Die „Krone“ – in der Aalener Straße 34

Hier hätte mehr und beson­ders Insider-Wissen stehen können, aber…..s gibt halt Leit, dia hent oifach koi Zeit. Damit standen nicht allzu viele Infos zur Verfü­gung:
Die Geschich­te des Hauses begann um 1860 und war wohl anfangs eine Straßen­schän­ke. Eine Frau Braun soll bis 1887 dort eine Posthal­te­rei betrie­ben haben. Im rückwär­ti­gen Bereich war ein Pferde­stall, in dem auch eine Kutsche stand.

Im Jahr 1887 übernahm Johan­nes Elmer (1862−1935), als 25jähriger, frisch nach Oberko­chen gekom­men, die Oberko­che­ner Wirtschaft „Zur Krone“. Als gelern­ter Schlos­ser baute er neben­bei 1906 am Kocher (bei der frühe­ren Wäsche­rei Lebzel­ter) das erste Elektri­zi­täts­werk in Oberko­chen, mit dem er die hiesi­gen Bohrer­ma­cher-Betrie­be, die sich mit einem rasan­ten Wachs­tum konfron­tiert sahen, versorgte.

Die „Krone“ in alten Zeiten mit ungeteer­ter Straße und Blick auf das „Geißin­ger-Haus“ (Archiv Müller)

1892 / 93 kaufte der Schwie­ger­va­ter von Ida Elmer das Haus. Es gehör­te damals einem Geschirr­händ­ler. Das Haus hatte damals noch einen kleinen Stall für ein Pferd und Klein­vieh. 1893 wurde es zu einer Wirtschaft umgebaut.

Am 15.10.1921 wurde die Wirtschaft von seinem Sohn Josef Elmer übernom­men, der bis 1969 Kronen­wirt war. Josef arbei­te­te zunächst als Schlos­ser in der Ketten­schmie­de am Kocher­ka­nal. Das Leben als „Krona­wirt“ (bis 1921) war ihm, als technisch versier­ten und inter­es­sier­ten Menschen, nicht genug. Das E‑Werk war zwar 1916 von der UJAG übernom­men worden, aber er schuf weiter­hin techni­sche Maschi­nen, die zur damali­gen Zeit etwas Beson­de­res waren wie z.B. Dampf­ma­schi­nen, die von Ochsen und Kühen gezogen wurden, diesel­ge­trie­be­ne Holzsä­gen und das Highlight – ein Dresch­mo­bil, das bis aufs Härts­feld hinauf im Einsatz war. Was nur wenige wissen; es wurden zarte Versu­che unter­nom­men eine Fahrrad­fa­bri­ka­ti­on auf die Beine zu stellen. Leider wurden es nur 5 Exempla­re, wovon 4 auf der „Ulmer Mess“ verkauft wurden. Hilde Wanner erhielt 1925 eines davon als Geburts­tags­ge­schenk (Hilde war die Cousi­ne von Emil Elmer).

Nach dessen Tod führte seine Frau Ida (1892 — 1987) die Wirtschaft bis ins Jahr 1970. Danach wurde sie verpach­tet. Diedrich Bantel fragte einst den Sohn Emil (Fahrrad­ge­schäft), warum das Haus mit selte­nen und teuren gebla­se­nen Fenstern ausge­stat­tet war. Darauf Emil: „Ha, mei Großvad­dr het ebbes iebrig ghet fir sodde Sacha, ond a Gääld hat’r scho au ghet.“

Das Haus in den letzten Tagen – aufge­nom­men im Dezem­ber 2008 (Archiv Müller)

Die Eigen­tü­mer bzw. Pächter der „Krone“ waren:

  • Bis 1970 Familie Elmer
  • 1970 Franz Balasko
  • 1977 Jasmin­ka Mandic
  • 1987 Mirko Sipka
  • 1990 Mirko Sipka
  • 1991 Bajra
  • 1992 Cangis Redzepi
  • 1992 Familie Zlatko Holjevac
  • 1998 Waltraud Issler
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Irgend­wann, im neuen Jahrtau­send (so ab 2009) wurde sie abgeris­sen und damit verschwand ein Teil von Alt-Oberko­chen in den Nebel­scha­den der Erinne­run­gen. Die Stamm­kun­den der Gastwirt­schaft kamen aus der näheren Umgebung (dem Krona-Gässle, vom Grambohl, vom Mühlber­ge­le und aus em Brunkel). Das DRK traf sich dort zeitwei­se. Ich erinne­re mich auch an eine jugosla­wi­sche Küche mit Rasni­ci und Cevap­ci­ci. Kurz vor den Abriss des Hauses gab sich noch das „Asia“ die Ehre, aber die Zeit für das Haus war endgül­tig abgelau­fen. In diesem Zusam­men­hang verwei­se ich auf die Berich­te 8 und 625.

Der „Grüne Baum“ – einst eine Insti­tu­ti­on im „Kies“ – in der Heiden­hei­mer Straße 31
Hier fand der berühm­te „Kies-Rummel“ in der Faschings­zeit statt. Es gab im Haus im oberen Stock einen kleinen Saal, der wenig benutzt wurde, aber dennoch von Bedeu­tung war. Hier trainier­ten die Geräte­tur­ner anno 1903. Auch der berühm­te „Luage­beitl-Verein“ hatte hier seine Heimat. Dessen selbst gestell­te Aufga­be war es Nachrich­ten zu erfin­den, um sie unters Volk zu streu­en mit dem Eingangs­satz: „Hennt ihr au scho gheehrt?.……“ Nicht immer zu Freude der Betrof­fe­nen. Heute nennt man das „Fake News“. Das Bild dieses verbal-kreati­ven Vereins hing lange im Gastraum.

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Gasthaus „Grüner Baum“ nach dem II. Weltkrieg – links daneben „Foto Kristen“ (Archiv Müller)

Im Jahr 1882 kaufte das Ehepaar Hug, Großel­tern der Kronen­wir­tin Ida Elmer, dieses Gebäu­de in dem früher eine Hafne­rei angesie­delt war und richte­ten den „Grünen Baum“ ein – lange Zeit eine der wichtigs­ten Gasthäu­ser am Ort. Später ging das das Haus an Ida’s Eltern über. Ida’s Vater, Franz Weber, war auch Bäcker und versorg­te das Lokal somit mit Backwa­ren. Große Feste fanden statt (mitun­ter 18 im Jahr) und für jedes wurde ein Schwein geschlach­tet. 1905 verkauft Franz Weber für 35.000 Mark an die Schlum­ber­ger-Braue­rei Schnait­heim und erwarb statt­des­sen für 34.500 Mark ein anderes Oberko­che­ner Lokal – die „Grube“ einschließ­lich der Landwirt­schaft. 1908 kam die späte­re „Rössles“-Wirtin unter dem damali­gen Wirt Karl Fischer „Woidle-Woidle“ als Haushalts­hil­fe in den „Grünen Baum“. Aber wie das so ist, dieses Gewer­be ist immer in Bewegung und so ging das Lokal an die Neff-Braue­rei, der Pächter wurde abgezo­gen und Hans Betzler kaufte das Anwesen mit der damali­gen Anschrift „Lange­stra­ße 172“ mit der Telefon­num­mer „81“ (EW-Melde­buch von 1937). Jahre später wurde eine Metzge­rei einge­rich­tet, die sich über mehre­re Wechsel, bis heute gehal­ten hat.

Am 12. Juni 1903 wurde der TVO in dieser Wirtschaft gegrün­det. In den 20er Jahren kam die Fußball­ab­tei­lung dazu und damit war der TVO, der erste Verein, dessen Männer dem runden Leder hinter­her­lie­fen. Während des Krieges übernach­te­ten dort Frauen, die beim Wigo und Leitz gearbei­tet haben. Die ersten Flücht­lin­ge aus Bielitz, noch vor Ende des Krieges, wurden hier im Febru­ar 1945 einquar­tiert. Im Saal waren Stock­bet­ten als Notla­ger einge­rich­tet und man war fürs erste untergebracht.

