Auf dem kalkrei­chen Boden unserer Markung wächst eine arten­rei­che, bunt-farbi­ge Flora mit vielen selte­nen Blumen­ge­stal­ten. Nur auf den Feuer­stein-Lehmbö­den, aus denen der Kalk vollstän­dig ausge­laugt ist, finden wir auch kalkmei­den­de Pflan­zen, die sonst nur auf den Sandbö­den der Keuper­ber­ge und des Schwarz­wal­des vorkom­men, z.B. den Roten Finger­hut, Heidel­beer­stau­den, Heide­kraut, Besen­gins­ter, Bärlapp und das Seegras. Feuer­stein-Lehmbö­den gibt es in den Wäldern auf der Hochflä­che des Rodsteins und im Kahlenbühl.

Das landwirt­schaft­lich ungenutz­te Ödland an den sonni­gen Talhän­gen mit seinen steini­gen Trocken­ra­sen schmückt im Sommer ein herrli­cher Blumen­flor mit geschütz­ten Pflan­zen, die hier noch nicht durch Boden­be­ar­bei­tung und Dünge­gift gefähr­det sind. Auf einem botani­schen Streif­zug durch das Vegeta­ti­ons­jahr wollen wir nun die Pflan­zen unserer Heimat kennenlernen:

Boten des nahen­den Frühlings

Schon Ende Febru­ar und Anfang März blüht am Waldrand häufig der Seidel­bast oder Keller­hals. Seine stark duften­den rosaro­ten Flieder­blü­ten erschei­nen vor den Blättern. Aus den Blüten entwi­ckeln sich am holzi­gen Zweig schar­lach­ro­te, gifti­ge Beeren, die aber von Drosseln und Rotkehl­chen gefres­sen werden. Am sonni­gen Buchen­hang an der Eßhal­de und an anderen Orten blüht schon im Dezem­ber und Januar mit grünen, rotge­rän­der­ten Blüten­glöck­chen die Stinken­de Nieswurz, eine Verwand­te der Christrose.

An sonni­gen Südhän­gen drängen sich durch das braune Buchen­laub, das den Waldbo­den bedeckt, die blauen Blüten­ster­ne der Leber­blüm­chen oder Märzen­blüm­chen. Im schat­ti­gen Schlucht­wald blüht jetzt auch der Hohle Lerchen­sporn mit eigen­ar­ti­gen duften­den roten und weißen Blüten­trau­ben. Jetzt finden die Kinder an Waldwe­gen das Lungen­kraut mit roten und blauen Schlüs­sel­blu­men­blü­ten, sie nennen es »unglei­che Schwes­tern« oder »Hänsel und Gretel«.

Noch im unbelaub­ten Buchen­wald blühen mit weißen Blüten­ster­nen über zart gefie­der­ten Blättern die Busch­wind­rös­chen oder Anemo­nen, im Volks­mund nennt man sie »Schnai­kät­te­ra«. Die gelbe Anemo­ne, die zu gleicher Zeit blüht, finden wir in schat­ti­gen, feuch­ten Waldteilen.

Auch die Frühlings­platt­erb­se blüht jetzt aller­dings nur auf Kalkbö­den. Sie ist ein Schmet­ter­lings­blüt­ler, also verwandt mit Erbsen und Bohnen. Ihre roten Blüten verfär­ben sich blau. Die Kinder nennen diese schöne Frühlings­blu­me »Herrgott­schüh­le«, an anderen Orten nennt man sie »Gogge­ler«. Bis sich der Buchen­wald belaubt, hat die Frühlings­platt­erb­se bereits reifen­de Fruchthülsen.

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Im April können wir am Märzen­bu­ckel, am kleinen Rodstein, an der Langert­hal­de und anderen Sonnen­hän­gen die präch­ti­gen, dunkel­li­la­far­be­nen Blüten­glo­cken der Küchen­schel­le bewun­dern. Ein silbri­ger Haarpelz schützt sie gegen Frost und zu starke Sonnen­be­strah­lung. Die Küchen­schel­le ist ein Klein­od der Albflo­ra. Winter­dür­re Heide­flä­chen auf dem Volkmars­berg oder an der Eßhal­de schmü­cken jetzt die azurblau­en, edelstein­be­setz­ten Sterne des Frühlings-Enzians in ganzen Nestern, die wir sorgsam umgehen müssen. Der Volks­mund nennt den schönen Flühlings­en­zi­an »Hausan­zün­der« oder »Schus­ter­na­gel«.

