Osterbuchstollen und Caudemuche
Sonderausstellung zum Bau der Wasserversorgung von
Oberkochen und Dives-sur-Mer durch deutsche und französische Kriegsgefangene
Fast nirgendwo in der Region Ostwürttemberg ist die Sinnlosigkeit des Krieges besser dokumentierbar als ausgerechnet in Oberkochen: 100 Jahre ist es her, dass deutsche Kriegsgefangene während des Ersten Weltkriegs die Quellfassung für die Wasserversorgung Oberkochens französischer Partnerstadt Dives-sur-Mer in der Normandie bauen mussten, während gleichzeitig u.a. französische Kriegsgefangene den Osterbuchstollen der LW Landeswasserversorgung und damit auch die Wasserversorgung des damaligen Dorfs Oberkochen bauten.
Entdeckt und historisch aufgearbeitet sowie dokumentiert wurde dies von Dietrich Bantel, Oberkochener Ehrenbürger und Ehrenvorsitzender des Heimatvereins, anlässlich eines Besuchs in Dives-sur-Mer.
Die kleine Sonderausstellung des Heimatvereins und der Stadt Oberkochen belegt anhand weniger Exponate, einigen 100 Jahre alten und wenigen aktuellen Fotos sowie Texten, wie aus den uralten Feinden Freunde geworden sind.

Familie Betzler
Auf diesem Foto ist die Familie Betzler (Wirt zum „Grünen Baum“) abgebildet. Das am Tisch sitzende alte Ehepaar sind die Großeltern des HVO-Mäzens Hans Betzler, der die Hans-Betzler-Stiftung ins Leben gerufen hat. Auf diesem Foto ist die Familie Betzler (Wirt zum „Grünen Baum“) abgebildet. Das am Tisch sitzende alte Ehepaar sind die Großeltern des HVO-Mäzens Hans Betzler, der die Hans-Betzler-Stiftung ins Leben gerufen hat.
Um die Großeltern herum sind 1916 anlässlich eines Heimatbesuches von Sohn Paul Betzler (links außen mit Pickelhaube) alle 8 Kinder der Familie versammelt. Ganz rechts im Bild: Johann Paulo, genannt Hans. Nach ihm ist die Stiftung benannt. Beide Soldaten haben den Ersten Weltkrieg überlebt.

Franz Weber mit Schwestern Ida Elmer und Marie Götz sowie den Eltern Franz und Katharina Weber
„Grubwirt“ Franz Weber (1890 – 1959) mit Schwestern Ida Elmer und Maria Götz sowie den Eltern Franz und Katharina Weber geb. Hug.
Franz Weber war ein leidenschaftlicher Bauer, der mit zäher, schwäbischer Hartnäckigkeit an der Scholle, an der Landwirtschaft und insbesondere an seinen Pferden hing. 1922 übernahm er Hof und Wirtschaft von seinen Eltern.

Joseph Paul Fischer PX mit Frau Adelheid
J. P. Fischer (1891 — 1975), den man in Oberkochen den „Kriminaler“, vor allem aber den „PX“ nannte, war das älteste von 17 Kindern der Oberkochener Familie Johannes Fischer.
Mit Kriegsausbruch 1914 wurde er einberufen und kam im Winter 1916/17 zum Gebirgsjägerbataillon. Bei einem Absturz in den Alpen zog er sich lebensgefährliche Kopfverletzungen sowie Arm- und Beinbrüche zu.
Nach langem Lazarettaufenthalt trat er in Ravensburg seinen Dienst bei der Kriminalpolizei an. Nur sechs Jahre nach erfolgreichem Abschluss der Prüfung zum Kriminal-Oberkommissar konnte er den Dienst wegen seiner Kopfverletzung nicht mehr ausüben und kehrte nach Eintritt in den Vorruhestand mit seiner Familie im Jahr 1927 wieder in seine Heimat Oberkochen zurück.

