Oberko­chen, 20. Januar 1927
Nein, es ist kein Druck­feh­ler, nicht vom »HVO« (= Heimat­ver­ein Oberko­chen, wie er seit 1987 existiert), sondern vom »VHO« ist die Rede, also vom »Verein für Heimat­pfle­ge Oberko­chen«, der — was wohl bislang nicht bekannt war — am 20. Januar 1927 zum ersten Mal in Erschei­nung trat.

J. Mahler
Treiben­de Kraft war damals Oberpost­in­spek­tor a. D. J. Mahler, der als »Oberko­che­ner Heimat­pfle­ger« fungier­te. Ihm war von der Gemein­de »die Pflege der hiesi­gen Bann- und Pflan­zen­schutz­ge­bie­te übertra­gen« worden. Mahler war »bereits seit einer langen Reihe von Jahren schrift­stel­le­risch tätig«. Aus seiner Feder stammen »Abhand­lun­gen über den Wachol­der, über den Kirsch­baum, über kamin­lo­se Häuser, über Volks­trach­ten, und seine reizen­de Geister­ge­schich­te vom Aalbuch ist noch in bester Erinne­rung«. Im Jahr 1927 beschäf­tig­te J. Mahler sich auch mit der Frage eines Wappens für Oberko­chen (wir werden darauf zurückkommen).

Doch zunächst platzt ihm anfangs 1927 ganz einfach der Kragen. Er klagt, es stehe ihm kein Geld für die notwen­di­gen Arbei­ten zur Verfü­gung und »sein ureige­ner Geldbeu­tel sei auch leer«. Aber er hat eine Idee.

Fronar­beit
»Bei der am letzten Sonntag abgehal­te­nen Bürger­ver­samm­lung tat J. Mahler allen kund zu wissen, daß er einen Verein gegrün­det habe, der bereits 1500 Mitglie­der besit­ze«, so berich­tet die Aalener Kocher-Zeitung. Und weiter: »Alle sind ohne Unter­schied des Standes und der Konfes­si­on beim Verein, der zunächst einfach »Die Heimat« heißt, der aktive und passi­ve Mitglie­der hat und keine Beiträ­ge erhebt«. Aber dann wird J. Mahler deutlicher.

Das mit den Mitglie­dern sei so, erklärt Mahler, bis jetzt gebe es ein aktives Mitglied des neuen Vereins, »und das bin ich, aber dies kann sich ändern!« ruft er in den Saal und entwi­ckelt seine Idee. Früher mußten die Leute unter schwe­rem Druck Fronar­beit leisten, erklärt er und fährt fort: »Wie wäre es, wenn nun auch heute einige Oberko­che­ner der Heimat zulieb freiwil­lig Fronstun­den überneh­men würden? Fronmeis­ter sollte die Heimat­lie­be sein, Vorar­bei­ter der Heimat­pfle­ger, Mitar­bei­ter alle, die sich in die bereit­ge­leg­ten Listen eintragen«.

Zunächst ist es still im Saal, die Anwesen­den müssen das Gehör­te erst einmal verdau­en. Aber dann geschieht es: »Noch selten sah man Männer sich freudi­ger zum Frondienst melden, als hier. In kürzes­ter Zeit sind über 100 Fronstun­den beisam­men; ein Fabri­kant meldet sogar 20 Stunden, zu denen Arbei­ter aus seiner Fabrik auf seine Kosten abgestellt werden«.

Verein für Heimat­pfle­ge
Vom Erfolg seiner Kampa­gne nahezu überwäl­tigt, stellt Mahler zum Schluß noch in Aussicht, mit Geneh­mi­gung des Landes­amts für Denkmals­pfle­ge sollten die Fronar­bei­ter sich unter dem Namen »Verein für Heimat­pfle­ge Oberko­chen« treffen. Damit sich nun niemand ausge­schlos­sen oder gar belei­digt fühle, liege die Fronlis­te das ganze Jahr über zum sich Eintra­gen beim Vorar­bei­ter auf!

Ob der »Verein für Heimat­pfle­ge Oberko­chen« nun tatsäch­lich auch juris­tisch existier­te, konnte bis jetzt nicht in Erfah­rung gebracht werden. (Wer etwas darüber weiß, möge dies bitte Herrn Bantel oder mir mitteilen).

Und heute?
Auch heute stehen wir in einer Zeit, wie sie das Jahr 1927 kennzeich­ne­te, wo es hieß, »Stchaats- und Gemein­de­sä­ckel sind ebenso leer wie manch anderer Geldbeu­tel«. Doch stehen uns große Aufga­ben ins Haus: Unser Heimat­mu­se­um im »Schil­ler­haus« nimmt Gestalt an, aber es ist noch einiges zu tun. Wäre es denkbar, dem Beispiel des Jahres 1927 zu folgen und »Fronar­beit« für das Heimat­mu­se­um anzubie­ten? Sie kann bestehen in der Mithil­fe bei der Sammlung von Museums­stü­cke­mo­der auch in finan­zi­el­ler Unter­stüt­zung (anders als 1927, wo gesagt wurde: »Barbei­trä­ge werden nicht angenom­men«). Vor allem jedoch unter­stüt­zen Sie den Heimat­ver­ein, indem Sie Mitglied werden (DM 20,– im Jahr).

Und noch etwas, »Fronar­beit« ist für das, was gesche­hen soll, ein zu hartes Wort, obwohl der Urvater Oberko­che­ner Heimat­pfle­ge seiner­zeit damit Erfolg hatte. Wer sich schon beim Heimat­ver­ein Oberko­chen mit einge­bracht hat, weiß, man kann auch den Buchsta­ben »n« durch ein »h« erset­zen. Nicht »Fron-«, sondern »Froh-Arbeit« ist es, Arbeit, die Spaß macht, auch wenn »schaf­fe scho emmer a Gschäft gwesa isch!«.

Volkmar Schrenk

Oberkochen

Das Foto zeigt die Bühne des Heimat­mu­se­ums im Schil­ler­haus, wie sie im Septem­ber 1994 ausge­se­hen hat. Inzwi­schen ist eine indirek­te Beleuch­tung instal­liert und die Expona­te sind übersicht­lich geord­net und zur Schau gestellt, wovon sich über 100 inter­es­sier­te Mitglie­der am Nachmit­tag der Offenen Tür am 6.1.1995 überzeu­gen konnten. Wir werden demnächst weite­re Berich­te über den Stand der Arbei­ten im Heimat­mu­se­um folgen lassen; ein Offener Nachmit­tag für die Bürger Oberko­chens findet im März statt.

Foto: D. B.

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