Der gute alte „Hirsch“ – zweiter Teil
Am 11. Februar 1922 wurde im „Hirsch“ der wohl erste Familienabend abgehalten. Die musikalischen Kräfte der Ortsgruppe boten ein hübsch zusammengestelltes Programm mit reicher Abwechslung. Vierhändige Klavierstücke von Frau Forstmeister Martin, den Oberlehrern Wörner und Mager, Violinenstück von Herrn Hauptlehrer Rohleder aus Baldern und Herrn Fleury, Gesangssolo von Frau Forstmeister, Lieder zur Laute von Fräulein Weinberg, Buchhalterin bei Herrn Emil Leitz, glänzend vorgetragen; ferner Couplet von H. Wilhelm Bäuerle und Paul Wingert, Glasermeister. Umrahmt war die Unterhaltung durch die schwungvoll vorgetragenen Männerquartetts: »Schwabenland« von Waller und »Wohlauf in Gottes weite Welt« von Arnold. Riesigen Spaß machte die Vorführung der Scene: »Ein Blick ins Jenseits«, gegeben zugunsten des Turmfonds für den Volkmarsberg. Mit einem Tänzchen fand die schöne Feier ihren Abschluss. Auch der Oppolds-Doktor Karl Ruckgraber verkehrte häufig im „Hirsch“, um mit ein paar anderen alten Männern wie z.B. dem Holzagärtner und dem Marxagärtner dem Kartenspiel zur Mittagszeit zu frönen, dem „Dappa“ (Dappen). Heute nennen wir das Spiel Binokel.
Im Jahr 1927 gründen im Gasthof „Zum Hirsch“ in Oberkochen Karl Betzler, Hans Elmer, Franz Ganter, Hermann Spranz, Josef Wingert, Paul Bauer, Josef Kopp, Josef Maier, Karl Hägele jun., Karl Gold (Marx), Karl Hägele sen., Franz Wunderle, Josef Trittler und Josef Elmer den „Musikverein Oberkochen“.

Der 1927 erbaute Saal (Archiv Müller überlassen von Fam. Baumann)
Nach 45 Jahren stand im Jahr 1927 wieder ein großes Festbankett an. »Der neuerbaute Hirschsaal konnte trotz seiner bedeutenden Ausmaße die Gäste zum Festbankett am Samstagabend kaum fassen. Chorleiter Lehrer Mayer hatte ein umfangreiches Programm zusammengestellt, das »mit seiner Töne Macht gewaltige Wogen der Begeisterung entfachte und die uneingeschränkte Bewunderung aller Anwesender erfuhr«. Höhepunkt des musikalischen Programms bildete Richard Wagners »Einzug der Gäste auf der Wartburg« aus dem »Tannhäuser«, ein Stück, das »mit tosendem Beifall bedacht wurde«. Als Lehrer Mayer mit »Weihe des Lieds« unter Ehrendirigent Chormeister Spranz gar noch als Bariton-Solist auftrat, kannte die Begeisterung keine Grenzen mehr.
1934 wurde im „Hirsch“ ein besonderer Lehrer verabschiedet:
Für Hauptlehrer Karl Alfred Günter, Lehrer an der Evangelischen Schule Oberkochen 1911 – 1934 fand am 26. Januar 1934 fand im »Hirsch« zu Oberkochen eine bemerkenswerte Abschiedsfeier statt. In Reden und Gedichten, durchwürzt von Humor, kamen Verehrung und Wertschätzung für den Scheidenden zum Ausdruck. Pfarrer, Bürgermeister, Schulen, Kirchenchor, Turnverein, kurz die gesamte Gemeinde nahm Abschied von Hauptlehrer Karl Alfred Günter der Oberkochen nach 23 Jahren erfolgreicher Lehrertätigkeit verließ, um in Waiblingen eine neue Stelle anzutreten.
