»Im Anfang hieß Bürger Insas­se einer Burg sein; Hörige hatten im Dienst eines Großen ihr Handwerk zu üben und durften im Schutz seiner Torwäch­ter wohnen. Als danach die Burg eine Stadt hieß, weil aus dem Troß der Großen ein Hof und aus den Insas­sen eine Bürger­schaft wurde, hielten die Handwer­ker treulich die Schran­ken der Herkunft in Ordnung… Die Zunft­ehr­bar­keit hielt Werkzeug und Arbeits­ge­brauch heilig; wie die Schwert­lei­te den Ritter, so machte der Zunft­brief den Meister; Gesel­le und Lehrling waren ihm Knappe und Page, und die Zunft­stu­be war der Saal seiner Ehre… Denn nur auf ehrli­che Arbeit durfte der Meister den Wohlstand gründen. Todsün­de war Gewinn aus Handel und Zins, tauschen und täuschen galt gleich vor der Zunft. Stuben der Selbst­ge­nüg­sam­keit standen im Schat­ten der höfischen Hallen, beschei­de­ne Hände hielten dem Ritter die Steig­bü­gel hin: aber die Zucht gab der Sitte die Tür, hier wie dort war der Mann noch ein Wort, die Ehrbar­keit war die redli­che Magd der Ehre…«

Wen könnten die Verse des Erzäh­lers Wilhelm Schäfer (1868−1952), die er »Die Zunft« überschrieb, nicht zum Nachden­ken verlei­ten? Sie sollen hier in ein kleines Kapitel einfüh­ren, das man mit »Freud und Sorg rühri­ger Menschen im Handwerk und Handel« bezeich­nen möchte. Handwerk und Handel heute, ein Schuß Geschich­te und Zukunfts­per­spek­ti­ve, aber ohne jegli­chen Anspruch auf Vollständigkeit.

Ein Blick zurück…

zeigt uns zunächst, daß das Handwerk schon um die Jahrhun­dert­wen­de neben der Landwirt­schaft eine der wichtigs­ten Erwerbs­quel­len in Oberko­chen war. So zählte man um 1910 in der etwa 1200 Einwoh­ner großen Gemein­de neben einer Reihe von Bohrer­mach­er­werk­stät­ten (s. Vom Dorf zur Indus­trie­ge­mein­de) 64 selbstän­di­ge Handwerks­meis­ter in 21 verschie­de­nen Innun­gen:
17 Häfner: s. Häfner­ge­schich­te
5 Schrei­ner: Karl Fischer, Micha­el Frank, August Hug, Josef Mauser, Karl Speth
5 Schuh­ma­cher: Josef Brunn­hu­ber, Karl Holz, Chris­ti­an Kopp, Johann Kopp, Josef Tritt­ler
3 Bäcker: Willi­bald Geissin­ger, Georg Wannen­wetsch, Karl Widmann (Storcha­beck)
3 Bierbrau­er: Georg Nagel (Hirsch), Ludwig Trick (Ochsen), Eugen Winter (Schell)
3 Gärtner: Josef Brand­stet­ter, Franz Holz, Anton Mahler
3 Metzger: Paul Betzler, Fried­rich Reber, Jakob Schnei­der
3 Müller: Karl Elser (Kreuz­müh­le), Kaspar Schee­rer (Untere Mühle), Stadel­mai­er (Ob. Mühle)
3 Schmie­de: Karl Maier (Kirchen­schmied), Paul Oppold, Josef Weber (Kohlschmied)
3 Wagner: Anton Bezler, Franz Bezler, Josef Holz
2 Küfer: Franz Gold, Anton Wunder­le (der auch eine Moste­rei betrieb)
2 Maurer: Anton Tritt­ler, Franz/Johannes Wingert
2 Sattler: Chris­ti­an Bauer, Karl Seitz
2 Schnei­der: Anton Fischer, Josef Anselm Stroh­mai­er
2 Schlos­ser: Johan­nes Elmer, Micha­el Fritz
1 Glaser: Paul Wingert
1 Holzdrechs­ler: Josef Wingert
1 Mühlen­bau­er: Josef Mauser
1 Uhrma­cher: Paul Hoffmann
1 Ziegler: Karl Gold
1 Zimmer­mann: Bernhard Brunn­hu­ber
(Aufstel­lung nach C. Schrenk, Alt Oberko­chen in BuG v. 7.9.84, S. 678)

