Nach dem »Hirsch« (HVO-Bericht 20 in BuG v. 3.6.1988), der im Jahr 1358 zum ersten Mal in einer Königs­bron­ner Urkun­de nachge­wie­sen ist, (zum Vergleich: Der Grund­stein zum Ulmer Münster wurde 1377 gelegt), ist der »Ochsen« die zweit­äl­tes­te Wirtschaft in Oberkochen.

Steuer­in­spek­tor Franz Balle berich­te­te in seiner heimat­kund­li­chen Sammlung von 1953, daß die Ochsen­wirt­schaft als ellwan­gi­sches Lehen zum ersten Mal im Jahr 1436 genannt wird, — also in einer Zeit, die als »spätes Mittel­al­ter« bezeich­net wird, — 56 Jahre vor der Entde­ckung Ameri­kas durch Columbus.

Oberkochen

Aus weite­ren Urkun­den, auf die sich Franz Balle bezieht, geht hervor, daß dem Ochsen­wirt Kaspar Betzler im Jahr 1694 ein Wirtschafts­schild verlie­hen wird. Dersel­be Kaspar Betzler vergrö­ßert 4 Jahre später den »Ochsen«. Knapp 50 Jahre nach der Erwei­te­rung muß der »Ochsen« abgebrannt sein, denn 1747 erhält der Ochsen­wirt Paulus Stark die Geneh­mi­gung, seine abgebrann­te Wirtschaft wo anders wieder zu errich­ten. Aus dieser Urkun­de geht hervor, daß der »Ochsen« sich bis zu diesem Jahr an anderer Stelle befun­den hat, — wo, ist bis heute nicht einwand­frei belegt; er soll im Haus des Hans Kolb am Katzen­bach gewesen sein.

Aller­dings kann anderer­seits davon ausge­gan­gen werden, daß die 1747 neu errich­te­te Wirtschaft an der Stelle des heuti­gen »Ochsen« gestan­den hat, wo zuvor ein Lehens­gut einer Anna Baderin genannt ist.

Im Jahr 1830 ff fand die erste staat­li­che Vermes­sung in Württem­berg statt. In diesem Jahr sind gleich drei Ochsen­wir­te namhaft zu machen, — genau genom­men sogar vier.

Zunächst gibt es im »Allge­mei­nen Amts- und Intel­li­genz­blatt« (Archiv HVO) eine Zeitungs­no­tiz vom 26.6.1830, aus der hervor­geht, daß der Ochsen­wirt Johann Pfisterer den »Ochsen« verkauft. Im Urkatas­ter von 1830 ist dann im Gebäu­de »Ochsen«, Kirch­gas­se 65, ein Matthä­us Schmid als Ochsen­wirt geführt. Ferner ist dort noch ein Caspar Wiedmann als Ochsen­wirt genannt, und zwar wohnhaft im Gebäu­de Langgass 128, linker Hand am Ortsen­de Richtung Königs­bronn. Im gleichen Gebäu­de ist auch ein Fried­rich Braun als Mitbe­sit­zer genannt. Der Name Fried­rich Braun taucht dann wieder in der ältes­ten Abbil­dung des »Ochsen« auf, einer Zeich­nung von Wilhelm Fried­rich Dürr, der von 1850 bis 1870 evange­li­scher Pfarrer in Oberko­chen war. Der Text auf dem Wirts­haus­schild ist hervor­ra­gend zu lesen und lautet: Gasthaus und Bierbraue­rei zum »Golde­nen Ochsen« von Fried­rich Braun. Noch besser ist die Widmung zu lesen: Frau Marie Barb. Steeger, geb. Braun, zum Hochzeit-Tage am 21. Juni 1859 darge­bracht von W.F.D.Pf. in Oberko­chen. Der Pfarrer muß den »Ochsen« gegen­über seines Amts- und Wohnsit­zes, von wo aus die Zeich­nung auch gefer­tigt ist, schon geschätzt haben, — oder auch das Wirts­töch­ter­le, — oder beides, — bei einem so liebe­voll gearbei­te­ten Hochzeitsgeschenk.