1932. Am 16. Juli wurde für Sonntag, den 24. Juli vormittags um 11 Uhr im „Hirsch“ von der NSDAP Unterkochen (Alois Bieg) eine öffentliche politische Veranstaltung und ein Aufzug (heute würden wir Aufmarsch sagen) durch die Hauptstraße beantragt. Am 18. Juli wurde der Aufzug von BM Frank untersagt, die Versammlung fand dann aber statt. Ferner gab der Bürgermeister u.a. schriftlich an, dass die Grußformel „Heil Hitler“ als Provokation einzustufen sei, da das keiner gängigen Höflichkeitsbezeigung oder Grußformel entspräche (Kein Wunder, dass er nach der Machtergreifung 1933 abgesetzt wurde. Der Mann hatte eine Haltung).
Ab 1936 wird die Wirtschaft verpachtet und viele Pächter, besonders ab den 50er Jahren, kamen und gingen. Besonders hervorzuheben ist Emmy Vogel, die das Wirtshaus 12 Jahre lang, bis 1949, führte. Fräulein Vogel soll das Lokal besonders während des Krieges mit Fleiß und Geschick geführt haben. Danach eröffnete sie mit ihrem aus der Kriegsgefangenschaft heimgekehrten Bruder eine Metzgerei in Königsbronn.
Nach dem Attentat auf Adolf Hitler, das von Georg Elser aus Königsbronn, im Bürgerbräu-Keller in München erfolglos ausgeführt wurde, spielte auch unser „Hirsch“ eine Rolle in der Aufarbeitung durch die SS. Hatte Hitler einen Schutzengel (kaum zu glauben) oder einfach nur Glück wie bei anderen Gelegenheiten auch? Jedenfalls wurde Elser, beim Versuch in die Schweiz zu fliehen, festgenommen, verhört, gefoltert, in Sachsenhausen und Dachau jahrelang gefangen gehalten und kurz vor Kriegsende am 9. April 1945 auf persönlichen Befehl von Hitler hingerichtet. Die Verhöre der Königsbronner Bevölkerung wurden, mangels entsprechender Räume im Nachbarort, auch in Oberkochen im „Hirsch“ vorgenommen. Nach dem Krieg wurden dann passenderweise auch die Entnazifizierungsprozeduren dort vorgenommen. Nicht alle wurden freigesprochen, einige wurden auch verurteilt.
Dieses Lokal war auch etwas Besonderes. Es gehörte mit Sicherheit zum ältesten Teil Oberkochens. Zuhause waren hier die Haute Vollee, die VIP’s oder die Großkopfeten. Es wurden Hochzeiten und Jubiläen gefeiert. Theaterspiele wurden aufgeführt, politische Veranstaltungen organisiert, die Kirchweih war hier zuhause und Bildungsthemen kamen ebenfalls nicht zu kurz.
Auch die Liebe nahm hier ihren Ursprung. Eine Zeitlang bediente Ottilie „Tilly“ Huber ihren späteren Ehemann Hermann, der dort sein Feierabendbier trank, bevor er mit dem Fahrrad (!!!) wieder aufs Härtsfeld nach Auernheim fuhr – und das jeden Tag. 10 Pfennige Trinkgeld (das war ein ordentlicher Teil vom Stundenlohn) – das machte wohl Eindruck auf „Tilly“ und so haben sie 1950 geheiratet. Sie bauten am Sonnenberg ein Haus und es stellten sich im Laufe der Jahre drei Mädchen ein — die Bärbel (die es genoss mit ihrer Mama ab und zu in den „Hirsch“ gehen zu dürfen), die Renate und die Roswitha. In diesem Zusammenhang fallen mir auch noch die späteren Bedienungen Ida Fetzer und Heiner Kolb als Ober ein.

Gaststube im „Hirsch“ (Archiv Müller überlassen von Fam. Baumann)

Gaststube im „Hirsch“ (Archiv Müller überlassen von Fam. Baumann)
Am 9. März 1947 fand die Gründungsversammlung der „Gartenfreunde“ statt und der Verein „firmierte“ damals unter dem Namen „Ortsverein der Siedler und Kleingärtner“. Erschienen sind etwa 85 Personen, von denen bereits vorher 23 Personen ihre Mitgliedschaft bekundet hatten, und in kurzer Zeit weitere 43 Aufnahmen gemeldet werden konnten auch der damalige Bürgermeister Eber, war anwesend und sagte seine tatkräftige Unterstützung bei der Beschaffung von Land zu. Er empfahl jedem Interessierten, doch Mitglied in dem neuen Verein zu werden. Am 13. August 1947 hatte die Militärverwaltung der US-Army in Aalen ihr Einverständnis zur Gründung einer lokalen Gruppe für Siedler und Kleingärtner erteilt.
