gesam­melt von Karl Günter (gest. 1934), Alfons Mager (gest. 1946), Albrecht Gunzen­hau­ser und Dietrich Bantel. Ein Teil der Sagen wurde in dem 1952 erschie­ne­nen Buch »Die Ostalb erzählt« veröffentlicht.

Vorspann: Geschich­ten und Sagen

»Geschich­ten und Sagen einer Landschaft bilden wie die Flurna­men ein wertvol­les Erbe von unseren Vorfah­ren. Sie ergän­zen die überlie­fer­ten Begeben­hei­ten und lassen uns die Eigen­art der Väter schau­en. Dadurch lernen wir die Heimat näher kennen und liebge­win­nen. Als Beitrag zur Heimat­ge­schich­te seien deshalb auch die Geschich­ten und Sagen, die noch unter den biede­ren Alten am Schwar­zen Kocher erzählt werden, hier angeführt. Da der weitaus größte Teil der Oberko­che­ner Markung aus Wald und felsi­gen Bergen besteht, sind auch alle Geschich­ten und Sagen hiermit verknüpft.« So schrieb Haupt­leh­rer Günter über seine im Jahre 1928 verfaß­te Sammlung von Geschich­ten und Sagen von Oberko­chen. Seine ebenfalls 1928 entstan­de­nen Aufzeich­nun­gen über Geschich­ten und Sagen vom Volkmars­berg und seiner Umgebung beschließt er mit den Worten: »Diese Geschich­ten und Sagen wurden nieder­ge­schrie­ben als Beitrag zur Heimat­ge­schich­te. Sie sollen nicht verlo­ren gehen, sondern noch lange bei den Bewoh­nern des Schwar­zen Kochers fortleben.«

Zur Erfül­lung dieses Wunsches wollen wir durch diese Schrift unseren Beitrag leisten.

Der Oberko­che­ner Jäger, Barba­ros­sa und Napoleon

In Oberko­chen lebte vor Jahrhun­der­ten ein Jäger, der den Kaiser Barba­ros­sa auf seinen Jagden beglei­te­te. Aber auch auf des Kaisers Heeres­zü­gen und bei der Schlacht von Legna­no soll er dabei gewesen sein. Die Kunde, daß der Kaiser ertrun­ken sei, wollte damals in Oberko­chen kein Mensch glauben, am wenigs­ten sein treuer Jäger.

Zwischen Sage und Wirklich­keit bewegt sich folgen­de Überlie­fe­rung. Niemand gerin­ge­res als Napole­on höchst­per­sön­lich habe auf seinem Durch­zug von Aalen nach Heiden­heim in Oberko­chen übernach­tet. Übrigens hat der Oberko­che­ner Hausna­me »Napole­on« mit diesem bis jetzt nicht beleg­ten Besuch Napole­ons in Oberko­chen nichts zu tun.

Der Bilzhan­nes

Vor über hundert Jahren lebte auf der Bilz, dem Fichten- und Laubwald südwest­lich des Volkmars­ber­ges, ein gefürch­te­ter Waldhü­ter, Bilzhan­nes genannt. Er war ein Origi­nal von einem Waldmen­schen. Strup­pi­ges Haar und rötli­cher Bart umrahm­ten das Gesicht. Dunkle, feuri­ge Augen sprüh­ten wie Blitze daraus hervor. Als echter Sohn der Natur bewohn­te er ein Stein­haus, von dem jetzt noch die Grund­mau­ern zu sehen sind. Auf der Bilz war damals eine fünf bis sechs Morgen große Fläche, mit Gestrüpp durch­setzt und von gewal­ti­gen Buchen umgeben. Diese Lichtung diente auch als Viehwei­de. Das Haus stand bis Ende der vierzi­ger Jahre des letzten Jahrhun­derts. Im Auftrag des Forst­amts hatte der Bilzhan­nes den Wald und das Wild zu beauf­sich­ti­gen. Mit den Wilde­rem soll er auf gutem Fuß gestan­den sein und manche Rehe und Hasen seien ihm vor die Türe gelegt worden.

Bilzhan­nes kannte keine Furcht; als vorzüg­li­cher Schüt­ze und Weidmann war er weit bekannt. In den Ort herein kam er ziemlich selten, meist nur im Winter, um Brot und Brannt­wein zu holen. Mit rauhem grünem Kittel angetan und dickem Knoten­stock in der Hand, fürch­te­ten die Kinder den unheim­li­chen Mann. Die Mutter schüch­ter­te sie ein mit den Worten: »Der Bilzhan­nes kommt und nimmt dich mit!« Seine Einkehr war bei Küfer und Schnaps­bren­ner Johann Schie­bel in der Feigen­gas­se. (1865 brann­te das Haus ab). Der Heimweg ging übers Birkel und übers Brünne­le, wo er öfters Rast hielt. Er war ein trink­fes­ter Mann, erreich­te aber ein hohes Alter.