Ein selbstän­di­ger Handel war zu dieser Zeit noch sehr schwach ausge­prägt. Waren des alltäg­li­chen Bedarfs wurden in kleinen Lebens­mit­tel­ge­schäf­ten (Koloni­al­wa­ren­ge­schäf­ten) oder Gemischt­wa­ren­lä­den zum Kauf angebo­ten. Alles andere besorg­ten meist auswär­ti­ge Händler, die mit ihren Wagen von Ort zu Ort zogen. So war es auch zunächst das Handwerk, das sich in der Gemein­de organi­sier­te und 1906 einen Handwer­ker­ver­ein gründe­te. Mühlen­bau­er Josef Mauser, Glaser­meis­ter Micha­el Wingert, Schrei­ner­meis­ter Karl Fischer, Schuh­ma­cher­meis­ter Johann Kopp und der Uhrma­cher Karl Hoffmann nahmen die Sache in die Hand, nachdem die Württ. Landes­re­gie­rung die Meister­prü­fung wieder zur Pflicht gemacht und den Zusam­men­schluß aller Gewer­be- und Handel­trei­ben­den zur Wahrung ihrer Inter­es­sen empfoh­len hatte. Die steigen­de Zahl von Einzel­han­dels­ge­schäf­ten und eine zuneh­men­de Branchen­streu­ung im Zuge der Einwoh­ner­ent­wick­lung verstärk­te nun den Einfluß des Handels, was die Vorstand­schaft unter Altgla­ser­meis­ter Paul Wingert (1923−1933) dazu bewogen haben mochte, dem Verein seinen heuti­gen Namen »Gewer­be- und Handels­ver­ein Oberko­chen« zu geben.

Während zwischen den beiden Weltkrie­gen viele Betrie­be ihre Selbstän­dig­keit aufga­ben, kamen auch neue hinzu. So begann 1921 mit Willi­bald Mannes sen. ein zweiter Zimmer­mann im Unter­ge­schoß seines Wohnhau­ses gegen­über der Unteren Mühle (Schee­rer). 1922 richte­te Ferdi­nand Burkhardts­mai­er in der Lange­stra­ße, auch Langgas­se genannt (heute: Heiden­hei­mer Str.) ein Gipser­ge­schäft ein. 1926 ließ sich Erwin Wanner (Schaber) als erster haupt­be­ruf­li­cher Friseur nieder und löste Josef Elmer ab, der bislang so neben­her für den Großteil der Oberko­che­ner Köpfe zustän­dig war. Im selben Jahr begann im elter­li­chen Haus, Katzen­bach­stra­ße 2, Paul Unfried eine Buchbin­de­rei, ehe er 1929 das alte Minder­sche Anwesen, Lange­stra­ße 176, erwarb, neu aufbau­te und ein Laden­ge­schäft für Schreib­wa­ren, Bücher und Spiel­wa­ren eröff­ne­te. Paul Unfried erhielt auch die erste Geneh­mi­gung für eine Droge­rie in Oberko­chen. Das Geschäft ist heute das ältes­te noch bestehen­de Einzel­han­dels­ge­schäft im Ort und wird vom Sohn des Gründers, Karl Unfried, geführt. Im Katzen­bach gab es 1928 mit Paul Balle einen Fahrrad­me­cha­ni­ker, der auf diesem Gebiet das Vielsei­tig­keits­ta­lent Josef Elmer entlas­tet hat, der nicht nur Fahrrä­der reparier­te und Instal­la­ti­ons­ar­bei­ten aller Art ausführ­te, sondern auch mit dem »Dampf­lo­ko­mo­bil« Getrei­de drosch, eine Holzsä­ge betrieb, daneben die »Krone« bewirt­schaf­te­te und manches andere mehr. 1931 machte sich Clemens Grupp als Schrei­ner und Glaser im elter­li­chen Anwesen selbstän­dig, 1934 gründe­te Walter Borst sen. seine Flasch­ne­rei. Rudolf Lebzel­ter erwarb 1939 von der Firma Leitz das Gebäu­de Kreuz­müh­le 16 und baute es zu einer Wäsche­rei und Plätte­rei um.