1949 finden wir den Aufruf des von Josef Krok und Dr. med. Ludwig Borst gegründeten Schachvereins an die Jugendlichen sich im „Hirsch“ an die Schachbretter zu setzen.
1950 wurden von der Kleiderablage zwei Herren- und ein Damenmantel sowie ein Kostümstock entwendet. Der Täter stammte aus München und wurde der Polizei zugeführt. Da fällt mir grad das Lied von Peter Alexander ein: „Schau ich weg von dem Fleck, ist der Überzieher weg“.
1951 hielt die Firma Oppold einen Kameradschaftsabend der Werkzeugmacher ab und der TVO eine von vielen Monatsversammlungen. Als neue Disziplin kam in diesem Jahr, die von Eugen Honold geleitete Fechtabteilung dazu.
1953 wurden hier die Naturfreunde und am 8. Juni 1956 der 1. FCO gegründet. Es versammelten sich die Mitglieder des TVO, die Fotofreunde und der Krieger- und Militärverein. Der Sängerbund traf sich zu den Singstunden. Das Forstamt verkaufte Reisig, Lichtbildervorträge im Saal, Kunstausstellungen und Theateraufführungen, Tanz in den Mai, Hausbälle zur Faschingszeit und im Herbst die Kirchweih. Für die Haushalte gab es Propangas-Kochvorträge sowie Strick- und Nähkurse und die Firma „Krok“ zeigte dort ihre Kollektionen in den ersten Modeschauen im Dorf. Die „AOK“ zahlte ihre Barleistungen aus, politische Veranstaltungen fanden statt und Gustav Bosch lud ein zum Thema „Bürgerschaft fragt – Verwaltung antwortet“. 1954 veranstaltete die KONSUM-Genossenschaft Aalen zu ihrem 60jährigen Jubiläum einen großen „Bunten Abend“ und eine „Große Modenschau“, von Josef Krok organisiert, zeigte, was Frau so trägt. 1955 gastierte die 1. Münchner Bauernbühne mit Ludwig „Wiggerl“ Huber und zeigt vom 14. bis 16. April drei unterschiedliche Theaterstücke bei einem Eintrittspreis von 1,50 DM bis 2 DM.

Saal im „Hirsch“ (Archiv Müller)
Am 12., 13. März 1955 gab es eine Kunstausstellung des Neresheim Künstlers Heinz Kibler. Am 2. April 1955 veranstalteten die hiesigen „Bielitzer“ zum Gedenken an den schweren Verlust der Heimat vor 10 Jahren einen Familienabend, an dem 100 Personen anwesend waren. Es nahmen u. a. auch Heimatfreunde aus Ulm, München und Stuttgart daran teil. Sie waren eine lose Heimat- und Schicksalsgemeinschaft. Eröffnet wurde das Festprogramm durch einen Musikvortrag des Kammertrios »Neuber« im Gasthaus »Hirsch«. Die Begrüßungsansprache hielt Heimatfreund Johann Urbanke, die Festansprache hielt Ing. Pudelek aus München, der u. a. die besten Grüße der Münchner Zweiggruppe überbrachte. Auch Herr Bürgermeister Bosch war anwesend und überbrachte die herzlichen Grüße und guten Wünsche der Gemeinde. Die besinnliche Feierstunde wurde durch ein reichhaltiges Festprogramm von Musik‑, Gesang- und Gedichtvorträgen umrahmt.
Interessant auch eine Veranstaltung aus dem Jahr 1956. Der „Bund der Kinderreichen“ (was es so alles gab) lud zu einer ersten öffentlichen Info-Versammlung ein. Im gleichen Jahr, man glaubt es kaum, hielt die neu gegründete Schützengilde ein Übungsschießen statt. Mit Unterstützung der befreundeten Königsbronner wurden vier Schießstände mit Zugscheiben aufgebaut und dann hieß es „ran an die Gewehre“. Ebenso fand ein Nähmaschinenkurs der Fa. Pfaff-Nähmaschinenhaus H. Eisele statt, an dem 65 Frauen und Mädchen an 65 Maschinen (!!!) begeistert teilnahmen. 1957 verließ Karl Lang Oberkochen und zog ins Rheinland. Er war beliebt, fleißig und immer bestrebt, die Wünsche seiner Gäste zu erfüllen. 1954 wurde sein Sohn Franzharry geboren, dessen Wohnsitz wir heute in Kiefersfelden/Österreich finden.
