Oster­buch­stol­len und Caudemu­che
Sonder­aus­stel­lung zum Bau der Wasser­ver­sor­gung von
Oberko­chen und Dives-sur-Mer durch deutsche und franzö­si­sche Kriegsgefangene

Fast nirgend­wo in der Region Ostwürt­tem­berg ist die Sinnlo­sig­keit des Krieges besser dokumen­tier­bar als ausge­rech­net in Oberko­chen: 100 Jahre ist es her, dass deutsche Kriegs­ge­fan­ge­ne während des Ersten Weltkriegs die Quell­fas­sung für die Wasser­ver­sor­gung Oberko­chens franzö­si­scher Partner­stadt Dives-sur-Mer in der Norman­die bauen mussten, während gleich­zei­tig u.a. franzö­si­sche Kriegs­ge­fan­ge­ne den Oster­buch­stol­len der LW Landes­was­ser­ver­sor­gung und damit auch die Wasser­ver­sor­gung des damali­gen Dorfs Oberko­chen bauten.

Entdeckt und histo­risch aufge­ar­bei­tet sowie dokumen­tiert wurde dies von Dietrich Bantel, Oberko­che­ner Ehren­bür­ger und Ehren­vor­sit­zen­der des Heimat­ver­eins, anläss­lich eines Besuchs in Dives-sur-Mer.

Die kleine Sonder­aus­stel­lung des Heimat­ver­eins und der Stadt Oberko­chen belegt anhand weniger Expona­te, einigen 100 Jahre alten und wenigen aktuel­len Fotos sowie Texten, wie aus den uralten Feinden Freun­de gewor­den sind.

Familie Betzler

Auf diesem Foto ist die Familie Betzler (Wirt zum „Grünen Baum“) abgebil­det. Das am Tisch sitzen­de alte Ehepaar sind die Großel­tern des HVO-Mäzens Hans Betzler, der die Hans-Betzler-Stiftung ins Leben gerufen hat. Auf diesem Foto ist die Familie Betzler (Wirt zum „Grünen Baum“) abgebil­det. Das am Tisch sitzen­de alte Ehepaar sind die Großel­tern des HVO-Mäzens Hans Betzler, der die Hans-Betzler-Stiftung ins Leben gerufen hat.

Um die Großel­tern herum sind 1916 anläss­lich eines Heimat­be­su­ches von Sohn Paul Betzler (links außen mit Pickel­hau­be) alle 8 Kinder der Familie versam­melt. Ganz rechts im Bild: Johann Paulo, genannt Hans. Nach ihm ist die Stiftung benannt. Beide Solda­ten haben den Ersten Weltkrieg überlebt.

Franz Weber mit Schwes­tern Ida Elmer und Marie Götz sowie den Eltern Franz und Katha­ri­na Weber

„Grubwirt“ Franz Weber (1890 – 1959) mit Schwes­tern Ida Elmer und Maria Götz sowie den Eltern Franz und Katha­ri­na Weber geb. Hug.

Franz Weber war ein leiden­schaft­li­cher Bauer, der mit zäher, schwä­bi­scher Hartnä­ckig­keit an der Schol­le, an der Landwirt­schaft und insbe­son­de­re an seinen Pferden hing. 1922 übernahm er Hof und Wirtschaft von seinen Eltern.

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Joseph Paul Fischer PX mit Frau Adelheid

J. P. Fischer (1891 — 1975), den man in Oberko­chen den „Krimi­na­ler“, vor allem aber den „PX“ nannte, war das ältes­te von 17 Kindern der Oberko­che­ner Familie Johan­nes Fischer.

Mit Kriegs­aus­bruch 1914 wurde er einbe­ru­fen und kam im Winter 1916/17 zum Gebirgs­jä­ger­ba­tail­lon. Bei einem Absturz in den Alpen zog er sich lebens­ge­fähr­li­che Kopfver­let­zun­gen sowie Arm- und Beinbrü­che zu.