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Ein herrli­ches Bild aus dem „Grünen Baum“ in einer Zeit als „Menue“ noch „Menage“ hieß (Archiv Müller)

Die Gaststu­be war etwas größer und hat im Laufe der Jahre viel erlebt. Auch die erste Bespre­chung wegen der Gründung des FCO fand hier statt. Die Freiwil­li­ge Feuer­wehr hielt hier auch ihre Korps­ver­samm­lun­gen ab. Kein Wunder, stamm­ten doch viele Komman­dan­ten aus dem „Kies“. Am 3. Oktober 1959 wurde die Vesper­stu­be vom Metzger Zimmer­mann wieder eröffnet.

Hans Betzler starb 1938 und weite­re Pächter / Eigen­tü­mer waren und sind bis heute:

Irgen­do­i­ner aus Unter­ko­chen, Alois Betz (bis 1955), Karl Fried­le (ab 1955), Alfred Zimmer­mann (ab1958) sowie die beiden Lerchs (ab 1977) und so wurde aus dem Gasthaus wieder eine Metzgerei.

Reinhold Bahmann erinnert: Hier betrieb die Familie Fried­le die Metzge­rei. Wir bekamen dort einen Wurst­zip­fel von der stets freund­li­chen Chefin. Später übernahm Alfred Zimmer­mann, ein nicht minder stets wohlge­son­ne­ner und freund­li­cher Mann.

Nicht zu verges­sen: Thürin­ger Rostbrat­würs­te kamen früher vom Zimmer­mann und heute vom Lerch und wenn der Bratwurst­stand am Samstag­vor­mit­tag mal nicht mehr steht und die ganze „Haupt­stra­ße“ nicht nach Bratwurst riecht, dann ist Oberko­chen nicht mehr Oberkochen.

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Auf diesem Foto ist die Familie Betzler abgebil­det. Das am Tisch sitzen­de alte Ehepaar sind die Großel­tern des HVO-Mäzens Hans Betzler, der die Hans-Betzler-Stiftung ins Leben gerufen hat. Um die Großel­tern herum sind 1916 anläss­lich eines Heimat­be­su­ches von Sohn Paul Betzler (links außen mit Pickel­hau­be) alle 8 Kinder der Familie versam­melt. Ganz rechts im Bild: Johann Paulo, genannt Hans. Nach ihm ist die Stiftung benannt. Beide Solda­ten haben den I. Weltkrieg überlebt. (Archiv Müller)

Das „Rössle“ – in der Heiden­hei­mer Straße 18

gehör­te zu den sehr alten Wirts­häu­sern unserer Gemein­de. Ganz früher war in diesem Haus wohl auch eine Bäcke­rei heimisch. Aus dem Jahr 1866 im April liegt folgen­de Geschich­te vor: „Ein Aalener Metzger­meis­ter beklag­te sich im „Amts- und Intel­li­genz­blatt“, dass sich Micha­el G. aus Oberko­chen im „Rössle“ als Sohn des Metzger­meis­ters ausge­ge­ben habe, um einen Bürger um ein Glas Bier anzupum­pen. Als dieser sich vom angeb­li­chen Vater das Geld zurück­ho­len wollte, flog der Schwin­del auf“.

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Das „Rössle“ – einmal nett gezeich­net aus alten Tagen (Archiv Müller)

Das Gebäu­de ging am 15. April des Jahres 1909 an den Bierfüh­rer vom „Hirsch“ Max Maier, der ein Bruder vom Kirchen­schmied Karl Maier war. Der Kaufpreis betrug 17.500 Mark samt Gütern und Inventar.

Anna Gentner (geb. 1886 gest. 1959) heira­te­te am 1. Juli 1910 den „Rössles“-Wirt Max Maier und war ab dem Zeitpunkt die „Rössles-Wirtin“. Aus der Ehe gingen sieben Kinder hervor, wovon drei „vor der Zeit“ starben. Das Motto laute­te „Schaf­fen und sparen“. Im gleichen Jahr wurde die Wirtschaft vom 1. OG ins EG verlegt und 1929 erwei­tert. Bis 1922 bezog man das Bier von der hiesi­gen Braue­rei Nagel. Der damali­ge Bierum­satz betrug 3.000 bis 4.000 Liter jährlich und Gustav Bosch erwähn­te einst, dass der Gemein­de­rat früher gerne hier einkehrte.

