schich­ten); 20 cm Auffül­lung, dann gewach­se­ner Boden.

In der Mitte des Hügels befand sich in 85 cm Tiefe ein Stein­kranz von 18 großen Ʃ‑Findlingen. Zwischen dem östli­chen Umfang dieses Kranzes und dem Ostrand des Hügels waren die beiden Brand­plat­ten mit 1,5 m Durch­mes­ser. Auf der oberen Brand­plat­te lag die Urne, einfar­big, braun, 21 cm hoch, oberer Durch­mes­ser 15,5 cm, unterer 11 cm, Umfang am Bauch 89,5 cm; neben dersel­ben ein brauner Teller, 3 cm hoch, oben 16,5 cm Durch­mes­ser. Westlich von der Urne ein Stück Zierei­sen, 28 cm lang, 3,5 cm breit, mit vier Knöpfen. Auf der Brand­plat­te lagen noch 21 Feuer­stei­ne. Die ganze Ausgra­bung befin­det sich in der Alter­tü­mer­samm­lung auf Schloß Hellen­stein (Schloß­kir­che). Prof. Gaus/Heidenheim.

Oberkochen

Bei den Funden handelt es sich um die üblichen für diese Zeit charak­te­ris­ti­schen Keramik­fun­de der sogenann­ten Hallstatt­zeit, die bereits in die Eisen­zeit überlei­tet. Einer Auskunft von Forst­di­rek­tor Schurr zufol­ge gehört die Abtei­lung »Grabhü­gel« seit 1930 nicht mehr zu Oberko­chen. Sie fiel im Rahmen eines Gelän­de­tau­sches an Thurn und Taxis.

In der Nähe des unter­such­ten Hügel­grabs befin­den sich noch weite­re Hügel­grä­ber dieser Zeit.

Aus der Bronze­zeit sind auf der Schwä­bi­schen Alb und auf dem Härts­feld zahlrei­che Hügel­grä­ber, dagegen wenige Siedlun­gen bekannt, bzw. nachzu­wei­sen. Es ist nicht auszu­schlie­ßen, daß auch auf unserer Gemar­kung, vor allem auf der Härts­fel­der Seite, noch kleine­re Grabhü­gel im Wald verbor­gen liegen. Die Menschen began­nen übrigens in dieser Zeit bereits, mit dem neuen Metall, der Bronze, zu handeln.

Bei Oscar Paret finden wir einen weite­ren Hinweis auf Spuren aus der Spätpha­se dieser Zeit. Er schreibt in seinem Werk »Württem­berg in vor- und frühge­schicht­li­cher Zeit« unter anderem: »Im oberen Kocher­tal lag bei Oberko­chen eine Siedlung«, — und einige Seiten weiter: »Feuer­bö­cke sind bisher bekannt gewor­den von … u.a. Oberko­chen, Kreis Aalen …« Unter Feuer­bö­cken versteht man paarwei­se aus Ton gearbei­te­te Wider­la­ger für Röste, unter denen gefeu­ert wurde.

Diese Funde stammen aus einer Brand­be­stat­tung der sogenann­ten Urnen­feld­erkul­tur, deren Träger nach 1200 v. Chr. aus dem Nordos­ten in unsere Heimat einwan­der­ten. Der Fundein­trag von Dr. Binder von der prähis­to­ri­schen Abtei­lung des Württem­ber­gi­schen Landes­mu­se­ums Stutt­gart vom Novem­ber 1956 lautet: »Oberko­chen, Kreis Aalen, Kelten­stra­ße 14 (Haus Eber/Kurz) … die bis zum Bauch zusam­men­hän­gen­de Urne (die zusam­men mit den Feuer­bö­cken gebor­gen wurde) enthielt zuoberst die Scher­ben der Deckschüs­sel, darun­ter mehre­re Schich­ten zerdrück­ter Speise­ge­fä­ße, eine durch­loch­te Tonschei­be, das Horn eines töner­nen Feuer­bocks, etliche Rinder­zäh­ne im Kiefer­ver­band und gerin­ge Reste der Leichen­asche, von Metall keine Spur. Alter: späte Bronzezeit.«

Dr. Zürn vom LDA beschreibt diesen wichti­gen Fund in der Aalener Volks­zei­tung vom 28.6.1968 (Sonder­num­mer Stadt­er­he­bung) wie folgt: »Als man 1956 einen Funda­ment­gra­ben bei Haus Kelten­stra­ße 14 aushob, ist man auf Scher­ben von handge­mach­ten Tonge­fä­ßen gesto­ßen. Darun­ter sind solche von dünnwan­di­gen Schalen, die außen und innen graphi­tiert sind, von einer Henkel­tas­se und von dickwan­di­gen Vorrats­ge­fä­ßen. Auch eine runde, in der Mitte durch­bohr­te Tonschei­be ist darun­ter und ein kleines Bruch­stück eines Feuer­bocks aus Ton. Das Stück eines Mahlsteins aus Sandstein und Tierkno­chen zeigen an, daß es sich bei den Funden um Überres­te einer Siedlung handelt, die vor 3000 Jahren, in der Urnen­fel­der­zeit, hier bestan­den hat«.

Einem von Kreis­ar­chi­var Hilde­brand verfaß­ten Bericht, der in der Schwä­bi­schen Post vom 10.11.1956 erschien, ist hierzu noch folgen­des zu entneh­men: »Bei der Freile­gung der Brand­be­stat­tung hatte man beobach­tet, daß hart nördlich der Urne der kiesi­ge Unter­grund locke­rer und stark mit Lehm durch­setzt war. Der Boden war auch eine Nuance dunkler gefärbt. Man konnte durch­aus vermu­ten, daß in der Nähe nochmals ein Grab im Boden verbor­gen wäre.« Dieses von Herrn Hilde­brand hier vermu­te­te Grab entpupp­te sich später eindeu­tig tatsäch­lich als Grab, aller­dings als eines, das zu dem damals bereits bekann­ten Reihen­grä­ber­fried­hof aus der alaman­ni­schen Zeit des 6./7. nachchrist­li­chen Jahrhun­derts zuzuord­nen und damit ca. 1800 Jahre später einzu­stu­fen ist.

Oberkochen

Es ist also reiner Zufall, daß die beiden so verschie­de­nen Gräber — letzt­lich waren es sogar drei — so dicht beisam­men lagen. Das Brand­grab ist, dem Bericht zufol­ge, der Urnen­fel­der-Besie­de­lung zuzurech­nen, die beiden anderen Gräber dem frühen Mittelalter.

