Wie im Jahre 1858 eine Beinamputation vor sich gegangen ist, sei am Beispiel von Johannes Grupp (geboren 1833) erzählt. Berichtet wurde diese Begebenheit von dessen Enkelin, Frau Ida Trittler.
Johannes Grupp hatte als 25jähriger einen Schlag Holz in der Rodhalde gekauft. Er schichtete dort die dickeren Stamme zu »Meterbeigen« auf und bündelte den Rest als Brennholz für den Haushalt. Beim »Holzschleifen« (= das Holz den Berg herunterziehen) verlor er die Kontrolle über seine Fracht, geriet unter die Holzladung und brach sich das Bein. Ein Freund transportierte ihn mit dem Fuhrwerk nach Hause und holte per Kutsche (Chaise) rasch den Arzt Dr. Sinz aus Unterkochen. Der Doktor legte für sechs Wochen einen Gipsverband an, Nach einiger Zeit bekam Johannes Grupp immer stärkere Schmerzen unter seinem Verband, doch der Arzt lehnte es ab, den Gips vor Ablauf der sechs Wochen zu entfernen. Die Schmerzen nahmen weiter zu und eines Tages quoll Eiter aus dem Gipsverband hervor. Das Bein ward inzwischen blau geworden und mußte amputiert werden. Solch eine Amputation war nach unserer heutigen Vorstellung barbarisch. Zu Hause auf dem Küchentisch wurde dem jungen Mann das Bein über dem Knie abgesägt. Die Nachbarn mußten den vor Schmerz laut schreienden Patienten festhalten. Der junge Mann hat diese Tortur dennoch gut überstanden und trug für den Rest seines Lebens als Prothese einen schweren Buchenholzfuß. Johannes Grupp starb 1915 im Alter von 82 Jahren an Wundbrand, den er sich durch eine Verletzung beim Arbeiten zugezogen hatte.