1956 im Jahr des Affen – Burme­si­scher Kalen­der 1318

Welt.

Im Oktober begann in Ungarn der Volks­auf­stand, der von der Sowjet­ar­mee gewalt­sam beendet wurde. In Kuba starte­te Fidel Castro seinen Gueril­la­krieg und das erste Flugzeug lande­te am Südpol. Aufruhr in den prüden USA – Elvis kreierte seinen Hüftschwung mit „Hound Dog“. Die Mädels fielen reihen­wei­se in Ohnmacht und die Sitten­wäch­ter witter­ten den Verfall aller Sitten. Die Hochzei­ten des Jahres – Grace Kelly heira­te­te Fürst Rainier (Alfred Hitch­cock verlor damit seine Lieblings­schau­spie­le­rin) und Marylin Monroe den Schrift­stel­ler Arthur Miller. Erstbe­stei­gun­gen von Lohtse, Manas­lu und Gasher­brum II.

Deutsch­land.

Am 1. Januar began­nen die ersten 1.500 Freiwil­li­gen (es gab noch keine Wehrpflicht, die trat dann im Sommer in Kraft) ihren Dienst in der Bundes­wehr. Der Stutt­gar­ter Fernseh­turm wurde eröff­net und Adolf Hitler durch ein Gericht offizi­ell für tot erklärt. Meine Borus­sia aus Dortmund wurde Deutscher Meister (da war ich aber mangels des richti­gen Alters noch kein Fan) und der Öster­rei­cher Freddy Quinn machte mit „Heimweh“ von sich reden. Der BR strahl­te den ersten Werbe­spot der TV-Geschich­te aus: Beppo Brem und Liesl Karstadt warben für Persil.

Oberko­chen.

Oberkochen

Neue Wohnun­gen ohne Ende an den Hängen unter unserem Wald (Archiv Müller)

(1) Carl Zeiss (Heidenheim/Oberkochen) bekam die Namens­rech­te gericht­lich zugespro­chen. Die Jenaer durften in West-Berlin und West-Deutsch­land den Namen Carl Zeiss nicht mehr führen. (2) Wegen des anhal­ten­den Wachs­tums wurden verschie­de­ne Bauge­bie­te mit einem Vorkaufs­recht der Gemein­de belegt. (3) Die Schüt­zen­gil­de führte ihr erstes Übungs­schie­ßen durch. (4) Die Arbeits­ge­mein­schaft für Lehrer­fort­bil­dung traf sich unter der Leitung von Rektor Hagmann zum Thema „Wer immer strebend sich bemüht“. Das sei auch letzt­lich das Berufs­ethos der Pädago­gen und nicht das Verhal­ten der Schüler. Fazit der Tagung: Wenn alle Lehrer mit der notwen­di­gen Pflicht­auf­fas­sung in der Schul­stu­be stünden, sei alles gut. Auch wenn dadurch noch lange nicht bei jedem Schüler Wunder bewirkt werden könnten. (5) Die Modell­ei­sen­bah­ner bekamen von Bahnhofs­vor­ste­her Feil eine Führung mit eindrucks­vol­len Zahlen belegt: 17 Bediens­te­te in 3 Schich­ten sorgten für den Ablauf von 70 Perso­nen- und Güter­zü­gen inner­halb von 24 Stunden. Morgens und abends benütz­ten ca. 3.500 Pendler den Bahnhof. Pro Monat wurden rund 1.400 Tonnen Güter umgeschla­gen. (6) Und wieder mussten die Oberkoch­ner von der Gemein­de gemaß­re­gelt werden. Gab es doch Bürger, die aus Angst vor dem Einfrie­ren der Wasser­lei­tun­gen ständig !!!! das Wasser laufen ließen. Aus diesem Grund konnten die Hochbe­häl­ter nicht mit dem notwen­di­gen Wasser­stand gefüllt werden, um im Brand­fall genug Lösch­was­ser zu haben. Der Sache kam man durch „Horch­ge­rä­te“ auf den Grund. Mein Gott, muss Wasser früher billig gewesen sein. (7) Das Pfaff-Nähma­schi­nen­haus Eisele veran­stal­te­te einen 2‑wöchigen Nähma­schi­nen­kurs an dem 65 Frauen und Mädchen in 3 Schich­ten von 3 Ausbil­dern geschult wurden. (8) Der FC Oberko­chen wird von 73 Perso­nen gegrün­det. Vorsit­zen­der Fritz Richter, Ausschuss C. Karl, E. Schwarz, W. Fritsch, J. und A. Metzger, E. Weber, E. Paint­schek und A. Gutheiß. Der TV Oberko­chen gab kurz danach bekannt, dass er weiter­hin Fußball spielen würde. (9) Das Eisen­wa­ren­ge­schäft Jos. Köhler eröff­ne­te in der Aalener Straße.