Edle Vertre­ter der sommer­li­chen Waldflora

Im Juni und Juli begeg­nen wir an Waldwe­gen im Buchen­wald einer schönen Pflan­ze mit licht­blau­en Glocken­blü­ten mit haken­för­mig geboge­nen Spornen, es ist eine Leitpflan­ze des Steppen­hei­de-Waldes, die Akelei, auch Gottes­hut oder Elfen­schuh genannt. Auch die Türken­bund­li­lie rollt jetzt ihre trübro­sa­far­be­nen Blüten, die einem orien­ta­li­schen Turban gleichen, auf. Als echte Lilie entsprießt sie einer Zwiebel, die man Goldzwie­bel nennt, weil einst die Alchi­mis­ten mit Hilfe ihres goldbrau­nen Saftes aus unedlem Metall Gold machen wollten.

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Im schat­ti­gen Wald am Kuckuck­stein blüht im Sommer der Wolfs­ei­sen­hut mit gelben, hahnen­för­mi­gen Blüten, die eine veräs­tel­te Traube bilden.

Auch die mit gelben Blüten­glo­cken besetz­ten Blüten­stau­den des Gelben Finger­hu­tes, denen wir im hohen Sommer am Hahnen­loh oder am Hang des Pulver­tur­mes begeg­nen, gehören zu den Schön­hei­ten der Albflora.

Schön sind die schwe­fel­gel­ben Hummel­blü­ten und schön sind auch die gelbgrü­nen, am Rande gesäg­ten, bewim­per­ten, längli­chen Blätter.

Der bekann­te Rote Finger­hut, Digita­lis purpu­rea, ist in den Wäldern der Alb ein Fremd­ling, denn er meidet kalkrei­che Böden. Nur auf dolomi­ti­schen Feuer­stein-Lehmbö­den, aus denen der Kalk ausge­laugt ist, kann er wachsen.

Auf solch kalkar­men Stand­or­ten haben Forst­be­am­te durch Ausstreu­en von Samen kleine Kolon­nen von Rotem Finger­hut angelegt. Im Juni, Juli und August bilden die mit vielen Blüten besetz­ten, von unten nach oben aufblü­hen­den leuch­tend roten Blüten­py­ra­mi­den einen präch­ti­gen Schmuck unserer Laub- und Nadel­wäl­der. In den Wäldern des Schwarz­wal­des und der Keuper­ber­ge, die auf Sandbo­den wachsen, besie­delt der Rote Finger­hut Kahlschlä­ge und Lichtun­gen. Er ist eine wichti­ge Heilpflan­ze und enthält die gifti­gen Digitalis-Glykoside.

In den Buchen­wäl­dern blühen im Sommer auch einige, immer selte­ner werde­ne Orchi­deen­ar­ten: Das Rote Waldvög­lein, das Weiße Waldvög­lein mit großen, gelblich weißen Blüten, das selte­ne­re Schwert­blätt­ri­ge Waldvög­lein mit kleine­ren, reinwei­ßen Blüten, wir fanden einen Stand­ort bei der Borzel­gru­be. Auf Waldwie­sen und in Hecken am Waldrand blüht die Waldhya­zin­the, Kuckucks­blu­me oder Stendel­wurz. Die stark duften­den weißen, lang gesporn­ten Blüten bilden aufrech­te hyazin­then­för­mi­ge Blüten­trau­ben. Selten ist die Breit­blätt­ri­ge Sumpfwurz.

Der bunte Sommer­flor an den sonni­gen Talhängen

Beispiel Eßhal­de

Von Juni bis August blühen an den sonni­gen Talhän­gen viele schöne Sommer­blu­men. Gelb leuch­ten die zierli­chen Blüten der Schmet­ter­lings­blüt­ler: von Hufklee, Wundklee, vom rotge­tupf­ten Hornklee, vom geflü­gel­ten Ginster, dessen Stengel­flü­gel Assimi­la­ti­ons­or­ga­ne sind, die bei starker Sonnen­ein­strah­lung wenig Wasser verduns­ten. An dünnen Stengeln sitzen die golde­nen Roset­ten­blü­ten des Sonnen­rös­chens. Gelb leuch­ten auch die Blüten­körb­chen der Habichts­kräu­ter, des Löwen­zahns, des Rinds­au­ges. Am Wegrand wuchert in dichtem Bestand das gelbe Echte Labkraut, das Marienbettstatt-Stroh.

