Frage zu Bild 8:
Wie wurde das selte­ne Fenster­glas im oberen Stock­werk der »Krone« hergestellt?

Oberkochen

Lösung zu Bild 8:
Es wurde »gebla­sen«

Gasthaus »Krone«

Hierzu folgen­de Ausfüh­run­gen: Die Glasroh­stof­fe sind Sand, Soda, Pottasche, kohlen­saurer Kalk usw. Das Gemen­ge wird bei 1400° — 1600° geschmol­zen und kann dann gebla­sen, gezogen, gepreßt, gewalzt, geschleu­dert oder gezogen werden zu Platten, Hohlbe­häl­tern, Faden, Watte u.a. Bis zur Erfin­dung der Glasblas­ma­schi­ne im Jahre 1900, in der die konka­ven »Kronen«-Scheiben (es handelt sich übrigens nicht um Butzen­schei­ben, die wesent­lich kleiner und rund sind) entstan­den, wurde konka­ves Fenster­glas mundgeblasen.

Natür­lich reizt das hervor­ra­gen­de Foto zu aller­lei weite­ren Betrach­tun­gen. Zunächst zur Geschich­te der »Krone«. (Im Lauf der Zeit möchte der Heimat­ver­ein eine »Wirtschafts­geo­gra­phie« Oberko­chens erstel­len). Die Geschich­te — leider gibt es keine Bauak­ten von der »Krone« (Aalener Straße 34) — beginnt um 1860. (Das Gebäu­de wurde 1942 von der Gebäu­de­brand­ver­si­che­rung auf 80 Jahre alt einge­schätzt). 1912 fanden bauli­che Verän­de­run­gen statt, — ein 2‑stockiger Anbau, der auf dem Foto gut erkenn­bar ist, wurde angefügt. 1933/34 erfolg­te eine weite­re Verän­de­rung (Küchen­an­bau und Toiletten).

Kronen­wirt Josef Elmer (1893 — 1969), Vater des Emil Elmer, erinner­te sich, daß anfäng­lich in dem Gebäu­de, das schon in alten Tagen eine Straßen­schän­ke gewesen war, bis 1887 eine Frau Braun eine Posthal­te­rei innge­habt habe. Wir werden uns bemühen, hierüber genaue­re Auskünf­te zu erhal­ten. Im rückwär­ti­gen Bereich war ein Pferde­stall, in dem auch eine Kutsche stand.

Etwa um 1887 wurde das Gebäu­de von Emil Elmers Großva­ter, Johan­nes Elmer, (1862 — 1935), den wir rechts im Bild auf einem Faß sitzend erken­nen, erwor­ben. Johan­nes Elmer war ca. 25-jährig nach Oberko­chen gekom­men; er war von 1887 bis 1921 Kronenwirt.

Am 15.10.1921 wurde die Wirtschaft von dessen oben genann­ten Sohn Josef Elmer, Schlos­ser, übernom­men, der bis 1969 Kronen­wirt war. Nach dessen Tod führte seine Frau Ida (1892 — 1987) die Wirtschaft bis zur Verpach­tung an Herrn Franz Blasco ab 25.2.1970. 1977 wurde die »Krone« verkauft und ab 28.7.1977 bis 1987 an die Jugosla­win Frau J. Mandic verpach­tet. Seit dem 7.9.1987 ist Frau Ljuba Sipha Pächterin.

Im Hinter­grund am linken Bildrand erken­nen wir das sehr einfa­che Gebäu­de des Häfners Josef Schaupp, das in verän­der­ter Form bis heute besteht. Häfner Schaupp ist 1861 geboren und hatte seine Lehre beim Hergotts­häf­ner Josef Fischer (heute Winter) gemacht. Sein Sohn führte die Häfne­rei bis in die Dreißi­ger­jah­re weiter. Zu dieser Zeit wurde der Betrieb aufge­ge­ben, da er sich nicht mehr lohnte.

Das »alte Weible« mit dem »Schuurz« ist die Schwie­ger­mut­ter des Häfners Schaupp, Amalie Balluff. (Der ehema­li­ge Aalener Oberbür­ger­meis­ter Balluff war ein Neffe zu Amalie Schaupp).