Oberkochen

Das Modell für Oberko­chens Zukunft (Archiv Rathaus)

(10) für den Bereich „Bühl-Guten­bach-Tierstein“ wurden 800 Wohnun­gen für 3.000 Menschen in Angriff genom­men. Man sah das Ganze als Muster­an­la­ge für eine Großsied­lung an. (11) Die Schüt­zen­gil­de begann mit dem Bau des Schüt­zen­hau­ses. An gleicher Stelle war früher schon ein Schieß­stand, der aber nach 1945 demon­tiert werden musste. (12) Neue Geldein­zie­he­rin der Gemein­de wurde Paula Neubert, die neben dem Wasser­zins nun auch Steuern und Abgaben einzog. (13) Seit nunmehr 50 Jahren waren die Barmher­zi­gen Schwes­tern vom Orden des Hl. Franzis­kus des Klosters Reute in unserer Gemein­de tätig. Ihre Aufga­ben waren Tages­pfle­gen, Nacht­wa­chen, Verbän­de anlegen, Massa­gen verab­rei­chen sowie pädago­gi­sche Arbei­ten im Kinder­gar­ten und tw. Handar­beits­un­ter­richt in der Volksschule.

Oberkochen

Das späte­re Modehaus „Krok“ in seinen Anfän­gen im „Hirsch-Gebäu­de“ (Archiv Müller)

(14) Das Textil­haus „Krok“ erwei­ter­te sich um eine Herren­ab­tei­lung. (15) Die Natur­freun­de erwar­ben ein 2.000 qm großes Grund­stück, um ihren Traum eines Natur­freun­de­hau­ses umset­zen zu können. (16) Das Möbel­haus Fitzek aus Neres­heim bezog beim „Golda-Bauer“ in der Heiden­hei­mer Straße modern gestal­te­te Geschäfts­räu­me. (17) Pfarrer Hager nahm den Kampf gegen die sog. Schund­li­te­ra­tur auf. Wer bei ihm 3 Schund­hef­te abgab, bekam 1 hochwer­ti­ge­res Heft im Austausch. Was das für Hefte das waren ist leider nicht bekannt. Der Austausch wurde sicher erst nach dem Lesen des „Schun­des“ vorge­nom­men. Das Urteil um die Carl-Zeiss-Namens­rech­te im Westen wurde wie bereits in erster Instanz zuguns­ten Zeiss Oberko­chen entschie­den. (18) Josef Müller wurde 85 Jahre alt. Als Gesel­le war er 38 Jahre beim Herrgotts-Häfner und ab 1929 Wegknecht und Nacht­wäch­ter beschäf­tigt. Später war er noch im Stein­bruch tätig. In Beglei­tung des Gemein­de­po­li­zei­wacht­meis­ters Maier hatte er samstags und sonntags in den Gaststät­ten abgebo­ten, d.h. die Polizei­stun­de angekün­digt. So lang „hockt heut‘ koiner meh“ und die Wirte halten es auch nicht mehr so lange aus. S isch halt au nemma dees.

Meine kleine Welt.

An Ostern bekam ich einen Roller geschenkt und lernte dann sehr schnell, dass man bergab bremsen muss. Wenn man aber die Bremse nicht fand, konnte man nur schmerz­haft mit den Knien bremsen.

Oberkochen

Klein-Wilfried bekommt sein erstes Fahrzeug – ein Ferbe­do Tretrol­ler (Archiv Müller)

1957 im Jahr des Hahns – Äthio­pi­scher Kalen­der 1949/50

Welt.

