Vorweg. Ein kleines Jubiläum. Am 21. Juli 2006 erschien unter der Nummer 500 der erste Bericht von mir mit dem Titel „Das erste Fertighaus in Oberkochen“. Ursprünglich hätte es dabei bleiben sollen, aber irgendwie kam es anders. Das ist heute nunmehr der 153te Bericht, der meinen Laptop verlässt und die gegenwärtigen Arbeiten lassen durchaus den Schluss zu, dass die 200 auf alle Fälle erreicht werden. Da bin ich schon ein wenig stolz. Und die Rückmeldungen sorgen dafür, dass ich weiter mache, solange es geht. Überwiegend läuft es aber nach dem Motto „Et gschimpft isch globt gnuag“. Ansonsten gilt die alte Gutheiß’sche Regel: „Wenn’s dr et passt, schreibsch halt selber was“. Die Müller’sche Redaktion hat 24 Stunden am Tag geöffnet und wartet immer auf neuen Stoff.
Geschichtliches. Als Sternsinger bezeichnet man eine Gruppe von Menschen – meist Kinder –, von denen dem Brauchtum gemäß drei als die heiligen drei Könige verkleidet sind. Sternsinger-Gruppen ziehen in der Zeit von Weihnachten bis zum Fest der Erscheinung des Herrn am 6. Januar durch die Gemeinde, bringen an den Türen von Häusern und Wohnungen den Segen an, inszenieren mit Weihrauch, singen Sternsinger-Lieder und sammeln Geld für wohltätige Zwecke, meist für die weltweite Unterstützung von Kindern in Not. Organisiert wird die “Aktion Dreikönigssingen” in Deutschland vom Kindermissionswerk “Die Sternsinger” und vom Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ).
Der Segen. An vielen Türen sehen wir das Zeichen „20*C+M+B+23“. Nicht wenige Menschen wissen überhaupt nicht mehr, was das bedeutet und andere vermuten etwas Falsches:
Falsch: „20*Caspar+Melchior+Balthasar+23“
Richtig: „20*Christus Mansionem Benedicat23“ mit der Bedeutung „Christus segne dieses Haus“.