Die Kelten­stra­ße — und an dieser Tatsa­che führt kein Weg vorbei — trägt ihren Namen nach wie vor zu unrecht. Im eigent­li­chen Ortsbe­reich konnten bislang noch keine kelti­schen Spuren nachge­wie­sen werden, — zumin­dest keine aus der frühen Kelten­zeit, die in die Hallstatt­zeit fällt. Der histo­ri­schen Richtig­keit halber müßte die Kelten­stra­ße besten­falls »Urnen­feld­erkul­tur­stra­ße« — oder, was schon besser klingt, — »Alaman­nen­stra­ße« heißen, — doch hiervon später.

Die Bezeich­nung »Hallstatt­zeit« leitet sich übrigens von einem wichti­gen Fundort dieser Zeit ab, der in Nieder­ös­ter­reich liegt.

Die Eisen­zeit (800 v. Chr. bis ca. um Chr. Geburt)

La-Tene-Kultur, nach einer bedeu­ten­den Fundstel­le im NO-Ende des Neuen­bur­ger Sees/Schweiz benannt. (la téne = die Untiefe)

Die Kelten der La-Téne-Kultur

Während die Zeit der frühen Kelten, wie soeben beschrie­ben, in die Hallstatt­zeit fällt, wird die kelti­sche Zeit, aus der wir spärli­che Belege auf unserem Gemar­kungs­ge­biet nachwei­sen können, der La-Tene Kultur, — also der unmit­tel­bar vorrö­mi­schen Zeit, zugerechnet.

Paret erwähnt späte La-Téne-Keramik in der Höhle am Schmie­de­fels (verschie­de­ne Schreib­wei­sen) bei Oberko­chen. Den Aufzeich­nun­gen des Landes­denk­mal­amts (Dr. Zürn) ist hierzu zu entneh­men: »30.4.51. 1,5 km SSW vom Ort befin­det sich oberhalb des Kocher­ur­sprungs im Schmid­te­fel­sen eine Höhle. Darin wurde durch Schreiber/Heidenheim nach dem Kriege (2. Weltkrieg, (D.B.)) gegra­ben, der darin eine Anzahl vorge­schicht­li­cher Scher­ben (angeb­lich Hallstatt) fand.« Zürn suchte die Höhle am 18.5.53 selbst auf und stell­te ebenfalls vorchrist­li­che, aber auch mittel­al­ter­li­che Scher­ben fest. Am 31.10.71 fand der Verfas­ser im Zusam­men­hang mit den Arbei­ten an dem damals neu entdeck­ten Römer­kel­ler im Weilfeld unter anderen Scher­ben im Eingangs­be­reich der Schmie­de­stein­höh­le eine römische sigil­la­ta-Scher­be. Dafür gibt es eine ganze Reihe von Erklä­run­gen, — zwei mögli­che: entwe­der hielten sich Römer vom Weilfeld in gefahr­vol­ler Zeit in der Höhle versteckt, oder aber waren es Germa­nen, die ein römisches Gefäß benütz­ten oder weiterbenützten.

Mit Sicher­heit handelt es sich bei dieser Höhle um einen immer wieder über länge­re Abschnit­te in vorge­schicht­li­cher und geschicht­li­cher Zeit benutz­ten Platz. Sie ist unsere bedeu­tends­te »geschichts­träch­ti­ge« Höhle und steht selbst­ver­ständ­lich unter Denkmal­schutz. Auf eigen­mäch­ti­ge Grabun­gen stehen hohe Geldstra­fen. (Denkmal­schutz­ge­setz von 1972, novel­liert 1984.) Mit vorge­schicht­li­chen u. geschicht­li­chen Funden ist grund­sätz­lich bei und in allen Höhlen und Apris der Schwä­bi­schen Alb zu rechnen — deshalb wurden sie zu Recht unter Schutz gestellt (Apri = schüt­zen­der Felsvorsprung).

La-Téne-zeitli­che, also vorrö­mi­sche und somit kelti­sche Scher­ben, befan­den sich, — dies ergaben die abschlie­ßen­den Unter­su­chun­gen der Römer­kel­ler­fun­de durch das LDA, — auch unter den dort gebor­ge­nen Funden. In den Fundbe­rich­ten aus Baden-Württem­berg, Band 5, 1980, schreibt Dr. Planck:

… »Beson­ders zu erwäh­nen sind noch einige Scher­ben, die nicht in diesen zeitli­chen (also römischen, (D.B.)) Horizont passen. Eine Wandscher­be (eines kerami­schen Gefäßes, (D.B.)) mit Kammstrich­ver­zie­rung, das Randstück einer Schale mit einzie­hen­dem Rand und ein Spinn­wir­tel sind vermut­lich laténe-zeitlich und deuten darauf hin, daß hier mögli­cher­wei­se eine Siedlung dieser Zeit vorliegt«. Diese letzte Feststel­lung von Dr. Planck ist für Oberko­chen und seine Gemar­kung gerade­zu sensa­tio­nell: mögli­cher­wei­se vor den Römern eine kelti­sche Siedlung im Weilfeld?

An dieser Stelle sei ein kleiner Abste­cher ins Mittel­al­ter erlaubt: Nach unter­schied­li­chen Quellen ist hier im Weilfeld tatsäch­lich ein alter Weiler (Erklä­rung »weiler« siehe im nächs­ten Abschnitt unter »Römer­kel­ler«) »abgegan­gen«. Vieles deutet auf den Namen »Stefans­wei­ler« hin. In dem 4‑bändigen Werk »Das König­reich Württem­berg« von 1906 steht hinter »Stefans­wei­ler Mühle«: »Der Weiler Stefans­wei­ler im 30jährigen Krieg abgegan­gen«. Das Stefans­wei­ler Feld ist die unmit­tel­bar an das Weilfeld angren­zen­de Flur. Im Heimat­buch Unter­ko­chen dagegen ist zu lesen: »Stefans­wei­ler: dieser war 1385 unbewohnt und 1405 völlig verwüs­tet«. Denkbar wäre auch »Zweren­berg«. Geschicht­lich beleg­bar ist im Weilfeld somit zumin­dest eine, wenngleich nicht konti­nu­ier­lich nachweis­ba­re, Besie­de­lung von der keltisch-vorchrist­li­chen Zeit an über ca. 2000 Jahre hinweg; — das römische Gebäu­de im Weilfeld ist in dieser Besie­de­lungs­ab­fol­ge ein wichti­ges Binde­glied. Zurück zu den Kelten der La-Téne-Zeit.