Auf Louis Armstrong wurde ein Spreng­stoff­an­schlag verübt – die spinnen, die Weißen in den USA. In Thailand gingen zum ersten Mal, wegen angeb­lich gefälsch­ter Wahlen, die Studen­ten auf die Straße (das Thema verfolgt uns dort bis heute und ich habe in meinen Urlaubs­zei­ten dort einiges erlebt bis hin zu Nieder­schla­gun­gen von Protes­ten mit Geweh­ren und Panzern und Ausgang­sper­ren). Auf Schloss Sigmunds­kron (heute eines der Messner Museen) forder­ten 35.000 Südti­ro­ler eine neue Autono­mie. Ab ins All – der Satel­lit „Sputnik“ und ein paar Wochen später die Hündin „Laika l“ — Die „Sofjet­ts“ (wie Adenau­er immer sagt) hatten die Nase vorn. In Liver­pool eröff­ne­te der „Cavern-Club“, indem später die Beat-Musik geboren werden wird und John Lennon (17) traf Paul McCart­ney (15) zum ersten Mal. Und wieder war Hermann Buhl auf dem Weg nach oben und erober­te den „Broad Peak“. Im Septem­ber ging das Segel­schiff „Pamir“ in einem Hurri­kan unter.

Deutsch­land.

Die ersten Wehrpflich­ti­gen rückten am 1. April ein. Der längs­te Streik seit 1905 ging zu Ende. Nach 114 Tagen erstreik­ten sich die Metal­ler in Schles­wig-Holstein die Lohnfort­zah­lung im Krank­heits­fall. Ein klassi­sches Beispiel für die Notwen­dig­keit von Gewerk­schaf­ten. In Bayern wurde beim Torfab­bau eine alte Kiste gefun­den. Statt eines Schat­zes lag aber „Rosalin­de die Moorlei­che“ aus dem Jahr 1100 darin. Eine weite­re Tote sorgte für Furore. Rosema­rie Nitri­bitt wird in Frank­furt ermor­det. Bis heute konnte der Fall nicht geklärt werden. Und wieder schnapp­ten sich die Dortmun­der Borus­sen die Meister­schaft und Margot Eskens sorgte für den Hit des Jahres „Cindy oh Cindy“.

Oberko­chen.