Im Winter des Jahres 1810/11 kamen König Fried­rich I. und Herzog Paul von Württem­berg zu einer größe­ren Treib­jagd auf den Albuch. Fried­rich I. war bekannt­lich ein mutiger und entschlos­se­ner Mann, aber auch von hartem, unbeug­sa­mem Willen. Herzog Paul wohnte damals in Bartho­lo­mä und hielt sich oft in der Stein­hüt­ten­höh­le im Wental auf.

Die Jagd zog sich vom Volkmars­berg über die Bilz, den Wollen­berg, Zang, Wental bis nach Stein­heim hin. Bilzhan­nes war hier in seinem Element und hatte dem König einige präch­ti­ge Hirsche und Keiler vor die Büchse getrie­ben. Auch durch Wildbret­füh­ren und Beischaf­fen der Jagdwa­gen hatte er sich die Gunst des Landes­her­ren und dessen Lob erwor­ben. Die von Bilzhan­nes geführ­ten Treiber sollen damals acht Tage nicht mehr heimge­kom­men sein. Der König nächtig­te in seinem Jagdwa­gen und sei auch einige­mal in das Bilzhaus gekom­men, wo der alte Ofen des Mannes schreck­lich rauch­te. Als es ganz unerträg­lich wurde, rief der König: »Aber Hannes, du hast einen lumpi­gen Ofen, da hält es der Teufel nicht aus!«, nahm einen Baumast und warf damit den Ofen über den Haufen. Bilzhan­nes lösch­te die Glut und sah betrübt auf die Trümmer seines Wärme­spen­ders. Seiner Not ohne den besten Freund in seiner Winter­ein­sam­keit gab er bered­ten Ausdruck. Der König beschwich­tig­te ihn und reich­te ihm mehre­re Silber­ta­ler. Als Bilzhan­nes dann von einem könig­li­chen Leibjä­ger erfuhr, daß das Tiefen­tal herauf bereits ein Wagen im Anzug sei von Königs­bronn mit einem neuen Ofen, äußer­te er Freude und Dank. Einige Jahre später erhielt er von König Fried­rich auch Begna­di­gung in einer Straf­tat gegen einen Förster. Diesen hatte er tätlich angegrif­fen, weil er sich von ihm bedrückt glaubte.

Einsam wie er lebte, soll er auch auf der Bilz gestor­ben sein. Alle Jäger und Holzma­cher der Umgebung erwie­sen ihm die letzte Ehre und gaben ihm ein Waldreis in sein Grab. Auf dem alten Fried­hof in Oberko­chen fand er seine Ruhe.

Alte Leute erzähl­ten, daß man ihnen als Kinder beim Beeren­sam­meln oft zurief: Macht, daß ihr sammelt und heimkommt, sonst erscheint der Bilzhannes!

In stürmi­schen Nächten soll heute noch auf der Bilz sein Geist erschei­nen und die rauhe Stimme hörbar sein.

Neue Forschun­gen zur Bilz und zum Bilzhan­nes siehe BuG 1989 Nrn. 29, 31, 34, 35, 36, 37, 38, 40, BuG 1990 Nrn. 23, 51 und BuG 1991 Nr. 22.

Der Holzwarts-Basch­te

Zu Anfang des letzten Jahrhun­derts lebte ein Holzwart in Oberko­chen namens Sebas­ti­an Gold. (Holzwart bedeu­tet soviel wie Forst­wart oder Waldschütz). Er war von großer, kräfti­ger Gestalt, mit starkem Schnurr­bart. Trotz seines militä­ri­schen Ausse­hens hatte er Gemüt und Humor. Nach der oben angeführ­ten Treib­jagd im Jahre 1811 versam­mel­te der König alle Forst­leu­te und Waldschüt­zen um sich in Königs­bronn, um für Verdiens­te Titel, Auszeich­nun­gen und Geschen­ke zu verlei­hen. Bei den gestell­ten Fragen liebte er bündi­ge und doch vollstän­di­ge Antwor­ten. Dabei war auch für Holzwart Sebas­ti­an Gold der Titel »Förster« vorge­se­hen. Als die Reihe an Gold kam, fragte der König: »Wie heißt du?« »Man heißt mich halt den Basch­te!« erwider­te Gold. Über diese Antwort war der König unwil­lig, da er den ganzen Namen hören wollte und fuhr ihn an: »Wenn du nur der Basch­te heißest, dann bist du der Basch­te und bleibst der Basch­te und damit basch­ta!« Ein langes Gesicht und große Reue sei bei Sebas­ti­an Gold zu beobach­ten gewesen, denn ein anderer habe den ihm zugedach­ten Titel dann erhalten.