König Wilhelm II mit JP Fischer
Das Foto entstand 1916 auf dem Schlossplatz in Stuttgart.

Frankreich 1914
Anton Wunderle, Julius Schaupp, Paul Fischer, Josef Weber, Karl Fischer, Hans Holz, Hans Gutknecht

Josef und August Betzler
Kriegstagebuch, 1914
Von Zweibrücken abgefahren.
Am 20. August 1914 abends nach Hornbach, die Nacht durchgefahren.
Am 22. durch Rohrbach, wo Hunderte von toten Deutschen und Franzosen lagen.
In Rohrbach sieht‘s bös aus. Hier hat der Gräuel des Krieges gehaust. Arme Bewohner! Hier hatten die Franzosen gute Stellung. Das Bayerische Heer hat aber gesäubert, hat aber auch viel Blut gekostet. Zwei Bürgermeister wurden erschossen. Sie haben den Franzosen unsere Stellung verraten. Hier ist alles ausgeplündert von den Franzosen.
Wir, das Landwehrregiment, haben auch 3 harte Tage hinter uns. Wir haben kein Brot, kein Bier, keinen Wein, keine Zigarren. Nachts hartes Lager. Morgens und abends etwas Kaffeebrühe, Obst, Pflaumen, gelbe Rüben, Wasser – das ist gut. Kartoffeln werden ungeschält gegessen.
Sonntag, den 23. August
Den ganzen Tag Schlachtfeld abgelaufen, Tode begraben und Uniformstücke zusammengetragen bei Hitze, Durst und Hunger.
Den 25. August morgens los von Monkurt (Moncourt), nüchtern, ganz taub, morgens 8 Uhr über die Grenze, den ganzen Tag marschiert bis zur Todesermattung. Haufenweise sind sie an der Straße gelegen. Dieser Tag lässt sich nicht beschreiben. Einen Acker Bodenrüben hat das Bataillon gegessen.
Gestern Nachmittag, den 27. August, bin ich durch Gottes Gnade und Barmherzigkeit vom sicheren Tod verschont geblieben. 6 m von mir weg hat eine feindliche Kanone eingeschlagen, ohne recht zu platzen. Dutzendweise flogen die Geschosse über unseren Köpfen, als wir im Schützengraben lagen. Gott sei Lob und Preis in alle Ewigkeit.
Wie durch Gottes Wunder bin ich auch heute am 28. August von Granaten und Schrapnells verschont geblieben, obwohl Dutzende von Kanonen links und rechts von uns einschlugen. Gepriesen sei Gott der Vater und der Sohn samt dem heil. Geist in alle Ewigkeit.
Der 29. August war ein herrlicher Tag, Arbeit keine, Essen und Trinken im Überfluss, morgens Kaffee, Wein, Weißbrot, ein Pfund Fleisch, Bier genug und guter, herrlicher Wein.
Am 10. Sept. rückten wir ins Schloss Sankt Nikolaus Lunewille (Luneville), großartiger Bau. Vom 10. auf den 11. Sept. im Schloss Nikolaus, auch mal wieder gut geschlafen.