Seine Existenz verdankt der Boxclub Oberkochen nicht zuletzt der Firma Zeiss. Als das Unternehmen Anfang der 1950er Jahre sein Zweigwerk Opton in Coburg auflöste, kamen aus der oberfränkischen Boxhochburg zahlreiche Mitarbeiter nach Oberkochen und mit ihnen die Begeisterung für den Faustkampf, der damals in Deutschland enorm populär war. Die Geburtsstunde geht ins Jahr 1952 zurück – als Boxabteilung des TV Oberkochen. 1957 wurde der BCO ein eigenständiger Verein. Die ersten Trainingsabende fanden im „Hirsch-Saal“ statt. Die Begeisterung war riesig, zwischen 20 und 25 Aktive sollen in dem Saal trainiert haben.
Am 12. Mai 1958 fand die Hochzeit von Karl Unfried und Rosl Sapper im Saal statt. Auch der erste Blutspende-Termin am 28. November 1960 fand im großen Saal statt. 1961 gab es einen ersten Kameradschaftsabend für die „Blaulichter“ (wie man heute vielleicht sagen würde). Die Freiwillige Feuerwehr, die CZ-Werkfeuerwehr, das Rote Kreuz und die Polizei luden dazu ein, um die Kameradschaft zu vertiefen. Fabrikant Leonhard Stützel von Leitz nahm aus einem besonderen Anlass teil. Durch den kompetenten und engagierten Einsatz beider Feuerwehren wurde bei einem Brand im Dezember1960 in den Werksanlagen der Fa. Gebr. Leitz Schlimmeres verhindert. Am 28. Mai 1961 lud der 1.FCO zur Meisterschaftsfeier der A‑Klasse ein. Am 13. März 1962 übergab Heinz Bergner das Lokal an den neuen Pächter Baumann. Dieser führte sich dann im Herbst gleich mit der „Kirchweih“ und einem zünftigen Essen ein: Neuer Wein mit Zwiebelkuchen und Schlachtplatten, Rehbraten und Geflügel. Am 11. Januar 1964 heirateten Helmut Wenzel (u.a. Chef-Fahrer bei Leitz) und Rosemarie Kolb (Tochter vom roten Kolb). Am 17. Januar 1964 gab es einen Kompanieabend der Panzergrenadiere Ellwangen 5/302 mit Einladung an die Bevölkerung. Als altem Mariner fällt mir natürlich auf, dass es heute den Anschein hat, dass die Bundeswehr in der Öffentlichkeit überhaupt nicht mehr vorkommt. Am 30. März 1968 veranstaltete der hiesige Skatclub „SC Pik Sieben“ eine offene Kreismeisterschaft. Gespielt wurde an 4‑er-Tischen in 2×48 Runden gemäß den Vorschriften des DSKV. Im gleichen Jahr hielt der Schachclub seine JHV ab. Zu erwähnen ist, dass mein, inzwischen verstorbener, Schulkamerad Norbert Nikels die Jugendmeisterschaft gegen Aalen gewann. Zweiter wurde Frank Richter, dritter Karl-Heinz Stammwitz. Am 2. Januar 1969 machte „Trexlers Puppentheater“ in Oberkochen Station und gab das Stück „Hänsel und Gretel“. Wenn es am Ort um das „Hohenloher Kaschperle“ ging, dann war das immer Rolf Trexler mit Puppen. Rolf Trexler (* 6. Mai 1907 in Zwickau; † 15. Juni 1985 in Rothenburg ob der Tauber) war ein deutscher Puppenspieler, der eher zum Puppenkabarett für Erwachsene neigte als zum Kasperltheater. Er beschrieb sich als Lustigmacher. Er galt als recht eigenwillig, außerhalb der Norm. Mit solchem Zeugnis vereitelte 1982 der Bürgermeister die Ehrung mit dem Bundesverdienstkreuz. Solche Charakteren gab’s früher mehr als heutzutage.