Die Kriege selbst bilde­ten tiefgrei­fen­de Einschnit­te, die viele Betrie­be durch Kriegs­dienst­pflicht und Arbeits­ein­satz, Infla­ti­on sowie der allge­mein ungüns­ti­gen politi­schen und wirtschaft­li­chen Verhält­nis­se ruinier­ten und zum Neuan­fang zwangen. So kann man davon ausge­hen, daß die heuti­ge Struk­tur von Handwerk und Handel in Oberko­chen im wesent­li­chen von der Entwick­lung nach dem Zweiten Weltkrieg geprägt ist.

Schwie­ri­ger Neubeginn

Recht beschwer­lich war für viele ein Neuan­fang in den ersten Nachkriegs­jah­ren. Die noch aus der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Zeit überkom­me­ne Gewer­be­ord­nung beinhal­te­te einen Passus zum Schutz des Einzel­han­dels und nicht jeder konnte begin­nen, was er wollte. Wer ein Gewer­be betrei­ben durfte, mußte der Gemein­de­rat entschei­den. So berich­tet Textil­kauf­mann Josef Krok über seinen Anfang 1945 in Oberko­chen, nachdem er zuvor in Ellwan­gen abgewie­sen worden war. Der Oberko­che­ner Gemein­de­rat mit Bürger­meis­ter Frank sei in seiner Entschei­dung, ihm die Erlaub­nis für ein Textil­ge­schäft zu geben, einge­engt gewesen. Die Ratsmit­glie­der hatten nämlich Schnei­der­meis­ter Fischer, der sich noch als Soldat in Gefan­gen­schaft befand, bereits die Zusage gemacht, bei seiner Heimkehr ebenfalls mit dem Textil­ge­schäft begin­nen zu können. Ein kleiner Ort wie Oberko­chen, der nun etwa 2500 Einwoh­ner hatte, konnte nicht zwei Geschäf­ten der gleichen Branche ausrei­chen­des Auskom­men sichern. Die Geneh­mi­gung sei schließ­lich doch gegeben worden, aber mit der Aufla­ge, daß er nur die Artikel führen dürfe, die Schnei­der Fischer nicht führen wolle. Die Beschaf­fung des Start­ka­pi­tals war ein weite­res Hinder­nis, verlang­ten die Banken doch für jede tausend Mark Kredit, dreitau­send Mark Sicher­heit. Ende der 40er Jahre war es dann mit dem Schutz des Einzel­han­dels vorbei. Die bestehen­de Gewer­be­ord­nung wurde aufge­ho­ben und die Gewer­be­frei­heit wieder einge­führt. Eine Geneh­mi­gung war nun nicht mehr notwen­dig, ein Gewer­be brauch­te nur noch angezeigt zu werden. »Endlich ist der alte Zopf ab« mochte sich da manch einer gedacht haben, dessen Existenz­grün­dung seither verhin­dert war. Inzwi­schen aber hatte sich die Firma Zeiss angesie­delt, die bald mehre­re tausend Menschen beschäf­tig­te. Eine ganze Reihe auswär­ti­ger Geschäf­te sah sich nun veran­laßt, in Oberko­chen Filia­len einzu­rich­ten. Viele hatten sich jedoch verkal­ku­liert und gaben wieder auf. Doch die ortsan­säs­si­gen Geschäf­te waren weiter­hin beunru­higt und ein Brief des Gewer­be- und Handels­ver­eins an den Landes­ver­band, in dem eine Klärung in der Frage der Gewer­be­frei­heit erbeten wurde, gibt uns davon Kunde. Es kursier­te offen­bar das Gerücht, daß die alte Gewer­be­ord­nung mit Geneh­mi­gungs­pflicht wieder in Kraft gesetzt werden sollte, was die kleine Oberko­che­ner Geschäfts­welt beruhigt hätte. Aber es war eben nur ein Gerücht und Handwerk und Handel schie­nen einer ungewis­sen und unsiche­ren Zukunft entgegenzugehen.