Aus den verschie­dens­ten Gründen kann den Dr. Planck­schen Speku­la­tio­nen, und wenn sie für die Aufhel­lung der Geschich­te unserer Gemar­kung noch so inter­es­sant sind, (eine Luftauf­nah­me der Firma Carl Zeiss vom 1.10.64 bestä­tigt luftar­chäo­lo­gisch, daß hier »was los ist«), nicht nachge­gan­gen werden:

  1. Das geschichts­träch­ti­ge Gelän­de liegt im Wasser­schutz­be­reich der Stadt Aalen — einem aus heuti­ger Sicht unglück­li­chen priva­ten Wasser­rechts-Verkauf Oberko­che­ner Grund­stücks­be­sit­zer an die Stadt Aalen zufol­ge. (Sumpf­wie­sen, seiner­zei­ti­ger Quadrat­me­ter­preis eine Mark — Vertrags­jahr 1898)
  2. Das LDA ist mit Notgra­bun­gen derma­ßen überlas­tet, daß keine »norma­len« Grabun­gen durch­ge­führt werden können. (Die Grabung in der Frühling­s­tra­ße im Jahr 1980 »Alaman­nen­fried­hof« lief, da hier geschicht­li­cher Boden überbaut wurde, z.B. als eine solche Notgra­bung.)
    Das Im-Boden-Belas­sen von archäo­lo­gi­schem Gut ist dessen beste Konser­vie­rung. (LDA)
  3. Die Grabungs­me­tho­den und damit die Grabungs­er­geb­nis­se werden laufend verbes­sert. Hiervon konnte sich in eindrucks­vol­ler Weise überzeu­gen, wer im Herbst des vergan­ge­nen Jahres 1985 die Ausstel­lung »Der Kelten­fürst von Hochdorf« in Stutt­gart gesehen hat.
  4. Die Genera­tio­nen nach uns wollen auch noch etwas zum Graben haben.

Abschlie­ßend zur La-Téne-Zeit, und der Vollstän­dig­keit halber, sei auf einen zufäl­li­gen Fund hinge­wie­sen, den der Verfas­ser am 17.4.85 in der Baugru­be für die mittler­wei­le erstell­te Monta­ge­hal­le der Firma Carl Zeiss (ehema­li­ger Großpark­platz) tätig­te. Bei der Vermes­sung der Holzpfos­ten, die bei den Aushub­ar­bei­ten zutage­ge­tre­ten waren (Hinweis des Oberko­che­ner Bürgers Konrad Posmik), und die vom LDA als »Uferver­bau­ung des Kochers« inter­pre­tiert wurden — in noch nicht bestimm­ter Zeit gegen Überschwem­mun­gen zum Schutz von dahin­ter Liegen­dem nicht mehr oder noch nicht Nachweis­ba­rem errich­tet — entdeck­te der Verfas­ser ein Keramik­bruch­stück, das vom LDA (Dr. Ingo Stork) als Randstück vermut­lich eines Gefäß­de­ckels, ca. 2000 Jahre alt, bestimmt wurde.

Das dazu passen­de Gefäß müßte einen Durch­mes­ser von ca. 35 cm gehabt haben. Ein solcher sogenann­ter »Streu­fund« ist archäo­lo­gisch gesehen jedoch von gerin­ger Bedeu­tung, da er auf vieler­lei Weise an diesen Ort gekom­men sein kann und keiner­lei Hinweis auf die bei den »Alt-Oberko­che­nern« gespei­cher­te Hypothe­se von Pfahl­bau­ten in diesem Bereich gibt, — genau­so­we­nig wie das desglei­chen in dieser Baugru­be entdeck­te und tags darauf auf geheim­nis­vol­le Weise auf Nimmer­wie­der­sehn verschwun­de­ne Schwert, das sich ein »archäo­lo­gi­scher Barbar« unter den Nagel geris­sen hat.

Die Römer in »Oberko­chen« (2. und 3. Jahrhun­dert n. Chr.)

Mit den Stich­wor­ten »Weilfeld-Römer­kel­ler« beginnt der Nachweis der römischen Geschich­te auf Oberko­che­ner Gemar­kung, die ja bekannt­lich im unmit­tel­ba­ren römischen Grenz­land knapp hinter dem bei Buch verlau­fen­den Limes lag. Bekannt ist auch, daß eine bedeu­ten­de römische Verbin­dungs­stra­ße bestan­den hat zwischen dem älteren Albli­mes-Kastell Heiden­heim (Aquile­ja) und seinem jünge­ren Nachfol­ger, dem Reiter­kas­tell Aalen (Ala Secun­da Flavia). Der römische Straßen­ver­lauf auf unserer Gemar­kung führte, von Heiden­heim kommend, wahrschein­lich mitten durch das heuti­ge Oberko­chen zur Kreuz­müh­le. Von hier geht die Straße auf der westli­chen Talsei­te 5 —10 Meter über der damals sumpfi­gen Talsoh­le im Zuge des jetzt noch bestehen­den Feldwegs über die Kläran­la­ge nach Unter­ko­chen (römische Spuren auf dem Unter­ko­che­ner Kirch­berg sind belegt) und Aalen nach Buch zum Limes. Eine Stich­stra­ße zum Römer­kel­ler ist denkbar. Über den »Römer­kel­ler« ist viel geschrie­ben worden. Die wichtigs­ten Fakten seien hier nochmals zusammengetragen.

Der seiner­zei­ti­ge Oberko­che­ner Landwirt Konrad Posmik hatte zwischen 1966 und 1971 mehrfach erfolg­los versucht, — u.a. anläß­lich der Stadt­er­he­bung im Jahre 1968, — die Aufmerk­sam­keit der zustän­di­gen Rathaus­stel­len auf mutmaß­li­che Mauer­res­te in seinem Acker am Ortsrand zu lenken.

Im Sommer 1971 wandte er sich an den Verfas­ser, instink­tiv der richti­gen Mei-nung, ein Kunst­er­zie­her inter­es­sie­re sich mehr für alte Mauern in einem Acker als die Stadtverwaltung.

