gesam­melt von Karl Günter (gest. 1934) und Alfons Mager (gest. 1946)

Durch die Indus­tria­li­sie­rung und Bevöl­ke­rungs­um­schich­tung vor und insbe­son­de­re nach dem Zweiten Weltkrieg in Oberko­chen wurde das alte Brauch­tum immer mehr verschüt­tet und fiel der Verges­sen­heit anheim. Haupt­leh­rer Günter hat in den Zwanzi­ger­jah­ren eine ausführ­li­che Sammlung volks­tüm­li­cher Überlie­fe­run­gen in Oberko­chen geschrie­ben, aus der die nachste­hen­den Aufzeich­nun­gen aber nur solche Bräuche berück­sich­ti­gen, die für Oberko­chen typisch sind und ander­er­orts nicht in gleicher Weise gepflegt worden sind.

Feste und Feier­ta­ge im Jahreslauf

a) Nikolaus­tag. Am Abend des Nikolaus­ta­ges (6. Dezem­ber) kommt (vorwie­gend in katho­li­schen Häusern) der Nikolaus zu den Kindern. Vermummt in ein weißes Kleid oder einen langen Mantel, aus dem nur der lange weiße Bart hervor­schaut, mit einem Sack oder Korb bepackt und einer Rute in der Hand, macht er mit einer Glocke die Kinder auf sein Kommen aufmerk­sam und bange. — In den letzten Jahren erscheint er auch in Bischofs­tracht mit einem Bischofs­stab. In seiner Beglei­tung befin­det sich dann der dunkel geklei­de­te Knecht Ruprecht. — Nachdem er vor der Türe nochmals geschellt hat, tritt er ein und sagt: »Ich bin der heili­ge Nikolaus und bin vom lieben Gott gesandt.« Sodann fordert er die Kinder zum Beten auf und fragt die Eltern, welche Kinder im vergan­ge­nen Jahr brav und gehor­sam, welche böse und unfolg­sam gewesen seien. Die Artigen beschenkt er mit Äpfeln, Nüssen und Kuchen, während die Ungehor­sa­men und Trägen leich­te Ruten­strei­che empfan­gen. Ist der Nikolaus wieder fort, so hört man die Kinder oft rufen: »D’r Nikolaus ist komme und hot mir Äpfel und Nüss’ verehrt, und wie er mi hot g’schlaga, han i recht wütich plärrt.« Früher zogen die Kinder am Nikolaus­tag im Ort herum von Haus zu Haus, wünsch­ten den Leuten Gottes Segen, indem sie densel­ben zurie­fen: »Guts Johr, guts Johr, daß ’s Korn gut g’rot bis Johr!« Dafür wurden sie mit Äpfeln, Nüssen und Backwerk beschenkt. Da diese Sitte erwünsch­te Gelegen­heit zum Betteln gab, zogen mit der Zeit auch erwach­se­ne Leute im Dorfe umher.

b) Klopf­ta­ge. An den dem Weihnachts­fest voraus­ge­hen­den drei Donners­ta­gen warf man früher Erbsen an die Fenster, ohne Zweifel wohl als Warnung vor den in diesen Geister­näch­ten umher­schwär­men­den überir­di­schen Wesen. Später war nur noch der letzte Donners­tag vor Weihnach­ten als Klopf­tag, hier »Anklopf­et«, von Bedeu­tung. Ähnlich wie am Nikolaus­tag zogen auch an diesem Tage nament­lich die Kinder ärmerer Leute bettelnd im Dorfe umher. Auch wurden die Kinder von ihren Paten mit Brezeln und »Zöpfen« beschenkt.

c) Weihnachts­fest. Am Weihnachts­fest trieben die Leute schon in aller Frühe, oft noch in der Dunkel­heit, ihr Vieh zur Tränke. Einer suchte dem anderen zuvor­zu­kom­men. Nach dem Volks­glau­ben sollen nämlich die Brunnen um diese Zeit Wein gegeben haben, und das Vieh, das davon getrun­ken hatte, das ganze Jahr schön und gesund geblie­ben sein.