Mögli­cher­wei­se ist es diesem Umstand zu verdan­ken, daß man im Oberko­che­ner Gewer­be schon früh um die Kunden zu kämpfen begann. Viele gute Ideen wurden, wie so oft, am Stamm­tisch geboren. Da hatte Elektro-Ingenieur Wilhelm Fritscher 1952 den Einfall, in einer Weihnachts­aus­stel­lung die Leistungs­fä­hig­keit des Oberko­che­ner Gewer­bes zu zeigen, womit der Einwoh­ner­schaft bewie­sen werden sollte, daß die Oberko­che­ner Geschäf­te »mit einer großen Auswahl und der Vielsei­tig­keit ihres Waren­sor­ti­men­tes von bester, einwand­frei­er Quali­tät und der gebote­nen Preis­wür­dig­keit zu jeder Zeit in der Lage sind, allen Ansprü­chen und Wünschen gerecht zu werden …, daß die Zeit vorbei ist, wo man es für unumgäng­lich notwen­dig hielt, die Einkäu­fe unter allen Umstän­den auswärts zu tätigen« (BuG v. 27.11.53). Inter­es­sant liest sich aus heuti­ger Sicht der Aufruf des Gewer­be- und Handels­ver­eins zu der Weihnachts­aus­stel­lung 1953 an gleicher Stelle: »Wer auswärts kauft, gibt sein Geld, das er durch seine Arbeit bei einem hiesi­gen Unter­neh­men verdient hat, einem, der mit unserer Gemein­de nichts zu tun hat, und der seine Gewer­be­steu­er an einem anderen Platz zahlt zum Nutzen einer fremden Gemein­de … Wir haben unsere Ausstel­lung so frühzei­tig gelegt, daß jeder Ausstel­ler leicht die Möglich­keit hat, Ihnen irgend einen beson­de­ren Wunsch, etwa ein Extra­mus­ter, eine spezi­el­le Packung oder eine Sonder­grö­ße so rasch zu bestel­len, daß diese recht­zei­tig vor dem Fest in Ihrem Besitz ist.« Robert Wolff fügt dem hinzu: »Beach­ten Sie, daß in den Wochen vor Weihnach­ten die ganze Auswahl zur Verfü­gung steht … Denken Sie auch an das Verkaufs­per­so­nal, das in dieser Zeit beson­ders stark beansprucht wird, denn auch diese Menschen sollen das Fest im Kreise ihrer Angehö­ri­gen, ohne völlig erschöpft zu sein, mit der inneren Bereit­schaft feiern können.«

Oberkochen

Die Ausstel­lun­gen in der »Schell« waren die Sensa­ti­on. Gewer­be- und Handels­ver­ei­ne aus der Umgebung erkun­dig­ten sich danach, wie ein solcher Erfolg zustan­de kommen konnte und übernah­men die Idee.

Künftig wurden die Ausstel­lun­gen wegen der besse­ren Platz­ver­hält­nis­se in die Dreißen­tal­hal­le verlegt, wo sie bis zum Ende der 50er Jahre durch­ge­führt wurden.

In diesen Jahren des Aufschwungs tätig­ten viele Geschäfts­in­ha­ber erheb­li­che Inves­ti­tio­nen. Werkstät­ten und Verkaufs­räu­me wurden vergrö­ßert und moder­ni­siert, Schau­fens­ter­an­la­gen erwei­tert und auch sonst ein Vergleich mit mittle­ren und größe­ren Städten keines­wegs gescheut. Man wurde nicht müde, auf die Vortei­le des Kaufes »am Platze« hinzu­wei­sen, die sich vom problem­lo­sen Umtausch ohne lange Anfahrt bis zur Steige­rung des heimi­schen Gewer­be­steu­er­auf­kom­mens erstreckten.