Anna war wohl eine resolu­te kerni­ge Wirtin, die mit einer kräfti­gen Stimme ausge­stat­tet war und ein offenes Wort pfleg­te. (über die Maier’schen Verwandt­schafts­ver­hält­nis­se gibt der Bericht 686 ausgie­big Auskunft). Vom 9. bis 25. Lebens­jahr diente sie auf dem Härts­feld „fremden Leuten“ (wie man damals so sagte). 1908 kam sie als Haushalts­hil­fe in den „Grünen Baum“ unter dem damali­gen Wirt Karl Fischer („Woidle Woidle“). Nach ihrem 70ten Geburts­tag im Jahr 1956 übergab sie das Lokal an den Sohn Josef mit seiner Frau Maria geb. Fischer („Bebel“). Viel Gutes zum gegen­sei­ti­gen Verste­hen zwischen den neuen „Zeissia­nern“ und den „Einhei­mi­schen“ hat sie beigesteu­ert; rau herzlich und schimp­fend wie ein Rohrspatz, — aber Herz hat sie gehabt und immer was zum Essen. Das Fendrich’sche Lied „Weil d a Herz jost wia a Bergwerk…“ passt voll auf sie.

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Das „Rössle“ ist Vergan­gen­heit – Die Kreis­spar­kas­se ist einge­zo­gen (Archiv Müller)

In den 60ern wurde das Haus umgebaut und es zog die Kreis­spar­kas­se ein. In den 70ern wurde das Haus jedoch mitsamt dem Nachbar­haus abgeris­sen und es entstand im Jahr 1974 Mögel’s Kocher­tal-Apothe­ke. (Wir verdan­ken Werner Mögel auch viele alte Bilder aus Oberko­chen, die über seine jährli­chen Kalen­der Einzug in viele Haushal­te hielten.)

Die Stamm­kun­den der Wirtschaft kamen in der Regel aus der näheren Umgebung. 1958 zogen die frisch Gemus­ter­ten (der Nachwuchs der Bundes­wehr), nachdem sie aus Aalen zurück waren und in der Regel für tauglich befun­den wurden, mit „Papier­hü­ten und Bändern“ erst durch den Ort und dann in einer langen Reihe ins „Rössle“ ein und besta­chen dort vermut­lich durch ihre Sanges­kunst – denn bald gab es ja wohl nichts mehr zum Lachen. In den Unter­la­gen finden wir, dass die „DAV Sekti­on Jena“ sowie die „Thürin­ger Lands­mann­schaft“ und auch der Gemein­de­rat gerne dort tagten.

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Das „Rössle“ von innen (Archiv Müller)

Während der Zeit, als die US-Army noch unseren Hausberg „besetz­te“, fand ein jovia­ler Hausball während der Faschings­zeit statt, bei der auch ein Faschings­wü­ti­ger als „Adolf Hitler“ auftrat. Als ein paar „GI‘s“ auftauch­ten herrsch­te plötz­lich eine Stille, bei der man eine Steck­na­gel hätte hören konnte, wenn sie denn auf den Boden gefal­len war. Ob der Gast plötz­lich alle Utensi­li­en fallen­ließ, die ihn eindeu­tig als den „GröFaZ“ kennt­lich machten oder ob er gar flucht­ar­tig die Szene verließ, ist nicht bekannt, da der Zeitzeu­ge inzwi­schen verstor­ben ist.

Reinhold Bahmann hat auch hier etwas beizusteuern:

Das „Rössle“ ist stark mit meinen ersten Kindheits­er­in­ne­run­gen verbun­den. Musste ich doch abends für meinen Golden­bau­er-Opa eine Maß Bier holen. Dazu gab es ein kleines Fenster durch den man mitge­brach­ten Krug hinein­reich­te und aus dem der volle Krug wieder heraus­ge­reicht wurde.