Heute noch sagt man in Oberko­chen bei ähnli­chen Fällen: »Da geht es wie beim Holzwarts-Baschte !«

Das Sixer-Feldle

Südöst­lich von der Bilz ist das Sixer-Feldle, das früher einem Bauern Six gehör­te. Dieser war vom Unter­land hierher­ge­zo­gen, und er bewirt­schaf­te­te einen großen und schönen Hof im Katzen­bach, Sixen­hof genannt. Später verzog Six auf den Stützel­hof bei Königs­bronn. Er hatte das Sixer-Feldle angebaut und verkauf­te es beim Wegzug an die Gemein­de. Jetzt ist dort eine Tannen­kul­tur. (Daß der Name Sixer-Feldle von den sächsi­schen Truppen herrühr­te, die im Schmal­kal­di­schen Krieg bei Oberko­chen von Spani­ern zurück­ge­schla­gen wurden, ist demnach unrichtig.)

Der Gelten­bal­thes

Um die Mitte des vorigen Jahrhun­derts hauste auf der Bilz ein Hirte von beson­ders urwüch­si­ger Art. Sein eigent­li­cher Name war Baltha­sar Baumgärt­ner; im Volk wurde er allge­mein nur der Gelten­bal­thes genannt. Von Georgi bis Marti­ni hütete er dort im Gemein­de- und Staats­wald das Geltvieh (Jungvieh) und kam vom Frühjahr bis zum Herbst nicht mehr ins Kocher­tal herab. Bei den hiesi­gen Bauern galt er viel, weil er die Tiere in treuer Obhut hielt und auch von der Tierheil­kun­de aller­lei verstand. Bei seiner Umsicht, Energie und Körper­kraft leiste­te er auch oft den Holzhau­ern und Forst­leu­ten gute Dienste.

Im Anschluß an diese Geschich­te berich­tet Haupt­leh­rer Günter über die »Hülben« auf der Oberko­che­ner Markung. Die Hülbe auf der Bilz war eine der größten in der Umgebung. Sie war mit einer dicken Lehmschicht ausge­schla­gen, damit das Wasser zur Viehträn­ke länger gebraucht werden konnte. Solche Hülben befan­den sich auch im Zollhau und Riesen­hau. Dort stand ein Hof, der im Türken­krieg verbrannt worden sein soll.

Bilz und Riesen­hau waren früher die Haupt­wei­de­plät­ze der hiesi­gen Gemein­de. Als dann in späte­ren Jahren das Holz besser bezahlt wurde, hörten die Viehwei­den auf, und die Hülben wurden einge­eb­net. Die Ortsbe­woh­ner von Oberko­chen zogen sich mit ihrer »Land- und Stall­wirt­schaft« auf ihre Höfe in das Kocher­tal zurück.

Beim Brunnen im Tiefen­tal war früher ebenfalls eine große Hülbe, in welcher Forel­len­zucht getrie­ben wurde. Bis Anfang vorigen Jahrhun­derts stand das Tiefen­tal­häus­chen daneben und später am Waldran­de eine gräumi­ge Holzhüt­te. Diese wurde im Sommer bewohnt von Frau Chris­ti­ne Trucken­mül­ler, welche die Talfel­der hütete zum Schut­ze gegen das Wild.

Die Hirten von Oberko­chen und Ochsenberg

Zur Zeit der Waldvieh­wei­den waren auch Hirten der Gemein­de auf der »Rodhal­de« und der »Büche­lesplat­te«. Die Waldun­gen reich­ten damals bis nahe an den Kocher her. Nach vorhan­de­nen Urkun­den entstan­den zwischen den hiesi­gen Hirten und denen von Ochsen­berg öfters bluti­ge Strei­te­rei­en. Sie hüteten das Kuhvieh, Jungvieh und trieben auch Pferde auf die Weide. Öfters spran­gen die Tiere unter­ein­an­der, waren kaum zu unter­schei­den, und kein Teil wollte dann die Zugelau­fe­nen heraus­ge­ben. Der Name »Kuhsteig« am Rodstein deute­te heute noch auf jene Zeiten hin.