Die golde­nen 60er und 70er Jahre

Eine bis Ende der 60er Jahre rasch anstei­gen­de Einwoh­ner­zahl (Oberko­chen war in diesen Jahren die am schnells­ten wachsen­de Gemein­de Baden-Württem­bergs) bot nun einer immer größe­ren Anzahl von Geschäf­ten eine gute Existenz­grund­la­ge. War es da 1968 nur ein Gerücht, daß in Oberko­chen sogar ein Großein­kaufs­zen­trum errich­tet werden sollte? Jeden­falls sah sich der Gewer­be- und Handels­ver­ein in diesem Jahr veran­laßt, dazu Stellung zu bezie­hen und ein diesbe­züg­li­ches Ansin­nen schon im Keim zu ersti­cken. Anderer­seits waren aber auch viele zum Aufge­ben gezwun­gen, weil sie den Struk­tur­wan­del nicht mitvoll­zie­hen konnten, die Räumlich­kei­ten nicht mehr genüg­ten, kein Nachfol­ger für den alters­hal­ber ausschei­den­den Betriebs­in­ha­ber gefun­den wurde oder weil es sich einfach nicht mehr lohnte. So findet man im Gewer­be­ver­zeich­nis von 1953 viele Namen, die den meisten noch bestens bekannt sein dürften:

die Textil­häu­ser Bolz und Fischer, Farben Burk und Eisen-Kayser, die Lebens­mit­tel­ge­schäf­te Gubi-Fischer, Gaiss­mai­er, Held, Kopp und Meroth, Koloni­al­wa­ren Grupp, Uhren Maier, die Schuh­ma­cher­ge­schäf­te Gold, Holz, Tritt­ler, die Metzger­meis­ter Fried­le, Reber und Hausmetz­ger Betzler (Metzgers Paul), die Bäcker Brammen, Hug und Widmann (Storcha­beck), Kondi­tor Fleury, die Sattler Stangl und Holz, Maler Steier, Maurer­meis­ter Tritt­ler, Flasch­ner Gerschon, die Schrei­ner Fischer, Hess und Scharek, Kirchen­schmied Karl Maier, Friseur Wanner (Schaber), die Metall­hand­wer­ker Schnell, Schoch Sing, Welt u.a. Trotz­dem ist das Gewer­be­ver­zeich­nis bis heute immer umfang­rei­cher gewor­den. Bezieht man auch Kleinst­ge­wer­be mit ein, so findet man dort ca. 250 Eintra­gun­gen, die dem Handwerk und Handel im weite­ren Sinne zugerech­net werden können.

Der Einzel­han­del und seine Aktivi­tä­ten heute

Oberko­chen ist heute im Regio­nal­plan als Klein­zen­trum mit höchs­ter Arbeits­platz­zen­tra­li­tät und einer zu versor­gen­den Bevöl­ke­rung von ca. 9 000 Einw. ausge­wie­sen. Das bedeu­tet, daß die Stadt im Bereich der Arbeits­plät­ze aus dem näheren und weite­ren Umland sehr viele Menschen anzieht (Arbeits­pend­ler), im Bereich der Dienst­leis­tun­gen jedoch im wesent­li­chen (von Ausnah­men abgese­hen) nur mit der Versor­gung der ortsan­säs­si­gen Bevöl­ke­rung rechnen kann. Trotz­dem ergibt der Bestand an Einzel­han­dels­ge­schäf­ten ein erfreu­li­ches Bild.

Insge­samt zählt man in der Stadt z.Z. 46 Einkaufs­lä­den mit über 6500 qm Verkaufs­flä­che (vgl. Unter­ko­chen 1535 qm, Königs­bronn 1540 qm). Erste Ausle­ger haben sich jetzt auch schon auf der Heide festge­setzt, so eine Filia­le der Kondi­to­rei Müller, jetzt Dicken­herr, die dort die nötigs­ten Lebens­mit­tel bereit­hält, sowie im Bankbe­reich die Kreis­spar­kas­se und Volks­bank mit Agenturen.

Seit 1961 gehört zu Oberko­chen auch ein Wochen­markt mit seinem spezi­fi­schen Frisch­wa­ren­an­ge­bot. Hier sind sowohl einhei­mi­sche, als auch auswär­ti­ge Anbie­ter vertre­ten. Es begann zunächst in der Heiden­hei­mer Str. zwischen Rathaus und »Rößle« (heute Oberko­che­ner Bank und etwa Kocher­tal­apo­the­ke). Später wurde der Wochen­markt in die Bahnhof­stra­ße und von dort ins Jäger­gäß­le verlegt, wo er regel­mä­ßig samstags abgehal­ten wird. Erwäh­nens­wert ist in diesem Zusam­men­hang auch der Pfingst­markt, der seit 1817 alljähr­lich am Pfingst­mon­tag im vorde­ren Teil der Dreißen­tal­stra­ße statt­fin­det und somit auf eine fast 170 Jahre alte Tradi­ti­on zurückreicht.

