aus dem Jahre 1749 beginnt mit einer umfang­rei­chen Aufzeich­nung der Titel und Würden der beiden Herrschaf­ten und bekun­det in seiner Einlei­tung mit hohem Ernst den ehrli­chen Willen, die in dem Gemein­de­fle­cken Oberko­chen vorhan­de­nen Strei­tig­kei­ten beizu­le­gen und eine gottge­fäl­li­ge dauer­haf­te Einig­keit zu schaf­fen zum Besten der beider­sei­ti­gen Lande und Unter­ta­nen. Es besteht aus 12 Artikeln.

Artikel 1 spricht von der Befrie­dung des konfes­sio­nel­len Zusam­men­le­bens. Als Grund­la­ge ist der westfä­li­sche Friedens­ver­trag zitiert. Oft ist die Rede von einer­seits den ellwan­gi­schen und anderer­seits den Königs­bron­ner Häusern. Die Bewoh­ner sind angespro­chen als Bürger, Beisas­sen, Hausge­nos­sen und Dienst­bo­ten. Dieser erste Artikel zeigt uns haupt­säch­lich die Auswir­kun­gen eines Religi­ons­strei­tes, der in unserem Dorf damals leider ausge­bro­chen war. Einer stand gegen den andern und der Liebe zuein­an­der war beider­seits wenig Raum gegeben. Es gab Leute, die auswärts den Gottes­dienst besuch­ten und sich oft nicht trauten, ihre Kinder in der eigenen Kirche taufen zu lassen. Geist­li­che, die in der Amtsklei­dung über die Straße zu Kranken gingen, wurden beläs­tigt und am Betre­ten der Häuser gehin­dert. Beson­ders schlimm muß es in den Fällen gewesen sein, wo Leute beider Konfes­sio­nen in ein und demsel­ben Haus gewohnt haben. Die Verstor­be­nen wurden beider­seits in aller Stille ohne Beglei­tung zum Fried­hof getra­gen. Hier wurde der Sarg dann vom Geist­li­chen und den Anver­wand­ten in Empfang genom­men und bestat­tet. Das 12-Uhr-Läuten durfte nicht zu gleicher Zeit gesche­hen. Die Katho­li­ken läute­ten um ¾12 Uhr und die Evange­li­schen um 12 Uhr.

Die Vertre­ter der Ellwan­ger Herrschaft sowohl wie die aus Königs­bronn ordne­ten einmü­tig an und mahnten mit besten Worten, doch diesen Zustand zu beenden und in Frieden mitein­an­der zu leben. Jeder solle in Freiheit seine Religi­on ausüben. Beson­ders den Geist­li­chen und den Gemein­de­vor­ste­hern wurde eindring­lich ans Herz gelegt, ein fried­li­ches Zusam­men­le­ben im Flecken anzustre­ben. Für die Geist­li­chen wurden die Stoßge­büh­ren geregelt und für ihre Amtshand­lun­gen außer­halb der Kirche beson­de­re Anwei­sun­gen gegeben. Zum Schluß dieses Artikels heißt es, daß der von alters­her gefei­er­te Hagel­tag gemein­sam began­gen werden soll und beide Geist­li­che sollen dabei predigen.

Im weite­ren ist davon die Rede, daß ein wider­spens­ti­ger Unter­tan, Heinrich Vetzer, das an seinem Haus nächst­ge­le­ge­ne Gäßlein unnotig versper­re, damit niemand durch­lau­fen und durch­fah­ren könne. Auch der Fronleich­nams­pro­zes­si­on versper­re er den Durch­gang. Der Name des Gäßleins ist leider nicht genannt.