An einem Sonntag­mor­gen hatten die Ochsen­ber­ger Hirten den Koche­nern einen Gaul wegge­nom­men. Die Leute kamen eben aus der Kirche, als sie vom Rodstein herab Hilfe­ru­fe vernah­men. Sogleich eilten sie hinauf, um ihren Ortshir­ten beizu­sprin­gen. Die Ochsen­ber­ger mußten den Gaul heraus­ge­ben, da sie bei der Keile­rei unter­le­gen waren, und nahmen schnells­tens Reißaus. Bei einem anderen Streit 1805 gab es bluti­ge Köpfe. Da sich die Partei­en nicht einig­ten, mußten sie zum Austrag und Vergleich vor dem kurfürst­li­chen Gericht in Kirchheirn/u.T. erscheinen.

Einer der bekann­tes­ten Hirten der Rodhal­de war Kaspar Müller, »Käsper­le« genannt. Er war klein aber von zäher Natur und wohnte im stroh­ge­deck­ten Hüttenhaus.

Der Pulver­turm

Der Pulver­turm liegt links an der Straße nach Königs­bronn und fällt jedem Vorüber­ge­hen­den auf. Der Name soll erst in jünge­rer Zeit entstan­den sein durch Pulver­spren­gun­gen, die Wegar­bei­ter dort auszu­füh­ren hatten. In der Eisen­zeit ums Jahr 1000 v.Chr. sei eine starke Volks- und Flieh­burg droben gestan­den, worauf frühe­re Wälle hindeu­te­ten. Auch am Sturz der gegen­über­lie­gen­den Borzel­hal­de können heute noch Gräben von frühe­ren Befes­ti­gun­gen verfolgt werden, ebenso an der Burghalde.

Der Griebi­ge Stein

Auf dem Griebi­gen Stein, südlich vom Rodstein, rechts am Wege nach Ochsen­berg, liegt ziemlich versteckt eine schma­le Höhle. Die Sage erzählt, daß in frühe­ren Jahrhun­der­ten von hier ein unter­ir­di­scher Gang zu der Burg auf dem eine halbe Stunde entfern­ten Pulver­turm geführt habe. Früher hätte der Gang noch eine Strecke verfolgt werden können. Bei der allge­mei­nen Franzo­sen­furcht 1848 haben einige Famili­en beschlos­sen, beim Heran­na­hen der »Franz­män­ner« ihr Hab und Gut auf den Griebi­gen­stein zu bringen. Waffen­fun­de aus dem 15. und 16. Jahrhun­dert sind auch noch zu erwähnen.

Die Sage vom »Höhlen­d­ackel«

Einige Alt-Oberko­che­ner wissen zu berich­ten, daß vor noch gar nicht allzu­lan­ger Zeit der Jagdda­ckel eines Oberko­che­ner Weidmanns spurlos in der Griebi­gen­stein­höh­le verschwun­den sei. Nach anderen Angaben soll es die Höhle im Kahlen­bühl gewesen sein, die über lange Zeit bis fast in unsere Tage als Abfall­gru­be für Wildein­ge­wei­de benützt worden ist. Über gerau­me Weile fehlte der Dackel unent­schul­digt. Für sein ebenso unerklär­li­ches Wieder­auf­tau­chen gibt es auch zwei Varian­ten. Nach der ersten soll er durch einen unbekann­ten Schlupf in eine verstürz­te Höhlen­fort­set­zung gelangt, von da durch den sagen­haf­ten unter­ir­di­schen Verbin­dungs­gang zum Pulver­turm gereicht und dort im Bereich der mittel­al­ter­li­chen Abschnitts­be­fes­ti­gung zum Vorschein gekom­men sein. Nach der zweiten soll er gar auf unter­ir­di­sche Weise bis zu den Königs­bron­ner Kloster­mau­ern vorge­drun­gen sein und dort das Licht der Welt wieder­erblickt haben.

Schüler des Gymna­si­ums haben 1979, im »Jahr des Griebi­gen Steins«, zu diesem myste­riö­sen Sagen­stoff zusam­men mit ihrem Lehrer ein Theater­stück verfaßt, das bei einem Schul­fest öffent­lich aufge­führt wurde und die enorme Glaub­wür­dig­keit dieser Geschich­te in entspre­chen­der Weise unterstrich.