Zu beach­ten ist, daß der »Ochsen« auch Braue­rei war. Es gibt noch heute riesi­ge unzugäng­li­che Keller­räu­me aus der Zeit der Bierlagerung.

Es ist unmög­lich, hier alle Ochsen­wir­te aufzu­zäh­len, — aber immer­hin soll erwähnt werden, daß vor 100 Jahren, am 6.3.1891, in einer Anzei­ge im »Kocher­bo­ten« (HVO-Archiv) die Ehefrau des Ochsen­wirts Köpf infol­ge Wegzugs in ihrer Behau­sung gegen Barbe­zah­lung ihre »sämtlich entbehr­li­che Fahrnis« verkauft (»Liebha­ber werden einge­la­den«, — eine recht aparte Formu­lie­rung im Zusam­men­hang mit dem Hinweis auf »ihre Behau­sung« und »Barbe­zah­lung«). (Siehe Abbildung).

Oberkochen

Bei den Rathaus­ak­ten gibt es eine Urkun­de, nach welcher am 6.4.1893 Maria Louise Köpf, ledig, geb. am 2.8.1872, Tochter des J.G. Koepf, gewese­ner Ochsen­wirt, hier, vorbringt, daß ihr Onkel Matthi­as Trick, Heiden­heim, wünscht, daß sie als Stell­ver­tre­te­rin im Wirtschafts­ge­wer­be, hier, aufge­stellt werde.

1894 wird Ludwig Trick, geb. am 20.6.1872, Peter­zell, Ochsen­wirt. Ihm wird von der Gemein­de »gutes Prädi­kat« beschei­nigt. Ein knappes Jahr danach, am 23.9.1895, brennt der »Ochsen« zum zweiten Mal ab. Die Bauplä­ne für den neuen »Ochsen« waren nicht weit weg, — Ludwig Trick reich­te sie bereits einen Monat später, am 28.10.1895, ein. Sie wurden am 10.4.1896 geneh­migt. Der neue »Ochsen« wird in Backstein ausge­führt, — vor der Jahrhun­dert­wen­de in Oberko­chen kein Einzelfall.

Im Lageplan ist ein unter­ir­di­scher Küchen­was­ser-Ablauf Richtung Linden­brun­nen (den es in seiner heuti­gen Form damals noch nicht gab), einge­zeich­net, — zweifel­los der ominö­se Kanal, über den wir im Bericht 108 in BuG v. 27.4.1990 berich­te­ten. (Siehe Abbil­dung Lageplan).

Oberkochen

Es gibt eine Ansichts­kar­te aus dem Jahr 1906 mit Ober kochen und dem »Ochsen«, — »Gruß aus Oberko­chen — Braue­rei zum Ochsen von Ludwig Trick«.
Nach dieser Ansichts­kar­te ist der »Ochsen« in jüngs­ter Zeit restau­riert und moder­ni­siert worden.

Oberkochen

Am 5.1.1929 erhielt Herr Jakob Kirch­dör­fer, Landwirt in Oberko­chen, die Wirtschafts­er­laub­nis im »Roten Ochsen«, — der nunmehr die Gebäu­de­num­mer Kirch­stra­ße 87 hat. Die Tochter Kirch­dör­fers, Frau Anna Edinger, führte den »Ochsen«, — seit dem 3. Reich Aalener Straße 1, — ab dem 1.12.1955 weiter. 1969 wurde die Gaststät­te um ein Neben­zim­mer erwei­tert. Am 21.6.1972 erhielt Herr Karl Edinger die Erlaub­nis­ur­kun­de zur Bewirt­schaf­tung der Gaststät­te, die in den Urkun­den auch hier als »Roter Ochsen« geführt wird, und übernahm so den großel­ter­li­chen und elter­li­chen Betrieb, der in diesem Jahr auf eine exakt 555-jähri­ge Geschich­te zurück­bli­cken kann.

Darauf ein kräfti­ges »Prost«.