Eine Sternsingergruppe aus dem Jahr 1968 vlnr: Anton Schaupp, Michael Bernlöhr (Sternträger), Dieter Fritz, Paul Hug (Schwarzer) (Archiv Hug)
Als heilige drei Könige oder die Weisen aus dem Morgenland bezeichnet die christliche Tradition die in der Weihnachtsgeschichte des Matthäusevangeliums erwähnten „Sterndeuter“ die durch den Stern von Bethlehem zu Jesus geführt wurden. Im Neuen Testament werden sie weder als „Heilige“ noch als „Könige“ bezeichnet, auch gibt es keine Angabe über ihre Anzahl. Diese Angaben entstammen einer umfangreichen Legendenbildung, die erst im späten 3. Jahrhundert ihren Anfang nahm. Die in der Westkirche verbreiteten Namen Caspar, Melchior und Balthasar werden erstmals im 6. Jahrhundert erwähnt. In der katholischen Kirche werden die „drei Könige“ als Heilige verehrt. Eine förmliche Heiligsprechung hat es für sie nie gegeben. Ihnen zugeschriebene Reliquien wurden im 12. Jahrhundert zum Ziel einer bedeutenden Pilgerbewegung, die den Bau des hochgotischen Kölner Doms für ihren goldenen Drei-Königen-Schrein veranlasste.
Früher war einer der Hl. 3 Könige schwarz. Heute traut sich das keiner mehr. Namen wurden ihnen erst ab dem 6ten Jahrhundert zugeordnet. Dem Balthasar wurde einst eine schwarze Hautfarbe zugesprochen. Aber wie das im Internet so ist, es gibt auch Hinweise auf die beiden anderen bzgl. der schwarzen Hautfarbe. Sei’s drum – in der Bibel gibt es keine Hinweise auf 3 Könige und auch nicht auf die Hautfarbe. In der heutigen Zeit sorgen aber die Begriffe „Rassismus, Blackfacing und Wokeness“ dafür, dass Mann und Frau sich alles, was sie zu tun gedenken, hin- und her überlegen sollten, bevor sie von den Medien oder von „Berufenen“ an den Pranger gestellt werden. Der farbige König ist daher aus den Krippen und den Sternsinger-Gruppen verschwunden – nur mancherorts hält man noch daran fest. Ach ja, man sagt heute „Person of colour“ und wer weiß, vielleicht traf das ja auch auf Jesus von Nazareth zu.
Das Sternsingen vor dem Hintergrund des Spendensammelns entstand aber erst 1000 Jahre später, im 16. Jahrhundert. Als Könige verkleidet zogen Jungen und Männer von Haus zu Haus, erzählten von der Geburt Jesu und baten um Gaben. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts soll der Brauch aber in Vergessenheit geraten sein. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Tradition wiederbelebt. Doch dieses Mal mit anderem Charakter: Kinder wurden offiziell als Sternsinger ausgesandt, um Spenden für die Dritte Welt zu sammeln. In Deutschland griff das Kindermissionswerk die Aktion wieder auf. Das Ziel: Kindern in Not zu helfen. 1961 kam mit dem BDKJ ein weiterer Partner hinzu. International ist die Sternsingeraktion mittlerweile die größte Solidaritätsaktion von Kindern für Kinder. Seit dem Start der Aktion wurden über eine Milliarde Euro für Hilfsprojekte weltweit gesammelt.
Idee zum Bericht. Beim Recherchieren in alten Amtsblättern stieß ich im Band des Jahrgangs 1984 auf einen Jubiläums-Bericht von Robert Wolff „20 Jahre Sternsinger“.
Offizielle Erinnerung. Darin wird auf das Gründungsjahr auf 1963/1964 verwiesen. Das war der einzige Hinweis auf die Sternsinger (zwischen 1953 und 1989), zumal es ja ein Amtsblatt und kein Kirchenmitteilungsblatt war. Initiatoren waren wohl (gemäß dem Bericht) Wolfgang Wagner, Franz Uhl, Anton Feil, Paul Hug, Manfred Löffler und Ludwig Burghard (alles Mitglieder von Jungkolping) – unterstützt vom Vikar Grassel. Das erste Sammelergebnis belief sich auf 800 DM. Später wurde die Gruppe aus dem Kreis der Ministranten gebildet – auch mit Einbeziehung der Mädchen. 1983/1984 wurden zwischen dem 2. Weihnachtsfeiertag und dem Dreikönigstag 4 Gruppen mit jeweils 4 Buben und Mädchen losgeschickt. Pfarrer Snoeren lud die Sternsinger am Dreikönigstag abends zu sich ins Pfarrhaus ein. Die gesammelten 9.800 DM erhöhte der Pfarrer spontan auf 10.000 DM – bis dahin ein einmaliges Ergebnis der Sternsinger-Spendensammlung in Oberkochen.
Erinnerungen von Ludwig Burghard. Es muss so zwischen 1956 und 1958 gewesen sein, da waren Manfred Löffler, Anton Feil und ich die allerersten Sternsinger in Oberkochen. Josef „Seppl“ Kieninger, Wolfgang Wagner und Hariolf Böhner (leider verstorben, war der Neffe von BM Gustav Bosch) waren unsere Gruppenleiter vom kath. Heimabend, der wöchentlich im alten Schwesternhaus abgehalten wurde. Unter den besagten Heimabendeitern besuchten wir als die „Hl. 3 Könige“ nur ausgesuchte Häuser, wie kath. Geschäftsleute, Handwerker usw. wie z.B. die Familien Kurz und Eber, Mannes, Brunnhuber u.a.m. Für die kath. Kirche haben wir Geldgeschenke gesammelt, wir Sternsinger bekamen Weihnachtsbredla, Orangen, Nüsse und wenig Schokolade, wie es halt so zu dieser Zeit üblich war. Wir waren, so glaube ich, an wohl 3 Abenden unterwegs. Im Pfarrhaus haben wir uns dann immer umgezogen, wonach wir dann sofort mit dem Verzehr der Köstlichkeiten begannen. Der damalige Pfarrer Forster kam dazu, (der ja nicht gerade ein liebevoller einfühlsamer Mensch war) und meinte gehässig zu uns: „Wie die fressen “!

Eine Sternsingergruppe aus dem Jahr 1963/64 vlnr: Von links: Vinzenz Honikel (1951, gest. 2013) Alfons Bihlmaier (1949), Helmut Wagner (1951) Franz Uhl (1950) (Archiv HVO)
Erinnerungen von Franz Uhl. Wir waren die erste offizielle Sternsingergruppe der Katholischen Kirchengemeinde in Oberkochen zum Jahreswechsel 1963/64. Im ersten Jahr wurden von uns im Wesentlichen Familien der Kolpingsfamilie, Ministrantenfamilien und einige Gewerbetreibende besucht (Eber, Kurz, Oppold…). Weil die Geschichte aber gut ankam und auch einiges gespendet wurde, dehnte man die Besuche schließlich auf ganze Straßenzüge aus und erweiterte auf mehrere Gruppen. Unser damaliger Begleiter war Georg „Schorsch“ Brunnhuber. In den ersten Jahren wurde für lokale Vorhaben gesammelt, wie z. B. für das in Planung befindliche Rupert-Mayer-Haus und den Kindergarten St. Michael, später dann für missionarische Anliegen.