Nach langem Lazaret­t­auf­ent­halt trat er in Ravens­burg seinen Dienst bei der Krimi­nal­po­li­zei an. Nur sechs Jahre nach erfolg­rei­chem Abschluss der Prüfung zum Krimi­nal-Oberkom­mis­sar konnte er den Dienst wegen seiner Kopfver­let­zung nicht mehr ausüben und kehrte nach Eintritt in den Vorru­he­stand mit seiner Familie im Jahr 1927 wieder in seine Heimat Oberko­chen zurück.

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König Wilhelm II mit JP Fischer

König Wilhelm II. von Württem­berg (1848 – 1918) überreicht Joseph Paul Fischer die Golde­ne Verdienstmedaille.
Das Foto entstand 1916 auf dem Schloss­platz in Stuttgart.
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Frank­reich 1914
Anton Wunder­le, Julius Schaupp, Paul Fischer, Josef Weber, Karl Fischer, Hans Holz, Hans Gutknecht

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Josef und August Betzler

Kriegs­ta­ge­buch, 1914

Von Zweibrü­cken abgefah­ren.
Am 20. August 1914 abends nach Hornbach, die Nacht durch­ge­fah­ren.
Am 22. durch Rohrbach, wo Hunder­te von toten Deutschen und Franzo­sen lagen.

In Rohrbach sieht‘s bös aus. Hier hat der Gräuel des Krieges gehaust. Arme Bewoh­ner! Hier hatten die Franzo­sen gute Stellung. Das Bayeri­sche Heer hat aber gesäu­bert, hat aber auch viel Blut gekos­tet. Zwei Bürger­meis­ter wurden erschos­sen. Sie haben den Franzo­sen unsere Stellung verra­ten. Hier ist alles ausge­plün­dert von den Franzosen.

Wir, das Landwehr­re­gi­ment, haben auch 3 harte Tage hinter uns. Wir haben kein Brot, kein Bier, keinen Wein, keine Zigar­ren. Nachts hartes Lager. Morgens und abends etwas Kaffee­brü­he, Obst, Pflau­men, gelbe Rüben, Wasser – das ist gut. Kartof­feln werden ungeschält gegessen.

Sonntag, den 23. August
Den ganzen Tag Schlacht­feld abgelau­fen, Tode begra­ben und Uniform­stü­cke zusam­men­ge­tra­gen bei Hitze, Durst und Hunger.

Den 25. August morgens los von Monkurt (Moncourt), nüchtern, ganz taub, morgens 8 Uhr über die Grenze, den ganzen Tag marschiert bis zur Todes­er­mat­tung. Haufen­wei­se sind sie an der Straße gelegen. Dieser Tag lässt sich nicht beschrei­ben. Einen Acker Boden­rü­ben hat das Batail­lon gegessen.

Gestern Nachmit­tag, den 27. August, bin ich durch Gottes Gnade und Barmher­zig­keit vom siche­ren Tod verschont geblie­ben. 6 m von mir weg hat eine feind­li­che Kanone einge­schla­gen, ohne recht zu platzen. Dutzend­wei­se flogen die Geschos­se über unseren Köpfen, als wir im Schüt­zen­gra­ben lagen. Gott sei Lob und Preis in alle Ewigkeit.

Wie durch Gottes Wunder bin ich auch heute am 28. August von Grana­ten und Schrapnells verschont geblie­ben, obwohl Dutzen­de von Kanonen links und rechts von uns einschlu­gen. Geprie­sen sei Gott der Vater und der Sohn samt dem heil. Geist in alle Ewigkeit.

Der 29. August war ein herrli­cher Tag, Arbeit keine, Essen und Trinken im Überfluss, morgens Kaffee, Wein, Weißbrot, ein Pfund Fleisch, Bier genug und guter, herrli­cher Wein.

Am 10. Sept. rückten wir ins Schloss Sankt Nikolaus Lunewil­le (Luneville), großar­ti­ger Bau. Vom 10. auf den 11. Sept. im Schloss Nikolaus, auch mal wieder gut geschlafen.