Als Weihnachts­baum diente früher neben dem Tannen­baum ein Linden oder Kirsch­baum­zweig, der, am Barbara­tag (drei Wochen vor Weihnach­ten) geholt und ins Wasser gestellt, bis zum Christ­fest ausge­schla­gen hatte.

d) Stepha­nus- oder Johan­nis­tag. Am Stepha­nus- oder Johan­nis­tag rechne­ten die Geschäfts­leu­te unter sich und mit ihren Kunden für die im abgelau­fe­nen Jahr hindurch gelie­fer­ten Waren und geleis­te­ten Arbei­ten ab.

e) Silves­ter­abend. Am Silves­ter­abend pfleg­te früher der Nacht­wäch­ter mit einigen Freun­den vor den Häusern das Neujahr anzusin­gen. Sie wurden dafür mit Natura­li­en aller Art und auch mit Geld beschenkt.

f) Palmsonn­tag. Am Palmsonn­tag tragen die katho­li­schen Kinder manch­mal ziemlich große und mit Bändern geschmück­te Palmzwei­ge zur Kirche, um diesel­ben weihen zu lassen. Nach erfolg­ter Weihe werden diesel­ben im Garten so lange aufge­steckt, »bis es zum ersten­mal donnert.« Dann werden die Zweige in den Stall, einzel­ne Kätzchen davon sogar auch in das Bett gebracht, um jede Krank­heit von Menschen und Tieren fernzu­hal­ten. Die Kinder erhal­ten von ihren Paten eine Brezel.

g) Oster­fest. Am Oster­fest erhal­ten die Kinder wie überall Süßig­kei­ten und Eier. Sehr beliebt war bei den Kindern das Aufkip­pen der Eier. Wessen Ei beim Zusam­men­sto­ßen der Spitzen einen Sprung oder ein Loch erhielt, hatte verlo­ren. Er mußte sein Ei dem Sieger abtre­ten. Auch das Eierwer­fen war bekannt. Von zwei Kindern hielt das eine ein Ei in der Hand, während das andere ein Geldstück in dassel­be zu werfen versuch­te. Gelang es ihm nach dreima­li­gem Wurf, so erhielt er das Ei, mußte aber das Geldstück dem anderen Teil überlas­sen. Bei der katho­li­schen Bevöl­ke­rung kennt man auch die sogenann­te Oster­tau­fe, d.h. das Weihen der Fluren mit Wasser.

h) Erster Mai. In der ersten Mainacht wird vielfach auch heute noch mutwil­li­ger Scherz getrie­ben. Im Freien stehen­ge­blie­be­ne Geräte werden von jungen Leuten heimlich versteckt, Wagen abgebro­chen und die einzel­nen Teile überall hinge­führt. Auch stecken die ledigen Burschen ihren Mädchen »Maien« aufs Haus.

i) Himmel­fahrts­tag. Am Himmel­fahrts­fest wurden, möglichst schon vor Sonnen­auf­gang, von ledigen Mädchen Himmel­fahrts­blüm­chen, die hier Mausöhr­le genannt werden, geholt und Kränz­chen gewun­den, um das Jahr über gegen Blitz­schlag in der Stube aufge­hängt zu werden. Ebenfalls schon in aller Frühe ging die katho­li­sche Bevöl­ke­rung auf den Rodstein zum Kreuz. Auch die verschie­de­nen Verei­ne betei­lig­ten sich an dieser Prozes­si­on. Unter dem Kreuz wurden im Wechsel einige Kirchen­lie­der gesungen.

k) Pfingst­mon­tag. Am Pfingst­mon­tag wurde früher ein Vieh- und Krämer­markt abgehal­ten, der im Volks­mund Zucker­les- oder Kräpfles­markt genannt wurde. In den letzten Jahren erleb­te dieser Pfingst­markt wieder einen Aufschwung. Vieh wird aber schon viele Jahre lang nicht mehr aufgetrieben.