Einzel­han­del in Oberko­chen (Stand 1983)

Oberkochen

Quelle:

Standort‑, Markt- und Image­ana­ly­se (Gewer­be- und Handels­ver­ein Oberkochen)

Eine dominie­ren­de Stellung nehmen in der Stadt neben den Lebens­mit­tel­ge­schäf­ten vor allem die Elektro­fach­ge­schäf­te ein, die aufgrund ihrer Leistungs­fä­hig­keit auch viele Käufer aus dem Umland anlocken. Hier hat sich der Wegzug von Elektro-Starz nach Aalen sehr negativ ausge­wirkt. Gerade diese Branche hat in der Vergan­gen­heit bewie­sen, daß allge­mein etwas mehr Wettbe­werb für die Oberko­che­ner Geschäfts­welt befruch­tend sein könnte. Allein die Steige­rung der Auswahl und weite­re nicht nur die Einhei­mi­schen zum Kauf am Ort animie­ren und somit den Kaufkraft­ab­fluß begren­zen, sondern mögli­cher­wei­se sogar zu einer Steige­rung des Zuflus­ses aus den Nachbar­ge­mein­den Königs­bronn und Unter­ko­chen führen, wo der Einzel­han­del sehr viel schwä­cher ausge­bil­det ist.Vergleichsmöglichkeiten könnten

Oberkochen

nicht nur die Einhei­mi­schen zum Kauf am Ort animie­ren und somit den Kaufkraft­ab­fluß begren­zen, sondern mögli­cher­wei­se sogar zu einer Steige­rung des Zuflus­ses aus den Nachbar­ge­mein­den Königs­bronn und Unter­ko­chen führen, wo der Einzel­han­del sehr viel schwä­cher ausge­bil­det ist.

Wichtig dafür ist neben anderen Maßnah­men eine fußgän­ger­freund­li­che Innenstadt.

Die verkehrs­tech­ni­schen Planun­gen, wie ein zweiter Verkehrs­ring in welcher Form auch immer, genügend günsti­ge Parkmög­lich­kei­ten u.a., liegen in den Schub­la­den auf dem Rathaus und warten auf ihre Verwirk­li­chung, bevor der Zug für Oberko­chen tatsäch­lich abgefah­ren ist.

Indes­sen ist man aber auch jetzt schon in Handel und Handwerk nicht untätig, wie zahlrei­che Aktivi­tä­ten zeigen. Die Instal­lie­rung einer Weihnachts­be­leuch­tung sollte ein erster kleiner Schritt in die Richtung einer Attrak­ti­vi­täts­stei­ge­rung sein. Über Form und Ausfüh­rung dachte man sich beim Gewer­be- und Handels­ver­ein die Köpfe heiß. Erste Reakti­on in der Öffent­lich­keit: »Was send denn des für Narra­k­ap­pa, dia ka ma glei bis zom Fasnacht­som­zug hanga­las­sa.« Inzwi­schen hat man sich allseits daran gewöhnt, die Weihnachts­be­leuch­tung ist zweifel­los zu einer Berei­che­rung für das weihnacht­li­che Stadt­bild gewor­den. Für frischen Wind sorgt seit 1980 zudem der Zusam­men­schluß von Geschäfts­leu­ten zum »Leistungs­ver­bund Oberko­che­ner Fachge­schäf­te«, dem heute 24 Geschäf­te angehö­ren. Klaus Weissen­berg (früher Rosi Moden), Emil Vollmer und Dieter Sachse hatten diese Idee zum Zwecke gemeinsamen