Vom 12. auf 13. Septem­ber Sonntag bei Röschek­urt (Rechi­court), das war die scheuß­lichs­te Nacht, die ich bis jetzt erlebt habe. Im Schüt­zen­gra­ben, bei strömen­dem Regen mit eisigem Sturm­wind, Stiefel voll mit Wasser, schier erfroren.

Sonntag­mor­gen 4 Uhr mit Kochge­schirr den Schüt­zen­gra­ben ausge­schöpft. Unbeschreib­li­cher Sonntagmorgen.

Am 4. Okt. Sonntag vorm. im Schüt­zen­gra­ben bei Wick (Vic). Nachm. war Sonntags­ru­he. Wir tranken Wein und Bier in Wick (Vic), waren heiter und fröhlich bei Gesang wie in der Garnison.

Den 5. Okt. morgens 5 Uhr von Wick (Vic) abmar­schiert auf Vorpos­ten bei Becasch (Bezan­ge) an der Grenze in Frankreich.

Den 5., 6., 7. Okt. auf Vorpos­ten. Den 6. nachm. haben die Kanonen scharf daneben gepfiffen.

Am 18. Oktober, Kirch­weih­sonn­tag, morgens, wieder nach Wick (Vic) ins Quartier gekom­men. Eine Nacht im Bett geschla­fen. Am Kirch­weih­sonn­tag­nach­mit­tag Bier und Wein getrun­ken, Leber­wurst und Ochsen­maul­sa­lat gevespert.

Am 25. morgens 4 Uhr bei Regen auf Vorpos­ten, Höhe 300 bei Becasch (Bezan­ge). Abends zurück, Artil­le­rie­feu­er auf Weinberg­hö­he bei Wick. Sehr schlech­te Nacht, auf nasser Erde gefroren.

Am 1. Nov. nach Wick (Vic) gekom­men ins Quartier, nachmit­tags hat unser König uns besucht, uns begrüßt auf Parade­platz in Wick (Vic).

Am 6. Dez. war herrli­cher Sonntag in Wick (Vic), morgens in der Spital­ka­pel­le kommu­ni­ziert, 9 Uhr Predigt, Haupt­got­tes­dienst, abends Rosenkranz.

Anmer­kung zum Kriegs­ta­ge­buch des Herrn Karl Fischer
5. Kompa­nie Landwehr­re­gi­ment 2.122

Die Tagebuch­ein­tra­gun­gen veran­schau­li­chen in eindring­li­cher Weise die, aus heuti­ger Sicht, Sinnlo­sig­keit des Stellungs­kriegs im Ersten Weltkrieg.

Die 5. Kompa­nie Landwehr­re­gi­ment 2.122, Erste Bayri­sche Landwehr Divisi­on, der Karl Fischer angehör­te, beweg­te sich 14 Monate lang einmal ein wenig vor, einmal ein wenig hinter deren Kampflinie.

Im Grunde genom­men hat sich in der ganzen Zeit nichts verän­dert, außer, dass auf beiden Seiten zigtau­sen­de Menschen umgekom­men sind, zerstör­te Dörfer, verwüs­te­te Landschaft, Leid, Tränen…

Der Erste Weltkrieg koste­te 56 Oberko­che­nern das Leben. Ihnen zum Geden­ken wurde 1922 der Linden­brun­nen errichtet.

Von Frau Anna Posmik erhiel­ten wir freund­li­cher­wei­se die Zustim­mung zur Ausstel­lung des Kriegs­ta­ge­buchs ihres Vaters, Herrn Karl Fischer „Napole­on“ (23.2.1880 — 14.4.1968) aus dem Ersten Weltkrieg.

Es beginnt am 20.8.1914 mit der Abfahrt in Zweibrü­cken und endet am 8. Oktober 1915 in Avricourt/Leintrey, wo Karl Fischer schwer verwun­det, und von wo aus er 5 Tage später mit dem Lazarett­zug nach Pforz­heim trans­por­tiert wurde.