Der Schäfer vom Wollenberg

Vom Wollen­loch, der mehr als 50 Meter tiefen Doline auf dem Wollen­berg, erzählt man in Oberko­chen folgen­de Geschichte:

Es war in der Zeit nach dem Dreißig­jäh­ri­gen Krieg. Da hütete ein Schäfer vom Seegar­ten­hof seine Schafe auf dem Wollen­berg. Eintö­nig und lang war der Tag des Schäfers, und bis zum Abend melde­te sich der Hunger. Darum warte­te der Schäfer mit Schmer­zen auf sein Weib, das ihm jeden Abend das karge Mahl in einem Korbe auf den Berg brach­te. Eines Tages aber verspä­te­te sich das Schäfer­weib, und der ob des langen Wartens schon übel gelaun­te Schäfer war zudem mit dem gebrach­ten Essen nicht zufrie­den. So gerie­ten die Schäfers­leu­te in Streit mitein­an­der. In seinem Zorn erschlug der Schäfer sein Weib mit der Schip­pe und warf es in das abgrün­di­ge Wollen­loch, um die Tat zu verde­cken. Der Schäfer schwieg über den Mord. Das Verschwin­den der Frau erreg­te wohl Aufse­hen, aber niemand erfuhr ihr trauri­ges Schicksal.

Nach einiger Zeit fand man die Pantof­feln der Schäfers­frau in der Quelle bei der Ziegel­hüt­te am Fuße des Wollen­ber­ges. Wie kamen die Pantof­feln in die Quelle bei der Ziegel­hüt­te? Es entstand der Verdacht, der Schäfer könnte sein Weib ins Wollen­loch gewor­fen haben und die unter­ir­di­schen Wasser könnten die Pantof­feln der Toten bis zu der Quelle geschwemmt haben, denn man vermu­te­te schon damals eine unter­ir­di­sche Verbin­dung zwischen dem Wollen­loch und der Quelle. Zur Probe wurden Spreu­er und Tierblut ins Wollen­loch geschüt­tet. Beides kam in der Quelle wieder zum Vorschein. Der Schäfer leugne­te die Tat hartnä­ckig, deren er bezich­tigt wurde. Als man ihn verhaf­ten wollte, flüch­te­te er ins Bayeri­sche, und es ist auch nie mehr eine Nachricht von ihm in die Heimat gekommen.

Engelstein — Wiesenkapelle

In Sage und Geschich­te spiel­te die Wiesen­ka­pel­le eine beson­de­re Rolle. Zu Beginn des 18. Jahrhun­derts war dort unter einer Mauer­wöl­bung ein Bild des Schmer­zens­man­nes an der Geißel­säu­le; das Bild stand im Rufe der Wunder­tä­tig­keit. 1765 wurde dann eine Kapel­le gebaut, und das Bild erhielt einen Platz auf dem Hochal­tar. Am Ende des 18. Jahrhun­derts wurde es jedoch zerstört. Mönche der Abtei Ettal haben darauf­hin ein neues aus Holz geschaf­fen. Im Jahre 1819 ließ ein Bauer die Kapel­le erweitern.

Neben der Kapel­le stand bis zum Jahre 1862 ein runder, schöner Felsblock. Er hatte eine Höhe von etwa vier Metern. In der Nacht vor dem Alexis-Tag (17. Juli) sei dort einst ein Engel erschie­nen, in weißem Gewand, die Hände segnend über das Kocher­tal ausge­brei­tet und umstrahlt von einem lichten Schein. Die Bauern deute­ten diese Erschei­nung als Vorzei­chen für eine geseg­ne­te, reiche Ernte. Der Felsblock soll auf diese Begeben­heit hin den Namen Engelstein erhal­ten haben.

An diesem Tage kam noch bis in die jüngs­te Zeit eine kleine­re Schar von Wallfah­rern aus Affal­ter­wang auf dem Härts­feld zum »Geißel­hei­land« in der Wiesen­ka­pel­le. Am 4. Juli (Ulrichs­tag), früher hier Ratzen­fei­er­tag genannt, erschie­nen Gläubi­ge von Waldhau­sen in der Kapel­le. Der »Geißel­hei­land« steht jetzt in der neuen Maria-Schutz-Kapel­le im Weingarten.

Beim Bau der Eisen­bahn­li­nie von Aalen nach Heiden­heim im Jahr 1862 wurde der Engelstein von dem damali­gen Maurer­meis­ter Wingert gesprengt. Die Anord­nung hiezu ging von Schult­heiß Wingert aus. Der Flurna­men rechts von der Halde hinauf heißt heute noch Engelstein.