(1) Die Verwal­tung veröf­fent­lich­te folgen­de statis­ti­sche Zahlen: 1956 gab es 125 Gebur­ten (67 m, 58 w), 64 Ehen, 3 Schei­dun­gen, 35 Todes­fäl­le (20 m, 15 w), 10 Kirchen­aus­trit­te (7 ev., 2 kath., 1 neu-apo.), 381 Fälle für Friedens­ge­richt und Vollstre­ckungs­be­hör­de. 115 Bauge­su­che werden geneh­migt und seit 1948 wurden 930 neue Wohnun­gen gebaut. Man sieht – es war was los in der Gemein­de. (2) Der FC Oberko­chen fasste den mutigen Beschluss im Kreuz­wa­sen ein neues Vereins­heim zu erstel­len, die Mitglie­der­zahl betrug bereits 195. (3) Die Zahl der ABC-Schüt­zen stieg wieder an. 62 Mädchen und 61 Buben wurden in 3 Klassen unter­ge­bracht. (4) Dr. Hans Schmid gründe­te in Zusam­men­ar­beit mit dem Kinobe­sit­zer Albert Schlei­cher die „Filmgil­de Oberko­chen“ mit dem Ziel „Gute Filme“ zeigen zu wollen. Sie zeigten anfangs die 3‑stündige Mozart-Oper „Don Giovan­ni“. Ein weite­rer Versuch gegen kultu­rel­len Schund vorzu­ge­hen. Was die damali­gen Vorrei­ter wohl zum heuti­gen Trash-TV sagen würden? Die Sprache würde es ihnen wohl verschla­gen. (5) Zum ersten Mal finden wir einen Bericht über die berühm­ten Treppen­bau­er-Kurse des Willi­bald Mannes jun. Die rund 50 Teilneh­mer aus der ganzen Republik vertief­ten ihr Wissen in einem 8‑tägigen Kurs und besuch­ten dabei auch die Firmen Gebr. Leitz, J.A. Bäuerle, Oppold und Wilhelm Grupp. (6) Das Progym­na­si­um, eine Außen­stel­le des Schub­art­gym­na­si­ums Aalen, begann den Unter­richt mit Lehrer Diebel im heuti­gen „Schil­ler­haus“ in der Aalener Straße. (7) Der Baube­ginn des Jugend­ar­bei­ter­wohn­heims, mit Platz für 80 Bewoh­ner, in der Jenaer Straße 2 fiel in diese Zeit. (8) Der TVO-Fußball feier­te sein erfolg­rei­ches 25jähriges Bestehen. (9) Auch Diebe waren wieder nächt­lich unter­wegs. In einer einzi­gen Nacht waren die Kreis­spar­kas­se, eine Möbel­ver­kaufs­fi­lia­le und ein Bauern­haus neben der KSK-Filia­le die Ziele. Aber, Satz mit X, war wohl nix. Mehr als ein paar Wurst­do­sen aus dem Bauern­haus waren für sie nicht drin. (10) Das neue Schüt­zen­haus wurde einge­weiht. (11) Dr. Karl Herrlig­kof­fer sprach im Kino im Dreißen­tal vor reich­lich Publi­kum über die Erobe­rung des Nanga Parbat, der oft als Schick­sals­berg der Deutschen bezeich­net wird. (12) Der BCO, Box Club Oberko­chen, wurde gegrün­det. Erster Vorsit­zen­der war Erich Knopf. (13) Der Eltern­bei­rat mit seinem Vorsit­zen­den Dr. Hans Schmid entrüs­te­te sich über einen Wechsel der Schul­bü­cher und die daraus entstan­de­nen Kosten für Schule und Eltern. Die Entlass­klas­se bekam einen Erste-Hilfe-Kurs und kein Schüler verließ die Schule, ohne dass er/sie schwim­men konnte. (Koope­ra­ti­on mit dem Heiden­hei­mer Hallen­bad). Die Schul­spei­sung blieb erhal­ten und die körper­li­che und gesund­heit­li­che Verfas­sung der Klasse 1 wurde als auffal­lend gut einge­stuft. Und heute? Nicht alles verän­der­te sich zum Besse­ren. (14) Auch die Revisi­on wurde abgeschmet­tert, die Namens­rech­te blieben defini­tiv bei Carl Zeiss Oberko­chen. (15) 270 Wohnun­gen, jede mit Bad und Loggia, wurden bezugs­fer­tig. Die Bauträ­ger der neuen Siedlung waren das Siedlungs­werk der Diöze­se Rotten­burg, die Kreis­bau­ge­nos­sen­schaft Aalen und die Carl Zeiss Wohnungs­bau GmbH. (16) Wo immer mehr Menschen wohnten, musste auch immer mehr entsorgt werden. Die neue Kläran­la­ge wurde inner­halb von 15 Monaten fertig­ge­stellt. (17) Und wieder verlie­ßen 3 junge Auswan­de­rer ihre Heimat – Willi Rühle, Adolf Hirner und Wolfram Eichen­berg zogen nach Winipeg in Kanada. (18) Die erste Beiset­zung auf dem neuen städti­schen Fried­hof wurde für den Bankvor­ste­her i.R. Bernhard Rudol­phi durch­ge­führt. Das war anfangs sicher ein seltsa­mes Gefühl, den neuen Fried­hof mit sehr wenigen Gräbern zu erleben – z.B. an Aller­hei­li­gen. (19) Der Haushalt der Gemein­de sprang erstmals auf über 2 Mio DM und die Gewer­be­steu­er­ein­nah­men betru­gen statt­li­che 950.000 DM. (20) Carl Zeiss gab das Bergheim zuguns­ten des Progym­na­si­ums frei. (21) Carl Zeiss zahlte zum ersten Mal eine Jahres­ab­schluss­prä­mie (3 % des Jahres­ver­diens­tes) an seine Beleg­schaft aus. Das Elektro­ge­schäft Fritscher freute sich sicher sehr darüber. (22) Der Café-Besit­zer (Turmweg) Josef Gold ist 80jährig verstor­ben. Von 1902 bis 1927 war er für die Gemein­de als Amts- und Polizei­die­ner, als Wacht­meis­ter und Fleisch­be­schau­er tätig.

Meine kleine Welt.

Oberkochen

Der Kinder­gar­ten im Wiesen­weg 1959 (Archiv Müller)

Ich sollte in den Kinder­gar­ten im Wiesen­weg zu den katho­li­schen Schwes­tern gehen. Dort gefällt es mir aber gar nicht (es wird zu viel gepetzt) und so stromer­te ich lieber in Feld und Wald herum, bis das nach ein paar Tagen auffiel. Meine Eltern entspra­chen meinem Wunsch, sozia­les Verhal­ten auf der Kinder-Straße und nicht im Kinder-Garten zu lernen, denn Kinder gab es reich­lich am Sonnenberg.