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Hafner Karl Fischer Ende der 1950er Jahre in seiner Werkstatt in der heuti­gen Heiden­hei­mer Str. 28

Ansichts­kar­ten-Album vom 1. Weltkrieg

Dieses Album erhielt Frau Helene Bosch, geb. Kunkel (1921 – 2011), die Gattin von Gustav Bosch (1914 – 1979), Bürger­meis­ter von Oberko­chen (von 1948 – 1977) im Alter von 7 Jahren von Ihrem Onkel Willi Kunkel im Jahre 1928 geschenkt.

Maria Böhner übereig­ne­te dieses Album nach dem Tod von Frau Bosch dem Heimat­ver­ein, zusam­men mit weite­ren Erinnerungsstücken.

Wir zeigen hier die inter­es­san­tes­ten der vielen Ansich­ten, die vor ca. 100 Jahren von Kriegs­be­richt­erstat­tern gezeich­net, gemalt und fotogra­fiert wurden. Sie stammen fast ausschließ­lich aus der Feder von Rudolf Kunkel, dem Vater von Helene Bosch und sind an dessen Gattin, Sofie Kunkel, Rechberg­hau­sen, Helene Boschs Mutter gerichtet.

Stell­ver­tre­tend für alle sich fast wörtlich gleichen­den Postkarten-Texte:

Meine liebe Sofie!
Sende Dir die herzlichs­ten Grüße.
Dein Rudolf
Befin­de mich wohl.
Küsse ans Rudele (den Sohn). Brief folgt.

Aus den über 100 Ansich­ten haben wir einige zu absolut typischen Themen­be­rei­chen ausge­wählt, die vom Kaiser bis hinab zum einzel­nen gekenn­zeich­ne­ten Indivi­du­um „Soldat“ reichen.

Das auf der 1. Seite aufge­schla­ge­ne Album mit Widmung

  1. Der Deutsche Kaiser und seine Heerfüh­rer, Der Kaiser und sein Generalstab
  2. Besuch des Kronprin­zen bei den Württembergern
  3. Schlach­ten, Ruinen, Feuer, (1) – Der Kaiser in Verdun – die Karten von Verdun sind 1917 abgestempelt
  4. Schlach­ten, Ruinen, Feuer, (2) – (die drei Karten im Januar, Febru­ar, und März 1915 in Schir­m­eck abgestempelt)
  5. dt./franz Grenze, franz. Infan­te­rie, Mannschaftsblockhütte
  6. irgend­wo unter­wegs, Feldpost 286, 1916–1917, Gruppen­fo­to. Bei dem nachträg­lich mit einem Kreuz gekenn­zeich­ne­ten Solda­ten handelt es sich um Rudolf Kunkel, den Vater von Helene Bosch
  7. Drei Karten aus einer großen Serie mit Gebeten Verwun­de­ter. „Vater ich rufe Dich“.
    (in der Mitte: „Führ mich zum Siege, führ mich zum Tode…“ – (Genau diesel­ben Karten gab es auf franzö­si­scher Seite…)
  8. Neujahrs­kar­ten – Frieden auf Erden im Neuen Jahr – Gott schüt­ze Euch im Neuen Jahr (Beide Karten sind am 26.12.1914 in Schir­m­eck abgestempelt)

Glocken­ab­nah­me 1917

Die Glocken beider Kirchen werden für Rüstungs­zwe­cke konfisziert.

Das 4‑Glockengeläut der Pfarr­kir­che St. Peter und Paul hing nicht einmal 2 Jahrzehn­te in Frieden. Es wurde zusam­men mit weite­ren Glocken der kath. Kirchen­ge­mein­de sowie Glocken der ev. Kirchen­ge­mein­de im Jahre 1917 abgehängt und eingeschmolzen.