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In den bunten Blumen­tep­pich sind einge­wo­ben die lila Blüten der Großen Brunel­le, eines Lippen­blüt­lers, die licht­blau­en Blüten­bü­schel der Rundblätt­ri­gen Glocken­blu­me, die hellro­sa­far­be­nen Blüten­köpf­chen der Bunten Kronen­wi­cke. Im Schat­ten der Hecke am Wegrand steht die Pfirsich­blätt­ri­ge Glocken­blu­me mit großen halbku­ge­li­gen Blüten­glo­cken. Ins Auge sprin­gen­de Farbtup­fer setzen die großen karme­sin­ro­ten Korbblü­ten der Skabio­sen­flo­cken­blu­me, die blutro­ten Blüten­bü­schel der Karthäu­ser­nel­ke, die Gruppen vom Großen Dosten, auf dessen aroma­tisch duften­den Blüten­dol­den schöne Falter wie Perlmut­ter­fal­ter und Kaiser­man­tel nektar­saugend schaukeln.

Am trocke­nen Wegrain blüht die Silber­dis­tel mit den silbrig glitzern­den Rundblü­ten. Die Silber­dis­tel, auch Wetter­dis­tel, Karls­dis­tel oder Eberwurz genannt, kommt in zwei Formen vor, als langstie­li­ge, der häufigs­ten, und als stengel­lo­se (acaulis). Die stengel­lo­se Silber­dis­tel finden wir auf der Wachol­der­hei­de am Volkmars­berg. Die silbri­gen Randblü­ten sind hygro­sko­pisch, bewegen sich bei feuch­ter Luft und Regen nach innen, der Blüten­stand ist dann geschlossen.

Mitten auf dem Weg entlang der Eßhal­de blüht im August der Kreuzen­zi­an. An etwa dreißig Zenti­me­ter hohen Stengeln sitzen in mehre­ren Quirlen rundum kleine dunkel­blaue Blütchen. Recht­wink­li­ge Kreuze bilden auch die Blatt­paa­re am Stengel. Wir empfeh­len die schönen Kreuzen­zia­ne auf dem Wege der Beach­tung der Spaziergänger.

Am Eßhal­den­ab­hang findet der Orchi­deen­freund jetzt viele Exempla­re der Händel­wurz, kennt­lich an den rosaro­ten Blüten­äh­ren mit den gesporn­ten Einzelblüten.

Am Südhang des Pulver­turms entdeckt der Pflan­zen­freund im Sommer noch andere typische Blumen: das Nicken­de Leimkraut, die Bergmin­ze mit hellvio­let­ten und den Aufrech­ten Ziest mit weißen Lippen­blü­ten, die Ästige Grasli­lie mit zierli­chen weißen Blüten­stern­chen. Im lichten Buchen­hang schwan­ken auf hohen schlan­ken Stengeln die weißen Blüten­dol­den der Ebensträu­ßi­gen Wucherblume.

Eine ganze Anzahl von Pflan­zen aus dem Sommer­flor an der Eßhal­de und am Pulver­turm sind Leitpflan­zen der Steppenheide.

Die Steppen­hei­de und ihre charak­te­ris­ti­schen Pflanzen

Die Steppen­hei­de dürfen wir nicht verwech­seln mit der »Heide­kraut­hei­de«, die bewach­sen ist mit Heide­kraut, Wachol­dern, Birken und aller­lei Zwerg­ge­sträuch. Die Steppen­hei­de ist kein Wald, keine Wiese, auch kein Trocken­ra­sen. Sie besteht aus einem bunten Gemisch von Hochstau­den, niede­ren Kräutern, Gräsern, Moosen und Flech­ten. Einge­streut sind Sträu­cher oder krüppel­haf­te Bäume.

Profes­sor Mahler schreibt im Unter­ko­che­ner Heimat­buch: »Pflan­zen­so­zio­lo­gisch stellt die Steppen­hei­de eine Art »Spitz­pu­del­dach­spin­scher« dar. Sie hat viel Ähnlich­keit mit den Steppen an der unteren Donau und in Südruß­land. Auf unserer Markung haben die exponier­ten, waldfrei­en Süd‑, Südwest­hän­ge an der Eßhal­de, am Märzen­bu­ckel, am Pulver­turm, am Tierstein und auf der Höhe des Volkmars­ber­ges Steppenheidecharakter.

Zur Gesell­schaft der Steppen­hei­de­pflan­zen zählt man: die Küchen­schel­le, das Frühlings­fin­ger­kraut, das Salomons­sie­gel, das Sonnen­rös­chen, Hufei­sen­klee, Wundklee, Zypres­sen-Wolfs­milch, Schwal­ben­wurz, den Großen Dosten, die Färber­ka­mil­le, das Rindsauge, die Bunte Kronen­wi­cke, die Skabio­sen­f­l­ok­ken­blu­me, die Kugel­blu­me, die Ästige Grasli­lie, die Karthäu­ser-Nelke, die Große Brunel­le, das Nicken­de Leimkraut und die Silberdistel.