Oberkochen

Eine gemein­sa­me Besich­ti­gung war der Anfang einer äußerst spannen­den Ausgra­bung, die der Verfas­ser in enger Verbin­dung mit dem noch am selben Tag verstän­dig­ten und für Oberko­chen als Binde­glied zum LDA zustän­di­gen Kreis­ar­chi­var Hilde­brand vom Landrats­amt Aalen und freiwil­li­gen Schülern der Klassen 12 und 13 des hiesi­gen Gymna­si­ums durch­führ­te. Nach mehre­ren Wochen Arbeit im Herbst 1971 hatten wir, wie zahlrei­che Funde und das Mauer­werk des Gebäu­des selbst bewie­sen, den Keller eines aus dem 2. nachchrist­li­chen Jahrhun­dert stammen­den römischen Bauwerks, Teil einer »villa rusti­ca«, also eines römischen Gutsho­fes, zu dem mit Sicher­heit noch im Gelän­de verbor­ge­ne Neben­ge­bäu­de gehören, freigelegt.

Paral­lel dazu stöber­te der Verfas­ser in den ihm von der Stadt­ver­wal­tung zugäng­lich gemach­ten, bislang unbeach­tet geblie­be­nen Archiv­un­ter­la­gen, wobei er auf aller­lei diesbe­züg­lich höchst inter­es­san­te Hinwei­se stieß. So vermu­te­te schon der legen­dä­re Oberleh­rer Alfons Mager aufgrund der Flurbe­zeich­nung »Weilfeld« in dieser Flur etwas »Römisches«. Später wurde bekannt, daß auch dem LDA Hinwei­se auf ein »römisches Weilfeld« vorla­gen (Ablei­tung »weil« und »weiler« vom römischen »villa«). Auch Dr. Ingo Stork vom LDA hält in diesem Fall die Ablei­tung der Silbe »weil« aus dem römischen Wort »villa« = Stadt, Ort oder Gebäu­de (»villa rusti­ca« = Gutshof) für denkbar, obwohl Weiler­or­te bei uns im allge­mei­nen erst nach 700 gegrün­det sind. Aus diesem Grund ist auch eine eventu­el­le Besie­de­lungs­kon­ti­nui­tät zur Zeit nicht greifbar.

Dr. Dieter Planck (LDA) schreibt in seinem Buch »Der Limes in Südwest­deutsch­land«, das 1980 erschien, … »An den äußeren oberger­ma­nisch-rätischen Limes wurden, soweit sich bisher ersehen läßt, die Truppen vom Neckar-Odenwald- und Albli­mes vorver­legt… Schon unmit­tel­bar nach ihrer Errich­tung (Grenz­be­fes­ti­gun­gen) mußte zwischen 162 und 170 nach Chris­tus diese Grenze Angrif­fen der Chatten (westger­ma­ni­scher Volks­stamm) stand­hal­ten.… Aber schon 233 n. Chr. erschüt­ter­ten erneu­te Unruhen im Osten das römische Weltreich.…. Einige Bauwer­ke wurden auf jeden Fall endgül­tig aufge­ge­ben, z.B. zeigten die Grabun­gen im Limes­tor von Dalkin­gen, daß dieses Gebäu­de ausge­brannt ist und nicht mehr erneu­ert wurde …«

Ähnlich mag es unserem »Römer­kel­ler« ergan­gen sein, — d.h., die römische Anlage im Weilfeld fiel mit größter Sicher­heit den Germa­nen­ein­fäl­len um die Mitte des 3. nachchrist­li­chen Jahrhun­derts zum Opfer. Die Ruine wurde später besei­tigt, die Steine vermut­lich zum Bau von Häusern in »Oberko­chen« verwen­det und der Keller mit Schutt aufge­füllt, um darüber Acker­bo­den zu gewinnen.

In den Fundbe­rich­ten des LDA (FB 1980 Bd.5) wird das Gebäu­de, dessen Zweck (strate­gisch oder wirtschaft­lich) aus dem archäo­lo­gi­schen Zusam­men­hang isoliert ohne weite­re Grabun­gen nicht geklärt werden kann, von seiner Entste­hung her in die 2. Hälfte des 2. nachchrist­li­chen Jahrhun­derts (Antoni­nus Pius?) datiert, — d.h. es stand ungefähr 70–80 Jahre lang.

Zu den Funden.
Reich verzier­te terra-sigil­la­ta-Scher­ben, Hunder­te von Keramik­scher­ben einfa­che­rer römischer Herkunft, ein wunder­voll erhal­te­ner römischer Sicher­heits­schlüs­sel, wohl der Schlüs­sel zum Gebäu­de — ein Parade­ex­em­plar, das im Augsbur­ger Römer­mu­se­um ausge­stell­ten römischen Schlüs­sel »lässig« aussticht —, ein fast völlig erhal­te­ner schüs­sel­ähn­li­cher kleiner Teller (er wurde vom LDA vervoll­stän­digt), römischer Beton, Estrich­tei­le, bemal­te Verputz­tei­le, Heizungs­zie­gel, Dachzie­gel, Metall- und Glasfun­de, der Abdruck einer römischen Hunde­pfo­te in einem Backstein­bruch­stück und Getrei­de, das aus über 20 verschie­de­nen Sorten zusam­men­ge­mischt war, und vieles mehr wurde von uns unter Anlei­tung des Kreis­ar­chi­vars geborgen.

Oberkochen

Die gesam­ten Funde sind heute im Besitz des Gymna­si­ums (ständi­ge Ausstel­lung), dem Bürger­meis­ter Bosch, der sich um diese Ausgra­bung sehr verdient gemacht hat, am 8. Novem­ber 1976 nach der Gebäu­de­kon­ser­vie­rung durch die Stadt die Obhut über den Keller übertra­gen hat.