1) Marti­ni (11. Novem­ber) war der Wander­tag der Dienst­bo­ten. Nachts kam zu den Kindern der Pelzmär­tel, eine ähnli­che Erschei­nung wie der Nikolaus, und brach­te ihnen Nüsse, Zwetsch­gen und Äpfel.

Der mensch­li­che Lebenslauf

a) Ein Kind wird geboren. Das erste Geschenk, das die Mutter des Neuge­bo­re­nen erhielt, und zwar ein Geldge­schenk, bekam sie von den Paten an der Taufe. Später wurde sie »heimge­sucht«, d.h. die Paten brach­ten ihr eine Weinsup­pe, andere Verwand­te und Bekann­te dagegen einen Hefekranz oder einen Gugelhopf.

Nach der kirch­li­chen Taufhand­lung fand der Taufschmaus statt, an welchem neben den Paten auch noch die nächs­ten Verwand­ten teilnah­men (auch noch heute). »Kranzes« und Kaffee fehlten in der Regel nicht, doch begnüg­te man sich manch­mal auch mit Käse, Weißbrot und Bier. Über den Verlauf einer Taufe berich­tet uns Lehrer Günter: Kaum hatte ein Erden­bür­ger in der alten guten Zeit, die noch reich an idealen Gütern und voll Poesie war, das Licht der Welt erblickt, so wurde er feier­lich und mit Musik in die Öffent­lich­keit einge­führt. Vier Musikan­ten holten den Taufzug im Hause ab. Unter den rühren­den Klängen des Däbeles­mar­sches, der in vielen Trillern und Schnör­keln an Lebhaf­tig­keit nichts zu wünschen übrig ließ, setzte sich der Taufzug in Bewegung. Nach der Musik kamen die Kinder der ganzen Verwandt­schaft, dann der »Dote« (Gevat­ter) mit Hebam­me, welch letzte­re den festlich heraus­ge­putz­ten Täufling trug. Nach der Taufe ging der Zug in gleicher Ordnung wieder zurück, voraus die freudig schmet­tern­de Musik. Solan­ge der Zug zur und von der Kirche in Bewegung war, wurde fleißig geschos­sen. Beim folgen­den Taufschmaus, zu dem stets Pfarrer und Lehrer geladen wurden, aß und trank man fleißig. Es wurden oft 25 bis 30 Pfund Käse verzehrt und dazu die nötige Menge Bier vertilgt. Bei Gesang und Scherz wurde den ganzen Nachmit­tag gefes­tet. In die Nachbar­häu­ser wurden Kaffee und Kranzes geschickt.

b) Verlo­bung und Hochzeit. Wenn zwischen den Partnern und deren Eltern gegen­sei­ti­ges Einver­ständ­nis erzielt worden war, wurde der »Hochzeits­tag«, die Verlo­bung, gefei­ert. Von einer dazu berech­tig­ten Gerichts­per­son wurde an diesem Tag zwischen den Braut­leu­ten, bzw. deren Eltern ein Ehever­trag nieder­ge­schrie­ben, der außer den beider­sei­ti­gen Vermö­gens­bei­brin­gun­gen auch noch gewis­se Rechte und Verpflich­tun­gen der zukünf­ti­gen Ehegat­ten gegen­über den leben­den Eltern und Geschwis­tern enthielt.