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Leitpflan­zen des Steppenheide-Waldes

Der Steppen­hei­de-Wald ist eine lichte­re Waldform, er bildet als schma­ler Gürtel den Übergang von der Steppen­hei­de zum geschlos­se­nen Wald. Im Steppen­hei­de­wald wächst wie auf der Steppen­hei­de eine Reihe charak­te­ris­ti­scher Pflanzen:

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So finden wir am Langert­weg nach Unter­ko­chen und am Weg nach Ebnat das schöne Immenblatt oder Honig­blu­me mit großen weißli­chen, rosa oder lila angehauch­ten Lippen­blü­ten. Es wird von Hummeln und Nacht­schmet­ter­lin­gen besucht und blüht im Mai und Juni. Im Buchen­hoch­wald über dem Tierstein­fel­sen blüht vom Mai bis Juni ein Boretsch-Gewächs, der Rotblaue Stein­sa­me in einem größe­ren Bestand. Seine Blüten wechseln in der Blüte­zeit die Farbe von Hellpur­pur zu tiefem Blau.

Nach Robert Gradmann, dem Altmeis­ter der Alb-Botani­ker, gehören zu den Leitpflan­zen des Steppen­hei­de-Waldes außer Immenblatt und Rotblau­em Steinsamen:

Die Stinken­de Nieswurz, das Leber­blüm­chen, die Akelei, der Gelbe Finger­hut, das Rote Waldvög­lein, die Ebensträu­ßi­ge Wucher­blu­me, die Pfirsich­blätt­ri­ge Glocken­blu­me und der Frauen­schuh, dessen Stand­or­te geheim­zu­hal­ten sind.

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Die Gesell­schaft der Schlagpflanzen

Wo in Wäldern Kahlschlä­ge und Lichtun­gen entste­hen, verur­sacht von Baustel­len für Siedlun­gen, wie auf der Heide, oder durch den Bau von Straßen oder Hochspan­nungs­lei­tun­gen, da stellen sich sofort die Schlag­pflan­zen ein. Sie keimen in dem rauhen, unkul­ti­vier­ten Boden und versu­chen die dem Wald geschla­ge­nen Wunden wieder zu schlie­ßen. Sie sind das »Fliegen­de Feldla­za­rett des Waldes«. Wie von Geistern gerufen, kommen ihre Samen von weither angeflo­gen, oder werden von Vögeln in ihren Exkre­men­ten herge­tra­gen. Die Schlag­pflan­zen verhin­dern zunächst im Verein mit Gesträuch und Gestrüpp das Austrock­nen des Bodens und leisten so Pionier­ar­beit für eine Wiederbewaldung.

Zur Gesell­schaft der Schlag­pflan­zen gehören:
Das Schmal­blätt­ri­ge Weiden­rös­chen oder Stauden-Feuer­kraut, ein rotleuch­ten­der Schmuck der Lichtun­gen, das Echte Johan­nis­kraut, das Waldgreis­kraut, das Fuchs­greis­kraut, der Gemei­ne Dosten, der Wasis­er­dos­ten oder Kunigun­den­kraut, viele Distel­ar­ten von der gemei­nen Acker­dis­tel und der Sumpf­kratz­dis­tel bis zur Distel­kö­ni­gin, der schönen Wollköpfigen.

Auch die hohen kanti­gen Büsche der Tollkir­sche stellen sich auf Kahlschlä­gen ein. Ihre glänzend schwar­zen Beeren sind sehr giftig, werden aber von Drosseln und Fasanen gefres­sen. Die zwei bis drei Meter hohe Königs­ker­ze oder Wetter­ker­ze, wie die Tollkir­sche eine Heilpflan­ze, überragt das Gewirr der Schlag­pflan­zen wie eine Königin. Hell leuch­ten die radför­mi­gen Blüten ihrer Blüten­äh­re. Diese darf an Maria Himmel­fahrt in keinem Weihbü­schel fehlen.