Das Hirten­haus am Kocher, später das Armen­haus, gab ebenfalls Anlaß zu Strei­tig­kei­ten. Königs­bron­ni­sche und ellwan­gi­sche Unter­ta­nen sollen künftig dort unwei­ger­lich aufge­nom­men werden. Des weite­ren wurde bestimmt, daß der seit einiger Zeit einge­führ­te gemein­schaft­li­che Nacht­wäch­ter aus der Kommun­kas­se zu entloh­nen sei. Die auf beide Dorftei­le entfal­len­den Antei­le sollen wieder ausge­gli­chen werden. Offen­bar hat also Oberko­chen drei Gemein­de­kas­sen geführt.

Dr nui Rektor kommt

Ja Kinisrla, jetzt sagt mir bloß,
Was isch denn in der Schul’ heut los?
Ihr kommt im Sonntig­staat ganz still,
Des in de Kopf mir nei et will.

Koi Sonntig isch ohne Fescht
So denk’ i mir, das fraugscht am bescht:
Was geibt’s denn in der Schul’ besat drin
Daß ihr so Sennt an andre Sinn?

A kloiner Stöpsel sait mir dann
Ond guckt dabei mi schel­misch an:
„Heut kommt a nuier Rektor a,
Der sei, ma sait, a rechter Ma.“

Hascht Angst, so fraug i drauf den Kloina?
Drauf sait der, worum duescht des moine?
I lern doch fleißig stets mei Sach,
Nau krieget mir bestimmt koin Krach.

Doch weshalb moinscht, daß brav er sei?
Drauf sait des Bierschle mir doch glei
„Vom Härts­feld kommt zu er ons ra,
Drum mxß er sei a braver Ma.“

Denn s’ Sprüch­le hoißt, i woiß des guat:
„Der wo zu Haus net folge tuat,
Den schickt mr, i gib ‑Hand Dir drauf
Bloß gradeS­wegs auf´s Härts­feld nauf!“

Erich Günther

Dem evange­li­schen Pfarrer soll ein mit einer Gemein­de­ge­rech­tig­keit begab­tes Sold zugeteilt werden, so wie es der katho­li­sche Geist­li­che schon hatte. Beide Pfarrer werden von der Entrich­tung eines Burggel­des beim Aufzie­hen befreit. Die Schul­meis­ter, die bis dahin mit Wachen, Boten­lau­fen und anderen Handfro­nen belas­tet waren, mußten davon befreit werden, weil sie, wie das Proto­koll sagt, Gemein­de­die­ner seien und nun künftig den Schult­hei­ßen und den Vierleu­ten ebenmä­ßig zu stellen sind.

Der zweite und dritte Artikel behan­delt das Gerichts­we­sen. Das Hochfürst­li­che Stift Ellwan­gen übernimmt die hohe und niede­re Gerichts­bar­keit bezüg­lich all dem, was dem gemein­schaft­li­chen Flecken gehört, wie Wege, Weiden, Wälder usw. Für alles andere, was in den beiden Dorftei­len zu richten war, hatte die Gerichts­bar­keit die zustän­di­ge Obrig­keit. Eine Sonder­heit war, wenn Ellwan­gen einen Königs­bron­ner Unter­ta­nen in seiner Zustän­dig­keit abgestraft hatte, konnte dieser noch von der Königs­bron­ner Herrschaft nachbe­straft werden. Von den von Ellwan­gen einge­zo­ge­nen Strafen in Geld war die Hälfte an Königs­bronn abzuliefern.

Nach Artikel 4 war von jedem Dorfteil ein Schult­heiß zu wählen, auch an Bürger­meis­tern und Vierleu­ten hatten die beiden Dorftei­le ihre gleiche Zahl zu wählen. Diese hatten alle Beschlüs­se und Bekannt­ma­chun­gen mitein­an­der zu verab­re­den, damit nichts gesche­he, das der Gesamt­ge­mein­de zum Nachteil hätte sein können.