Auswär­ti­ge Mädchen brach­ten früher ihre Aussteu­er auf schön geschmück­ten Wagen, auf dem die Wiege mit Bett nie fehlen durfte, ins Dorf. Vorne saßen die Braut­fräu­lein mit der Kunkel in der Hand, an der die verschie­de­nen Kinds­aus­steu­er­ar­ti­kel wie Hemden und Kittel befes­tigt waren. Bei der Einfahrt ins Dorf suchten die Kinder den Braut­wa­gen oft aufzu­hal­ten, indem sie eine Schnur über die Straße spann­ten. Gegen ein kleines Lösegeld, das ihnen das Braut­paar spende­te, ließen sie ihn wieder frei. Am Tag vor der Hochzeit fand der Einzug statt. Schon morgens zwischen zehn und elf Uhr zogen die hiezu beauf­trag­ten Kinder von Haus zu Haus, indem sie vor jedem sangen: »Sind Sie auch so freund­lich einge­la­den zu … s Einzug.« Im Laufe des Nachmit­tags wurde die Aussteu­er von den Braut­fräu­lein und den Freun­din­nen der Braut in das Haus des Bräuti­gams getra­gen und dort für jeder­mann zur Schau ausge­stellt. Bei dieser Gelegen­heit spiel­te die Musik den »Hädde­les­marsch«. Nachmit­tags gegen 5 Uhr holte der Bräuti­gam seine Braut in sein Haus ab, während von einer Anzahl hiezu bestell­ter Burschen geschos­sen wurde. Alsdann gingen die Braut­leu­te noch zu den nächs­ten Verwand­ten, um diesel­ben noch persön­lich einzu­la­den zu der abends statt­fin­den­den Einzugs­fei­er­lich­keit. Außer diesen erschie­nen auch die Nachbarn, die Freun­de und sonsti­ge Bekann­te. Jeder übergab dem Braut­paar ein Geschenk, wofür er auf Kosten des Bräuti­gams bewir­tet wurde. Die auf den Einzugs­tag folgen­de Hochzeit wurde meist am Montag, Diens­tag oder Donners­tag abgehal­ten. Der Hochzeits­zug, dem die Musik voran­schritt, beweg­te sich vom Wirts­haus nach der Kirche. Der Musik­ka­pel­le folgten die Schul­kin­der, dann der Lehrer, welcher den Bräuti­gam an der Hand führte, dann die ledigen Manns­leu­te. Diesen folgte die Braut, welche links und rechts von einem Braut­füh­rer beglei­tet wurde. Ein jeder der beiden Braut­füh­rer trug in der rechten Hand einen blanken Hirsch­fän­ger, später einen langen, blank gezoge­nen Säbel. Den Schluß des Hochzeits­zu­ges bilde­ten die Verwand­ten und Freun­de der Braut­leu­te, die — alle mit Rosma­rin­sten­gel verse­hen — paarwei­se mitein­an­der gingen. Mit gezoge­ner Waffe stell­ten sich die beiden Braut­füh­rer während der Trauung am Altar auf, der eine links, der andere rechts des Braut­paa­res. Während der Hochzeits­zug von der Kirche zum Wirts­haus zurück­kehr­te, wurden Freuden­schüs­se abgefeu­ert. Nach Ankunft im Wirts­haus hob alsbald der Braut­tanz an. Dreimal tanzten Braut und Bräuti­gam nach den Klängen der Musik im Saale umher, während die Gäste zuschau­ten. Vor dem Hochzeits­es­sen hielt der Lehrer eine Rede und beglück­wünsch­te das Braut­paar. Gegen Abend wurde eine zweite Mahlzeit einge­nom­men. Wurde die Braut gestoh­len, dann mußten die beiden Braut­füh­rer die Braut wieder auslö­sen, sie mußten den Dieben ein Lösegeld bezah­len, das sofort in Bier, Wein und ein gutes Essen umgesetzt wurde. Während des Nachmit­tags wurden verschie­de­ne Spiele und Volks­tän­ze aufge­führt, die leider größten­teils der Verges­sen­heit anheim­fie­len. Am Abend gingen dieje­ni­gen, die dem Braut­paar etwas schen­ken wollten, zur Hochzeit. Jedem Schen­ken­den wurde vom Braut­paar ein Wecken ausge­hän­digt. Gegen die zwölf­te Stunde in der Nacht verlie­ßen Braut und Bräuti­gam die Wirtschaft. Ehe sie weggin­gen, nahmen die Braut­füh­rer der Braut das Braut­kränz­lein ab und sagen dabei:

Hopsa Lisele, d’Freud ist aus,
d’s Kränz­te ra und d’s Häuble nauf!
D’s Häuble wär jo so net so schwer,
wenn i no ledig wär!