Vom 12. auf 13. September Sonntag bei Röschekurt (Rechicourt), das war die scheußlichste Nacht, die ich bis jetzt erlebt habe. Im Schützengraben, bei strömendem Regen mit eisigem Sturmwind, Stiefel voll mit Wasser, schier erfroren.
Sonntagmorgen 4 Uhr mit Kochgeschirr den Schützengraben ausgeschöpft. Unbeschreiblicher Sonntagmorgen.
Am 4. Okt. Sonntag vorm. im Schützengraben bei Wick (Vic). Nachm. war Sonntagsruhe. Wir tranken Wein und Bier in Wick (Vic), waren heiter und fröhlich bei Gesang wie in der Garnison.
Den 5. Okt. morgens 5 Uhr von Wick (Vic) abmarschiert auf Vorposten bei Becasch (Bezange) an der Grenze in Frankreich.
Den 5., 6., 7. Okt. auf Vorposten. Den 6. nachm. haben die Kanonen scharf daneben gepfiffen.
Am 18. Oktober, Kirchweihsonntag, morgens, wieder nach Wick (Vic) ins Quartier gekommen. Eine Nacht im Bett geschlafen. Am Kirchweihsonntagnachmittag Bier und Wein getrunken, Leberwurst und Ochsenmaulsalat gevespert.
Am 25. morgens 4 Uhr bei Regen auf Vorposten, Höhe 300 bei Becasch (Bezange). Abends zurück, Artilleriefeuer auf Weinberghöhe bei Wick. Sehr schlechte Nacht, auf nasser Erde gefroren.
Am 1. Nov. nach Wick (Vic) gekommen ins Quartier, nachmittags hat unser König uns besucht, uns begrüßt auf Paradeplatz in Wick (Vic).
Am 6. Dez. war herrlicher Sonntag in Wick (Vic), morgens in der Spitalkapelle kommuniziert, 9 Uhr Predigt, Hauptgottesdienst, abends Rosenkranz.
Anmerkung zum Kriegstagebuch des Herrn Karl Fischer
5. Kompanie Landwehrregiment 2.122
Die Tagebucheintragungen veranschaulichen in eindringlicher Weise die, aus heutiger Sicht, Sinnlosigkeit des Stellungskriegs im Ersten Weltkrieg.
Die 5. Kompanie Landwehrregiment 2.122, Erste Bayrische Landwehr Division, der Karl Fischer angehörte, bewegte sich 14 Monate lang einmal ein wenig vor, einmal ein wenig hinter deren Kampflinie.
Im Grunde genommen hat sich in der ganzen Zeit nichts verändert, außer, dass auf beiden Seiten zigtausende Menschen umgekommen sind, zerstörte Dörfer, verwüstete Landschaft, Leid, Tränen…
Der Erste Weltkrieg kostete 56 Oberkochenern das Leben. Ihnen zum Gedenken wurde 1922 der Lindenbrunnen errichtet.
Von Frau Anna Posmik erhielten wir freundlicherweise die Zustimmung zur Ausstellung des Kriegstagebuchs ihres Vaters, Herrn Karl Fischer „Napoleon“ (23.2.1880 — 14.4.1968) aus dem Ersten Weltkrieg.
Es beginnt am 20.8.1914 mit der Abfahrt in Zweibrücken und endet am 8. Oktober 1915 in Avricourt/Leintrey, wo Karl Fischer schwer verwundet, und von wo aus er 5 Tage später mit dem Lazarettzug nach Pforzheim transportiert wurde.