In meiner Jugendzeit besuchte ich dort die ersten Rockkonzerte und Beat-Tanzveranstaltungen im Saal. Mittags gingen wird dort mitunter essen, es gab einen guten Braten mit Spätzle und Soß‘ zu räsonablen Preisen, begleitet von der angesagten Musik aus einer Wurlitzer-Musikbox. Bei uns im Sonnenberg fanden wir eines morgens einen niedlichen ausgesetzten Hund. Aber da wir schon einen Schäferhund hatten und der neue für zwei fraß und zu erkennen war, dass der mal ein größeres Exemplar werden würde, gab ihn mein Vater an Hans Nagel ab. Der Hund, mit Namen Cäsar, blieb Hans ein treuer Begleiter und als ich mal schauen wollte, wie groß er geworden war, erschrak ich zutiefst. Den hätten wir nicht halten können. Auch ein „Stöpsel-Club“, dessen Vorsitzender wohl Willi Krenzke war, fand sich öfters im „Hirsch“ ein, so auch zur Generalversammlung im Jahr 1973. 1975 wurde für das Billardspiel geworben.
1985 wurde nach fast 2‑jähriger Schließung die „Wohnstub im Hirsch“ eröffnet. Elisabeth und Hans Nagel sorgten dafür, dass die Sanierung gelungen ist. Es wurde Wert darauf gelegt die alten Eichendeckenbalken zu erhalten und das alte Mauerwerk freizulegen. Die neuen Pächter, Oscar und Barbara Zündel, führten dann eine gepflegte Steak-Pils-Bar.
Nachstehend einige Pächter, die beim Recherchieren der Amtsblattausgaben ab 1953 gefunden wurden. Die Jahreszahlen sind nicht verbindlich, da sie zum Teil auf Anzeigen zurückgehen und nicht unbedingt den Beginn der Pacht anzeigen:
1936/37 Paul Gold – die Erlaubnisurkunde wurde aber umgehend wieder für ungültig erklärt
1937/38 Emmy Emilie Vogel
1949/50 Karl Lang
1957 Heinz und Agnes Bergner
1962 Familie Baumann
1969 Herbert Saur
1972 Brigitte Kohlhuber
1975 A. Kalmbach
1979 „Old Joe“ mit Chatzivassliladis
1981 Im „Hirsch“ eröffnet die Tanzbar „Old Joe“
1985 Im „Hirsch“ wird die „Wohnstub‘“ von Oskar und Barbara Zündel eröffnet
1986 Im „Hirsch“ von Eugen Sauer wird die „Scheune im Hirsch“ eröffnet
1988 Am 5. August eröffnet das „Billard-Sportcafe“ mit der Familie Gold
1988 Marianne Gold und Franz Legat übernehmen das „Billard-Sportcafe“ und die Pizzeria „Scheune“
1988 Im EG macht die „Grillstube Hirsch“ von Irmgard Zinnbauer auf, die wir schon von der „Sonne“ kennen
1989 Jetzt betreiben Roberta und Beate die „Scheune im Hirsch“
1991 In der Pilsbar „Holzwurm“ unter H.D. Strauch und H. Bochinsky werden die Bierhähne geöffnet
1995 „Fieber“ im „Holzwurm“
?? Petra Stopar im „Holzwurm“
?? „Asia“

Der „Hirsch“ mit Volksbank, Konsum und Krok direkt nach dem II. Weltkrieg (Archiv Müller)
Rechts vom Eingang befanden sich der altehrwürdige „Krok“, der 1945 sein Geschäft startete, es später an seine Tochter übergab und sie an eine Nachfolgerin. Auf der anderen Seite hielt schon früh die „Volksbank“ Einzug. Das Gesicht der „Volksbank in Oberkochen“ war in meiner Erinnerung immer die Rosmarie Grupp, auch wenn sie nicht immer „Chef“, aber doch „unsere“ Chefin war. Es gab dort den „Konsum“, die „Rheinelektra“, Obst und Gemüse, die Fahrschulen Holzbauer-Michalski, sowie später den ersten Video-Laden.