Der alten Dorford­nung wurde eine Bettel­ord­nung einge­fügt, ebenso eine Unter­gangs- und Flurord­nung. Die gemein­sa­me Gemein­de­rech­nung hatte die Herrschaft Ellwan­gen zu stellen und mit dem Amt Königs­bronn zu verglei­chen. Beide Schult­hei­ßen hatten sie zu unter­schrei­ben. An einer Stelle ist noch davon die Rede, daß im Ellwan­ger Dorfteil zwei Wirts­häu­ser vorhan­den gewesen seien. Es waren dies »Hirsch« und »Ochsen«. Wieder­um wurde bestimmt, daß alle gemein­sa­men Gemein­de­ver­samm­lun­gen bei der Dorflin­de abzuhal­ten seien. Wir sehen welche Bedeu­tung dieser Platz bei der Linde bei unseren Vorfah­ren gehabt hat. Wenn dersel­be Platz heute das Ehren­mal für unsere gefal­le­nen Heimat­söh­ne trägt, dann ist der histo­ri­schen Vergan­gen­heit in würdi­ger Weise Rechnung getra­gen worden.

Von den Gemein­de­wäl­dern heißt es, daß in ihnen übel gehau­set werde. Es wird aus jedem Dorfteil ein Holzwart bestellt. Ein Kaspar Veil war bis dahin allein Holzwart. Die Besol­dung hatten zur Hälfte die Gemein­de und zur andern Hälfte die beiden Herrschaf­ten zu bestrei­ten. Herrschaft­li­che Forst­ken­ner führten die Aufsicht. Das Holz war schlag­wei­se auszu­zeich­nen, eine Bestim­mung, die sich schon in der alten Gemein­de­ord­nung findet. Wer eine Gemein­de­ge­rech­tig­keit besaß, bekam sein Holz unent­gelt­lich. Den anderen wurde an bestimm­ten Tagen Holz zugeteilt darun­ter auch den Wagnern das Nutzholz. Holz nach auswärts zu verkau­fen, war verbo­ten und wurde mit drei Gulden pro Klafter bestraft. Mißbrauch und beson­de­re Schli­che beim Aufset­zen der Klafter fanden ebenfalls strengs­te Bestra­fung. Ein Klafter Brenn­holz koste­te drei Gulden, eine große Eiche als Nutzholz vier Gulden usw. Dem württem­ber­gi­schen Zoller und dessen Nachfol­ger wurde eine Gemein­de­ge­recht­sam­keit zugeteilt, ebenso einem Jakob Widemann, einem Kaspar’Golden und einem Thomas Grupp.

Wenn wir immer wieder in den alten Urkun­den von einem Zoller lesen und von einem Zollhaus, so sei bemerkt, daß nur die württem­ber­gi­sche Seite eine Zollsta­ti­on unter­hielt nicht dagegen die ellwan­gi­sche. Das Zollhaus war das heuti­ge Haus Mahler, früher Forst­haus. Zu verzol­len war alles, was im Herzog­tum aufge­kauft und wieder außer­halb diesem verkauft wurde. Auf den eigenen Feldern Erzeug­tes war zollfrei, beim Verkauf mußte es aber dem Schult­heiß angezeigt werden.

Der Artikel 6 bis 8 regelt die Forst- und Jagdgren­zen, ebenso die Markungs­gren­zen und das Waidrecht. Die herzog­li­che Jagd war mit Pfählen abgesteckt und reich­te hinüber bis zur Markung Westhau­sen. Die geist­li­chen Herren der Ellwan­ger Herrschaft überlie­ßen dem Herzog die Jagdge­fil­de und erhiel­ten dafür das Recht, in diesem Gebiet Holzhau­en vorneh­men zu lassen und zwar so viel, als sie für sich und ihre Verwal­tungs­un­ter­neh­men brauch­ten. Hierzu gehör­ten auch die ellwan­gi­schen Eisen­wer­ke. Die Absicht, Holzhau­en vorzu­neh­men, mußte jeweils dem Forst­amt Heiden­heim angemel­det werden. Ellwan­gi­sche Unter­ta­nen durften nur mit einem Erlaub­nis­schein des Forst­amts Heiden­heim Laub sammeln. Buchele und Eiche­le durften nur an die Herrschaft Heiden­heim (Herzog­li­che) verkauft werden.