Hafner Karl Fischer Ende der 1950er Jahre in seiner Werkstatt in der heutigen Heidenheimer Str. 28
Ansichtskarten-Album vom 1. Weltkrieg
Dieses Album erhielt Frau Helene Bosch, geb. Kunkel (1921 – 2011), die Gattin von Gustav Bosch (1914 – 1979), Bürgermeister von Oberkochen (von 1948 – 1977) im Alter von 7 Jahren von Ihrem Onkel Willi Kunkel im Jahre 1928 geschenkt.
Maria Böhner übereignete dieses Album nach dem Tod von Frau Bosch dem Heimatverein, zusammen mit weiteren Erinnerungsstücken.
Wir zeigen hier die interessantesten der vielen Ansichten, die vor ca. 100 Jahren von Kriegsberichterstattern gezeichnet, gemalt und fotografiert wurden. Sie stammen fast ausschließlich aus der Feder von Rudolf Kunkel, dem Vater von Helene Bosch und sind an dessen Gattin, Sofie Kunkel, Rechberghausen, Helene Boschs Mutter gerichtet.
Stellvertretend für alle sich fast wörtlich gleichenden Postkarten-Texte:
Meine liebe Sofie!
Sende Dir die herzlichsten Grüße.
Dein Rudolf
Befinde mich wohl.
Küsse ans Rudele (den Sohn). Brief folgt.
Aus den über 100 Ansichten haben wir einige zu absolut typischen Themenbereichen ausgewählt, die vom Kaiser bis hinab zum einzelnen gekennzeichneten Individuum „Soldat“ reichen.
Das auf der 1. Seite aufgeschlagene Album mit Widmung
- Der Deutsche Kaiser und seine Heerführer, Der Kaiser und sein Generalstab
- Besuch des Kronprinzen bei den Württembergern
- Schlachten, Ruinen, Feuer, (1) – Der Kaiser in Verdun – die Karten von Verdun sind 1917 abgestempelt
- Schlachten, Ruinen, Feuer, (2) – (die drei Karten im Januar, Februar, und März 1915 in Schirmeck abgestempelt)
- dt./franz Grenze, franz. Infanterie, Mannschaftsblockhütte
- irgendwo unterwegs, Feldpost 286, 1916–1917, Gruppenfoto. Bei dem nachträglich mit einem Kreuz gekennzeichneten Soldaten handelt es sich um Rudolf Kunkel, den Vater von Helene Bosch
- Drei Karten aus einer großen Serie mit Gebeten Verwundeter. „Vater ich rufe Dich“.
(in der Mitte: „Führ mich zum Siege, führ mich zum Tode…“ – (Genau dieselben Karten gab es auf französischer Seite…) - Neujahrskarten – Frieden auf Erden im Neuen Jahr – Gott schütze Euch im Neuen Jahr (Beide Karten sind am 26.12.1914 in Schirmeck abgestempelt)
Glockenabnahme 1917
Die Glocken beider Kirchen werden für Rüstungszwecke konfisziert.
Das 4‑Glockengeläut der Pfarrkirche St. Peter und Paul hing nicht einmal 2 Jahrzehnte in Frieden. Es wurde zusammen mit weiteren Glocken der kath. Kirchengemeinde sowie Glocken der ev. Kirchengemeinde im Jahre 1917 abgehängt und eingeschmolzen.
Auszug aus einem Kirchenbucheintrag von Pfarrer Ludwig Heilig, datiert vom 27. Juli 1917:
„Nach telefonischer Anweisung des Kriegsministeriums muss jetzt leider die Abnahme der Glocken erfolgen. Es kommen heut Morgen vier Pioniere des Pionierbataillons 13 von Ulm, welche im vereinen mit Maurermeister Trittler den Abbau besorgen. Heute werden die drei neuen Glocken am Turm der Pfarrkirche abgenommen: die Glocken gis, dis, cis. Dieselben wurden in der Güntherschen Fabrik gewogen.“
Tags darauf erlitten die alte Mauser-Glocke und das Glöcklein in der Wiesenkapelle das gleiche Schicksal:
„Am 31. Juli wurden die 5 Glocken mit den 2 Glocken der evangelischen Kirche, mit Blumen und Kränzen geschmückt, auf Wagen nach Aalen geführt, um als Helden in den Tod zu gehen“.