Die Braut ging ohne Braut­kranz in ihr neues Heim. Am anderen Tag brach­ten die Braut­füh­rer der Braut das Braut­kränz­chen in die Wohnung, wo beide gut bewir­tet wurden.

Sobald das Braut­paar die Wirtschaft verlas­sen hatte, durfte die Musik nicht mehr spielen; auch durfte nicht mehr getanzt werden, denn dies würde dem Braut­paar Unglück bringen, sagte man.

Die Sitte, daß am Hochzeits­ta­ge die fünf Ärmsten der Gemein­de auf Kosten des Braut­paa­res mit einem Essen bedacht wurden, blieb lange Zeit erhal­ten. Auch war es früher üblich, die Braut­leu­te mit Bettkis­sen zu beschen­ken, die den Tag über zu den Fenstern des Hochzeits­saa­les heraus­ge­hängt und abends mit Musik nach Hause gebracht wurden.

In Haus und Hof, Landwirtschaft

a) Einbrin­gung der Ernte. Früher war es Sitte, daß der Bauer mit allen Schnit­tern ein Gebet (Vater­un­ser) verrich­te­te, bevor man die Frucht schnitt. Ärmere Leute beschenk­te man gerne mit einer Garbe. Zu dem Schnit­ter, der den letzten Halm auf dem Acker schnitt, sagte man: »Der hat Mockel«. Abends bekam dieser eine Dampf­nu­del mit nach Hause.

Der erste Garben­wa­gen wurde bei der Einfahrt ins Dorf von den Geist­li­chen mit der Schul­ju­gend und den Erwach­se­nen empfan­gen und nach Gesang, Gebet und Anspra­che durchs Dorf geführt.

Beim Einfah­ren des letzten Garben­wa­gens setzten sich die Schnit­ter auf densel­ben und stimm­ten fröhli­che Lieder an. Ein mit bunten Papier­strei­fen geschmück­tes Tännlein stand oben auf dem Wagen. Bei der Einfahrt in die Scheu­ne wurde auch manch­mal ein Lob- und Danklied gesungen.

Nach beendig­ter Ernte lud der Bauer seine Schnit­ter zur Beloh­nung ihres Fleißes zur »Sichel­hen­ket« ein. In manchen Häusern gestal­te­te sich diesel­be zu einem kleinen Fest. In der Mitte des Zimmers wurde ein mit farbi­gen Tüchern und sonsti­gem Beiwerk geschmück­tes Tännlein aufge­stellt. Waren alle Schnit­ter versam­melt, so begann das Essen: Nudel­sup­pe, Rindfleisch mit Beila­gen, Sauer­kraut und Schwei­ne­fleisch. Dampf­nu­deln und Bier durften nie fehlen. Auch fröhli­che Gesän­ge wurden angestimmt, und wenn die Ernte beson­ders reich­lich war, ließ der Hausva­ter noch einen Musikan­ten kommen, der zum Tanz aufspiel­te. Bis spät in die Nacht hinein dauer­te oft dieses Vergnü­gen. Zuletzt wurden die Schnit­ter ausbe­zahlt, und dann ging jeder, nachdem er sich noch ein Taschen- bzw. Kopftuch vom Baume genom­men hatte, freudig nach Hause. Der Sichel­hen­ket entsprach die Flegel­hen­ket, zu der der Bauer die Drescher beim Ausdrusch des Einge­heims­ten einlud.

