Intro. Ein Wochen­markt ist eine wöchent­lich regel­mä­ßi­ge Markt­ver­an­stal­tung, auf der vorwie­gend frische Nahrungs­mit­tel wie Obst, Gemüse, Kräuter, Milch­pro­duk­te, Fisch, Fleisch, Gewür­ze und Eier angebo­ten werden. Typisch sind auch der Verkauf von Blumen und anderen Zierpflan­zen sowie mindes­tens ein Imbiss­wa­gen pro Markt. Ein Wochen­markt ist zudem ein Treff­punkt für Bewoh­ner der Umgebung; in der Zeit vor der Erfin­dung des Telefons war diese Funkti­on infor­ma­tiv wichti­ger als heute. Soweit die Defini­ti­on in der Theorie. Da kann jeder sofort sehen, dass da bei uns noch Luft nach oben ist.

Oberkochen

Die offizi­el­le Anzei­ge im BuG im Jahr 1961 zur Markt-Eröff­nung (Archiv Müller)

Geschich­te. Der erste Wochen­markt fand am Karsams­tag, den 1. April 1961 von 06:30 Uhr im Sommer und 08:00 Uhr im Winter bis 11:00 Uhr statt. Stand­ort war vor dem alten Rathaus (heute VR Bank) bis zum frühe­ren „Gasthaus Rössle“ (heute Kocher­tal-Apothe­ke), laut damali­ger Markt­ord­nung ganz genau zwischen Haus Nr. 12 und 18.

Diese Markt­ge­büh­ren­ord­nung war bis ins Kleins­te geregelt:

  • 1,00 DM je Stand, wenn vom Verkäu­fer aufgestellt
  • 1,50 DM je Stand, wenn von der Gemein­de aufgestellt
  • 0,20 DM je Behäl­ter z.B. Körbe, Kisten, Säcke
  • 0,30 DM beim Verkauf direkt vom Handwagen
  • 1,50 DM beim Verkauf direkt vom Fuhrwerk
  • 1,50 DM beim Verkauf direkt vom Kraft­fahr­zeug bis 1,5 T
  • 3,00 DM beim Verkauf direkt vom Handwa­gen über 1,5 T
  • 0,20 DM für Gänse und Puten (je Stk.)
  • 0,10 DM für Enten, sonsti­ges Geflü­gel und Hasen
    (wenn nicht direkt vom Stand oder Fahrzeug verkauft wird)

Die Gebühr ist sofort zur Zahlung fällig und durch Lösen eines Markt­ge­büh­ren­zet­tels bei der Gemein­de­kas­se oder bei einem Beauf­trag­ten der Gemein­de zu entrich­ten und auf Verlan­gen vorzuzeigen.

Zudem war klar geregelt was verkauft werden durfte und was nicht:

  • Rohe Natur­er­zeug­nis­se mit Ausschluss des größe­ren Viehs sowie der bewur­zel­ten Bäume und Sträucher.
  • Fabri­ka­te, deren Erzeug­nis­se mit der Land- und Forst­wirt­schaft, dem Garten- und Obstbau oder der Fische­rei in unmit­tel­ba­rer Verbin­dung steht oder zu den Neben­be­schäf­ti­gun­gen der Landleu­te der Gegend gehört oder durch Taglöh­ner­ar­beit bewirkt wird, mit Ausschluss geisti­ger Getränke ????.
  • Frische Lebens­mit­tel aller Art.
  • Andere Gegen­stän­de dürfen nicht feilge­bo­ten werden!

Wir waren und sind schon gotts­all­mäch­tig gute Verwal­tungs­künst­ler. Der Beauf­trag­te der Gemein­de musste sicher ein Kurzstu­di­um durch­füh­ren, damit er das alles im Griff hatte und der Gemein­de ja kein Groschen entging ????.