Am Samstag. 5.April 2014 um 16:30 Uhr wurde im Rahmen der Feierlichkeiten zum 175jährigen Jubiläum des Sängerbundes Oberkochen das historische Chorbild „Männerchor 1929 – Schwäbisches Liederfest Ulm“ an den Heimatverein Oberkochen als Dauerleihgabe übergeben. Dieses Bild hing jahrzehntelang im Eingangsbereich des „Hirsch“, weil in diesem Lokal der Verein schon immer seine Gesangsproben abhielt.
Zum Abschluss dieses Abschnittes passen bestens einige Erinnerungen meiner lieben Freundin Edeltraud Meroth geb. Schüler:
Als Kind war ich oft im „Hirsch“ bei den Weihnachtsfeiern der Heimatvertriebenen. Das war für mich ganz wunderbar, weil Gaststättenbesuche ansonsten für meine Eltern unbezahlbar waren. Ich kann also nichts berichten über Besuche in den Gasthäusern, aber über das drum herum, das da so herrschte – darüber kann ich sehr wohl einiges Interessantes erzählen. In der „Grube“ kegelte meinem Opa Karl Langer mit seinen Kriegerkameraden (u.a. dem Postler Klenk). Da durfte ich manchmal Kegel aufstellen. Als Lohn bekam ich 50 Pfennige und ein Glas süßen Sprudel – das war für mich super. Und dann hatte ich als Schulkind einige Zeit lang einen „Job“, für den mich Frau Anna Edinger vom „Ochsen“ bezahlte. Jeden Morgen um 6 Uhr hat mich meine Mutter dafür geweckt. Um 6:30 Uhr habe ich schlaftrunken einem Kübel mit Essensreste aus dem „Ochsen“ auf einem Handkarren die Katzenbachstraße hinter bis zur Oma gebracht, vielleicht der Mutter der Ochsenwirtin, der Oma vom Jakob Edinger. Die Oma wohnte im Parterre in dem großen Haus gegenüber vom Schreinergässle. Wenn ich am Haus ankam, hat sie immer schon auf mich gewartet und dann haben wir den Kübel zusammen abgeladen und in die Hütte hinter dem Haus gebracht, wo das Schwein untergebracht war. Danach musste ich den Handkarren zurückziehen, im „Ochsen“ abgegeben und dann bin ich zum Frühstück in die Katzenbachstaße 3 gegangen, wo wir damals gewohnt haben. Dafür gab es dann einmal in der Woche etwas Taschengeld – leider weiß ich nicht mehr wieviel. Für die Metzgerei Reber im „Lamm“ haben wir das benötigte Brennholz gestapelt, dass sie zum Schlachten gebraucht haben. Meine ganze Familie war dann samstags damit beschäftigt, die riesigen Holzhaufen mit gespaltetem Brennholz längs der Wand aufzustapeln (entlang der Hauswand von Nagels Pferdestadel am kleinen Hügel, der zum Schlachthäusle hinter dem „Lamm“ führte). Das hat sogar Spaß gemacht, denn es war ein wenig wie bei Huckleberry Finn — Freunde kamen vorbei und haben mitmachen dürfen. Dafür gab es dann Naturalien für meine Familie. Erst später, in den 70 er Jahren hatten meine Eltern genügend Geld, um in Gaststätten zu feiern — z.B. die Silberne Hochzeit im“ Ochsen“. Später wurden dann die „runden“ Geburtstage von Peters Mutter immer im Nebenzimmer vom „Ochsen“ gefeiert.