Auszug aus einem Kirchen­buch­ein­trag von Pfarrer Ludwig Heilig, datiert vom 27. Juli 1917:

„Nach telefo­ni­scher Anwei­sung des Kriegs­mi­nis­te­ri­ums muss jetzt leider die Abnah­me der Glocken erfol­gen. Es kommen heut Morgen vier Pionie­re des Pionier­ba­tail­lons 13 von Ulm, welche im verei­nen mit Maurer­meis­ter Tritt­ler den Abbau besor­gen. Heute werden die drei neuen Glocken am Turm der Pfarr­kir­che abgenom­men: die Glocken gis, dis, cis. Diesel­ben wurden in der Günther­schen Fabrik gewogen.“

Tags darauf erlit­ten die alte Mauser-Glocke und das Glöck­lein in der Wiesen­ka­pel­le das gleiche Schicksal:

„Am 31. Juli wurden die 5 Glocken mit den 2 Glocken der evange­li­schen Kirche, mit Blumen und Kränzen geschmückt, auf Wagen nach Aalen geführt, um als Helden in den Tod zu gehen“.

Oberkochen
Oberkochen

Caudemu­che – Der Quell­stol­len bei Dives sur Mer

Ein unschein­ba­rer Keilstein beinhal­tet eine unver­gess­li­che Symbo­lik, die ihres­glei­chen sucht….

Mit dem Keilstein, in dem etwas schwer erkenn­bar oben „Dives“ und unten „1915“ eingra­viert ist, hat es folgen­de Bewandt­nis: Im Jahr 1915, also genau zu der Zeit, da in Oberko­chen franzö­si­sche Kriegs­ge­fan­ge­ne des Ersten Weltkriegs am Oster­buch­stol­len arbei­te­ten, bauten deutsche Kriegs­ge­fan­ge­ne des Ersten Weltkriegs den Quell­fas­sungs­stol­len der Caudemu­che – Quelle bei Dives-sur-Mer.

Oberkochen

Die Quelle mit dem norman­ni­schen Ursprungs­na­men Caudemu­che liegt 15 km südöst­lich von Dives-sur-Mer nahe Cresse­veuille bei Dozulé, dem nächst­ge­le­ge­nen größe­ren Ort. Sie ist die Haupt­quel­le des dorti­gen Quell­ge­biets, speist den Fluss „Riviè­re L’ancre“ und liefert das Wasser für Oberko­chens franzö­si­scher Partner­stadt Dives-sur-Mer.

Oberkochen

Eine weite­re inter­es­san­te Paral­le­le bilden die sich „partner­schaft­lich“ ähneln­den Landschaf­ten des Oberko­che­ner Wolfert­s­tals mit dem Oster­buch­stol­len und des Quell­tals um Cresse­veuille mit der Caudemuche-Quelle.

Oberkochen

COMENI­US-Projekt „Panta Rhei“ – Alles fließt (Heraklit)
initi­iert von den Gymna­si­en
Collè­ge Paul-Éluard, Dives-sur-Mer und Ernst-Abbé-Gymna­si­um Oberkochen

… 28. — 31. März 2011: Viertes Treffen in Oberkochen

Am Donners­tag­vor­mit­tag besich­ti­gen die Delega­tio­nen den Oster­buch­stol­len, eine 1,8 Km lange Galerie, die als Trink­was­ser­re­ser­voir für den Osten Württem­bergs bis nach Stutt­gart diente und der von 1912 bis 1917, ab 1915 von franzö­si­schen Kriegs­ge­fan­ge­nen, gebaut wurde, während deutsche Gefan­ge­ne den Stollen (als Quell­ein­fas­sung) der Caudemu­che-Quelle in Dives-sur-Mer bauten, eine bewegen­de und symbo­li­sche Begeben­heit, die ein grelles Licht auf die Geschich­te der deutsch-franzö­si­schen und der inter­na­tio­na­len Bezie­hun­gen des letzten Jahrhun­derts wirft…