Die Pflan­zen­ge­mein­schaft des Schluchtwaldes

Der Schlucht­wald hat wenig Sonnen­ein­strah­lung, der Boden ist stets feucht. Es wachsen dort Pflan­zen, die den Schat­ten lieben:

1. Der Aronstab

Man findet die inter­es­san­te Pflan­ze außer in Schlucht­wäl­dern auch in schat­ti­gen Hecken. Schon im April sprie­ßen die großen, pfeil­för­mi­gen, saftgrü­nen Grund­blät­ter. Später erschei­nen die hasen­ohr­för­mi­gen grün-weißli­chen Hüllblät­ter der Blüte, die die inneren Blüten­tei­le schüt­zen. Aus dem Blüten­stand ragt ein keulen­för­mi­ger Kolben, dessen Aasge­ruch kleine Fliegen anlockt. Diese werden im Innern des Blüten­stands gefan­gen gehal­ten, bis sie diese bestäubt haben. Erst dann können sie wieder in die Freiheit entwei­chen. Der Blüten­stand des Aronstabs ist eine Fliegen­kes­sel­fal­le. Aus dem bestäub­ten Blüten­stand entwi­ckelt sich eine aufrech­te Traube koral­len­ro­ter, gifti­ger Beeren, die Ende Juli reifen. Der in allen Teilen gifti­ge Aronstab spiel­te früher in der Heilkun­de eine Rolle und wurde im Volks­glau­ben als Orakel­pflan­ze befragt.

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2. Das Silber­blatt oder die Mondviole

Das Silber­blatt ist eine typische Schlucht­wald­pflan­ze. Es gehört zu den Kreuz­blüt­lern. Der Blüten­stand der wohlrie­chen­den violet­ten Blüten ist eine Trugdol­de. Es blüht im Mai und Juni. Die Schei­de­wand der platt gedruck­ten, ellip­sen­för­mi­gen Samen­scho­ten glänzt silbrig. Das Silber­blatt fand man früher in jedem Bauerngarten.

3. Zu den Schluchtwaldpflanzen

gehören auch die Türken­bund­li­lie, das Spring­kraut (Impati­ens noli-tange­re), das Gelbe Windrös­chen, das Fuchs­greis­kraut, das Wechsel­blätt­ri­ge Milzkraut, das Schar­bocks­kraut, der Stinken­de Storch­schna­bel, der Wolfs­ei­sen­hut, der Bären­lauch, der Waldziest und die Einbeere.

Fremd­lin­ge in der heimi­schen Flora

1. Die Morgen­län­di­sche Zackenschote

Dieses Acker­un­kraut wurde vor etwa vier Jahrzehn­ten mit landwirt­schaft­li­chen Produk­ten aus dem Orient nach Europa einge­schleppt. In jedem Frühsom­mer fallen uns die meter­ho­hen, krauti­gen Büsche, besetzt mit kleinen gelben Kreuz­blüt­chen, auf, die sich von Jahr zu Jahr immer mehr ausbrei­ten an Feld- und Wiesen­rai­nen, an Straßen- und Bahndäm­men, auf Ödplät­zen und Baustel­len; da und dort stehen sie schon mitten in der Wiese. Die Morgen­län­di­sche Zacken­scho­te hat eine kräfti­ge, meter­lan­ge Pfahl­wur­zel und kann deshalb schwer ausge­rot­tet werden. Jedes Jahr erobert sie neue Standorte.

2. Die schöne Gauklerblume

Sie konnte bis vor wenigen Jahren am Guten­bäch­le bei der Nepomuk­brü­cke bewun­dert werden. An den ästigen 30–40 cm hohen Stengeln mit glatten, gezähn­ten Blättern sitzen an dünnen Stielen große goldgel­be Hummel­blü­ten, deren Unter­lip­pe mit zwei schwarz­ro­ten Punkten verziert ist. Die Gaukler­blu­me ist eine Garten­blu­me aus dem westli­chen Ameri­ka, die bei uns verwilderte.

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3. Die Nachtkerze

Sie kam um 1914 aus Botani­schen Gärten Ameri­kas nach Europa, wo sie rasch verwil­der­te. Die großen hellgel­ben, radför­mi­gen Blüten der Nacht­ker­ze bilden eine locke­re Ähre. Sie öffnen sich abends sechs Uhr, nur zwei Nächte lang, tagsüber schlie­ßen sie sich. Ihre Bestäu­ber sind langrüs­sel­i­ge Nacht­schmet­ter­lin­ge wie das Tauben­schwänz­chen.
Die Nacht­ker­ze blüht von Juni bis August an Bahndäm­men in Kiesgru­ben und an Fluß- und Kanalufern.

4. Das Knopfkraut

Es stammt aus den perua­ni­schen Anden und kam über Pariser botani­sche Gärten nach Deutsch­land. Deshalb nennt man es auch Franzo­sen­kraut. Seit 1910 ist es ein Acker­un­kraut in Kartof­fel­ä­ckern und Gemüse­gär­ten. Wir kennen das Knopf­kraut an den niedli­chen Blüten­körb­chen mit den fünf weißen Strahlenblütchen.