Die heuti­gen Markt­zei­ten gestal­ten sich wie folgt:

Im Sommer ab 06:00 Uhr bis 11:30 Uhr und im Winter ab 07:00 Uhr bis 11:30 Uhr. Hier gilt der alte Spruch: „Der frühe Vogel fängt den Wurm“, der wer zu spät kommt, hat mitun­ter nicht mehr die komplet­te Auswahl. Heute sind für den lfd. Meter 50 € / Jahr an die Stadt­ver­wal­tung zu entrichten.

Erläu­te­run­gen dazu aus einem Bericht von Otto Schwarz (1961).

Diesem Beschluss ging wohl eine länge­re Diskus­si­on mit Für und Wider voraus, die der Gemein­de­rat letzt­end­lich mit einem Beschluss beende­te. Wie immer ging es, wenn solche Änderun­gen anstan­den, im Vorfeld darum, ob die örtli­chen Gewer­be­trei­ben­den einen Nachteil hätten. Er wies darauf hin, dass ja jeder Händler oder Gärtner einen eigenen Stand aufma­chen können. Zudem hegte er die Hoffnung, dass der eine oder die andere den Weg von städti­schen Märkten zurück nach Oberko­chen finden würde.

Ein Wochen­markt sorgt dafür, dass ein größe­res frisches Angebot von Gemüse, Obst, Eier und Geflü­gel für den Kunden bereit­ge­stellt wird. Er erwähnt auch, dass weder Super­märk­te und Tiefkühl­tru­hen die Wochen­märk­te verdrän­gen wird. Zudem ging er davon aus, dass die Leute vor Ort einkau­fen würden und nicht nach Aalen auf den Markt fahren würden.

Ich kann es mir nicht verknei­fen einen Satz im Origi­nal­ton wieder­zu­ge­ben: „….der Wochen­markt ist ein Preis­re­gu­la­tor, damit die gute Hausfrau mit dem ihr zugedach­ten Haushalts­geld gute und preis­wer­te Ware einkau­fen kann……“ Dr Bruno würde sagen: „So warst halt.“

Er brach­te noch zum Ausdruck, dass der „Markt­fle­cken“ (damit meinte er den Wochen­markt) immer in der Ortsmit­te, also beim Rathaus statt­fin­den solle.

Die Gemein­de­ver­wal­tung hat vor dem Start in allen Tages­zei­tun­gen des Kreises Aalen und des Nachbar­krei­ses den Markt­be­ginn veröf­fent­licht. Zudem hat sie auch einige Landes­pro­duk­ten­händ­ler direkt angeschrie­ben. Damit hatte man die Hoffnung, dass viele Käufer auf viele Markt­stän­de treffen würden.

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Der Wochen­markt im Jäger­gäss­le im Jahr 1982 (Archiv Rathaus)

Die verschie­de­nen Stand­or­te im Laufe der Jahrzehn­te. (Reihen­fol­ge ist vielleicht sogar chronologisch)

  • vor dem alten Rathaus (heute VR Bank) bis zum frühe­ren „Gasthaus Rössle“ (heute Kochertal-Apotheke)
  • Bahnhof­stra­ße (von der Kreis­spar­kas­se bis ca. Haus „Schell­mann“)
  • Jäger­gäss­le (Parkplatz zwischen Wohnblock und Feuerwehr)
  • Ausweich­stand­ort z.B. bei Festi­vi­tä­ten wie Stadt­fest oder Pfingst­markt war die Keltenstraße
  • Mitten auf der abgesperr­ten Haupt-Straße von der VR Bank bis zum Lindenbrunnen
  • Schul­hof Dreißen­tal­schu­le im Bereich „Chris­to­phe­rus-Brunnen bis Sonnenuhr“
  • Der überschau­ba­re Platz vor dem „Storchen­bäck“ (Heute „Cigdem Kebap Pizza Haus“)
  • Der neue Platz, der (noch) keinen ordent­li­chen Namen hat, zwischen alter ev. Kirche (heute Stadt-Biblio­thek) und dem alten Schwes­tern­haus bzw. kath. Schul­haus (heute Edith-Stein-Haus)
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Der Wochen­markt in nahezu opulen­ter Form in der gesperr­ten „Haupt­stra­ße“ (Archiv Rathaus)