Die Wiesen­ka­pel­le wurde 1950, bedingt durch die Errich­tung des Sägwerks der Firma Bäuerle, abgebro­chen. Herr Otto Bäuerle sen. stifte­te an ihrer Stelle die heuti­ge Kapel­le »im Weingar­ten«, auch Maria-Schutz-Kapel­le genannt. Sie wurde am 31. Juli 1950 geweiht.

Dennoch ist die Wiesen­ka­pel­le »unsterb­lich«: sie wird bis auf den heuti­gen Tag in der offizi­el­len Liste des Landes­denk­mal­amts, in der alle schutz­wür­di­gen Objek­te auf Oberko­che­ner Gemar­kung aufge­führt sind, als ein Gebäu­de geführt, das unter Denkmal­schutz steht.

Der Besen­bin­der vom Katzenstein

In der kleinen Höhle unter dem Kreuz auf dem Rodstein hielt sich früher unter­tags ein Besen­bin­der namens Bösner auf. Er stell­te Besen her und flocht Körbe. Hier und da soll er auch das Wild in Augen­schein genom­men haben, um sein kümmer­li­ches Dasein durch einen safti­gen Braten zu versü­ßen. Später handel­te er mit Hafner­ge­schirr und wohnte im Haus von Karl Hägele, Landwirt. Zwei seiner Töchter zogen nach Ameri­ka, seine Familie gibt es in Oberko­chen nicht mehr.

Die Sagen vom Katzen­stein
Am Abhang des Volkmars­ber­ges, rechts vom »Zickzack­weg« liegt ein Felsblock mit einer Nische, der seit alters der Katzen­stein heißt. An diesem Katzen­stein soll sich vor über hundert Jahren folgen­de Geschich­te zugetra­gen haben:

Es war zur Ernte­zeit. Auf seinem Felde am Hang des Volkmars­ber­ges, unter­halb des Waldes, schnitt der Hafner­meis­ter Joseph Hug vom Katzen­bach mit seiner Familie Getrei­de. Plötz­lich sahen sie, wie eine jünge­re, gut geklei­de­te Frau, die ein Bündel unter dem Arm trug, den Hang zum Walde hinauf­eil­te. Vielleicht eine Stunde später hörten sie vom Walde herab das Wimmern eines kleinen Kindes, und als der Hafner Hug den kindli­chen Klage­lau­ten nachging, fand er in der Nische des Katzen­steins ein kleines Knäblein, einge­wi­ckelt in reinli­che Windeln. Er empfand Mitleid mit dem armen Geschöpf und nahm es mit nach Hause, wo es gute Pflege fand. Die junge Frau, wohl die Mutter des verlas­se­nen Knäbleins, wurde von einer Beeren­su­che­rin in der Nähe des Steines gesehen, war aber nirgends mehr aufzu­fin­den. Man wußte nicht, ob das Kind getauft war und fand nur in den Windeln den Namen J.K. Hafner Hug ließ es taufen und gab ihm den Namen Joseph Katzen­stein (nach ihm selbst und dem Fundort). Die Familie Hug zog den talent­vol­len Knaben auf. Später ging er in die Schweiz und man hörte nichts mehr von ihm.

Die Schlit­ten­schei­ßer

Der Überna­me der Oberko­che­ner führt in ein Gebiet, das sich bei nachbar­li­chen Necke­rei­en großer Beliebt­heit erfreut. Burschen aus Oberko­chen spiel­ten einem Wahlkan­di­da­ten einen üblichen Streich. Sie leerten ihm während seiner Wahlre­de Jauche in seinen vor dem Gasthof (Hirsch) stehen­den Schlit­ten. Daher werden die Oberko­che­ner weit und breit die »Schlie­daschei­ßer« gehei­ßen. Die Bewoh­ner von Unter­ko­chen (Bären­fan­ger) necken die Oberko­che­ner mit »Haoka« oder »Schna­o­ka«.