Dietrich Bantel

Herzli­chen Dank für freund­li­che Unter­stüt­zung beim Zusam­men­tra­gen des Materi­als für diesen Bericht an Kreis­ar­chi­var Hilde­brand, Aalen.
Katas­ter­amt Aalen, Staats­ar­chiv Ludwigs­burg, Bürger­meis­ter­amt Oberko­chen (Herr Hausmann, Frau Bittner), und Herrn Eugen Tritt­ler, Unterschneidheim.

* * *

Da die Bericht­erstat­tung durch Pfarrer Wider in der katho­li­schen Pfarr­chro­nik aus dem Jahr 1895 sich unmit­tel­bar mit dem Brand des »Ochsen« und anderen Brand­fäl­len dieses Jahrs beschäf­tigt, haben wir sie aus der deutschen Schrift als Ergän­zung zu obigem Bericht über den »Ochsen« in »Lesba­res« übertragen.

1895, — 3 Feuers­brüns­te: Haus Schult­heiß Bezler, Zehnt­scheu­er, Ochsen.

Aus der Pfarr­chro­nik der katho­li­schen Pfarr­ge­mein­de: (Pfarrer Wider)
1895: Dieses Jahr brach­te viel Schre­cken in die Gemein­de durch drei große und sehr gefähr­li­che Brand­fäl­le. Am 4. Septem­ber sah Schult­heiß Bezler bei seiner Rückkehr abends 1/2 6 Uhr von der Feier des 50-jähri­gen Pries­ter­ju­bi­lä­ums des hochwür­di­gen Herrn Dekans Oberkir­chen­rat Kollmann in Unter­ko­chen sein vor kurzem restau­rier­tes und neuher­ge­rich­te­tes Haus, samt angebau­ter Scheu­er, in welcher an genann­tem Tage gedro­schen wurde, in hellen Flammen stehen.

Es brann­te vollstän­dig nieder und auch benach­bar­te Häuser haben bedeu­tend Schaden genommen.

Einige Wochen später — zur Zeit großer Einqar­tie­rung — brach um Mitter­nachts­zeit in der mit Getrei­de gefüll­ten alten Zehnt­scheu­er Feuer aus. Das Gebäu­de verbrann­te bis auf die Mauern, samt seinem Inhalt sowie einigen Militär­pfer­den, die darin­nen unter­ge­bracht waren. Durch die energi­sche Tätig­keit der von den Offizie­ren befeh­lig­ten Mannschaf­ten wurde weiter um sich greifen­des Feuer verhü­tet, das sonst nach mensch­li­chem Ermes­sen unabwend­bar gewesen wäre.

Einige Tage nachher, den 26. (23.) Septem­ber, kündig­ten die Glocken einen neuen, — den größten Brand an. Das Gasthaus zum Ochsen mit Scheu­er (wo das Feuer entstand) und Braue­rei wurde zur Mittags­zeit, während der Besit­zer auf dem Markt in Aalen war, ein Raub der Flammen, welche auch 3 benach­bar­te Häuser zerstö­rend die gegen­über­lie­gen­den Gebäu­de, das Gasthaus zum Hirsch, das katho­li­sche Schwes­tern­haus und die katho­li­sche Kirche sehr beschä­dig­ten, sodaß aus letzte­rer das Sanktis­si­mum in das katho­li­sche Pfarr­haus gebracht wurde. Infol­ge dieses Brandes gingen auch zwei Menschen­le­ben zugrun­de, indem beim Einrei­ßen des stehen­ge­blie­be­nen Giebels des Gasthau­ses die Maurer Micha­el Gold und Joseph Tritt­ler erschla­gen wurden.

Die schnel­le Aufein­an­der­fol­ge dieser Brand­fäl­le gaben dem Verdacht der Brand­stif­tung Nahrung, es ergaben sich aber bei der Unter­su­chung keine Anhalts­punk­te dafür und scheint vielmehr Fahrläs­sig­keit die Ursache der Brand­fäl­le gewesen zu sein, welche bei der obwal­ten­den Hitze und Trocken­heit um so gefähr­li­cher wurde.

Dietrich Bantel

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