Um der während der Ausgra­bung häufig geäußer­ten Vermu­tung, es handle sich bei dem römischen Gebäu­de um ein strate­gi­sches Bauwerk, entge­gen­zu­tre­ten, soll aus den Fundbe­rich­ten BW von 1980 zitiert werden, wo Dr. Planck schreibt: »Die Bedeu­tung dieses Gebäu­des ist bisher nicht sicher zu ermit­teln. Militä­ri­sche Bedeu­tung kommt, trotz der günsti­gen Lage, meines Erach­tens nicht in Frage. Vielmehr möchte ich anneh­men, daß hier ein Neben­ge­bäu­de zu einer Villa Rusti­ca (Gutshof) vorliegt. Gerade verschie­de­ne Funde, etwa Ziegel­plat­ten von Hypokaust­an­la­gen (Fußbo­den­hei­zung), sprechen dafür, daß hier noch Gebäu­de mit Heizun­gen vorhan­den sein müssen, die wir jedoch bisher noch nicht kennen.«

Sollte das Gebäu­de in einem strate­gi­schen Zusam­men­hang, (z.B. Straßen­si­che­rung oder Licht­si­gnal­sta­ti­on) gestan­den haben, so wäre am südli­chen Ortsrand, z.B. im Bereich der heuti­gen Leitz­stra­ße, ein weite­res römisches Bauwerk denkbar, von welchem aus optische Sicht Richtung Königs­bronn, gleich­zei­tig auch zum Römer­kel­ler, von dem aus der Unter­ko­che­ner Kirch­berg in direk­ter optischer Verbin­dung liegt, möglich sein muß. Bei dieser kühnen Vermu­tung handelt es sich selbst­ver­ständ­lich um eine unwis­sen­schaft­li­che These, die im Bereich reiner Speku­la­ti­on liegt.

Die Alaman­nen

»Oberko­chen« in der Zeit des 6. und 7. nachchrist­li­chen Jahrhunderts.

Ab der Mitte des 3. nachchrist­li­chen Jahrhun­derts wurden die Römer sukzes­si­ve von den Germa­nen vertrie­ben, d.h. die alaman­ni­sche Landnah­me fand statt. Bei den Alaman­nen war Holzbau­wei­se heimisch. Deshalb kann fast mit Sicher­heit gesagt werden, daß Gebäu­de­res­te aus dieser frühen Zeit bis hinein ins 13. Jahrhun­dert auf unserer Gemar­kung, vor allem im heuti­gen überbau­ten Stadt­ge­biet, kaum mehr, oder nur durch Zufall, — am ehesten noch Keller, — gefun­den werden.

Hinge­gen waren im Stadt­ge­biet seit Jahrzehn­ten eine Reihe von alaman­ni­schen Gräber­fun­den aus der sogenann­ten Merowin­ger­zeit bekannt (6. und 7. nachchrist­li­ches Jahrhun­dert). Die Merowin­ger sind ein fränki­sches Königs­ge­schlecht, das die Alaman­nen zu diesem Zeitpunkt unter­wor­fen hatte. Man spricht zwar allge­mein von »Alaman­nen­fried­hö­fen«, — genau genom­men müßte von »Merowin­ger­fried­hö­fen« gespro­chen werden. Indes: die Deutschen verblie­ben auch unter alliier­ter Beset­zung Deutsche.

Am 19. März 1980 sorgte der Zufall für eine weite­re sensa­tio­nel­le Aufhel­lung der Oberko­che­ner Ortsge­schich­te: Im 14 km entfern­ten Hüttlin­gen hatten Erwach­se­ne beobach­tet, wie Kinder mit einem Toten­schä­del spielten.

Die umgehend verstän­dig­te Polizei argwöhn­te, unter­stützt von einem zu Rate gezoge­nen Zahnarzt, den der hervor­ra­gen­de Gebiß­zu­stand des Schädels auf die falsche Spur gebracht hatte, ein Verbre­chen und fand bald heraus, daß der Schädel aus dem Erdaus­hub einer Oberko­che­ner Baugru­be stamm­te. Bis hierher könnte der Bericht, der durch die Tages­pres­se ging, beina­he im Sagen­teil dieses Buchs unter­ge­bracht werden.

Noch während des Vormit­tags­un­ter­richts wurde der Verfas­ser über den Vorfall verstän­digt und stell­te in den Wänden der bereits völlig ausge­ho­be­nen Baugru­be des Hauses Stelzen­mül­ler, Frühlings­tras­se 3, vom Bagger in unter­schied­li­chen Tiefen angeschnit­te­ne Skelet­te fest. Kreis­ar­chi­var Hilde­brand folgte seinem Hilfe­ruf umgehend, und während sich ein Grabungs­team vom Stutt­gar­ter LDA auf den Weg nach Oberko­chen machte, hatten die beiden, die zwecks weite­rer Spuren­si­che­run­gen umgehend nach Hüttlin­gen geeilt waren, aus dem dorthin verbrach­ten Oberko­che­ner Aushub noch einen »sax« (Kurzschwert) gebor­gen. Die Baugru­be mußte nach den Feststel­lun­gen des Kreis­ar­chi­vars mitten in einem alaman­ni­schen Gräber­feld des 6./7. nachchrist­li­chen Jahrhun­derts liegen.

Unter dem unermüd­li­chen Einsatz von Dr. Ingo Stork ließ das LDA Stutt­gart nun eine mehr als sechs­wö­chi­ge Notgra­bung durch­füh­ren, während der das gesam­te Grund­stück syste­ma­tisch unter­sucht wurde. Allein auf diesem begrenz­ten Ausschnitt des Oberko­che­ner Gräber­fel­des, das sich, wie später gezeigt wird, bis zum Hasen­gäss­le erstreckt, wurden 94 Gräber entdeckt und unter­sucht, was zusam­men mit den durch den Bagger zerstör­ten Gräbern eine Zahl von ca. 130 Bestat­tun­gen auf diesem durch­schnitt­lich großen Baugrund­stück ergibt. (Sinni­ger­wei­se war ein Teil des Baugru­ben­aus­hubs auch zum Auffül­len des zum damali­gen Zeitpunkt gerade erwei­ter­ten städti­schen Fried­hofs verwen­det worden, — d.h., eine Reihe von »Altvor­de­ren« sind, ohne daß jemand davon wußte, quasi »umgebet­tet« worden.) Auch diese Tatsa­che liest sich wie die Geschich­ten im Sagen­teil unseres Heimatbuchs.