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Gasthaus „Rössle“ mit Friseur Alois Michel (Archiv Müller)

Das Gasthaus „Zur Sonne“ – in der Sperber­stra­ße 19

Alois Betz aus Berswang bei Bargau (geb. 26.02.1908, gest. 27.05.1969), und seine Frau Anna Betz geb. Laub (aus Lands­hau­sen in Baden) (geb. 28.11.1909, gest. 02.08.1983) haben zuerst in Waldstet­ten den Gasthof „Hirsch“ gepach­tet und sind 1938 nach Oberko­chen gezogen, wo sie den „Grünen Baum“ in der Langaß (heute Heiden­hei­mer Straße) pachteten.

Neben­bei sei angemerkt, dass die Vorfah­ren von Anna Laub zu den „Astors“ gehör­ten, die vor 1912 auf der „TITANIC“ ums Leben gekom­men sind. Die ganze Familie hat in der Wohnung über der Wirtschaft gewohnt und wurde mit der Zeit immer grösser. Franz wurde bereits 1936 in Waldstet­ten geboren, Rosa Maria (Rosema­rie) wurde 1943 geboren und Anne There­sa (Annere­sie) kam 1949 zur Welt. Jetzt da die Familie groß war, wurde es Zeit für eine Verän­de­rung – ein eigenes Haus und eine eigene Metzgerei.

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Das Betz’sche Gasthaus „Sonne“ Innen­an­sicht (Archiv Müller)

Der Bau des Gasthau­ses „Zur Sonne“ begann im Herbst 1949. Der Aushub wurde, wie das damals üblich war und wie ich es auch noch kenne, mit Pickel, Schau­fel und Mannes­kraft durch­ge­führt. Die Männer, die das vollbrach­ten, waren der Sohn Franz Betz und ein Herr Burr. Der Bau selbst wurde von der Fa. Apprich aus Aalen ab Frühjahr 1950 begon­nen und 1951 fertig­ge­stellt. Das OKAY vom Rathaus kam am 22. Januar 1951 – sprich die Lizenz für die Gastwirt­schaft. Durch diesen Schritt von Alois Betz began­nen auch harte Jahre für die Kinder, denn alle mussten mit anpacken. Alle Kinder konnten im elter­li­chen Betrieb eine Lehre machen, da der Vater den Meister­brief hatte. Franz hatte seine Lehre als Metzger bereits im „Grünen Baum“ begon­nen und vollende­te diese in der „Sonne“. Die Mädchen Annero­se und Rosema­rie mussten sich die Lehrstel­le als Verkäu­fe­rin gegen den Vater erkämp­fen. Denn für Mädchen war seiner­zeit noch die Heirat vorge­se­hen und dafür brauch­te es ja wohl keine Lehre. Franz erinnert sich daran, dass ihn Herr Gillmei­er sen. mit seinem schwe­ren alten schwar­zen Motor­rad (das auch mich als Kind noch sehr beein­druckt hat) zur Gesel­len­prü­fung nach Aalen gefah­ren hat.

All die Jahre in der „Sonne“ waren für alle von viel und harter Arbeit geprägt. Urlaub, Freizeit, Feier­abend waren für Alois Betz Fremd­wor­te und fanden damit für die Kinder auch nicht statt. Alois war ein harter Mann, der eiser­ne Prinzi­pi­en hatte, diese vorleb­te und von seiner Familie einforderte.

Für Franz war es beson­ders schwer. Er musste so früh aufste­hen wie ein Bäcker (3 Uhr morgens). Aber es gab keinen Feier­abend gemäß dem Motto seines Vaters: „Ein Handwer­ker hat keinen Feier­abend“. Es gab im Jahr 2 freie Tage, an denen die Familie ausschla­fen konnte: Am 1. Weihnachts­fei­er­tag und am Karfrei­tag. Sonst standen immer das frühe Aufste­hen und die Arbeit im Vorder­grund. Alois Betz hätte auch gerne am Karfrei­tag gearbei­tet, aber es durfte an diesem Tag in der Wirtschaft kein Fleisch gekocht oder verkauft werden. Viele Thürin­ger Mitbürger/innen (Protes­tan­ten) hatten dafür kein Verständ­nis und so schloss Alois kurzer­hand das Geschäft an diesem Tag und auf diese Weise kam die Familie zu einer Freizeit­stei­ge­rung um 100 % (von einem auf zwei Tage!).