Wegen den Waidplät­zen in den Wäldern; z. B. auf der Bilz, hatte schon im Jahre 1731 eine Konfe­renz statt­ge­fun­den. Jedoch die Strei­tig­kei­ten hatten kein Ende genom­men. U. a. führten die Ellwan­ger Unter­ta­nen darüber Klage, daß ein Königs­bron­ner Unter­tan auf der Bilz ein Viehhaus und einen Ständer erstellt habe, auch viel mehr Vieh dort halte als erlaubt sei.

Der Artikel 9 behan­delt den Kirch­weih­schutz. Über die Abhal­tung der Kirch­weih, die oft mehr wie acht Tage dauer­te, hatte die ellwan­gi­sche Herrschaft das allei­ni­ge Recht zu geneh­mi­gen, wie lange es dauern dürfe, ob getanzt werden dürfe und wieviel Spiel­leu­te aufzu­spie­len hätten. Die Festlich­keit fand immer auf dem Gemein­de­platz unter der Linde statt. Es war Klage darüber erhoben, daß der ellwan­gi­sche Schult­heiß zu viel Wein ausschen­ken bewil­li­ge, daß die Dauer zu lang sei und im Übermaß getrun­ken und getanzt werde. Auf Grund dieser Klage erfolg­te die Festset­zung der Dauer auf drei Tage.

Stellen wir uns heute vor, eine volle Woche würde an der Linde gespielt, getanzt, gesun­gen, getrun­ken und geges­sen und nicht gearbei­tet, ganz abgese­hen davon, daß der Platz heute dazu zu klein wäre; würde uns das Geld viel schnel­ler ausge­hen, als es schein­bar bei unseren Vorfah­ren der Fall gewesen sein mag. Jeden­falls waren auch sie keine Kopfhän­ger, sondern ein lusti­ges Völklein.

Im Artikel 10 wird bestimmt, daß für die Verge­bung des Hirten­sta­bes das Kloster­amt Königs­bronn allein zustän­dig sein soll, und zwar so, wie es im Jahre 1583 schon festge­legt worden ist. Das Hirten­le­hen lag damals auf dem Inhaber des Fetze­ri­schen und Koppschen Lehens­gu­tes. Das Hirten­geld betrug 18 Heller und war jedes Jahr in einem Leder­beu­tel zu reichen. Dazu gaben dann die Ämter Kochen­burg und Königs­bronn Naturalien.

Der Artikel 11 spricht von einer Klage des Thomas Grupp wegen dessen Blutzehn­ten. Dem Königs­bron­ner Unter­tan Peter König werden strit­ti­ge Gemein­de­wie­sen belas­sen. Bei Konrad Brodwolf­fen, Georg Eiselin, Georg Hizler und einem Kleebau­er sollen die rückstän­di­gen Güter­zin­sen endlich einge­trie­ben werden. Dem Ölmül­ler Micha­el Bezler wurde für sein Fisch­was­ser und seine Ölmüh­le auf Gemein­de­gut der Güter­zins festgelegt.

Im Artikel 12 und damit dem letzten dieses Aalener Proto­kolls ist verab­re­det, daß in den beiden Mühlen, gemeint sind wohl die obere und die untere Mühle, die Eichen­pfäh­le und Schwel­len zu erneu­ern sind. Des weite­ren ist davon die Rede, daß ein Königs­bron­ner Lehen­sa­cker nicht mehr ausfin­dig zu machen sei, ebenso ein Tagwerk Wiesen des Jakob Kopp. Diese Angele­gen­heit solle nun „allemal zu ruhen gewie­sen sein“.

Unter­schrie­ben ist das Proto­koll ellwan­gi­scher­seits von Konrad von Lieben­stein und Bernhard Emanu­el Brünner. Für die württem­ber­gi­sche Seite unter­zeich­ne­te Karl Herzog zu Württemberg.

Franz Balle

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