5. Der Quirl­blü­ti­ge Salbei

Er ist verwandt mit dem Wiesen­sal­bei, hat aber viel kleine­re, in Quirlen am Stengel sitzen­de lilafar­be­ne Lippen­blüt­chen. Seine Heimat sind die Gebirgs­land­schaf­ten am Kauka­sus, Nordper­si­ens, Klein­asi­ens und Syriens. Er ist wahrschein­lich mit südrus­si­schem und ungari­schem Getrei­de nach Westeu­ro­pa verschleppt worden und bei uns jetzt ein einge­bür­ger­tes Getrei­de-Unkraut gewor­den. Seine klebri­gen Frücht­chen werden von Schafen verbreitet.

6. Der Gemei­ne Frauenspiegel

Er ist ein Glocken­blu­men­ge­wächs und fällt auf durch seine lilafar­be­nen, fünfzip­fel­i­gen , platt gedrück­ten Glocken­blü­ten. Der Frauen­spie­gel stammt aus Südeu­ro­pa. Seine Verbrei­tung ist durch die Verbes­se­rung des Saatgu­tes in den letzten Jahren zurückgegangen.

Pflan­zen am Bachufer und im fließen­den Wasser

Schon im Febru­ar erschei­nen am Koche­ru­fer die rosa fleisch­far­be­nen Blüten­stän­de der Roten Pestwurz, die in Pestzei­ten als Heilpflan­ze gebraucht wurde. Am Bachufer, an seich­ten Stellen mitten im Bach und am Quellen­rand blühen im März als erste Frühlings­bo­ten die Sumpf­dot­ter­blu­men oder »Schmalz­ka­cheln« mit dotter­gel­ben Blüten­scha­len, die von fünf Kelch­blät­tern gebil­det werden. Die inneren Blüten­tei­le sondern reich­lich Nektar ab, der von hungri­gen Bienen einge­tra­gen wird.

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Unter dem Uferge­büsch am Kocher leuch­ten jetzt auch die gelbglän­zen­den Blüten­ster­ne des Schar­bocks­krau­tes oder der Feigwurz, deren Blätter reich­lich Vitamin C enthal­ten. Das Schar­bocks­kraut war einst bekannt als Heilmit­tel gegen den Skorbut, eine Vitamin­man­gel­krank­heit, an der Seefah­rer infol­ge einsei­ti­ger Ernäh­rung litten.

Von Juni bis August blüht am Koche­ru­fer die Wiesen­kö­ni­gin, das ‚Mädesüß oder die Spier­stau­de mit stark duften­den weißen Trugdolden.

Eine schöne Pflan­ze ist der Blutwei­de­rich. Seine karme­sin­ro­ten Schein­äh­ren mit quirlig angeord­ne­ten Einzel­blü­ten finden wir von Juli bis Septem­ber an Gräben und in der Uferzo­ne des Kochers.

Im sauer­stoff­rei­chen, klaren Wasser des Kochers schwimmt in dichtem Bestand der Fluten­de Hahnen­fuß. Er blüht im August mit zarten, weißen Blütchen.

Am Kocher­ur­sprung, in Quellen, in Gräben und Bächlein wuchert die Brunnen­kres­se, eine alte Heilpflan­ze. Sie enthält Senföle, ätheri­sche Öle und reich­lich Vitamin C und wird von Wildsa­lat­samm­lern gesucht.

In der schlam­mi­gen Uferzo­ne am Kocher­ur­sprung wächst der Bach- Ehren­preis mit tiefblau­en Blüten. Am Wasser wächst auch die Wasser­min­ze mit violet­ten Blüten­köpf­chen und die Geflü­gel­te Braun­wurz mit kleinen braun­ro­ten Blüten an trugdol­di­gen Rispen.

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Acker­un­kräu­ter

Dicht an dicht steht heute im Getrei­de­feld Halm an Halm. Kaum ein Gräslein, geschwei­ge denn ein Blümlein finden dazwi­schen noch Platz. Sauber ist der Acker! Der Bauer kann darauf stolz sein und ein guter Hektar­er­trag wird ihm bei der Ernte seine Mühe lohnen. Durch inten­si­ve Boden­be­ar­bei­tung, künst­li­che Düngung und durch eine Unkraut­be­kämp­fung mit chemi­schen Mitteln ist es ihm gelun­gen, die vom »Teufel ausge­streu­ten Unkräu­ter« zu vernich­ten. Der Pflan­zen­freund aber ist beim Betrach­ten des gepfleg­ten Getrei­de­fel­des traurig, er vermißt die schönen Ackerblumen:

den Klatsch­mohn, dessen Blüten so blutrot leuch­ten, die liebli­chen Kornblu­men, die selten gewor­de­ne rosafar­be­ne Kornra­de, den dunkel­blau­en Feldrit­ter­sporn, die kleinen roten Blüten des Bluts­tröpf­chens, die roten Schmet­ter­lings­blü­ten der Erdnußplatterbse.