Hinter der Holzsä­ge steht Josef Elmer, Sohn des Kronen­wirts Johan­nes Elmer und späte­rer Kronen­wirt. Er war zum Zeitpunkt der Aufnah­me höchs­tens um die 20 Jahre alt; das Bild muß demnach zwischen 1912 und 1915 entstan­den sein (und wohl kaum, wie in einer anderen Quelle vermerkt, 1906). Josef Elmer war zunächst Schlos­ser­meis­ter in der Ketten­schmie­de (am Kocher­ka­nal bei Lebzel­ter) beschäf­tigt, wo übrigens bereits 1906 Strom erzeugt und nach Oberko­chen (Bäuerle) verkauft wurde. Josef Elmer hatte es frühzei­tig verstan­den, mit den aufkom­men­den neuen Maschi­nen Geld zu machen, — zunächst statio­nä­ren Dampf­ma­schi­nen auf Rädern, die von Ochsen oder Kühen gezogen wurden. Beach­ten Sie die Deich­sel an der Holzsä­ge, bei der es sich aller­dings bereits um eine Diesel­mo­tor-getrie­be­ne Säge handelt.

Bei diesen Maschi­nen wurde die Kraft über Riemen (Trans­mis­si­on) und Wellen auf Geräte übertra­gen. Später arbei­te­te Elmer dann mit Diesel­mo­tor-getrie­be­nen Geräten mit Eigen­an­trieb. Dies ist also auch der Hinter­grund für die »Hoolz­säg« vor der »Krone«, an der Josef Elmer arbei­tet, zusam­men mit Micha­el Fritz (Fritz­ami­chl), der ihm ein Scheit zureicht. Auch der Fritz­ami­chl arbei­te­te in der Ketten­schmie­de außer­halb Etters Richtung Unterkochen.

Josef Elmer besaß ein sogenann­tes Lokomo­bil, — eine dampf­ge­trie­be­ne fahrba­re Antriebs­ma­schi­ne, die auch mit einer statio­nä­ren Dresch­ma­schi­ne verbun­den werden konnte. Mit diesem »Dresch­mo­bil« arbei­te­te Josef Elmer für zahlrei­che Oberko­che­ner Landwir­te, ja, er kam sogar hinauf aufs Härts­feld zum Dreschen. Man muß sich vorstel­len, wie der späte­re Kronen­wirt Josef Elmer mit seiner qualmen­den und dampfen­den schwar­zen Lokomo­bil-Lohnma­schi­nen­dre­sche­rei die Ebnater Steige aufs Härts­feld hinauf­f­auch­te, und wie er bei seinen Mitbür­gern mit Sicher­heit als Avant­gar­dist der Technik einge­stuft wurde.

Weite­re Perso­nen im Bild, die benannt werden können, sind die Frau mit dem weißen Kleid. Sie ist die Tochter des Häfner­ehe­paars Schaupp, Maria Schaupp, späte­re Gold, — Mutter des Johan­nes Gold/Lenzhalde.

Der vorneh­me kecke links des Windfangs hocken­de Herr mit Zylin­der­hut soll ein Reisen­der in Öl, ein gewis­ser Herr Bantle­on, sein. Weite­re Perso­nen konnten nicht mit letzter Sicher­heit benannt werden. Für Hinwei­se sind wir dankbar.

Das Holz gehör­te nicht zum Häfner Schaupp, wie man anneh­men könnte, sondern war der »Kronen«-Vorrat für den nächs­ten Winter. Die Aufnah­me muß zur frühen warmen Jahres­zeit aufge­nom­men worden sein, — die Vorfens­ter sind bereits ausgehängt.

Von der Küche (Anbau 1. OG) führt außen am Haus entlang ein gußei­ser­nes Rohr in eine Sickergrube.

Auf meine Frage, wie es kommt, daß die »Krone« mit den selte­nen und teuren gebla­se­nen Fenstern ausge­stat­tet worden ist, meinte Kronen­wirts­sohn Emil Elmer: »Ha, mei Großvaa­dr hat was übrig gheet für sodde Sache, — on a Gääld hat’r scho au gheet.«

Das Bild sei übrigens mit Sicher­heit nicht aus einem bestimm­ten Anlaß entstan­den. Es seien eben die Perso­nen drauf, die gerade um den Weg oder zu Gast in der Wirtschaft gewesen seien.

Das im rechten Bildrand angeschnit­te­ne Haus ist das Haus Gold, das bis heute so besteht. Der Hausherr, Eugen Gold, hatte bereits vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs einige Jahre in Frank­reich gearbei­tet und war dort samt seiner Familie bei Kriegs­be­ginn inter­niert worden, weshalb man ihn den Franzo­se­neu­gen oder kurz den »Franzos« hieß.

Dietrich Bantel

Fragen zu Bild 9:
Aus welchem Anlaß und während welcher Zeit verkehr­te diese Lokomo­ti­ve auf Oberko­che­ner Gemarkung?

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