Beson­ders markant unter den 413 Einzel­fun­den dieser Notgra­bung sind: Zwei vorzüg­lich erhal­te­ne bronze­ne Gürtel­schnal­len, tauschier­te, versil­ber­te Riemen­zun­gen, ein silber­nes Schuh­schnal­len­paar mit erhal­te­nen Leder­tei­len, viele Messer, »sax-« und »spatha«-Schwerter (spatha = Langschwert), Wehrge­hän­ge­gar­ni­tu­ren, Lanzen­spit­zen, Ohrrin­ge mit farbi­gen Perlen, Haarna­deln, Knochen­käm­me, — einer im Etui, — Spinn­wir­tel, ein Amulett, zwei römische Münzen, zwei kerami­sche doppel­ko­ni­sche Gefäße als Grabbei­ga­ben wie alles bisher Aufge­zähl­te, und eine phantas­ti­sche Vielfalt von Perlen­ket­ten aus den verschie­dens­ten Materia­li­en, — von einfa­chen Keramik­per­len über zahllo­se einfa­che Glasper­len bis hin zu vergol­de­ten Glasper­len, Perlen aus Gagat und Bernstein und den faszi­nie­ren­den »mille­fio­ri«- Glasper­len, die in ihrer Buntheit kleinen Glasmur­meln gleichen. Stück für Stück der Grabbei­ga­ben sind Belege für den alaman­ni­schen Glauben an ein Fortle­ben nach dem Tod: man gab den Toten ihre wichtigs­ten, wertvolls­ten und liebs­ten Gegen­stän­de des Alltags mit auf die große Reise ins Jenseits.

Oberkochen

Auffal­lend bei der Oberko­che­ner Grabung waren die außer­ge­wöhn­lich guten Sargbe­fun­de, bedingt durch den lehmhal­ti­gen Boden. Als »Lecker­bis­sen« für den Anthro­po­lo­gen gilt ein Oberschen­kel­kno­chen, der gebro­chen und wieder zusam­men­ge­heilt war, wobei sich die gebro­che­nen Teile auf eine Länge von fast 10 cm überein­an­der­ge­scho­ben hatten: das geheil­te Bein war also erheb­lich kürzer als das gesunde.

Einiges Kopfzer­bre­chen berei­tet den Archäo­lo­gen ein Doppel­grab, bei dem die Köpfe der Verstor­be­nen exakt überein­an­der liegend vorge­fun­den wurden. Diese Art gleich­zei­ti­ger Bestat­tung ist außer­or­dent­lich selten.

Frühe­re Bestat­tun­gen waren durch später angeleg­te Gräber zwar gestört (bis zu 4 Überein­an­der­le­gun­gen), doch ruinier­te man die dabei berühr­ten Gräber keines­wegs hemmungs­los — vielmehr legte man überwie­gend die Gebei­ne der früher Beigesetz­ten fein säuber­lich samt Grabbei­ga­ben zur Seite. Mit gerin­gen Abwei­chun­gen waren die Toten so bestat­tet, daß der Kopf im Westen mit Blick nach Osten lag. Abwei­chun­gen von dieser Regel rühren daher, daß man sich beim Anlegen des Grabs nach dem Sonnen­stand bei Sonnen­auf­gang richte­te, und dieser ist bekannt­lich zu den verschie­de­nen Jahres­zei­ten jeweils anders.

Die vielen, teilwei­se stark korro­dier­ten Eisen­fun­de und die organi­schen Reste wurden an Ort und Stelle einge­gipst und warten (noch heute) auf ihre Restau­rie­rung durch die Spezia­lis­ten des Württem­ber­gi­schen Landes­mu­se­ums. Mit dieser Grabung konnte endlich der Beweis erbracht werden, daß in Oberko­chen schon lange vor der ersten urkund­li­chen Erwäh­nung im Jahre 1337 ein beacht­li­ches Gemein­we­sen bestand, von dessen eindrucks­vol­ler Größe noch vor kurzem niemand wußte.

In der Jahres­zeit­schrift der Boden­denk­mal­pfle­ge in den Regie­rungs­be­zir­ken Stutt­gart und Tübin­gen, »Archäo­lo­gi­sche Ausgra­bun­gen 1980«, schreibt Dr. Ingo Stork: »Dieser Fried­hof muß im gesam­ten Bereich von der Kelten­stra­ße bis zur Frühling­s­tra­ße angenom­men werden. Bei dieser Ausdeh­nung ist mit mehre­ren hundert Gräbern zu rechnen, auch wenn die Belegungs­dich­te sicher nicht überall so groß war wie im unter­such­ten Ausschnitt.« In diesem Bericht wird auf 2 Pfosten­lö­cher eines Holzbaus hinge­wie­sen (24 cm starke Holzpfos­ten). Weite­re Bautei­le hierzu sind leider mit dem Baugru­ben­aus­hub verschwun­den oder liegen unter dem damals bereits fertig­ge­stell­ten Garagen­bo­den, gegebe­nen­falls unter der Frühlings­stra­ße. So kann der einzi­ge Holzbau Oberko­chens aus dieser Zeit, dem, da er sich unmit­tel­bar im Gräber­feld befun­den hatte, unter Umstän­den unter den Vorzei­chen der später einset­zen­den Chris­tia­ni­sie­rung größe­re Bedeu­tung hätte zukom­men können, archäo­lo­gisch nicht mehr klassi­fi­ziert werden.

Oberkochen

Dr. Stork bezeich­net das wissen­schaft­li­che Ergeb­nis dieser Ausgra­bung in seinem Bericht als von »überört­li­chem Interesse«.

Die Ausgra­bun­gen in der Frühlings­stra­ße haben den Verfas­ser ermun­tert, eine Bestands­auf­nah­me aller bishe­ri­gen Spuren im Zusam­men­hang mit diesem großen Fried­hof zu erarbei­ten, zumal immer wieder neue Hinwei­se an der Grabungs­stel­le eintrafen.