Abschließend noch ein paar Erinnerungen von Luitgard Hügle geb. Grupp: Es muss wohl Ende der 40iger gewesen sein, als ich zum Kinderturnen in den „Hirsch“ ging. Meine Cousine Irmgard hat uns im Turnen unterrichtet, Gymnastik und Spiele mit uns gemacht. Sie war noch sehr jung, der „Schreiberle“ vom Turmweg hat sie bewogen, Kinder im Turnen und in Gymnastik zu unterrichten. Die Turnhalle bei der Dreißentalschule ist ja erst 1950 gebaut worden. Natürlich gab es im „Hirsch“ keine Umkleide-Kabinen und keine Dusche, die Turnsachen hatten wir schon unter der Kleidung an und so gingen wir auch wieder heim. Manchmal kamen wir in den Saal und da standen noch die Stühle und Tische vom Abend zuvor und wir mussten erst alles wegräumen. Meistens hatte es jedoch schon der Betreiber, Herr Lang besorgt. Irmgard erzählte mir einmal, dass die Kinder schon hochgestürmt waren und oben auf dem Fußboden einen „Toten“ fanden. Die Aufklärung war einfach: Herr Lang war wohl beim Aufräumen gestürzt und dann aus Müdigkeit liegen geblieben und war eingeschlafen. Außer dem Turnen sangen wir auch und bereiteten uns auf die Vorführungen vor,bei denen wir sangen und tanzten. Ich ging da sehr gerne hin. Dann gab es noch Filmvorführungen am Abend, denn auch das Kino wurde erst Anfang der 50iger eröffnet. Die Filme zeigten mein Onkel Anton Grupp und Hans Hilmer. Sie hatten sich ein Auto so umgebaut, dass sie damit die Geräte transportieren konnten und so die Filme auch in den Nachbardörfern zeigen konnten. Wir Kinder durften natürlich nur wenige Filme besuchen – ich erinnere mich an „Der Tiger von Eschnapur“ und dabei besonders an eine Szene, als über eine breite Treppe die Leprakranken nach oben kamen, ihnen aber die Ausgänge verschlossen wurden. Ein anderer Film war „Scott’s letzte Fahrt“ zum Südpol, den er auch erreichte, aber enttäuscht war, dass Roald Amundsen schon vor ihm da war. Auf dem Rückweg ist er dann mit der ganzen Mannschaft im Schneesturm umgekommen. Vor dem Hirsch habe ich auf der nassen Straße einen kleinen blauen Geldschein gefunden: 10 Pfennig – und habe mich sehr darüber gefreut. Da staunt der Laie! Es handelte sich um einen „Geldschein der Bank Deutscher Länder“, also um ein ganz normales Zahlungsmittel. Der Geldschein wurde am 20.8.1948 ausgegeben und zählte zu den ersten Zahlungsmitteln der jungen BRD. Der 10-Pfennig-Schein ist im Rosenbergkatalog unter Nr. 251 gelistet.

10-Pfennig-Geldschein aus dem Jahr 1948 (Archiv Hügle)
Randbemerkung: Unser Ort verändert sich rasant – Gebäude verändern sich oder werden entsorgt. Das ist an sich nichts Verwerfliches, aber dass an einigen wichtigen Orten darüber einfach hinweggegangen wird, ist aus meiner Sicht nicht so toll. Andere Gemeinden gönnen sich Info-Tafeln oder Schilder mit und ohne QR-Code, um zu sagen: „Hier war mal etwas anderes, das uns so wichtig ist, dass wir mit Text und Bild daran erinnern wollen.“ Vereinzelt haben wir ein paar Schilder an ein paar Gebäuden angebracht wie z.B. an der kath. Kirche, am Edith-Stein-Haus, an der Stadtbibliothek, am Heimatmuseum und relativ neu am Platz „Neue Mitte“. Darüber zu schreiben und dann abzulegen ist das eine; ständig daran zu erinnern ist das andere. Das sollten wir uns wirklich überlegen, was uns Erinnerungen wert sind. Da ist es nicht damit getan, wenn gesagt wird: „Braucha mr et“ oder „Es war eh a alts Glomp“ oder „Warum sollen wir das machen und nicht die Stadt“ oder „Das ist nicht mehr modern – des het mr heit nemme“. Aus meiner Sicht brauchen wir diese Art der Erinnerung, daher kann es nur darum gehen „wer macht’s und wer bezahlt’s.“
Und wenn das halt doch nichts wird, dann ist es die Aufgabe des Heimatvereins, die Vergangenheit von Gebäuden und Menschen, die darin gewohnt und gearbeitet haben in Text und Bild auf der neuen Website darzustellen.
Der nächste Teil: „Iiiiiebr d‘ Schell“.
Es grüßt (nie mehr) aus dem Saal des „Hirsch“ der „Billie vom Sonnenberg“