Oberkochen

Ein Teil der Kinder vom Sonnen­berg im trocken­ge­leg­ten Pool (Archiv Müller)

1958 im Jahr des Hundes – Hindu Kalen­der nach Vikram 2014/15

Welt.

Kurzes Glück war dem Schah und seiner Soraya beschie­den – sie wurden wegen Kinder­lo­sig­keit geschie­den. Walter Ulbricht verkün­de­te (ganz schön anmaßend) die „10 Gebote der sozia­lis­ti­schen Moral und Ethik“. Dann ist da aber im Laufe der Jahrzehn­te wohl einiges schief­ge­lau­fen. Die NASA wurde gegrün­det, damit es auch im All voran­geht. Toni Sailer feier­te seinen letzten großen Erfolg: Weltmeis­ter in Abfahrt, Riesen­sla­lom und Kombi­na­ti­on (ein Teufels­kerl). Bei der Fußball­welt­meis­ter­schaft in Schwe­den gewann Brasi­li­en mit 5:2 gegen Schweden.

Deutsch­land.

In Flens­burg wurde die Verkehrs­sün­der-Kartei einge­rich­tet. Elvis traf in Deutsch­land ein, um seinen Wehrdienst abzuleis­ten. Die Mädels standen Kopf. In der Münch­ner City (im gleichen Jahr 800 Jahre alt gewor­den) stürz­te der BEA Flug 609 mit der Fußball­mann­schaft von Manches­ter United (die sog. Busby Babes) mit Journa­lis­ten und Fans ab. Der späte­re Lieblings­ver­ein meines Bruders wurde Deutscher Meister: Schal­ke 04 – aber er musste als Kind viele Tränen vergie­ßen, weil sie das nicht allzu oft wurden. Der Hit des Jahres – Mitch Miller und der „River Kwai March“. Als Beispiel zeige ich an dieser Stelle das Fernseh­pro­gramm inner­halb einer Woche – was haben die Menschen wohl damals ohne TV gemacht? Ganz einfach, ein emsiges Vereins­le­ben geführt und in Haus und Garten gewerkelt.

Oberkochen

Der FCO baut ein Vereins­heim im Spitz­tal auf den Burren­wie­sen (Archiv Rathaus)

(4) Der FCO musste umpla­nen. Mit dem geplan­ten Vereins­heim wurde es nichts. Ein wichti­ges Grund­stück gehör­te der Stadt Aalen und ein gemein­sa­mer Spiel­be­trieb auf dem Sport­platz im Kreuz­wa­sen zusam­men mit dem TVO wurde als nicht machbar angese­hen. Also ging’s ab in den „Langert“. Mit Micha­el Gold und Josef Fischer wurde für die „Burre-Wiesen“ ein 10jähriger Pacht­ver­trag abgeschlos­sen, zwei weite­re Grund­stü­cke kamen noch hinzu, der Guten­bach wurde verlegt und dann konnte es mit Platz und Vereins­heim losge­hen. Mein Vater arbei­te­te auf dem Dach, Kamerad Mebert stand davor und meinte: „Des macht m’r so ond sell so.“ Da sagte mein Schorsch: „Mach’s doch selber“, legte den Hammer auf das Dach, stieg die Leiter hinun­ter und ging heim (so erzähl­te es mir der Done Gutheiß). Nach ein paar Monaten Arbeit wurde Einwei­hung gefei­ert. Als Mannschaf­ten waren der Paten­ver­ein 08 Unter­ko­chen und die Vikto­ria aus Augsburg einge­la­den. (5) Der Kreis­feu­er­wehr­tag fand mit 40 Wehren im Wettkampf und mit viel Show statt. Hurra Hurra die Schule brennt, aber nur zu Übungs­zwe­cken als Haupt­übung. Der Unter­richt konnte am Montag darauf normal weiter­ge­hen. Nach den Übungen wurde mit einem großen Umzug und einem Festzelt für 1.500 Besucher kräftig gefei­ert und gelöscht.