  1. um 1900: Reihen­grä­ber Haus 8 Kelten­stra­ße. Sie führten allem Anschein nach durch Mißdeu­tung zu der Bezeich­nung »Kelten­stra­ße«. Von diesen Funden erfolg­te keine Meldung ans Landes­denk­mal­amt — sonst hieße die Straße heute mit absolu­ter Sicher­heit »Alaman­nen­stra­ße«.
  2. 1917: eine Reihe von Gräbern auf einem Grund­stück in der Nähe von Haus 14 Kelten­stra­ße. Auch hier erfolg­te keine Meldung ans Denkmalamt.
  3. 1922: Reihen­grä­ber Haus 17, Dreißen­tal­stra­ße. Vermerk des LDA: Im Dreißen­tal etwa 500 m nordöstl. vom Ölwei­her (siehe 4) wurde beim Wasser­lei­tungs­bau ein Richtung Osten gerich­te­tes Skelett mit 2 Kurzschwer­tern (sax) in 1,20 m Tiefe angetrof­fen. Funde kommen in Besitz von Baurat Peter (verst.), Schwäb. Gmünd. Anmer­kung DB: Das LDA hat verse­hent­lich eine diesbe­züg­li­che Mittei­lung von Schult­heiß Frank, Oberko­chen, vom 7. Mai 1923 nach 1922 datiert. So wird auch der Verweis auf die späte­ren Funde beim Ölwei­her 1923 erklär­lich, die auch bei Veek aufge­führt sind.
  4. 1923: Reihen­grä­ber beim Ölwei­her Brunnen­hal­de. Vermerk des LDA (Dr. Zeller): Anfang Febru­ar 1923 7 Skelet­te auf dem Anwesen der Gebrü­der Leitz, davon 1 mit Lanzen­spit­ze. Mittei­lung Profes­sor Greßler. Anmer­kung DB: Der Bereich, in dem diese außer­halb des Ortsgrä­ber­fel­des befind­li­chen Gräber angelegt waren, wurde 1982 durch einen gewal­ti­gen Neubau der Firma Carl Zeiss überbaut. Der Verfas­ser hat den Fortgang der Tiefbau­maß­nah­men verfolgt und keine weite­ren Gräber festgestellt.
  5. 1937: Reihen­grä­ber Haus 9 Jäger­gäß­le. Fundbe­rich­te des LDA. Neubau Betzler, Metzger und Wirt. Eine von Oscar Paret persön­lich unter­zeich­ne­te Notiz besagt, daß am 15.6.1937 in der Keller­gru­be in 1,20 m Tiefe sechs Gräber zu erken­nen sind. Außer Sarg und Messer keine Beiga­ben. Ein Aufde­cken der Gräber erschien wegen Bauar­bei­ten und dem wenig festen Boden nicht lohnend. Inter­es­sant ist, daß Oscar Paret bereits in seinem Bericht von 1937 einen weite­ren Fried­hofs­teil im Norden von Oberko­chen vermu­tet. Seine Vermu­tung wurde 43 Jahre später bestätigt.
  6. 1952: Pferde­kno­chen­fun­de und drei bis vier mensch­li­che Schädel beim Bau des Kinos in der Dreißen­tal­stra­ße. (Pferde­grab von den Adeli­gen?) Nicht gesichert. Der Fund wurde seiner­zeit bedau­er­li­cher­wei­se nicht ans LDA gemel­det. Anmer­kung: Pferde­grä­ber und Gräber von Adeli­gen wurden häufig abseits der eigent­li­chen Fried­hö­fe angelegt. Mögli­cher­wei­se wurden hier wichti­ge Spuren Oberko­che­ner Geschich­te für immer verwischt. (Ortsadel?)
  7. 1956: Reihen­grä­ber beim Haus 14 Kelten­stra­ße. (Eber/Kurz). Drei Gräber aus dem 7. Jahrhun­dert, darun­ter eines mit reichen Grabbei­ga­ben, die sich heute in Aalen befin­den. (Bericht Dr. Binder an LDA)
  8. 1957: Reihen­grä­ber beim Garagen­bau zum Haus 8, Kelten­stra­ße. Keine Melde­ver­mer­ke beim LDA.
  9. 1966: Reihen­grä­ber bei Kanali­sa­ti­ons­ar­bei­ten — Fabriker­wei­te­rung Kelten­stra­ße zwischen Haus 14 und Haus 8. Melde­ver­mer­ke beim LDA liegen nicht vor. Anmer­kung: Dem Gymna­si­um wurden seiner­zeit drei sehr stark korro­dier­te Teile eines Langschwerts (spatha) und eine zwar ebenfalls korro­dier­te aber sonst gut erhal­te­ne Lanzen­spit­ze überge­ben. Diese beiden Fundstü­cke hat der Verfas­ser dem Landes­denk­mal­amt zur Konser­vie­rung übersandt und hervor­ra­gend präpa­riert zurückerhalten.
  10. 1980: 94 (ca. 130) Reihen­grä­ber im Grund­stück Haus 3 Frühling­s­tra­ße (Stelzen­mül­ler). (Siehe Fundbe­rich­te aus BW Bd. 10, 1985).

Leider gibt es für ein alaman­ni­sches (merowin­gi­sches) Oberko­chen bis heute noch keine umfas­sen­de zielge­rich­te­te Unter­su­chung, die sich tatsäch­lich auch äußerst schwie­rig gestal­ten würde. Da alaman­ni­sche Fried­hö­fe und Siedlun­gen im allge­mei­nen in unmit­tel­ba­rem Zusam­men­hang standen (nur Adeli­ge ließen sich, wie oben beschrie­ben, gerne etwas abseits bestat­ten), ist zwar unschwer zu erraten, daß ein beacht­li­ches alaman­ni­sches Oberko­chen, dessen Name nicht bekannt ist, bestan­den hat. Dies jedoch aufgrund von Befun­den nachzu­wei­sen, ist nur durch syste­ma­ti­sche Ausgra­bun­gen möglich, — und solche sind in dem erfor­der­li­chen Ausmaß in einem weitge­hend überbau­ten Gebiet unmög­lich. Die einzi­ge Spur eines alaman­ni­schen Holzbau­werks wurde 1980 gefun­den, konnte jedoch, da bei Eintref­fen der Archäo­lo­gen bereits teilwei­se zerstört, nicht näher bestimmt werden. Es bleiben weiter­hin mögli­che Zufalls­fun­de und der Friedhof.

Oberkochen

Die Chris­tia­ni­sie­rung

(ab dem Ende des 7. nachchrist­li­chen Jahrhunderts)

Die späte­ren Bestat­tun­gen des 7. Jahrhun­derts im Oberko­che­ner alaman­ni­schen Gräber­feld fallen mit der begin­nen­den Chris­tia­ni­sie­rung des späten Vor-Oberko­chens zusam­men. Die Gräber aus dieser Zeit sind aufgrund des neuen Glaubens ohne Grabbei­ga­ben. In anderen Fried­hö­fen unserer Gegend finden sich aus dem 2. Drittel des 7. Jahrhun­derts kleine Goldblatt­kreu­ze, aus dünnem Goldblech gefer­tigt und auf Tuch aufge­näht. Sie wurden aller­dings nur reichen Perso­nen mit ins Grab gegeben; ärmere mußten sich mit Stoff­kreu­zen begnü­gen, die selten nachge­wie­sen werden können. Goldblatt­kreu­ze fanden sich zum Beispiel in Sontheim/Brenz, Neres­heim, Ulm. In Oberko­chen konnte bislang noch keines nachge­wie­sen werden.

