Fragen zu Bild 12:
Um welches Gebäu­de handelt es sich?
Wann wurde das Gebäu­de erstellt?
Welches Gewer­be wurde zuerst darin betrieben?

Oberkochen

Lösung zu Bild 12:
Kreuz­müh­le I/1845 II/1865 — Öl- und Gipsmühle

»Kreuz­müh­le« — Öl- und Gipsmühle

Die Kreuz­müh­le ist in der Beschrei­bung des Oberamts Aalen von 1854 sehr knapp abgehandelt:

»Die Kreuz­müh­le, am Kocher, 1/4 Stunde unter­halb des Dorfes 1845 erst (soviel wie zum ersten Mal) erbaut, mit Oel- und Gypswerk«.
Angabe über die Zahl der Bewoh­ner im Jahre 1854 sind keine gemacht, — es ist ledig­lich vermerkt, daß es dort »Einw.« gibt.
In der Beschrei­bung des Königs­reichs Württem­berg von 1906 ist angege­ben: »Kreuz­müh­le, Hsr., 10 E., 1845 erbaut.«
In den Bauak­ten der Stadt Oberko­chen befin­den sich aller­dings einige Urkun­den, die gewis­se Rätsel aufgeben.

Die Bauak­ten von 1845 sind nicht erhal­ten. Ein Situa­ti­ons­plan, der uns aus dem Jahre 1865 erhal­ten ist, also nur 20 Jahre nach der angeb­li­chen Errich­tung der Kreuz­müh­le erstellt, hat die Überschrift:

»Erbau­ung eines neuen Mühlge­bäu­des des Hr. Haag bei Oberko­chen auf die alten Umfas­sungs­mau­ern mit 10 Fuß Verlängerung«.

Dieser Plan wirft die Frage auf, weshalb bereits 20 Jahre nach Errich­tung der ersten Mühle bereits ein neues Mühlge­bäu­de errich­tet wurde, und zwar auf den »alten Umfas­sungs­mau­ern«. Leider sind auch die Bauak­ten — außer dem Situa­ti­ons­plan — aus dem Jahr 1865 nicht erhal­ten, sodaß wir keinen Hinweis haben. Aller­dings, und hier liegt des Rätsels Lösung, gibt es einen weite­ren Situa­ti­ons­plan aus dem Jahre 1872. Aus diesem geht eindeu­tig hervor, daß es sich bei dem Neubau von 1865 nicht um eine eventu­el­le Wieder­errich­tung (z.B. wegen Zerstö­rung durch Brand) der ersten Mühle handelt, sondern um ein größe­res, separa­tes Gebäu­de, das als »Getrei­de­müh­le und Wohnhaus« bezeich­net ist. Die 1845 erbau­te Öl- und Gipsmüh­le ist in dem Plan von 1872 separat auf der anderen Seite des Kanals einge­zeich­net, — d.h., es standen zu diesem Zeitpunkt 2 Mühlen, wobei es sich bei dem 1865 errich­te­ten Gebäu­de um das Gebäu­de handelt, das wir heute als Kreuz­müh­le bezeich­nen. Die Angabe in der OA-Beschrei­bung von 1854 ist aus diesem Grund, wie wir sehen, zwar nicht falsch, da sie sich auf das ältes­te, 1845 erbau­te und heute nicht mehr bestehen­de Gebäu­de bezieht, — nicht aber, wie man falsch heraus­le­sen könnte, und wie es bislang auch fälsch­li­cher­wei­se immer gesche­hen ist, auf das heuti­ge Gebäu­de Kreuz­müh­le, das, wie beschrie­ben, erst 1865 errich­tet wurde. Dies richtig zu stellen hielt ich an dieser Stelle für notwendig.

Ungelöst muß vorerst bleiben, was für ein Gebäu­de auf den alten Umfas­sungs­mau­ern gestan­den hatte, auf der die Kreuz­müh­le errich­tet wurde. Unklar bleibt auch, ob es abgeris­sen wurde, oder einem Brand zum Opfer fiel. Da die Öl- und Gipsmüh­le sehr klein und »unsto­ckig« im Plan steht, gehe ich davon aus, daß hier ein mögli­cher­wei­se wesent­lich älteres Gebäu­de gestan­den haben könnte, das mit Sicher­heit auch mit Wasser­nut­zung zu tun gehabt hatte, das jedoch 1845 außer Betrieb genom­men und für Wohnzwe­cke verwen­det wurde bis zum Neubau der Kreuz­müh­le. Aller­dings ist dies eine reine Hypothese.

Meine Feststel­lung, daß die Kreuz­müh­le erst 1865 erbaut wurde, wird unter­mau­ert durch die 1942 durch­ge­führ­te Schät­zung durch die Gebäu­de­brand­ver­si­che­rung, die die Mühle auf 77 Jahre schätz­te, — also exakt in das Jahr 1865.

Auf 97 Jahre alt, also ins Jahr 1845 datie­rend, wird 1942 nur noch ein Saustall angege­ben; — d.h., die Öl- und Gipsmüh­le muß zwischen den Jahren 1872, wo sie noch erwähnt wird, und 1942 abgetra­gen worden sein.

