Fragen zu Bild 11:
Wie laute­te der Hausna­me und der Famili­en­na­me des Besit­zers dieses Gebäu­des?
Wo stand dieses Gebäu­de, und weshalb steht es heute nicht mehr?
Wann entstand die Aufnahme?

Oberkochen

Lösung zu Bild 11
Der Hausna­me lautet »Herrgotts­häf­ner«, der Famili­en­na­me des Besit­zers lautet Fischer (später Winter)
Das Gebäu­de Heiden­hei­mer­stra­ße 12 wurde in den letzten Kriegs­ta­gen des 2. WK während eines Tiefflie­ger­an­griffs zerstört. Neubau an dersel­ben Stelle.
Aufnah­me vom 30.6.1910 (Lang)

»Herrgotts­häf­ner«

Herr Hubert Winter, Sohn der Maria Winter, geb. Fischer, — also Enkel des »Herrgotts­häf­ners« Josef Fischer, trug freund­li­cher­wei­se die meisten Fakten für die Bildbe­schrei­bung zusammen.

Mit diesem Haus verbin­den sich Erinne­run­gen an ein tragi­sches Gesche­hen: Das Herrgotts­häf­ner­haus wurde bei einem Tiefflie­ger­an­griff am 11. April 1945, also in den aller­letz­ten Kriegs­ta­gen, zusam­men mit 2 weite­ren Häusern durch Bomben zerstört, wobei in diesem Haus von insge­samt 14 Perso­nen, die im Keller des Gebäu­des Schutz gesucht hatten, 8 Menschen ums Leben kamen, — darun­ter auch die Mutter der vier Kinder des Eugen Winter.

Oberleh­rer Ignaz Umbrecht und Frau Martha Gold haben zu diesen trauri­gen Tagen Aufzeich­nun­gen gemacht, die im Heimat­buch der Stadt Oberko­chen (Seiten 197 — 201 und Seiten 212 — 214) veröf­fent­licht sind.

Herr Hubert Winter, der als kleiner Junge den Angriff überlebt hatte, berich­te­te, daß das Haus zu den alten Häusern Oberko­chens gehört hat; es wird auf 400 Jahre geschätzt. Der Name »Herrgotts­häf­ner«, der auch für das Haus galt, war wohl im 19. Jahrhun­dert aufgrund des großen Kruzi­fi­xes aufge­kom­men, um den Häfner Fischer eindeu­tig von anderen Häfnern namens Fischer zu unter­schei­den. Vor der Häfners­zeit war das Haus unter den Namen »Herrgotts­bäck« bekannt. Das hölzer­ne Chris­tus­kru­zi­fix ist in alten Tagen, der Überlie­fe­rung nach auf ein Gelüb­de zurück­ge­hend, über dem Hausein­gang angebracht worden. Es war wie durch ein Wunder durch die Bomben nur wenig beschä­digt worden und hing nach dem Luftan­griff noch an seinem Platz in einem stehen­ge­blie­be­nen Rest der Hausmau­er zur Straße hin über dem Eingang, — wie um den Überle­ben­den Trost zu spenden und Mut zu machen für eine Zukunft »in hoc signo«. So wurde das Kreuz restau­riert und am neuen Herrgotts­häf­ner­haus wieder angebracht. Die Malerei im Hinter­grund des Kruzi­fi­xes war von Maler und Fotograf Lang ausge­führt, von dem eine Reihe von Bildern in Oberko­che­ner Famili­en­be­sitz sind.

(Maler Lang war einer der frühen Fotogra­fen in Oberko­chen. Sicher gibt es noch unzäh­li­ge Bilder von ihm in Oberko­che­ner Famili­en­al­ben. Für jedes Foto, das uns zum Zwecke der Repro­duk­ti­on kurzzei­tig überlas­sen wird (Tel. 73 77) sind wir dankbar). In späte­rer Zeit wurden das Kruzi­fix und der Hinter­grund von Maler­meis­ter Sievers sen. restauriert)

Fotogra­fien von dem zerstör­ten Haus »Hergotts­häf­ner« sind Herrn Winter nicht bekannt. Für Hinwei­se sind wir dankbar.

Zu den 10 Perso­nen, die auf dem Foto zu erken­nen sind: unten von links nach rechts).

1) Aus dem Fenster im ersten Stock schaut die »Hergotts­häf­ne­re«, Frau There­sia Fischer. geb. Sachsen­mai­er, heraus -, sie kam übrigens auch bei dem Tiefflie­ger­an­griff ums Leben. (Im Foto kaum zu erkennen)

2) Josef Müller (Sepper), 34 Jahre lang Häfner beim Herrgotts­häf­ner, später Nacht­wäch­ter in Oberkochen.

3) Das kleine Mädchen ist Maria Winter, geb. Fischer, die 35 Jahre später beim Angriff umgekom­men ist. (geb. 1908)

4) Das große Mädchen ist Elsa Winter, geb. Barth­le, (geb. 1903) die 3. Frau des Eugen Winter. Winters zweite Frau Agnes, eine Schwes­ter der Maria Winter, war ebenfalls verstorben.