Caudemuche – Der Quellstollen bei Dives sur Mer
Ein unscheinbarer Keilstein beinhaltet eine unvergessliche Symbolik, die ihresgleichen sucht….
Mit dem Keilstein, in dem etwas schwer erkennbar oben „Dives“ und unten „1915“ eingraviert ist, hat es folgende Bewandtnis: Im Jahr 1915, also genau zu der Zeit, da in Oberkochen französische Kriegsgefangene des Ersten Weltkriegs am Osterbuchstollen arbeiteten, bauten deutsche Kriegsgefangene des Ersten Weltkriegs den Quellfassungsstollen der Caudemuche – Quelle bei Dives-sur-Mer.

Die Quelle mit dem normannischen Ursprungsnamen Caudemuche liegt 15 km südöstlich von Dives-sur-Mer nahe Cresseveuille bei Dozulé, dem nächstgelegenen größeren Ort. Sie ist die Hauptquelle des dortigen Quellgebiets, speist den Fluss „Rivière L’ancre“ und liefert das Wasser für Oberkochens französischer Partnerstadt Dives-sur-Mer.

Eine weitere interessante Parallele bilden die sich „partnerschaftlich“ ähnelnden Landschaften des Oberkochener Wolfertstals mit dem Osterbuchstollen und des Quelltals um Cresseveuille mit der Caudemuche-Quelle.

COMENIUS-Projekt „Panta Rhei“ – Alles fließt (Heraklit)
initiiert von den Gymnasien
Collège Paul-Éluard, Dives-sur-Mer und Ernst-Abbé-Gymnasium Oberkochen
… 28. — 31. März 2011: Viertes Treffen in Oberkochen
Am Donnerstagvormittag besichtigen die Delegationen den Osterbuchstollen, eine 1,8 Km lange Galerie, die als Trinkwasserreservoir für den Osten Württembergs bis nach Stuttgart diente und der von 1912 bis 1917, ab 1915 von französischen Kriegsgefangenen, gebaut wurde, während deutsche Gefangene den Stollen (als Quelleinfassung) der Caudemuche-Quelle in Dives-sur-Mer bauten, eine bewegende und symbolische Begebenheit, die ein grelles Licht auf die Geschichte der deutsch-französischen und der internationalen Beziehungen des letzten Jahrhunderts wirft…
…16. — 19. Mai 2011: Fünftes Treffen in Dives-sur- Mer
Dienstag, 17. Mai: Ausflug zu der Caudemuche-Quelle, einer sogenannten «hochgelegenen» Quelle in der Höhe des Aquifers, deren Stollen bzw. Einfassung 1915 von deutschen Kriegsgefangenen ausgegraben wurde. Damit wird die Verbindung zur gleichzeitigen Ausgrabung des Osterbuchstollens in Oberkochen durch französische Kriegsgefangene hergestellt und die Entwicklung der deutsch-französischen und der internationalen Beziehungen in Europa im Laufe des letzten Jahrhunderts aufgezeigt. Beziehungen, die seit dem deutsch-französischen Freundschaftsvertrag von 1963 friedlich und sehr rege geworden sind und von denen die Schüler aus Dives und Oberkochen profitieren…
Auszug aus einem Abschlussbericht des Ernst-Abbé-Gymnasiums Oberkochen über ein sog. multilaterales Comenius-Projekt, das in den Jahren 2010 / 2011 stattgefunden hat. Ziel des Projekts war die Sensibilisierung der europäischen Jugendlichen für die Bedeutung und die Rolle des Wassers im Leben eines Jeden.
Teilnehmer dabei waren Schüler/innen und Lehrer/innen des Collège Paul-Éluard in Dives-sur-Mer, des Ernst-Abbé Gymnasiums Oberkochen, des Esze Tamás Gymnasiums in Mateszalka, des Tallinna Gustav Adolfi Gümnaasium in Tallinn und des Bundesgymnasiums und Bundesrealgymnasiums Pestalozzi in Graz.
Zwischen 1913 und 1917
Beim Bau des Osterbuchstollens der Württembergischen Landeswasserversorgung (LW)
Die Gesteinsmassen, die beim Bau des Scheitelstollenbehälters (Osterbuchstollen) anfielen, wurden mittels Loren, die von einer Klein-Lokomotive gezogen wurden (stehend rechts im Führerhaus Herr Deinhard) aus dem Berg transportiert und mitten in der Talaue des sich dort teilenden Tals (Wolfertstal / Gunderstal) aufgehäuft, wo sie bis heute liegen. Der Aushubberg heißt seit dieser Zeit „der Stollen“.