b) Austrei­ben des Viehes auf die Weide. Früher wurde das Vieh auf die Weide getrie­ben, wo es von Mitte Mai bis Ende Oktober hinein den ganzen Tag über blieb. Selbst bei Nacht wurde manch­mal gewei­det, aller­dings nur das Arbeits­vieh, das dann am Morgen wieder einge­trie­ben wurde. Die Zeit des Austriebs wurde von den dazu bestell­ten drei Hirten jeden Morgen durch Blasen bekannt­ge­ge­ben. Jedem Stück Vieh wurde eine Schel­le angehängt. Die Hirten waren meist arme Leute, welche von der Gemein­de im Armen­haus unter­ge­bracht wurden, weshalb dassel­be auch manch­mal »Hirten­haus« genannt wurde. Ihre Beloh­nung richte­te sich nach der Stück­zahl des ausge­trie­be­nen Viehes. Von Zeit zu Zeit wurden sie von den Eigen­tü­mern des Viehes mit einem Geschenk bedacht. Am Pfingst­mon­tag erhiel­ten sie den sog. Pfingst­trunk (Bier und Schnaps). An diesem Tag wurde auch das Vieh beson­ders ausge­zeich­net und mit Kränzen geschmückt zur Weide getrie­ben. Abends wurde es samt den Hirten von den ledigen Mädchen, welche alle weiße Schür­zen trugen, abgeholt und unter Gesang in das Dorf gelei­tet. Die zwei reichs­ten Mädchen führten dabei die Hirten am Arm.

c) Kauf und Verkauf. Wurde irgend ein Kauf oder Verkauf abgeschlos­sen, über den ein gericht­li­ches Erkennt­nis erfor­der­lich war, so fand in der Regel auf Kosten des Käufers bzw. des Verkäu­fers oder beider Teile ein sog. Leihtrunk statt. An diesem Leihtrunk nahmen außer den betei­lig­ten Partei­en auch die beim Abschluß des Kaufver­tra­ges anwesen­den Gemein­de­rats­mit­glie­der teil.

d) Knecht und Magd. Wer sich als Knecht oder Magd verding­te, erhielt ein »Haftgeld« in Höhe von zwei bis fünf Mark. Wurde aber aus irgend einem Grund der Dienst nicht angetre­ten, so mußte der doppel­te Betrag des erhal­te­nen Haftgel­des an die Dienst­herr­schaft zurück­er­stat­tet werden.

e) Ausding. Die »Alten« bekamen ihren »Ausding«, der meistens in einem eigenen heizba­ren Stübchen bestand. Zuwei­len behiel­ten sich die alten Bauern auch noch einige Äcker vor, welche der Sohn unent­gelt­lich anbau­en und einheim­sen mußte. In den meisten Fällen hatten die »Jungen« verschie­de­ne Lebens­mit­tel wie Milch, Schmalz, Mehl, Eier, Fleisch usw. an die »Alten« zu liefern. Auch für Holz hatte der Sohn oder Tochter­mann zu sorgen. Das Haus und das ganze Gut erbte in der Regel der ältes­te Sohn. Die jünge­ren Brüder und die Schwes­tern erhiel­ten ihr bestimm­tes Heirats­gut in barem Geld, das bis zur Verhei­ra­tung auf dem Hause des älteren Bruders gegen Verzin­sung stehen blieb. Ledige Schwes­tern durften bis zu ihrem Tode im elter­li­chen Hause bleiben.

f) Gänse- und Ziegen­hir­te. Für die hier in ziemli­cher Anzahl gehal­te­nen Ziegen und Gänse wurde ein beson­de­rer Hirte angestellt. Seine Beloh­nung richte­te sich nach der Stück­zahl seiner Herde.

g) Schäfer. Die Pacht­schä­fer hatten von Seiten der Pferch­be­sit­zer Anspruch auf freie Verkös­ti­gung (vier Glas Bier einge­schlos­sen) und erhiel­ten außer­dem für jedes Verschla­gen des Pferchs zwölf Pfennig.