5) Der »Zelles Hans«, — Johan­nes (Hans) Fischer, in der Tür stehend, Gesel­le beim Hergotts­häf­ner. Der Name »Zelle« kommt angeb­lich daher, daß sich hinter dem Haus des Hans Fischer im Katzen­bach, jetzt abgeris­sen, ein »Goißasch­taal« mit einem vergit­ter­ten »Feesch­drle« befun­den hat, der gelegent­lich zum Zwecke des Einsper­ren von kleinen Quertrei­bern gedient haben soll. Andere sagen, der »Zelle« habe, wenn er sich vor seiner wortge­wal­ti­gen Frau Klara habe zurück­zie­hen wollen, immer gesagt, »jetz gang i en mei Zell«. Wieder andere wollen wissen, daß ihn die Klara immer dorthin geschickt habe, wenn er einen über den Durst getrun­ken hatte. Seine Frau Klara, geb. Elmer, genannt »Klara­bö­te« (Böte = Bötin = weibli­cher Bote) hat laut verbür­ger Überlie­fe­rung »a Gosch g’heet wiena Schwert«, das den Oberko­che­nern insofern sehr zum Nutzen gereich­te, als die »Klara­bö­te« für sie immer etwas miterle­dig­te, wenn sie in Aalen war, — so besorg­te sie Medika­men­te, gab Anzei­gen bei der Zeitung auf, und tat auch manchen behörd­li­chen Gang im Auftrag, — Sie kannte sich aus, und ihr machte man nichts vor. Sie vertrieb auch die Töpferwaren.

6) Nachbars­kind, — ungeklärt, wer.

7) Die Frau rechts des »Zelle«, mit überein­an­der­ge­schla­ge­nen Händen ist die There­sia Fischer, eine ledige Schwes­ter des Herrgotts­häf­ners, die unten im Haus zusam­men mit ihrer ebenfalls ledigen Schwes­ter Maria wohnte.

8) Der Mann mit dem weißen Hemd und den Hosen­trä­gern links am Stadel­tor ist der Wingerts Josef mit dem Hausna­men »Draier« (Dreher). Er war Holzdre­her. Vater des langjäh­ri­gen Amtsbo­ten Josef Wingert.

9) Der kleine Junge mit dem Hut ist Josef Fischer, (geb. 1906). Er war bis zu seinem Tod im Jahre 1968 Pfarrer und Geist­li­cher Rat in Augsburg/Lechhausen.

10) Ganz rechts im Bild, mit Stroh­hut, steht Josef Fischer, Herrgotts­häf­ner. Sein etwas hoch angesetz­ter vermeint­lich dicker Bauch rührt daher, daß der Herrgotts­häf­ner da oben immer sein riesi­ges Schnupf­tuch zu verstau­en pflegte.

Der Hund gehör­te nicht ins Haus.

Hinter dem Eingang führte ein Hausgang gerade­wegs durchs Haus zur Häfne­rei, neben der sich das Brenn­haus befand. Dort hatte man während des Kriegs bestimm­te Notvor­rä­te verborgen.

Das große Tor, das Scheu­ern- oder Stadel­tor, befand sich zwischen Wohnung und Stall, vor dem sich die Miste befin­det. Das kleine gekipp­te »Feesch­der­le« (kleines Fenster) gehör­te zum Stall und war der gehei­me Versteck­platz für den Hausschlüs­sel, — was mir aparter­wei­se ein Nicht­fa­mi­li­en­mit­glied bestätigte.

Links im Bild sieht man hinter einem Leiter­wa­gen einen sogenann­ten »Haraß«, eine große lufti­ge Holzkis­te, in der die Töpfer­wa­ren, das Geschirr, mit der Bahn verschickt wurde. Dahin­ter erkennt man die beiden Handgrif­fe eines »Hoara­kar­ra« (Hörner­kar­ren), einräd­rig, — ähnlich einem Schub­kar­ren, aber mit offener Ladefläche.

Der Herrgotts­häf­ner, Josef Fischer, war einer der ältes­ten und größten, mögli­cher­wei­se der größte Häfner in Oberko­chen. Er drehte auf 3 Schei­ben (Herrgotts­häf­ner, Sepper, Zelle). In den späte­ren Zwanzi­ger­jah­ren wurde der Herrgotts­häf­ner krank, sodaß die Häfne­rei 1928 aufge­ge­ben wurde. Das war auch die Zeit, in der sich die Häfne­rei­en insge­samt nicht mehr zu lohnen began­nen. Der Herrgotts­häf­ner hat in späte­ren Jahren im Gemein­de­rat als Vizeschul­thes immer wieder den gesund­heit­lich angeschla­ge­nen Bürger­meis­ter Frank vertre­ten und die Amtsge­schäf­te auch über länge­re Zeiträu­me hinweg geführt.

In seiner Eigen­schaft als Vizeschul­thes verhalf er seinem langjäh­ri­gen Häfner Sepper, nach dessen Pensio­nie­rung, zum Nacht­wäch­ter­pos­ten, den dieser bis zum Kriegs­aus­bruch innehatte.

Der im linken Bildrand angeschnit­te­ne Hausgie­bel gehört zum nicht mehr bestehen­den Haus Brunnhuber.

Dietrich Bantel

Fragen zu Bild 12:
Um welches Gebäu­de handelt es sich?
Wann wurde das Gebäu­de erstellt?
Welches Gewer­be wurde zuerst darin betrieben?

Oberkochen