Oberkochener waren sowohl am Bau des Stollens als auch an der Verlegung der Rohrleitungen beteiligt. Auf einem der Bilder ist der Landwirt Josef Grupp („Gruppa-Bauer“) zu erkennen, der in der damaligen Kirchgasse 92 (heutige Aalener Str. 9) gewohnt hat.

Die Arbeiten am Osterbuchstollen begannen am 1. August 1913. Bei einem Vortrieb von 5 Metern täglich war geplant, die Arbeiten am 1. April 1915 abzuschließen. Beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges war der Stollenbehälter lediglich zu zwei Dritteln seiner Länge ausgebrochen. Da viele Arbeiter der Baufirmen zum Kriegsdienst eingezogen wurden, wurden in der Folgezeit auch Zwangsarbeiter eingesetzt.
Rohrtransport



„Ein doppeltes Kreuz im Winterwind, —
die Quellen ruhen im Schnee.
Ein zweifaches Kreuz?
Du frägst: was soll die Idee?
Dann schläfst Du weiter und stellst Dich blind.“

Doppelkreuz
Bis heute ungelöst ist die Frage nach dem Wetterkreuz, einem sog. Lothringischen Kreuz (Doppelkreuz) im Wolfertstal.
In den Unterlagen zur Abrechnung über den Bau der ersten Hauptleitung am Osterbuchstollen existiert in den Archiven des Zweckverband LW Stuttgart eine Niederschrift, die den Einsatz französischer Kriegsgefangener beim Bau des Osterbuchstollens dokumentiert. Vermutlich war im Wolfertstal auch das Gefangenenlager untergebracht, weil dort eine Quelle zur Verfügung stand.
Die Errichtung des Lothringischen Kreuzes könnte auf einen, durch die Unterlagen jedoch nicht nachweisbaren Todesfall, zurückzuführen sein. Angeblich soll ein Gefangener von einem Aufseher erschlagen worden sein. Die Oberkochener Version dieses bis heute nicht verbürgten Geschehens läuft jedoch nicht auf Todschlag, sondern auf einen Unfall hinaus.
Jedoch existieren in den Sterberegistern der Standesämter in Oberkochen, Essingen sowie Aalen keinerlei Einträge, die auf ein entsprechendes Ereignis hinweisen. Das heißt, dass für die mündlich überlieferte Geschichte kein Beweis angetreten werden kann, weder für Unfall noch für Todschlag.
Das Doppelkreuz, im Volksmund Wetterkreuz genannt, wird somit auch weiterhin geheimnisumwittert sein.
Bau der Landeswasserversorgung

Durch ein Gesetz vom 8.7.1912 waren die Mittel für den Bau der LW bereitgestellt worden. Das Landeswasser sollte aus seiner Fassung in der Donauniederung (Langenau) von Niederstotzingen aus auf einen auf der Schwäbischen Alb hochgelegenen Behälterstollen gepumpt werden, von wo aus es in „Eigenleistung“ mittels des natürlichen Gefälles die Landeshauptstadt und alle dazwischen gelegenen Orte erreichen konnte.
Der Bau war für die Jahre 1912 — 1915 vorgesehen, was sich durch Umplanungen und Kriegseinflüsse bis 1917 hinauszog. Dieser höchste Ort (540 m über NN) lag und liegt zu einem Teil auf Oberkochener Gemarkung. Es handelt sich bei dem geplanten Stollenwerk um den Osterbuchstollen.
Dieser sogenannte Scheitelbehälterstollen hat das sehr beachtliche Fassungsvermögen von 12.000 cbm Wasser. Man muss sich den 1875 m langen Stollen tunnelförmig gewölbt vorstellen, ca. 3 Meter breit und ca. 2,50 Meter hoch. In der Mitte ist er durch eine senkrechte Wand in zwei unabhängig voreinander funktionierende Teilbehälter (Kammern) abgeteilt, die vollständig ausbetoniert und mit einem Glattstrich versehen sind.
Vor dem Stolleneingang befindet sich ein sogenanntes Kupplungswerk, in welches das aus 3 Leitungen ankommende Wasser auf die beiden Kammern verteilt wird. Jede dieser Kammern allein ist in der Lage, die notwendige Gesamtwassermenge aufzunehmen. Dadurch kann wechselweise jeweils eine der beiden Kammern gereinigt werden.
Vom sogenannten „Wasserhäusle“ im Gunderstal (rechte Abzweigung vom Wolfertstal beim Wetterkreuz) kann man den begehbaren Stollen besichtigen.
Die Landeswasserleitung wurde 1918 in Betrieb genommen. Damit war auch Oberkochen an die Landeswasserversorgung angeschlossen.
Der Osterbuchstollen