Schlacht­vieh (Rinder, Kälber und Schwei­ne) kamen vom Viehhänd­ler Hoffmann aus Adels­mann­fel­den. Zu Zeiten des „Grünen Baums“ war es noch üblich, dass Franz mit Bargeld zu Fuß unter­wegs war, um in Roten­sohl, am Zahnberg oder in Ochsen­berg Bullen zu kaufen und diese dann zum Schlach­ten nach Oberko­chen zu treiben. Geschlach­tet wurde immer montags, und diens­tags gab es immer Schlacht­plat­te mit allem, was dazuge­hör­te. Ich erinne­re mich auch, dass wir als Kinder beim Schlach­ten zuschau­en konnten. Wir sahen die Sauen im Trog liegen und die Bullen am Gestän­ge hängen. Franz hat uns hin und wieder etwas erklärt. Das waren für uns schon aufre­gen­de und beein­dru­cken­de Erlebnisse.

Die „Sonne“, wie wir alle sagten, hatte also mehre­re Stand­bei­ne und war erfolg­reich. Die Metzge­rei mit dem Verkauf von Fleisch und Wurst, die Wirtschaft und die Fremden­zim­mer. Ein einträg­li­ches Geschäft mit viel harter Arbeit und wenig Freizeit.

Es gab 9 Zimmer mit fließend Wasser und einem Bad und einer Toilet­te je Etage. Der Zimmer­preis lag bei ca. 10–12 DM incl. Frühstück. Da das Zimmer­an­ge­bot für die Geschäfts­leu­te und Monteu­re in Oberko­chen damals noch recht überschau­bar war (Sonne, Pflug und Grube), war es selbst­ver­ständ­lich, die Gäste zum Konkur­ren­ten zu schicken, wenn man selbst belegt war. Häufig war man auch überbucht, d.h. Rosema­rie musste dann ihr Zimmer räumen und bei Papa und Mama schlafen.

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Die Besat­zung der „Sonne“ (Archiv Müller)

Seiner­zeit hatte Wurst in Oberko­chen einen Namen – Alois Betz. Die Alten schwärm­ten noch lange von Alois’ Künsten des Wurst-Machens. Jedoch wurde das Geschäft mit der Wurst zuneh­mend härter, denn es gab Konkur­renz in der Umgebung: Reber, Sogas, Engel und Meroth boten ebenso Wurst an, die auch gut war und wir Kinder bekamen die Anwei­sung, z.B. die Schwarz­wurst in der „Sonne“ und den Bierschin­ken beim „Sogas“ zu kaufen. Vielleicht wissen es manche noch, Anton Schle­cker hat damals Wurst über „Sogas“ verkauft. Zudem kam, dass die Warte­zei­ten an norma­len Wochen­ta­gen einfach zu lang waren, bis Frau Betz jedes Mal aus der Wirtschaft in den Laden herüber­kam. An Wochen­en­den, wenn alle Frauen hinter der Theke standen, gab es Schlan­gen bis auf die Straße hinaus. Der absolu­te Renner war Teller­sül­ze von Anna Betz, die wurde sogar sonntags in unvor­stell­ba­ren Mengen verkauft. Auch die Wirtschaft war sonntags immer brechend voll. Es gab einfa­che und gute bürger­li­che schwä­bi­sche Küche: Schwei­ne­bra­ten, Schnit­zel mit Spätz­len, Bratkar­tof­fel oder Kartof­fel­sa­lat. Wir Jungen gaben uns meist mit einem Teller „Spätz­le mit Soß“ zufrie­den. Auch zur jährli­chen Kirch­weih gab es immer reich­lich Zulauf. Der Stamm­tisch, gleich am Eingang rechts, war bekannt und immer gut besetzt. Die Haupt­dar­stel­ler waren u.a. die Herren Kolb, Dobschik, Geis, Sauer und Bestle.