Oberkochen

Das Natur­freun­de­haus in der Nähe des alten Stein­bruchs – da steht das neue heute auch (Archiv Müller)

(6) Das Natur­freun­de­haus erfuhr beim alten Stein­bruch seine Einwei­hung. (7) Beim Deutschen Turnfest in München waren wieder viele Turner des TVO im Einsatz und brach­ten 18 Sieger­krän­ze nach Hause: Herbert Bräuning, Leonhard Dicken­herr, Hans Ditsch, Helga Dubiel, Hans Düver, Gebhard Fischer, Reiner Heid, Brigit­te Herold, Gert Hillje, Gustav Joppich, Wolfgang Leidig, Helga Müller, Josef Merz, Edith Pflau­ger, Hans Seyfahrt, Edmund Schoch, Ingeborg Scholz, Bruno Weiland, Peter Weinhart, Heinrich Weng sowie Gernot Wunderle.

Oberkochen

1958 Die Turnrie­ge des TVO beim Deutschen Turnfest in München u.a. Hans Dietzsch, Peter Weinhart, Edmund Schoch, den beiden L. Dicken­herrs, Gebhard Fischer. (Archiv Müller)

(8) Der weltwei­ten Bedeu­tung unserer Firmen entspre­chend, schlos­sen sich diese an das weltwei­te Fernschreib­netz an. Die ersten waren J.A. Bäuerle, Carl Zeiss, Wilhelm Grupp, Günter & Schramm, Kaltwalz­werk, Gebr. Leitz, sowie die Spedi­tio­nen Adolf Fischer und Peters­hans & Betzler. (9) Konrad Forster kam als Pfarr­ver­we­ser in die katho­li­sche Kirchen­ge­mein­de und war über lange Jahre sehr prägend tätig. (10) Jetzt aufge­passt. So wurde damals tatsäch­lich noch in der Presse geschrie­ben: „Der BCO verliert haushoch mit 4:14 gegen die US-Divisi­ons­staf­fel Göppin­gen, auch Neger­staf­fel genannt.“ Der Rückkampf in unserer Turnhal­le vor 800 Zuschau­ern verlief zwar besser, aber zu gewin­nen gab es auch da nichts. (11) der Brief­mar­ken-Sammler-Ring Carl Zeiss beging sein 10jähriges Jubilä­um. (12) Die erste Kreis­kon­fe­renz der SPD fand im neuen Natur­freun­de­haus statt. (13) Und wieder war Carl Zeiss sozia­ler Vorrei­ter. Das Thema „Gleicher Lohn für Frauen“ würde in Kürze umgesetzt, wie auf einer Betriebs­ver­samm­lung stolz verkün­det wurde. (14) In der Presse fand sich ein Beitrag über das berühm­te „Bambi“ aus dem Turmweg (Haus und Garten Wolf). Unwis­sen­de hatten es 1952 aus dem Wald mitge­bracht und über Umwege lande­te es schließ­lich bei Robert Wolf. Im Garten sah man oft „Bambi“ und den Wolf’schen Langhaar­da­ckel „Hexe“ um das grüne Häuschen herumtollen.

Meine kleine Welt.

Oberkochen

Klein-Wilfried und sein noch kleine­rer Bruder Harald — später „Harry oder Boxer“ genannt (Archiv Müller)

Sie wurde etwas größer. Mein Bruder Harald wurde am 12. März, auch dieses Mal mit Unter­stüt­zung unserer Hebam­men-Oma, in Waldhau­sen geboren und ich musste lernen, dass nun ein Bruder, mit dem ich noch nichts anfan­gen konnte, integriert werden musste. Die Schwä­po hatte ihr 10jähriges und stell­te in einer Sonder­bei­la­ge alle ihre Austrä­ge­rIn­nen vor.

Oberkochen

1958 Die Austrä­ge­rin­nen der Schwäpo

1959 im Jahr des Schweins – japani­scher Kalen­der nach Koki 2619

Welt.

Der Dalai Lama floh ins Exil. Der Schah brauch­te dringend eine neue Frau – und fand Farah Diva, die rasch durch ihre Frisur in Deutsch­land Furore macht. Ein neues Auto erober­te England und nachfol­gend auch Deutsch­land – der „Mini (Cooper)“. Der Rock & Roll-Himmel bekam Zuwachs – Ritchie Valens, Big Popper und Buddy Holly starben bei einem Flugzeug­ab­sturz und in New York hatte der Film „Ben Hur“ Première.