Quellenangaben
Bau der Landeswasserversorgung
- Heimatverein Oberkochen
Serie „Oberkochen – Geschichte, Landschaft, Alltag“ | Bericht 9* + 566* - Jubiläumsband „100 Trinkwasser für Baden-Württemberg 1912 – 2012“
Landeswasserversorgung Stuttgart, Stuttgart (2012)
Zwischen 1913 und 1917
- Heimatverein Oberkochen
Serie „Oberkochen – Geschichte, Landschaft, Alltag“ | Bericht 565* - Frau Josefine Kempf, Oberkochen
- Jubiläumsband „100 Trinkwasser für Baden-Württemberg 1912 – 2012“
Landeswasserversorgung Stuttgart, Stuttgart (2012)
Caudemuche, der Quell-Stollen bei Dives-sur-Mer
- Heimatverein Oberkochen
Serie „Oberkochen – Geschichte, Landschaft, Alltag“ | Bericht 566* - Herr Dietrich Bantel, Oberkochen
- Mme Ghislaine Hanse, Dives-sur-Mer
Doppelkreuz
- Heimatverein Oberkochen
Serie „Oberkochen – Geschichte, Landschaft, Alltag“ | Bericht 9* - Zweckverband Landeswasserversorgung Stuttgart
COMENIUS-Projekt „Panta Rhei“
- Ernst-Abbé-Gymnasium Oberkochen
COMENIUS- Schulpartnerschaften | Abschlussbericht
Kriegsteilnehmer | Menschen der Zeitgeschichte
- Frau Ida Brandstetter, Oberkochen
- Herr Hans Betzler jun., Balingen
- Herr Dietrich Bantel, Oberkochen
- Heimatverein Oberkochen
Serie „Oberkochen – Geschichte, Landschaft, Alltag“ | Bericht 253*
Auszüge aus dem Kriegstagebuch des Herrn Karl Fischer
5. Kompanie Landwehrregiment 2.122
- Frau Anna Posmik, Oberkochen
- Heimatverein Oberkochen
Serie „Oberkochen – Geschichte, Landschaft, Alltag“ | Bericht 27–29
Glockenabnahme 1917
- Heimatverein Oberkochen
Serie „Oberkochen – Geschichte, Landschaft, Alltag“ | Bericht 6* - Kirchenbucheintrag St. Peter und Paul vom 27.07.1917
Ansichtskarten-Album vom 1. Weltkrieg
- Frau Maria Böhner, Aalen
- Herr Dietrich Bantel, Oberkochen
Gedenktafel zu Ehren gefallener Soldaten
- Evangelische Kirchengemeinde Oberkochen
- Heimatverein Oberkochen | Heimatmuseum
Bild 7: Gedächtnisurkunde zu Ehren von Friedrich Schäufele
- Leihgabe von Frau Susanne Zweig, Oberkochen
Bild 8: „Kriegschronik 1914 – 1918
Zum steten Gedenken für alle Zeiten“
- Herr Dieter Gold, Oberkochen
Bild 9: „Erinnerung an die schwere Zeit“
- Heimatverein Oberkochen | Heimatmuseum
- Historische Urkunde von Adolf Eisele, Ulm