Der Bauherr, Müller Andre­as Haag, baut bereits im Jahr 1867 wieder, und zwar stellt er an den »Gemein­de­rath Oberko­chen« den Antrag auf Geneh­mi­gung zur Errich­tung einer Wasch- und Backkü­che. Die Erlaub­nis wird vom König­li­chen OA Aalen unter »nachste­hen­den« Bedin­gun­gen erteilt:

1) Muß die Umfas­sung in dem 26 Fuß langen und 17 Fuß breiten Gebäu­de (1 Fuß = ca. 3,3 m) nach Angabe der Bauzeich­nung bis unter Dach nebst beiden Giebeln massiv von Stein aufge­führt werden.

2) Ist das Dach mit unver­brenn­ba­rem Materi­al zu bedeken.

3) Sind die Oeffnun­gen in den Umfas­sungs- und Giebel­wän­den mit Thüren, Fenster oder Läden zu versehen.

4) Sind die Sparren oder Balken­fä­cher (Stiche) an beiden Seiten entwe­der mit Stein anzumau­ern oder mit Bretter abzuschließen.

5) Ist die Schild­mau­er der Backöff­nung gleich­falls massiv von Stein aufzuführen.

6) Muß der Wasch­kes­sel ein Rosch­feu­er erhal­ten und dieses sowie das Backofen­feu­er und deren Aschen­be­häl­ter sind mit sturze­nen mit Band und Kolben befes­tig­ten Thürlen zu versehen.

7) Ist die Kamin­schooß genügend groß mit gebrann­ten Steinen zu überwöl­ben und die Ruhhöl­zer sind durch­aus mit Platten zu überna­geln und über dieses zu verblenden.

8) Sind die Balken und Wechsel, durch welche das Kamin geführt wird, mit doppel­ten in Mörtel oder Lehm gesetz­ten Dachzie­geln derart zu verwah­ren, daß nicht Fuge auf Fuge kommt.

9) Ist das Kamin in der gesetz­li­chen Licht­wei­te von 17 1/2 Zoll mit liegen­den Klucker so hoch über die Dachflä­che (über den First 1 1/2 Fuß) hinaus­zu­füh­ren, daß die Ausmün­dung mindes­tens 5 Fuß von der Dachflä­che entfernt ist. Das Kamin ist an allen Seiten gut zu verwer­fen (verput­zen).

10) Ist die Decke des Wasch- und Backhau­ses zu wikeln, über Holz zu verpu­zen oder gipsen.

11) Muß der Boden in genann­ten Local ein unbrenn­ba­rer seyn.

12) darf kein Holz, oder sonsti­ge brenn­ba­ren Stoffe in diesem Local oder unter Dach aufbe­wahrt werden.

An den Zeich­nun­gen darf nichts geändert und von den Bauvor­schrif­ten ohne diessei­ti­ge Ermäch­ti­gung bei Vermei­dung der hierfür gesetz­lich bestimm­ten Strafen bezie­hungs­wei­se bei Gefahr des Wieder­ab­bruchs des Gebäu­des nicht abgewi­chen werden. Die Bauvor­schrif­ten sind dem Bauher­ren und dessen Handwerks­leu­ten mit vorste­hen­dem zu eröff­nen, Risse und Zeich­nun­gen aber sind dem Bauher­ren auszu­hän­di­gen. Während des Baues hat die Local- und Bau- und Feuer­schau, und wenn dies die Handwerks­leu­te sind, an deren Stelle andere tüchti­ge Meister dersel­ben zu beauf­sich­ti­gen und sind etwaige Verfeh­lun­gen gegen die gegebe­nen Vorschrif­ten durch den Ortsvor­ste­her (damals Schult­heiß Micha­el Wingert) anzuzeigen.

Aalen, d. 24. Septbr. 1867
Kgl. Oberamt

Die Ausführ­lich­keit der überge­ord­ne­ten Behör­de belegt, daß man auch vor 100 Jahren beim Bauen nicht einfach tun und lassen konnte, was einem gefiel. Es handelt sich um, wie man heute sagen wurde, feuer­po­li­zei­li­che Auflagen.

Zu Beginn unseres Jahrhun­derts waren die Elsers auf der Mühle, bis nach dem zweiten Weltkrieg. 1948 gibt es bei den Bauak­ten einen Hinweis auf eine nachträg­lich geneh­mig­te Erwei­te­rung des Gebäu­des durch Karl Elser. Karl Elser war für die Mühle zustän­dig, sein Bruder Eugen war für die fuhrun­ter­neh­me­ri­sche Seite zuständig.

Von 1952 bis 1979 liefen Getrei­de­müh­le und Mehlhan­del auf den Namen Walter Sturm.

1987 wurde die Kreuz­müh­le an einen Türken, Herrn Kabaku­lak, veräu­ßert, gerich­tet und 1988 bezogen.

Auf unserem Bild von links nach rechts: Ida Elser (mit Hund), Tochter Eheleu­te Elser. Stehend auf dem Wagen: ein Mahlknecht. Auf Leiter mit Mehlsack: ein Knecht. Stehend vor dem hochbe­la­de­nen Wagen: das Ehepaar Karl Elser, Müller. Stehend rechts neben den Pferden: Eugen Elser, rechts im Bildrand: Ernst Elser, beides Brüder von Ida Elser.

Dietrich Bantel

Fragen zu Bild 13:
Seit wann gibt es eine Wirtschaft zum »Pflug«?
Wie hieß der erste Wirt auf dem »Pflug«?
Wie alt ist das Gebäu­de des »Pflug«?

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