Bis zum mächti­gen romani­schen (Beißbarth und Früh) unters­ten Sockel des Kirch­turms der katho­li­schen Kirche »St. Peter und Paul«, nachweis­lich früher nur »St. Peter« genannt, — der Name weist auf eine sehr frühe Kirche — oder Kirchen­ge­mein­de­grün­dung hin, — bis zu diesem gewal­ti­gen Stein­bau­werk aus dem Bereich der Sakral­ar­chi­tek­tur, das die Bedeu­tung Oberko­chens vor der ersten urkund­li­chen Erwäh­nung unter­streicht, und der vor der 1. urkund­li­chen Erwäh­nung im Jahr 1337, also noch im 13. Jahrhun­dert, entstan­den sein muß, — bis hin zu diesem Bauwerk also sind es von den letzten nachweis­ba­ren Alaman­nen­grä­bern 500 Jahre unauf­ge­hell­ter Zeit.

Es bleibt nur, einen Blick auf diese mit Sicher­heit ältes­te erhal­te­ne archi­tek­to­ni­sche Spur aus Stein im unmit­tel­ba­ren Stadt­ge­biet zu werfen. Mit Staunen betritt man den Turmso­ckel von der rechten Seite der Vorhal­le aus durch einen verwin­kel­ten Verbin­dungs­bau. Eine enge romani­sche Rundbo­gen­tür führt in das Turmin­ne­re, das von hier aus keine Treppen­ver­bin­dung in die später umgebau­ten oberen Turmge­schos­se hat. Durch eine winzi­ge, nach innen größer werden­de, rundbo­gi­ge Fenster­öff­nung fällt ein geheim­nis­vol­les Licht durch die in diesem Bereich fast zwei Meter dicke Turmmau­er. Ein höchst beach­tens­wer­ter »Brocken« Geschich­te, aus dem mit einigen guten Argumen­ten geschlos­sen werden kann, daß die Konti­nui­tät in der Bebau­ung zwischen dem alaman­ni­schen Oberko­chen und dem histo­risch beleg­ten Oberko­chen des hohen Mittel­al­ters bestan­den hat. Die Chris­tia­ni­sie­rung ist durch die Grabung von 1980 belegt. Eine kleine­re aus Stein errich­te­te Vorgän­ger­kir­che der romani­schen Peters­kir­che, kann aufgrund des Kirch­pa­trons »St. Peter« ebenfalls angenom­men werden. Sie müßte im 9. Jahrhun­dert entstan­den sein.

Was aber geschah nun während des halben Jahrtau­sends vor der Errich­tung der ersten großen Sakral­ar­chi­tek­tur? Diese Zeit bleibt uns vorerst verschlos­sen; — nicht umsonst spricht man vom »finste­ren Mittel­al­ter«. Es gibt hier bis jetzt weder Urkun­den noch Funde — bis auf zwei Scher­ben von irdenen töpfer­schei­ben­ge­dreh­ten größe­ren bauchi­gen Gefäßen, die wir 1979 bei unseren Arbei­ten in der Höhle am Griebi­gen Stein auf den Spuren des »Höhlen­d­ak-kels« (siehe Sagen) lose im Stein- und Felsschutt fanden. Sie wurden von einem Heiden­hei­mer Archäo­lo­gen (Heinzel­mann) ins 12./13. Jahrhun­dert datiert und stellen die einzi­gen beleg­ba­ren Spuren aus dieser noch nicht aufge­hell­ten Zeit dar. Auch diese Höhle, wie die im Schmie­de­stein, wurde nun nachge­wie­se­ner­ma­ßen im Mittel­al­ter zu wahrschein­lich unruhi­gen Zeiten als vorüber­ge­hen­der Unter­schlupf zum Wohnen aufgesucht.

Man muß sich vorstel­len, wie hier Menschen, Oberko­che­ner, in großer Kriegs­furcht vor 800 Jahren Trink­was­ser vom Tal die Kuhstei­ge hinauf zur Höhle am Griebi­gen Stein geschleppt haben. Vielleicht hat ein in der Höhle spielen­des Kind das Gefäß umgewor­fen — es ging zu Bruch, die anderen Scher­ben liegen unter meter­ho­hem Schutt,… »Kannst Du nicht aufpas­sen« hat die Mutter geschimpft. Es war das einzi­ge Wassergefäß.…

Am Ende des Zweiten Weltkriegs hausten da oben — wie noch leben­de Bürger zu berich­ten wissen — wieder Menschen in großer Kriegs­furcht, — Tiefflieger .…

Litera­tur­nach­weis

  1. Württem­berg in vor- und frühge­schicht­li­cher Zeit, O. Paret, 1961
  2. Fundbe­rich­te aus Baden-Württem­berg, Band 5, 1980
  3. Urgeschich­te in Baden-Württem­berg, Müller Beck, 1983
  4. Die Kelten in Baden-Württem­berg, K. Bittel, 1981
  5. Die Römer in Baden-Württem­berg, Filtzin­ger u.a., 1976 (Beschrei­bung »Römer­kel­ler«)
  6. Die Alaman­nen, R. Christ­lein, 2. Aufl. 1979
  7. Ostalb, Werden und Wachsen, W. Trink­le, 1979
  8. Unter­la­gen aus dem Archiv des Landes­denk­mal­amts Stuttgart
  9. Heimat­buch Unter­ko­chen, 1954
  10. Archäo­lo­gi­sche Ausgra­bun­gen 1980 Boden­denk­mal­pfle­ge in den Reg.Bcz.Stuttgart und Tübingen
  11. Einwoh­ner­buch der Gemein­de Oberko­chen 1965
  12. Amtsblatt der Gemein­de und der Stadt Oberko­chen, verschie­de­ne Jahrgänge
  13. Ostalb Nr. 11/72
  14. Ostalb/Einhorn Nr. 26/80
  15. anno journal, Juli 1981
  16. Oberko­chen im Ostalb­kreis, Kühn, v. Gleich, Seckler, Werner, 1973
  17. Beiträ­ge zur Heimat­kun­de, VS Oberko­chen, 1961/62
  18. Beschrei­bung der kt. Kirche St. Peter und Paul durch die Archi­tek­ten Beißbarth und Früh, 15.12.1898
  19. Unter­la­gen aus dem Archiv der Stadt Oberkochen
  20. Heimat­buch Franz Balle 1953 erwei­tert durch Josef Balle 1978
  21. eigenes Archiv

Dietrich Bantel