Der Bachbeck

Viel Erhei­te­rung und Spaß machte die Geschich­te vom Bachbeck. Dieser war in den 70er Jahren des vorigen Jahrhun­derts Ortsta­ge­löh­ner und Nacht­wäch­ter in Oberko­chen. Eigent­lich hieß er Xaver Schmid und war gebür­tig von Donsdorf. Gerne ging er an kalten Tagen in die Werkstät­ten der Hafner, um sich zu wärmen und sich zu unter­hal­ten. Bei seinem Drang nach Neuig­kei­ten wurde ihm mancher Bären aufge­bun­den. So war ihm eines Morgens mitge­teilt worden, heute werde der Bergfel­sen vom Volkmars­berg mit zehn Pferden nach Oberko­chen hinab­ge­zo­gen, um für das Hütten­werk Königs­bronn verschot­tert zu werden. Dieses selte­ne Ereig­nis wollte er sich nicht entge­hen lassen und er stand voller Erwar­tung den ganzen Tag in der Jäger­gas­se und an der Haupt­stra­ße, um das Ungetüm zu sehen. Da natür­lich nichts kam, wurde er viel zum Besten gehalten.

Der Klapper­schlan­gens­eff

Aus der alten Hafner­zeit hat sich ein ergötz­li­ches Vorkomm­nis überlie­fert; die Geschich­te vom »Klapper­schlan­gens­eff«. Im Oktober des Jahres 1824 gingen ein Hafner- und ein Wagner­ge­sel­le von Oberko­chen zu einer Kirch­weih nach Hofherrn­wei­ler, wo sie gut bewir­tet wurden. Spät abends traten sie wohlge­mut in dem frischen Herbst­wind über Oster­buch und Finster­tä­le den Heimweg an. Am Waldab­hang zum Wolfert­s­tal bemerk­ten beide von einem Baum herab eine lange glänzen­de Gestalt, die sich hin und her beweg­te. Plötz­lich schrie der junge Hanfer auf und rief jammernd seinem erschro­cke­nen Freun­de zu: »Da hängt ja eine Schlan­ge; ich bin gebis­sen worden; führe mich heim, sonst muß ich sterben!« Als auch der Wagner sich von dem perpen­di­kel­ar­ti­gen Wesen überzeugt hatte, ein Klappern und Rascheln vernahm und sein Kamerad an der Hand blute­te, glaub­te auch er, eine gefähr­li­che Viper angetrof­fen zu haben. Beide versi­cher­ten bei der Ankunft im Ort, im dorti­gen Walde halte sich eine Klapper­schlan­ge auf. Viele wurden hierdurch beunru­higt, und das Abenteu­er wurde von der Gemein­de an das Oberamt berich­tet. Dieses ließ durch Waldschüt­zen und Holzfäl­ler die seltsa­me Kunde unter­su­chen und im Walde nachfor­schen. Das Geläch­ter soll sehr groß gewesen sein, als an der bezeich­ne­ten Stelle ein herab­hän­gen­der krummer Birken­ast entdeckt wurde. Der beweg­te sich im Winde und hatte das Geräusch und die Verlet­zung verur­sacht. Der furcht­sa­me Hafner­ge­sel­le Josef Hug sei von da an der »Klapper­schlan­gens­eff« gewesen. Bald aber habe er sich, um seinem Spott­na­men und den Stiche­lei­en seiner Kamera­den zu entge­hen, von hier fortge­macht und sich nach Dischin­gen verheiratet.

Die Geschich­te von der »Juden­angst«

Der jüdische Viehhänd­ler David H. aus Lauch­heim, ein im Kocher­tal wohl bekann­ter Mann, hatte bei Landwirt Arnold hier zwei große Stiere gekauft. Mit einem Treiber wollte er die Tiere auf dem sog. Juden­weg über Ebnat —Waldhau­sen — Hülen nach Lauch­heim beför­dern. Unter­wegs wurde eines der Tiere wild, riß sich los und sprang wie rasend rechts seitwärts in den Wald am Kahlen­bühl. Der Jammer von Herrn H. war groß.

Länge­re Zeit wurde der Stier nicht entdeckt und verwil­der­te in den ausge­dehn­ten Wäldern. Um des gefähr­li­chen Ausrei­ßers habhaft zu werden, wurde nach einigen Wochen vom Forst­amt durch Jäger und Holzma­cher eine Treib­jagd abgehal­ten. Als Förster Ebert den Stier sichte­te, habe sein Besit­zer, der sich am Jagdzug betei­lig­te, laut aufge­schrie­en und sei im Nu auf die nächs­te Tanne geklet­tert. Sorgsam und vorsich­tig hielt er sich in den Ästen verbor­gen. Erst als Ebert berich­te­te, daß das Ungetüm erschos­sen sei, kam Herr H. erleich­tert von seinem Hochstand herab. Der Stier wurde ausge­hau­en und das Fleisch als Wildbret verkauft. Damals war Oberförs­ter Fröhner Vorstand des Forst­amts Oberko­chen. Als sein Nachfol­ger wurde bald darauf Oberförs­ter Weiger berufen. Dieser war ein Forst­mann vom alten Schrot und Korn und Meister im Jäger­la­tein. Mit Witz und Humor benann­te er den Waldteil, in dem sich das Abenteu­er abgespielt hatte, »Juden­angst«.

