Ausstellung zeigt, wie Vermesser arbeiten — und das schon seit 2000 Jahren
Trocken und nur für Insider? Wer die Ausstellung „2000 Jahre Vermessung“ besucht, wird diese Meinung schnell ändern. Und staunen, was schon die griechischen Geographen und später die mittelalterlichen Mathematiker bei der Darstellung der Erdoberfläche zustande brachten.
Aalen. Er ist ein Hingucker, der mannshohe Römer, der zwischen den ersten Stellwänden der Ausstellung aufgebaut ist. Dort erfährt der Besucher, wie der Naturphilosoph Eratosthenes von Kyrene schon 200 Jahre vor Christus den Erdumfang ausgerechnet hat und dabei auf 39 360 Kilometer gekommen ist. Aktuell geht man davon aus, dass ein um die Erde gelegtes Maßband 40 030 Kilometer lang sein müsste.
Ein Fast-Volltreffer des Griechen also, der ebenso fasziniert, wie die Leistung der Römer, deren „Agrimensoren“ mit Stab und Achsenkreuz so exakte Vermessungsarbeit leisteten, dass die 80-Limes-Kilometer gerade mal eine Abweichung von 125 Zentimeter haben. „Das wurde jetzt wissenschaftlich nachgewiesen“, erzählt Wolf-Rainer Fechner vom Ostalb-Vermessungsamt, der das Ausstellungsprojekt leitet. Und natürlich wurde bereits zu Zeiten der Römer mit Hilfe der Vermessung das Eigentum bestimmt, um darauf Steuern zu erheben.
Einige Schritte, an der Treppe vorbei, muss der Besucher zur nächsten Ausstellungsvitrine gehen. Diese Distanz symbolisiert ein Stück weit auch die vielen eher vermessungsfreien Jahre, die zwischen der römischen Besiedelung und der Neuzeit lagen. Erst 1436 und 1495 beschäftigten sich Mathematiker wie Johannes Müller und Peter Apian wieder mit der Konstruktion von Vermessungsinstrumenten. Die Ausstellung zeigt und erklärt zum Beispiel den Jakobsstab, der mit Hilfe geometrischer Winkel Entfernungen bestimmt.
Einschneidend dann wieder – und deshalb auf besonderen Schautafeln dargestellt – die Entwicklung ab 1806. Mit Kreuzscheibe, Kartentasche und Theodolit waren die Geodäten damals unterwegs. Zwischen 1818 und 1840 wurde Baden-Württemberg komplett aufgenommen. Daten dieser sogenannten „Landesvermessung“ sind bis heute in einigen Bereichen die einzigen, auf die die Katastervermessung zurückgreift.
Unter jedem Grenzstein wurden damals geheime Zeugensteine versteckt – in der Ausstellung ist das anschaulich dargestellt. Die Zeugensteine waren ein besonderes Hindernis für all jene, die eine Grenzmarkierung einfach nach Belieben versetzten. Ein Delikt – auch das verdeutlichen die Schautafeln – das in der Vergangenheit mit grausamen Strafen belegt wurde. Eingegraben bis zum Hals und dann mit dem Pflug geköpft wurde da ein Delinquent zum Beispiel.
Zeugensteine aus dem nördlichen und südlichen Ostalbkreis zeigt eine Vitrine, während Ausstellungsmacher Fechner versichert, dass die mit Wappen oder Spezialglasur versehenen Objekte unter Kennern durchaus beliebte Sammlerstücke sind.
Gewaltig schließlich der zeitliche Sprung in die nächste Vitrine: Rechenmaschinen, frühe Computer, Fachinstrumente wie etwa ein Boussolentheodolit sind da zu sehen – bis hin zu elektrooptischen Geräten, wie sie noch vor kurzem in Gebrauch waren.
Und jetzt von der Satellitenmessung abgelöst wurden. Auf den Stellwänden ist grafisch dargestellt, wie mit Hilfe von Handys, Satelliten und festen Bezugsstationen heute der Standort der Vermesser so genau bestimmt wird, dass die Abweichung weniger als einen Zentimeter beträgt. „Bei ihrem GPS im Auto haben Sie Abweichungen von bis zu drei Metern“, verdeutlicht Wolf-Rainer Fechner.
Doch damit nicht genug: Die Ausstellung zeigt auch Beispiele für Anwendungen – von der Flurneuordnung bis zum B 29-Tunnelbau. Und sie veranschaulicht, wie mit Hilfe von Scanneraufnahmen, hoch aufgelöst (180 000 Punkte) und mit 3‑D-Koordinaten versehen, planerisch Ideen in die „Wirklichkeit“ projiziert werden können.
Eröffnet wurde die Ausstellung gestern Abend von Landrat Klaus Pavel. Ewald Ocker, der Leiter des Vermessungsamtes, sprach über 2000 Jahre Vermessung. Präsident Hansjörg Schönherr vom Landesamt für Geoinformation beschrieb anschaulich, wie einst die Römer und später die Geodäten und Vermesser arbeiteten.
Anke Schwörer-Haag, Schwäbische Post