Am Acker­rand wuchsen früher der Acker­wach­tel­wei­zen, die Färber­ka­mil­le, der Frauen­spie­gel und mit gelben Löwen­maul­blü­ten das Leinkraut oder Frauen­flachs. Leider gehören die blumen­bun­ten Getrei­de­äcker unwie­der­bring­lich der Vergan­gen­heit an.

Wiesen­blu­men

Die blumen­rei­chen Wiesen, die wir früher in den Wochen vor der Heuern­te bewun­dert haben, gibt es nicht mehr. Alle die schönen Wiesen­blu­men sind zwischen den durch die moder­ne Landwirt­schaft im Wachs­tum beson­ders geför­der­ten Futter­grä­ser erstickt. Die bunte Blumen­wie­se wurde mehr und mehr eintö­nig grünes Grasfeld.

Es fehlen die weißen Strah­len­blü­ten der Marge­ri­ten, die orange leuch­ten­den Blüten­son­nen des Wiesen­bocks­barts, die roten Köpfchen des Rotklees, die Wiesen­flo­cken­blu­men und der blaue Wiesen­storch­schna­bel, am Wiesen­rand blüht kein Salbei mehr. Auch die stämmi­gen, gelb blühen­den Grund­fes­ten und die Hahnen­fü­ße sind verschwun­den, ebenso die weißen Schir­me des Wiesen­ker­bels und des Bären­klau. Auf feuch­ten Wiesen hält sich noch der Wiesen­knö­te­rich und die Rote Lichtnelke.

An Wiesen- und Wegrän­dern oder auf weniger inten­siv bewirt­schaf­te­ten Grund­stü­cken können wir die schönen Wiesen­blu­men noch finden.

Das Kräut­lein »Rühr mich nicht an« Impati­ens noli-tangere

Dieses Kräut­lein, das an schat­ti­gen Waldwe­gen, auf feuch­tem, lehmi­gen Boden wächst, ist eine wilde Balsami­ne. Die Botani­ker nennen es Spring­kraut. An den 50–60 cm hohen, durch­schei­nen­den, kräfti­gen Stengeln baumeln in den Sommer­mo­na­ten an dünnen Fäden die exotisch anmuten­den goldgel­ben, gesporn­ten Blüten, die einer Narren­kap­pe gleichen. Alte Botani­ker vermu­te­ten, das Spring­kraut sei in der Zeit der Entde­ckun­gen aus fernen Ländern bei uns einge­schleppt worden. Nach dem Verblü­hen hängen an den dünnen Fäden grüne Würmchen, die Samen. Sobald jemand die reifen Samen­würm­chen berührt, platzen sie auf und rollen sich ein. Dabei werden die Samen mehre­re Meter weit fortge­schleu­dert. Der Volks­mund sagt: »Die Spring­kräu­ter erschre­cken, wenn donnert und lassen dann ihre Samen fallen.«

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Stand­or­te des Kräut­leins »Rühr mich nicht an« fanden wir auf dem Langert, am Weg nach Tauchen­wei­ler und im Tiefental.

Das Tausend­gül­den­kraut

Es war bereits im fünften vorchrist­li­chen Jahrhun­dert als Heilpflan­ze geschätzt. Eine griechi­sche Sage erzählt, der Centaur Chiron habe eine Heilpflan­ze entdeckt, durch deren Heilkraft er selbst wieder gesund gewor­den sei. Die Botani­ker nannten sie deshalb Centau­ri­um erythraea. Die Überset­zer kamen auf den deutschen Namen Hundert­gül­den­kraut (cent = hundert, aurium = Gold). Aus Hundert­gül­den­kraut wurde später aufge­wer­tet »Tausend­gül­den­kraut«.

Das Tausend­gül­den­kraut, ein Enzian­ge­wächs, ist ein beschei­de­nes Blümchen, kennt­lich an den fleisch­ro­ten, fünfstrah­li­gen Blüten­stern­chen, an gegabel­ten Trugdol­den auf vierkan­ti­gen, dünnen Stengeln. Es wächst auf grasi­gen Waldwe­gen, ist aber auf unserer Markung selten.