…16. — 19. Mai 2011: Fünftes Treffen in Dives-sur- Mer

Diens­tag, 17. Mai: Ausflug zu der Caudemu­che-Quelle, einer sogenann­ten «hochge­le­ge­nen» Quelle in der Höhe des Aquifers, deren Stollen bzw. Einfas­sung 1915 von deutschen Kriegs­ge­fan­ge­nen ausge­gra­ben wurde. Damit wird die Verbin­dung zur gleich­zei­ti­gen Ausgra­bung des Oster­buch­stol­lens in Oberko­chen durch franzö­si­sche Kriegs­ge­fan­ge­ne herge­stellt und die Entwick­lung der deutsch-franzö­si­schen und der inter­na­tio­na­len Bezie­hun­gen in Europa im Laufe des letzten Jahrhun­derts aufge­zeigt. Bezie­hun­gen, die seit dem deutsch-franzö­si­schen Freund­schafts­ver­trag von 1963 fried­lich und sehr rege gewor­den sind und von denen die Schüler aus Dives und Oberko­chen profitieren…

Auszug aus einem Abschluss­be­richt des Ernst-Abbé-Gymna­si­ums Oberko­chen über ein sog. multi­la­te­ra­les Comeni­us-Projekt, das in den Jahren 2010 / 2011 statt­ge­fun­den hat. Ziel des Projekts war die Sensi­bi­li­sie­rung der europäi­schen Jugend­li­chen für die Bedeu­tung und die Rolle des Wassers im Leben eines Jeden.

Teilneh­mer dabei waren Schüler/innen und Lehrer/innen des Collè­ge Paul-Éluard in Dives-sur-Mer, des Ernst-Abbé Gymna­si­ums Oberko­chen, des Esze Tamás Gymna­si­ums in Mates­zal­ka, des Tallin­na Gustav Adolfi Gümnaa­si­um in Tallinn und des Bundes­gym­na­si­ums und Bundes­re­al­gym­na­si­ums Pesta­loz­zi in Graz.

Zwischen 1913 und 1917

Beim Bau des Oster­buch­stol­lens der Württem­ber­gi­schen Landes­was­ser­ver­sor­gung (LW)

Die Gesteins­mas­sen, die beim Bau des Schei­tel­stol­len­be­häl­ters (Oster­buch­stol­len) anfie­len, wurden mittels Loren, die von einer Klein-Lokomo­ti­ve gezogen wurden (stehend rechts im Führer­haus Herr Deinhard) aus dem Berg trans­por­tiert und mitten in der Talaue des sich dort teilen­den Tals (Wolfert­s­tal / Gunder­s­tal) aufge­häuft, wo sie bis heute liegen. Der Aushub­berg heißt seit dieser Zeit „der Stollen“.

Oberkochen

Oberko­che­ner waren sowohl am Bau des Stollens als auch an der Verle­gung der Rohrlei­tun­gen betei­ligt. Auf einem der Bilder ist der Landwirt Josef Grupp („Gruppa-Bauer“) zu erken­nen, der in der damali­gen Kirch­gas­se 92 (heuti­ge Aalener Str. 9) gewohnt hat.

Oberkochen

Die Arbei­ten am Oster­buch­stol­len began­nen am 1. August 1913. Bei einem Vortrieb von 5 Metern täglich war geplant, die Arbei­ten am 1. April 1915 abzuschlie­ßen. Beim Ausbruch des Ersten Weltkrie­ges war der Stollen­be­häl­ter ledig­lich zu zwei Dritteln seiner Länge ausge­bro­chen. Da viele Arbei­ter der Baufir­men zum Kriegs­dienst einge­zo­gen wurden, wurden in der Folge­zeit auch Zwangs­ar­bei­ter eingesetzt.

Rohrtrans­port

Oberkochen
Oberkochen
Oberkochen

„Ein doppel­tes Kreuz im Winter­wind, —
die Quellen ruhen im Schnee.
Ein zweifa­ches Kreuz?
Du frägst: was soll die Idee?
Dann schläfst Du weiter und stellst Dich blind.“

Oberkochen

Doppel­kreuz

Bis heute ungelöst ist die Frage nach dem Wetter­kreuz, einem sog. Lothrin­gi­schen Kreuz (Doppel­kreuz) im Wolfertstal.