Eine gewon­ne­ne Wette

Von einer früher einge­gan­ge­nen Wette wurde vor 50 Jahren noch oft erzählt. Der damals noch leben­de Bahnwär­ter Josef Holz ging 1895 mit dem Ochsen­wirt Trick und dem Förster Weber eine Wette ein: Er wollte in 75 Minuten vom Ochsen auf den acht Kilome­ter entfern­ten Tauchen­wei­ler und wieder zurück laufen. Die Wette galt 60 Liter Bier. Holz legte die Strecke über Berghäus­le und Randweg zurück, stärk­te sich noch im Tauchen­wei­ler und saß nach 73 Minuten wohlbe­hal­ten wieder im Ochsen. Förster Weber hatte auf dem Tauchen­wei­ler kontrol­liert, ob Holz dort richtig ankam und die Bedin­gun­gen der Wette erfüll­te. Zum Staunen seiner Partner war die Wette gewon­nen und sie mußten bezah­len. Die beach­tens­wer­te Leistung wurde im Kreise seiner Kamera­den von dem hiesi­gen Militär­ver­ein gebüh­rend gefeiert.

Der Geist im Forsthaus

Nach einer allge­mei­nen Sage soll im alten Forst­haus früher von Zeit zu Zeit ein Geist erschie­nen sein, der oft die ganze Nacht hindurch lärmte. Sogar am hellen Tag ließ er sich blicken und half den Hausbe­woh­nern beim Feuer­an­zün­den und Kochen. Einmal soll er sogar die gerade beim Feuer­ma­chen beschäf­tig­te Person in den Ofen gescho­ben haben. Als bei seiner späte­ren Erschei­nung das Lied: »Jesus nimmt die Sünder an« gebetet wurde, kam ein blutüber­ström­tes Weib zur Türe herein, worauf der Geist für immer verschwun­den sein soll.

Die Katzen­bach­rut­schel

Im Katzen­bach zeigte sich — nach dem hiesi­gen Volks­glau­ben — biswei­len die Katzen­bach­rut­schel, die ihre Freude daran fand, Leute, welche des Nachts spät nach Hause gingen, zu schla­gen und zu ängstigen.

Der Langert­go­ckel

Beim Langert­brun­nen soll es spuken. Ein von einem Gockel gezoge­ner Garben­wa­gen soll dort schon gesehen worden sein.

Betrü­ge­ri­sche Untergänger

Frühe­re Unter­gän­ger, die einmal einen Grenz­stein verrück­ten, mußten nach altem Volks­glau­ben in der Zeit vom Advents­fest bis Weihnach­ten auf dem hiesi­gen Bahnhofs­platz »markten«. Sie schlu­gen sich dabei mit feuri­gen Haken und Schau­feln und machten sich gegen­sei­tig aller­lei Vorwürfe.

Das 7. Buch Moses

Auch in Oberko­chen soll es früher nicht immer mit rechten Dingen zugegan­gen sein, da es bestimm­te Perso­nen gegeben habe, die durch den Besitz des »7. Buch Moses« zu überna­tür­li­chen Kräften gekom­men seien. Die betref­fen­den Perso­nen waren gefürch­tet. Sie sollen ihre Seele dem Teufel verschrie­ben und dadurch böse Macht über andere Menschen gehabt haben. So wird zum Beispiel berich­tet, daß Gäulen auf unerklär­li­che Weise regel­mä­ßig über Nacht Schwän­ze gefloch­ten waren, oder frische und gute Milch schlag­ar­tig sauer oder blutrot gewor­den ist. Wer im Besitz eines solchen Buchs war, soll erst haben sterben können, wenn es ihm gelun­gen ist, das Buch einem anderen unter bestimm­ten Bedin­gun­gen, an die sich der neue Besit­zer halten mußte, zu übergeben.

In einigen alten Bauern­ge­mein­den glaubt man noch heute an diese geheim­nis­vol­le Zauber­macht, die durch dieses Buch ausge­übt werden kann. Auch einigen Alt-Oberko­che­nern ist es noch heute nicht ganz geheu­er, wenn die Sprache auf das 7. Buch Moses kommt.