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Stamm­gäs­te bei ihrem Tun – Dobschik und Meschen­mo­ser (Archiv Kieweg)

Als Alois Betz 1969 verstarb, hat Franz mit seiner Mutter das Geschäft noch ca. 1,5 Jahre weiter­ge­führt, aber irgend­wann ging es einfach nicht mehr und die Zeit der Verpach­tun­gen begann. Franz wechsel­te dann 1968 zu Hees & Eberhard, 1969 zu Rehm Esslin­gen, 1974 zu Ramme & Betz Stutt­gart und 1979 zu Barth & Seibold Aalen, wo er bis zu seiner Pensio­nie­rung im Jahre 1999 blieb. Das ganze Ensem­ble wurde vor ein paar Jahren verkauft und heute befin­det sich das „Hexasta­ble“ im Haus und damit ging die Geschich­te der Familie Betz auf der „Sonne“ defini­tiv zu Ende. Inzwi­schen wurde es nochmals verkauft und ab 2017 nach energie­tech­ni­schem neuem Standard grund­le­gend saniert.

Der Verkaufs­raum wurde verpach­tet an:

  • 1972 Karl Brenner
  • 1984 Italie­ni­sches Lebensmittelgeschäft
  • 1986 Metzge­rei Riek Inhabe­rin Irmgard Zinnbauer
  • ?? Schmid­le Charlottenburg
  • ?? Sprin­ger

Die Wirtschaft wurde verpach­tet an:

  • 1971 Karl „Cheetah“ Theilacker
  • 1974 Maria Schober
  • 1976 Isolde Bischoff
  • 1979 Marle­ne Kett
  • 1979 Herbert Herdeg
  • 1983 Gerhard Pohl
  • 1985 Isolde Bischoff
  • 1991 Gerhard Pohl
  • 1998 Petra Schup­ke (bis 2002) 
    • Leerstand
  • 2009 Dimitri­os Manikas
  • 2017 Marion Vallant
  • 2023 Silvia Cecek
  • 2024 Anita Ulbricht
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Das “Hexas­tia­ble” Innen­an­sicht (Archiv Müller)

Auf ein Wort. Das „Hexas­tia­ble“ und der Dart Sport ist eine beson­de­re Verbin­dung, denn ohne diesen immer populä­rer werden­den Sport würde es die Gaststät­te heute wohl nicht mehr geben. Dimitri­os war eine Dartgrö­ße im Bereich Ostalb und hat dem Sport in seiner Wirtschaft ein Zuhau­se gegeben. Leider verstarb er während eines Spiels an einem Herzin­farkt. Darauf­hin verkauf­te seine Frau Chris­ti­na das Haus und ging zurück nach Brasilien.

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Dimitri­os Manikas (1964 – 2017) – der Ostalb-Darter (Archiv Mülelr

Im digita­len Archiv der Schwä­Po finden sich im Laufe der Jahre folgen­de Headlines:

02.09.2010:

„Die Dartmann­schaft „Isch Mir Egal” aus Aalen / Oberko­chen vom “Hexas­tia­ble” hat im E‑Dart bei der 21. Deutschen Liga-Meister­schaft der Mannschaf­ten in der C‑Liga in Geisel­wind den 4. Platz belegt. Im Team standen: Dimitri­os Manikas , Kapitän Detlef Haug, Günther Mainzer, Gerald Daißler , Uwe Reihn­bold, Jürg Rothe.“

11.07.2011:

„Wir sind eine einge­schwo­re­ne Truppe”, sagt Kapitän Dimitri­os Manikas vom frisch gebacke­nen Deutschen Meister im E‑Dart. Nach dem Titel­ge­winn sind die Oberko­che­ner Dart-Spieler vom Team „Isch mir egal” in die B‑Klasse aufge­stie­gen und dürfen bei den Weltmeis­ter­schaf­ten 2012 in Las Vegas teilnehmen.“

02.12.2011:

„Oberko­chens Dartspie­ler werden immer besser. Nach Rang eins in der deutschen Mannschafts­meis­ter­schaft und dem damit verbun­de­nen Aufstieg in die B‑Klasse krönte jetzt das Duo Heike Karl-Hillmann und Dimitri­os Manikas das Vereins­jahr mit dem Gewinn des DM-Titels im E‑Dart mixed.“

12.04.2012:

„Der Traum vom großen Abenteu­er in den USA wird Wirklich­keit: Am heuti­gen Donners­tag fliegen sechs Oberko­che­ner Dartspie­ler (Dimitri­os Manikas, Günter Mainzer, Jörg Rothe, Detlef Haug, Gerald Deißler und Uwe Reinbold) von München aus via London direkt ins Spieler­pa­ra­dies Las Vegas zur Weltmeis­ter­schaft im Elektro­nik-Dart mit tausen­den Akteuren.

01.05.2012:

„Mit dem Flugzeug waren sechs Oberko­che­ner “Kneipen­sport­ler” über den “Großen Teich” geflo­gen, zum großen Abenteu­er Dart-Weltmeis­ter­schaft in den USA. Im Spieler­pa­ra­dies Las Vegas erreich­ten sie auch ihr sport­li­ches Ziel, mindes­tens einmal eine Platzie­rung unter den ersten 30, mit Rang 17 klar. Doch ganz zufrie­den war Kapitän Dimitri­os Manikas nicht „Ein Pünkt­chen fehlte zum Finale der besten 16. „Gigan­tisch, phantas­tisch” – so klingen die Kommen­ta­re der Mitglie­der des Dart-Clubs “Isch mir egal” nach dem einma­li­gen, zehntä­gi­gen Erleb­nis in den USA.“

16.07.2012:

„Die Oberko­che­ner Dartspie­ler haben erneut einen beacht­li­chen Erfolg erreicht. Bei den deutschen Meister­schaf­ten im Elektro­nik-Dart in Geisel­wind erreich­te die Mannschaft “Isch Mir Egal” den fünften Platz in der B‑Liga.“

20.12.2016:

„Dimitri­os Manikas berich­tet unter anderem, wie sich Darts auf der Ostalb in den letzten Jahren entwi­ckelt hat und wie es zu dem außer­ge­wöhn­li­chen Teamna­men kam. Dimitri­os Manikas ist ein leiden­schaft­li­cher Darts-Spieler. Doch nur durch Zufall hat er überhaupt damit begon­nen: Als er Anfang der 90er-Pächter des „Journals“ in Aalen war, kam er mit Darts in Kontakt. 1994 gründe­te er zusam­men mit seinen Kumpels das Team „Isch mir egal.” Dimitri­os Manikas erzählt, wie sie auf den recht ungewöhn­li­chen Teamna­men gekom­men sind: „Wir saßen zu sechst zusam­men und wollten eigent­lich einen richtig guten Namen. Der Erste sagte dann: Isch mir egal, auch der Zweite und Dritte antwor­te­te so. Wir fanden den Namen witzig und einig­ten uns letzt­lich darauf.”

01.07.2017: Viel zu früh, aber bei seiner Lieblings­be­schäf­ti­gung, verstarb er während des Spiels. Danach wurde es ruhiger mit dem Sport rund ums „Hexas­tia­ble“. Heute spielt man wieder mit 2 Mannschaf­ten im DSAB und sehnt sich nach den alten Zeiten zurück. Da helfen nur viele 180er und 9‑Darter.

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Die Dart-Spiel­ge­rä­te im ehema­li­gen Verkaufs­raum der Metzge­rei Betz (Archiv Müller)

Schluss­be­mer­kung: Bei der Geschich­te einiger Wirts­häu­ser fällt auf, dass es äußerst inter­es­san­te Verwandt­schafts­ver­hält­nis­se gibt. Einst war wohl das halbe Dorf durch gegen­sei­ti­ges Einhei­ra­ten mitein­an­der verwandt. Es soll junge Männer gegeben haben, die aus diesem Grund wegge­zo­gen sind.

Einen 180er werde ich in meinem ganzen Leben wohl nicht schaf­fen – „Billie vom Sonnenberg“

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