In den Unter­la­gen zur Abrech­nung über den Bau der ersten Haupt­lei­tung am Oster­buch­stol­len existiert in den Archi­ven des Zweck­ver­band LW Stutt­gart eine Nieder­schrift, die den Einsatz franzö­si­scher Kriegs­ge­fan­ge­ner beim Bau des Oster­buch­stol­lens dokumen­tiert. Vermut­lich war im Wolfert­s­tal auch das Gefan­ge­nen­la­ger unter­ge­bracht, weil dort eine Quelle zur Verfü­gung stand.

Die Errich­tung des Lothrin­gi­schen Kreuzes könnte auf einen, durch die Unter­la­gen jedoch nicht nachweis­ba­ren Todes­fall, zurück­zu­füh­ren sein. Angeb­lich soll ein Gefan­ge­ner von einem Aufse­her erschla­gen worden sein. Die Oberko­che­ner Versi­on dieses bis heute nicht verbürg­ten Gesche­hens läuft jedoch nicht auf Todschlag, sondern auf einen Unfall hinaus.

Jedoch existie­ren in den Sterbe­re­gis­tern der Standes­äm­ter in Oberko­chen, Essin­gen sowie Aalen keiner­lei Einträ­ge, die auf ein entspre­chen­des Ereig­nis hinwei­sen. Das heißt, dass für die mündlich überlie­fer­te Geschich­te kein Beweis angetre­ten werden kann, weder für Unfall noch für Todschlag.

Das Doppel­kreuz, im Volks­mund Wetter­kreuz genannt, wird somit auch weiter­hin geheim­nis­um­wit­tert sein.

Bau der Landeswasserversorgung

Oberkochen

Durch ein Gesetz vom 8.7.1912 waren die Mittel für den Bau der LW bereit­ge­stellt worden. Das Landes­was­ser sollte aus seiner Fassung in der Donau­nie­de­rung (Lange­nau) von Nieders­tot­zin­gen aus auf einen auf der Schwä­bi­schen Alb hochge­le­ge­nen Behäl­ter­stol­len gepumpt werden, von wo aus es in „Eigen­leis­tung“ mittels des natür­li­chen Gefäl­les die Landes­haupt­stadt und alle dazwi­schen gelege­nen Orte errei­chen konnte.

Der Bau war für die Jahre 1912 — 1915 vorge­se­hen, was sich durch Umpla­nun­gen und Kriegs­ein­flüs­se bis 1917 hinaus­zog. Dieser höchs­te Ort (540 m über NN) lag und liegt zu einem Teil auf Oberko­che­ner Gemar­kung. Es handelt sich bei dem geplan­ten Stollen­werk um den Oster­buch­stol­len.

Dieser sogenann­te Schei­tel­be­häl­ter­stol­len hat das sehr beacht­li­che Fassungs­ver­mö­gen von 12.000 cbm Wasser. Man muss sich den 1875 m langen Stollen tunnel­för­mig gewölbt vorstel­len, ca. 3 Meter breit und ca. 2,50 Meter hoch. In der Mitte ist er durch eine senkrech­te Wand in zwei unabhän­gig vorein­an­der funktio­nie­ren­de Teilbe­häl­ter (Kammern) abgeteilt, die vollstän­dig ausbe­to­niert und mit einem Glatt­strich verse­hen sind.

Vor dem Stollen­ein­gang befin­det sich ein sogenann­tes Kupplungs­werk, in welches das aus 3 Leitun­gen ankom­men­de Wasser auf die beiden Kammern verteilt wird. Jede dieser Kammern allein ist in der Lage, die notwen­di­ge Gesamt­was­ser­men­ge aufzu­neh­men. Dadurch kann wechsel­wei­se jeweils eine der beiden Kammern gerei­nigt werden.

Vom sogenann­ten „Wasser­häus­le“ im Gunder­s­tal (rechte Abzwei­gung vom Wolfert­s­tal beim Wetter­kreuz) kann man den begeh­ba­ren Stollen besichtigen.