Aktuel­ler Stand Geschich­te. Der Platz ist nun der richti­ge. Die Anzahl der Markstän­de ausbau­fä­hig. Wir haben derzeit Stände für Obst und Gemüse, Kartof­feln, Geflü­gel und Eier, sowie Fleisch und Wurst, einen Stand für Backwa­ren und für Maulta­schen. Was aber unabding­bar fehlt ist ein guter Käsestand (wie früher durch die Firma Widmann). Mir persön­lich fehlt auch der Stand mit den griechi­schen Köstlich­kei­ten, der zuletzt auf dem Schul­hof seine Waren anbot.

  • Metzge­rei Andre­as Brenner (73434 Aalen Fachsenfeld)
  • “Kartof­feln und mehr”, Fam. Gerhard Engel­hardt (86744 Hainsfarth)
  • Gärtne­rei Schön­herr, Heidi und Andre­as Böhm (73441 Bopfingen-Baldern)
  • Bäcke­rei Grupp-Munz (73457 Essingen)
  • Maulta­schen Jürgen Wittkow­ski (73457 Essingen)
  • Streu­obst­ma­nu­fak­tur Gerstet­ter Alb, Thomas Jungin­ger (89547 Gerstetten)

Am Samstag, 4. Juli 2020 wurde der Wochen­markt kultu­rell „getunt“ – mit Andre­as Holden­ried und der „Dixie Six“ sowie durch seine Frau Gabi und ihrem „geisti­gem“ Angebot aus der „Bar Carava­ne“. Zum „Austrei­ben von Corona“ eines nicht mehr fernen Tages sollten wir diese Aktion wieder ins Auge fassen.

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Wochen­markt und mehr am 4. Juli 2012 (Thomas Gentner)

Ein grund­sätz­li­ches Problem scheint mir zu sein, dass es zu wenige Menschen gibt, die für ein überschau­ba­res Salär frühmor­gens bei Wind und Wetter, am Markt als Verkäu­fe­rIn stehen wollen. Damit der Markt aber auf Dauer bestehen kann, ist es notwen­dig, dass wir hier auch einkau­fen, auch wenn der Aalener Wochen­markt mit seiner Fülle und dem ganzen Umfeld mit „Kaffee und Apero“ lockt und mehr Einkaufs­er­leb­nis bietet als unser Markt.

Wir, die Verbrau­cher, bestim­men letzt­lich, wie lange die Händler es auf sich nehmen, für uns ihre Stände aufzubauen.

In diesem Sinn – kauft am Wochen­markt, denn ohne diese Insti­tu­ti­on ist eine Gemein­de letzt­end­lich „gestor­ben“.

PS. Für meine Mutti war der Markt sozia­ler Anlauf­punkt. Auch wenn sie wenig brauch­te, ist sie bei Wind und Wetter immer zur gleichen Zeit auf den Markt hinun­ter­ge­lau­fen, um mit ihren Bekann­ten ein paar Worte zu wechseln. Sie sagte immer: „Wer alt ist, braucht „Anspra­che“ und die hat sie sich u.a. am Samstag­vor­mit­tag im „Dorf“ ???? geholt.

Das war der 90te Bericht, der über mein Stehpult wander­te. Unter­stützt hat mich der Edgar Hausmann und der ehema­li­ge Oberkoch­ner Karl-Heinz A. Beck aus Gundel­fin­gen, der mir, als wenn er es geahnt hätte, zur richti­gen Zeit die BuG-Sammlung seiner Mutter vorbei­ge­bracht hat. Ich hoffe und wünsche mir, dass noch viele weite­re Berich­te folgen können.

Wilfried „Billie Wichai“ Müller

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