Zwei Urkun­den sind es, die uns einen Einblick in die Vergan­gen­heit der Gemein­de vermit­teln: Die Dorford­nung aus dem Jahre 1578 und das sogen. Aalener Proto­koll von 1749.

Die Verkün­dung der Dorford­nung mag ein großer Akt gewesen sein; sie beginnt mit der feier­li­chen Einlei­tung: »Inter Arma silent leges«, zu deutsch »Unter Waffen schwei­gen die Geset­ze«. Vielleicht wollte man damit betonen, daß diese Dorford­nung ein Gesetz sei und daß sie nur im Frieden beach­tet zu werden brauche. In der Dorfmit­te bei der Linde wurde sie verkün­det. Der Tag ist leider nicht angege­ben. Denken wir uns einen sonni­gen Tag im Frühling oder im Herbst. Niemand durfte fehlen, außer den Kranken. Gespannt lauschend stand die gesam­te Einwoh­ner­schaft auf dem freien Platz bei der Linde, der damals zum Teil noch grüner Rasen war. Auf einem erhöh­ten Podium sehen wir die von beiden Obrig­kei­ten beauf­trag­ten Beamten: Vom Kloster Königs­bronn der Vogt Chris­tof Rottmann und von der Ellwan­ger Herrschaft der Vogt von der Kochen­burg, Jakob von Tannen­burg. Bei ihnen am Tisch sitzt der Pfarr­herr Veit Mühlich von Unter­ko­chen, der neben­be­ruf­lich die Geschäf­te des Amtsschrei­bers besorg­te. Laut und vernehm­lich schallt über den Platz eine Stimme, die das verkün­det, was beide Obrig­kei­ten gemein­sam beraten und in 48 Artikeln festge­legt hatten. Es war im wesent­li­chen folgen­des: Wer beim Fluchen und Gottes­läs­tern gehört wird, soll dem Amtmann angezeigt werden. Wenn Ehehal­ten (Dienst­bo­ten) ihren Meistern und Frauen untreu­lich hausten, soll dies bei Eid gemel­det werden. Angezeigt soll weiter werden, wer den anderen Frevel antut und nicht Frieden halten will, desglei­chen die Feld- und Garten­die­be, desglei­chen wer den Zehnten hinter­zieht und die Ehe bricht. Die Zechprel­ler werden gewarnt. Kein Wirt darf nach 9 Uhr abends noch Wein abgeben. Wirt und Gäste kommen dafür drei Tage und drei Nächte in den Turm. Die Kunkel­stu­ben und das Abhal­ten von Tanz bleiben unter­sagt, auch das Glücks­spie­len aller Art. Gewicht und Maß sind immer ehrlich zu halten. Falsch­mün­zer und Markstein­ver­set­zer sollen sofort gefan­gen und einge­lie­fert werden. Wer einen Feldun­ter­gang wünscht, kann dies nur mit Geneh­mi­gung der Obrig­keit erhalten.

Wer im Hause wäscht und bei Licht drischt, wird mit 3 Gulden bestraft. Die Vierleu­te (gewähl­te Vertrau­ens­leu­te) sollen für die auf Gemein­de­platz stehen­den Backöfen und Schwei­ne­stäl­le 6 Kreuzer Zins einzie­hen. Säumi­ge kommen in den Turm, ihre Gebäu­de werden abgeris­sen. Salpe­ter­gü­ter (Eisen­öfen) und Schmie­den, die auf Gemein­de­ei­gen­tum stehen, haben einen jährli­chen Nutzungs­zins mit 15 Kreuzer zu entrichten.

Im Gemein­de­wald darf niemand eigen­mäch­tig Holz machen. Was gehau­en wird, muß in jedem Fall von den Amtleu­ten und den Vierleu­ten ausge­zeich­net werden. Das Einzäu­nen von Grund­stü­cken bedarf der Erlaub­nis der Herrschaft. Niemand darf einen Fremden als Hausge­nos­sen aufneh­men. Kein Wirt darf einen Durch­rei­sen­den länger als eine Nacht behal­ten. Hausge­nos­sen, die viel Händel machen und im Trutz behar­ren, können aus dem Flecken gewie­sen werden. Heimat­lo­se und Kranke dürfen nicht unbarm­her­zig behan­delt werden, sondern christ­lich, damit sie nicht — wie es heißt — wie das Vieh zu Grunde gehen. Für das Fleisch­schät­zen und Brotba­cken erhal­ten die Metzger und Bäcker beson­de­re Hinwei­se, auch die Nacht­wäch­ter für das Blasen im Flecken.

Beim Einsam­meln des Hirten­gel­des und des Lohnes für das Hornab­schnei­den bei den Kühen sollen die Einzugs­kos­ten nicht aus dem Gemein­de­sä­ckel genom­men, sondern bei den Bürgern erhoben werden. Die Wirte werden beson­ders ins Gebet genom­men und vor Wucher­prei­sen beim Weinaus­schen­ken gewarnt. Sie sollen dem Schult­heiß ihres Dorfteils anmel­den, wie hoch der Einkauf eines Fasses war und wie hoch der Erlös beim Ausschen­ken gekom­men ist.

Zum Schluß ist gesagt, daß derje­ni­ge sofort der Obrig­keit anzuzei­gen sei, der wegen dieser Dorford­nung ein Geschrei verfüh­re und zu Ungehor­sam aufhetze.

Dieser Dorford­nung aus dem Jahre 1578 ging eine solche in kleine­rem Umfang im Jahre 1562 voraus. Sie enthält im wesent­li­chen dassel­be und wurde am 18. Juni 1562 bei der Linde bekannt gemacht. Dabei waren von der Ellwan­ger Herrschaft der Vogt Jakob von Tannen­burg und von Königs­bronn der evange­li­sche Abt anwesend, ferner als Amtsschrei­ber der schon genann­te Pfarrer Mühlich von Unterkochen.

Franz Balle

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