Der Huga-Paul als einer der Hl. Drei Könige aus der Sternsingertruppe, vermutlich 1962/1963 (Archiv Hug)
Erinnerungen von Paul Hug. Leider kann ich nicht allzu viel Strukturelles sagen, wir haben viel gemacht, aber niemand hat damals groß was aufgeschrieben, vermerkt… Daher nur a Bissle was: Das erste Sternsingen, an das ich mich erinnern kann, fand 1959 statt. Wir — Lothar König (Schwarzer), Helmut Wagner, Gerhard Bahmann und ich (Sternträger) — sangen in einer achtjährigen Bubengruppe. Danach ging es in die „Krone“ und bei den Elmers hatte ich dann meine erste alkoholische Erfahrung – Bekanntschaft mit einem Schorle. Ob das nur in einigen Haushalten oder im größeren Rahmen war, daran erinnere ich mich nicht. Familie König zog dann nach Rothenburg, deshalb bin ich mir bei der Jahreszahl so sicher. Warum ich mich noch daran wirklich gut erinnere? Einer der Könige konnte überhaupt nicht singen, also musste ich als Sternträger dessen gesanglichen Part mit übernehmen…
Wir sehen also, es gab ein offizielles Jahr, auf das man sich bezog. Aber es gab auch schon vorher einzelne Versuche, diesen Brauch in Oberkochen heimisch werden zu lassen.
Das „Oldie“-Sternsingen. Da werden jetzt keine „Oldies, but Goldies“ gesungen, sondern gestandene Männer, in die Jahre gekommen, aber „no guat beinander“ (wie Oldtimer halt au). Sie haben vor einigen Jahren eine Gruppe gebildet, um die jungen Sternsinger zu unterstützen. Sie besuchen an einigen Abenden interessierte Haushalte und präsentieren die Sternsinger-Geschichte mit Liedern in Reimform und sammeln natürlich auch Geld – umasooooscht gibt’s nix. „Gogo“ Jerg fuhr die Gruppe mit dem Auto und vermutlich war die Sammlung anstrengend bei allerlei Schnäpsen und einem, nicht einer, Vesper.

Die Sternsinger Oldies aus dem Jahr 2018/2019 vlnr: links Paul Hug, Rudolf Trittler (Schwarzer), Petrus Uhl, Johannes Gutknecht (Sternträger) (Archiv Hug)
Sammlungen Übersicht (auszugsweise – soweit Daten recherchiert werden konnten):
1964: 800 DM
1984: 10.000 DM
2009: 14.000 € (gesegnet wurden über 1.400 Häuser)
2010: 14.403 €
2011: 12.300 €
2012: wurden Kinder zwischen 8 und 13 Jahren und Begleiter über einen Zeitungsartikel gesucht – Nachwuchsprobleme?)
2015: 13.260 €
2016: 12 753 € (44 Sammelnde)
2017: 14 186 € (75 Sammelnde – des isch a mal a Hausnummer)
2018: 14.084 € (65 Sammelnde)
2019: 13 695 € (57 Sammelnde)
2023: 12 545 € (knapp über 30 Sammelnde isch halt au a bissle wenig, dafür war die Gruppe konfessionsübergreifend ***)
*** in der evangelischen Kirche wird der 6. Januar Epiphanias genannt. Der Begriff bedeutet, abgeleitet vom griechischen Wort “epiphaneia”, so viel wie “Erscheinung”. Die Gläubigen erinnern vor allem daran, dass Gott den Menschen durch seinen Sohn Jesus erschienen ist. Epiphanias ist eines der ältesten christlichen Feste und beendet die Weihnachtszeit.
Und jetzt lehnt sich der Billie mal für die Sammlung 2023/2024 weit aus dem Fenster.
20.000 € — daran glaube ich jetzt mal nicht, aber 15.000 € — das sollte Oberkochen schon schaffen – also auf geht’s……

Die Sternsinger-Gruppe am Ende der Corona-Zeit vor dem Weihnachtsbaum auf der “Neuen Mitte” (Facebook Blickpunkt OKO)
Wilfried „Wichai“ Müller – Billie vom Sonnenberg