Der berühm­te Botani­ker Hiero­ny­mus Bock schreibt vom Tausend­gül­den­kraut: »Es ist köstlich inner­lich und äußer­lich zu gebrau­chen. So jemand Gift getrun­ken hat, der nehme Tausend­gül­den­kraut, zersto­ße es zu Pulver und trinke dieses in Essig. Es zerteilt das Gift.«

In mittel­al­ter­li­chen Kräuter­bü­chern lesen wir:
»Es schützt gegen Verzau­be­rung und Blitz­schlag und wer davon ein Zweig­lein im Geldbeu­tel trägt, dem geht zeitle­bens das Geld nicht aus.«

Im Harzge­bir­ge glaubt man: »Wer in der Walpur­gis­nacht ein Kränz­lein aus Tausend­gül­den­kraut auf dem Kopf trägt, der kann die Hexen zum Blocks­berg reiten sehen.«

Die Natur­heil­kun­di­gen gebrau­chen Tee aus blühen­dem Tausend­gül­den­kraut als bewähr­tes Heilmit­tel bei Magen­be­schwer­den heute noch.

Die Hecken

Die langen Hecken an der Eßhal­de, am Tierstein­hang, im Weingar­ten, im Wolfert­s­tal, am Kleb, im Rod und am Zweren­berg sind charak­te­ris­tisch für die Weißju­ra­land­schaft. Sie schmü­cken die sonni­gen Kalkhän­ge im zeiti­gen Frühjahr, wenn die schwar­zen Schleh­dorn­bü­sche und die Wildkir­schen blühen, ebenso im Herbst, wenn das Laub der Heckensträu­cher sich bunt färbt und ihre Früch­te reifen.

Die Bedeu­tung der Hecken erkann­te man dort, wo sie bei der Flurbe­rei­ni­gung oder aus anderen Gründen gerodet wurden.

  1. Hecken sind schüt­zen­der Lebens­raum für viele Vogel­ar­ten, beson­ders für Neuntö­ter und Dorngrasmücken.
  2. Im Innern der Hecken leben Igel, Ringel­nat­tern, Spitz­mäu­se und andere Kleintiere
  3. Jungha­sen, Fasanen und Rebhüh­ner finden unter dorni­gen Büschen Zuflucht vor ihren Verfol­gern, vor Elstern und Greifvögeln.
  4. An Weiden­kätz­chen und an den blühen­den Heckensträu­chern finden Bienen, Hummeln und Schmet­ter­lin­ge Nektar und Pollen.
  5. Hecken verbes­sern das Klima, sie schüt­zen das Kultur­land gegen kalte austrock­nen­de Winde, im heißen Sommer bieten sie Schatten!
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Die wichtigs­ten Heckensträucher:

Schwarz­dorn oder Schle­he, Weißdorn, Wolli­ger und Wilder Schnee­ball, Holun­der, Hasel­strauch, Salwei­de, Mehlbee­re, Pfaffen­hüt­chen oder Spindel­strauch, Hartrie­gel, Hecken­kir­sche, Kreuz­dorn, Berbe­rit­ze, Ligus­ter, Feldahorn und Wildkir­sche als Baum.

Geschütz­te Pflan­zen auf unserer Markung

  1. Seidel­bast, Küchen­schel­le, Akelei, Türken­bund­li­lie, Gelber Finger­hut, Silberdistel.
  2. Alle Enzian­ar­ten:
    Frühlings­en­zi­an, Kreuzen­zi­an, Gefrans­ter Enzian, Deutscher Enzian
  3. Alle Orchi­deen:
    Manns­kna­ben­kraut, Händel­wurz, Zweiblätt­ri­ge Waldhya­zin­the, das Rote Waldvög­lein, das Großblü­ti­ge Weiße Waldvög­lein, das Schwert­blätt­ri­ge, kleine Waldvög­lein, Schwarz­köp­fi­ge Orchis = Brand­or­chis, Breit­blätt­ri­ge Sumpf­wurz, Fliegen­rag­wurz, das Große Zweiblatt.

Geschütz­te Pflan­zen dürfen nicht gepflückt, auch nicht von ihrem Stand­ort entfernt werden. Sie sind die Sorgen­kin­der der Naturschutzwarte.

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Teilwei­se geschütz­te Pflanzen

Dazu gehören:
Das Maiglöck­chen, die Trauben­hya­zin­the oder das April­en­krüg­le, die Duften­de Schlüs­sel­blu­me, Baden­ke genannt, die Hohe Schlüsselblume.

Diese Pflan­zen dürfen in Handsträu­ßen gepflückt werden, aber verbo­ten ist das Ausgra­ben der Wurzel­stö­cke oder Zwiebeln.

Gottlob Braun