Die Landes­was­ser­lei­tung wurde 1918 in Betrieb genom­men. Damit war auch Oberko­chen an die Landes­was­ser­ver­sor­gung angeschlossen.

Der Oster­buch­stol­len

Oberkochen
Oberkochen
Oberkochen
Oberkochen

Quellen­an­ga­ben

Bau der Landeswasserversorgung

  • Heimat­ver­ein Oberko­chen
    Serie „Oberko­chen – Geschich­te, Landschaft, Alltag“ | Bericht 9* + 566*
  • Jubilä­ums­band „100 Trink­was­ser für Baden-Württem­berg 1912 – 2012“
    Landes­was­ser­ver­sor­gung Stutt­gart, Stutt­gart (2012)

Zwischen 1913 und 1917

  • Heimat­ver­ein Oberko­chen
    Serie „Oberko­chen – Geschich­te, Landschaft, Alltag“ | Bericht 565*
  • Frau Josefi­ne Kempf, Oberkochen
  • Jubilä­ums­band „100 Trink­was­ser für Baden-Württem­berg 1912 – 2012“
    Landes­was­ser­ver­sor­gung Stutt­gart, Stutt­gart (2012)

Caudemu­che, der Quell-Stollen bei Dives-sur-Mer

  • Heimat­ver­ein Oberko­chen
    Serie „Oberko­chen – Geschich­te, Landschaft, Alltag“ | Bericht 566*
  • Herr Dietrich Bantel, Oberkochen
  • Mme Ghislai­ne Hanse, Dives-sur-Mer

Doppel­kreuz

  • Heimat­ver­ein Oberko­chen
    Serie „Oberko­chen – Geschich­te, Landschaft, Alltag“ | Bericht 9*
  • Zweck­ver­band Landes­was­ser­ver­sor­gung Stuttgart

COMENI­US-Projekt „Panta Rhei“

  • Ernst-Abbé-Gymna­si­um Oberko­chen
    COMENIUS- Schul­part­ner­schaf­ten | Abschlussbericht

Kriegs­teil­neh­mer | Menschen der Zeitgeschichte

  • Frau Ida Brand­stet­ter, Oberkochen
  • Herr Hans Betzler jun., Balingen
  • Herr Dietrich Bantel, Oberkochen
  • Heimat­ver­ein Oberko­chen
    Serie „Oberko­chen – Geschich­te, Landschaft, Alltag“ | Bericht 253*

Auszü­ge aus dem Kriegs­ta­ge­buch des Herrn Karl Fischer
5. Kompa­nie Landwehr­re­gi­ment 2.122

  • Frau Anna Posmik, Oberkochen
  • Heimat­ver­ein Oberko­chen
    Serie „Oberko­chen – Geschich­te, Landschaft, Alltag“ | Bericht 27–29

Glocken­ab­nah­me 1917

  • Heimat­ver­ein Oberko­chen
    Serie „Oberko­chen – Geschich­te, Landschaft, Alltag“ | Bericht 6*
  • Kirchen­buch­ein­trag St. Peter und Paul vom 27.07.1917

Ansichts­kar­ten-Album vom 1. Weltkrieg

  • Frau Maria Böhner, Aalen
  • Herr Dietrich Bantel, Oberkochen

Gedenk­ta­fel zu Ehren gefal­le­ner Soldaten

  • Evange­li­sche Kirchen­ge­mein­de Oberkochen
  • Heimat­ver­ein Oberko­chen | Heimatmuseum

Bild 7: Gedächt­nis­ur­kun­de zu Ehren von Fried­rich Schäufele

  • Leihga­be von Frau Susan­ne Zweig, Oberkochen

Bild 8: „Kriegs­chro­nik 1914 – 1918
Zum steten Geden­ken für alle Zeiten“

  • Herr Dieter Gold, Oberkochen

Bild 9: „Erinne­rung an die schwe­re Zeit“

  • Heimat­ver­ein Oberko­chen | Heimatmuseum
  • Histo­ri­sche Urkun­de von Adolf Eisele, Ulm

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