Deutsch­land.

Die deutsche Luftwaf­fe erhielt 300 Starfigh­ter. Im Gegen­satz zu heute, flogen diese. Aber immer zu tief und manche fielen herun­ter. Heinrich Lübke wurde zum neuen Bundes­prä­si­den­ten gewählt. Er wird sich im Laufe der Jahre mit vielen Sprüchen blamie­ren, aber auch unsterb­lich machen: „Die Leute müssen ja auch mal lernen, dass sie sauber werden“ sowie „Es ist sehr schwie­rig, jedes Mal eine neue Rede zu erfin­den“. Wohin­ge­gen die Begrü­ßung „Meine Damen und Herren, liebe Neger“ wohl doch nicht von ihm stammt. Günther Grass veröf­fent­lich­te sein Meister­stück „Die Blech­trom­mel“. Die Eintracht aus Frank­furt wurde im Lokal­der­by gegen die Offen­ba­cher Kickers Deutscher Meister und der Tophit erschien am Schla­ger­him­mel – Freddy’s „Die Gitar­re und das Meer“.

Oberko­chen.

(1) Die Modell­bahn­aus­stel­lung in der Dreißen­tal­turn­hal­le endete am 1. Januar mit weit über 4.000 Besuchern aus dem Umland, aus Süddeutsch­land und dem Rhein­land. (2) Die Gemein­de hatte inzwi­schen 7.400 Einwohner.

Oberkochen

Meine kultu­rel­le Heimat in der Kindheit – die Ortsbi­blio­thek im heuti­gen Schil­ler­haus (Archiv Müller)

(3) Die Gemein­de­bi­blio­thek mit der ersten Leite­rin, Helma Braun, wurde im heuti­gen Schil­ler­haus einge­rich­tet und von Bürger­meis­ter Gustav Bosch mit den Worten: „Nimm und lies“ eröff­net. (4) In diesem Jahr gab es noch 38 bäuer­li­che Betrie­be, die rund 400 ha bewirt­schaf­te­ten, wobei 20 ha für die neue Umgehungs­stra­ße abgezwackt werden mussten. (5) Sieh da, sieh da Timotheus…… auch Gebr. Leitz zahlte erstmals eine 3%ige Jahres­er­folgs­prä­mie auf das Brutto­ein­kom­men. Manch­mal muss der neue Platz­hirsch eben voraus­ge­hen ☺. (6) Im April begann der Unter­richt im neuen Progym­na­si­um (sogar mit einem eigenen Schul­wim­pel) im Bergheim am Turmweg unter dem neuen Rektor Volkmar Schrenk. Am neuen Ort waren nun 139 Schüle­rIn­nen und 5 Lehrkräf­te zuhau­se. (7) Der gebür­ti­ge Gmünder Pfarrer Konrad Forster feier­te mit der katho­li­schen Kirchen­ge­mein­de seine Inves­ti­tur. (8) José Sogas eröff­ne­te mit seiner Lydia sein neues Lebens­mit­tel­ge­schäft in der Lerchen­stra­ße. (9) Die Natur­freun­de feier­ten im neuen Domizil mit 2.000 Gästen die Bezirks-Sonnwend­fei­er natür­lich mit den beiden Liedern „Wenn wir schrei­ten Seit‘ an Seit“ und „Brüder, zur Sonne, zur Freiheit“.

Oberkochen

Die Droge­rie „Irion“ Ecke Bahnhof­stra­ße – heute ein Parkplatz (Archiv Müller)

(10) Ulrich Irion eröff­ne­te nun auch die Rathaus-Droge­rie an der Ecke Heiden­hei­mer Straße / Bahnhof­stra­ße. (11) 32 Düssel­dor­fer Kinder verbrach­ten im neuen Zeiss-Jugend­wohn­heim einen 6‑wöchigen Ferien­auf­ent­halt. Ein Motto laute­te: „Jeder soll sich sattes­sen“, also wurden täglich 5 Mahlzei­ten angebo­ten (wie’s halt früher war: Frühstück, Vesper, Mittag­essen, Vesper, Abend­brot). (12) Mit einem großen Fest und dem obliga­to­ri­schen Umzug wurde die Einwei­hung des neuen Allwet­ter-Sport­plat­zes (dem ersten in den beiden Kreisen Aalen und Heiden­heim) mit Aschen­bahn und Leicht­ath­le­tik-Anlagen im Kreuz­wa­sen gefei­ert. Der neue Rasen wurde von den Sport­freun­den Schwä­bisch Hall und einer kombi­nier­ten Oberkoch­ner Mannschaft einge­weiht. Danach gab es einen Hinder­nis­staf­fel­lauf zwischen TVO und BCO. Anschlie­ßend durften die Feldhand­bal­ler des TVO gegen eine Heiden­hei­mer Auswahl antre­ten. Das geplan­te abschlie­ßen­de Fest fiel einem aufzie­hen­den Unwet­ter zum Opfer. (13) Das Amtsblatt berich­te­te stolz, dass es einen Gewinn von 519 DM erwirt­schaf­te­te (Ausga­ben 17.774 DM gegen Einnah­men 18.294 DM). Wie sieht’s da heute aus? (14) Der Schach­ver­ein veran­stal­te­te wieder ein Simul­tan-Schach­tur­nier. Der „Schach­pro­fes­sor“ Ludwig Rellstab aus Ludwigs­burg verblüff­te seine Gegner mit einer ungewohn­ten Schnel­lig­keit und Routi­ne. Er gewinnt 28 Spiele, 9 gingen Remis aus und 3 verlor er bei einer Gesamt­zahl von 1.600 Zügen. (15) Bürger­meis­ter Bosch sprach vor 380 jungen Menschen im Rahmen der ersten Jungwäh­ler­fei­er in der festlich geschmück­ten Turnhal­le. (16) In der Gemein­de gab es 6.360 Arbeits­plät­ze, wobei 3.397 davon auf Pendler entfal­len. (17) Die neue Umgehungs­stra­ße wurde endlich fertig. (18) Der FCO ist aus der A‑Klasse in die B‑Klasse abgestie­gen und spiel­te jetzt mit dem TVO in einer Liga. Das hatte man sich sicher anders vorge­stellt. Am Jahres­en­de führte der FCO aber die Tabel­le souve­rän an und zeigte wo er hin will – nach oben.

Oberkochen

1959 Der FCO will wieder ins Oberhaus

(19) Die Einwoh­ner­zahl im Laufe der Zeit: 1856 waren es 1.117 EW, 1910 unwesent­lich mehr 1.267 EW, 1959 aber schon 7.525 EW. Wie weit wird es noch gehen? (20) Der Gemein­de­rat Anton Balle erhielt die Bundes­ver­dienst­me­dail­le für seine vielfäl­ti­gen Aufga­ben im Gemein­de­rat, im Kath. Kirchen­stif­tungs­rat, in der Realgen­sos­sen­schaft, in der Milch­ver­wer­tungs­ge­nos­sen­schaft und in Oberkoch­ner Bank sowie im Landwirt­schaft­li­chen Ortsver­ein und im Viehver­si­che­rungs­ver­ein (hoffent­lich habe ich da jetzt nichts vergessen ☺.)

Meine kleine Welt.

Ich wurde ABC-Schüt­ze und damit Schüler der Volks­schu­le im Dreißen­tal bei unserer Klassen­leh­re­rin Frau Erben. Es begann eine Schul­zeit, die sich viele heute so nicht mehr vorstel­len können. Aber erstmal ging es darum Lesen, Schrei­ben und Rechnen zu lernen und sich um gutes Betra­gen und um Mitar­beit zu bemühen. Die letzten zwei Punkte waren mir ein Dorn im Auge. Kaum hatte die Biblio­thek geöff­net, stand ich schon dort, bekam den Ausweis Nr. 7 und ein Heft, in das ich alles eintra­gen und bewer­ten musste, was ich auslieh. Beim sommer­li­chen Flugtag in Elchin­gen stürz­te ein Oberfeld­we­bel der Bundes­wehr mit seiner Maschi­ne bei einem Kunst­flug ab, die Maschi­ne ging in Flammen auf und der Pilot starb in den Trümmern seiner Maschine.

Das war die erste Berichts­rei­he über die Jahre 1948 bis 1959. Die Reihe wird fortge­setzt werden.

Wilfried „Billie Wichai“ Müller

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