Oberkochen

Werbens. Was seit den endfünf­zi­ger Jahren schlum­mer­te, wurde zu neuem Leben erweckt. Eine groß aufge­mach­te Leistungs­schau von Handwerk und Einzel­han­dels­ge­wer­be in der Schwörz­hal­le zählte zu den ersten Aktivi­tä­ten und hat sich bis heute bewährt. In den folgen­den Jahren kamen weite­re Veran­stal­tun­gen hinzu. Blumen­schmuck­wett­be­werb einschließ­lich Blumen­ball mit Moden­schau soll zur Verschö­ne­rung des Stadt­bil­des beitra­gen. Weihnachts­markt und Glück­schein­ak­tio­nen, Trödler­markt, Oster­ak­tio­nen mit Eierge­schen­ken, lange Samsta­ge und verkaufs­of­fe­ne Sonnta­ge während des Stadt­fes­tes, die Einrich­tung von Kurzpark­zo­nen, gemein­sa­me Werbung und vieles andere soll die Bevöl­ke­rung anregen, die Einkäu­fe im Ort zu machen. 1984 wurde sogar der Maibaum vom Rathaus ins Geschäfts­zen­trum verlegt, beglei­tet von einem fröhli­chen Maibaum­fescht­le. Ein schöner Brauch, wenn das Fest auch ab und zu einmal buchstäb­lich ins Wasser fallen sollte. Darüber hinaus wurde eine wissen­schaft­li­che Standort‑, Markt- und Image­ana­ly­se in Auftrag gegeben, deren Ergeb­nis­se z.Z. ausge­wer­tet werden. Bringen diese Aktivi­tä­ten auch nicht immer den gewünsch­ten Erfolg, so zeugen sie doch von einem starken Inter­es­se seitens der Geschäfts­leu­te, Oberko­chen wenigs­tens die notwen­digs­ten Einrich­tun­gen über den Bereich des alltäg­li­chen Bedarfs hinaus zu sichern und das sollte Anerken­nung finden.

Das Großhan­dels­ge­wer­be

Im Bereich des Großhan­dels­ge­wer­bes, das in Oberko­chen ebenfalls mit einigen Firmen vertre­ten ist, ragt beson­ders die Eisen­groß­hand­lung Günther & Schramm heraus. 1930, in der Zeit der Weltwirt­schafts­kri­se von Emil Schramm und Erich Günther gegrün­det, diente zunächst ein gelie­he­nes Kuhge­spann dazu, den Stahl vom und zum Bahnhof zu trans­por­tie­ren. Doch dann ging es stetig aufwärts, wobei 1944 ein Rekord­um­satz mit fast 1,5 Mio. Reichs­mark erzielt werden konnte. Nachdem der Betrieb bei Kriegs­en­de von den alliier­ten Mächten beschlag­nahmt und zerstört worden war, konnte 1946, zunächst unter der Treuhän­der­schaft von Johan­nes Frank, die Arbeit wieder aufge­nom­men werden. Mit Beginn der 50er Jahre nahm auch die Firma Günther und Schramm am »Wirtschaft­wun­der« teil und konnte in der Folge­zeit ständig expan­die­ren. Das Liefer­pro­gramm der Firma umfaßt heute Blank‑, Edel- und Walzstahl in vielfäl­ti­gen Legie­run­gen. Anfang der 80er Jahre mußte die Lager­ka­pa­zi­tät noch einmal erwei­tert werden. In Erman­ge­lung geeig­ne­ter Baumög­lich­kei­ten wich man nach Königs­bronn aus, wo ein Neubau mit über 10 000 qm Lager­flä­che entstan­den ist. Die seit 1979 als GmbH geführ­te Firma mit ihren Geschäfts­füh­rern Willi Günther, Hermann und Walter Schramm beschäf­tigt heute mit Zweig­be­trieb in Mannheim ca. 150 Mitar­bei­ter und zählt zu den größten Stahl­han­dels­häu­sern der Bundesrepublik.

In den Bereich Großhan­del können zudem die noch jungen Firmen OWEMA, Werkzeu­ge und Maschi­nen GmbH sowie die Vertriebs­ge­sell­schaft Stark GmbH für Holz- und Metall­ver­ar­bei­tungs­ma­schi­nen gezählt werden, deren Handels­be­zie­hun­gen inzwi­schen weit über Oberko­chen hinaus­rei­chen. Das Trans­port­ge­wer­be ist in Oberko­chen mit zwei inter­na­tio­na­len Spedi­tio­nen und einem Fuhrun­ter­neh­men vertre­ten, die erst nach dem 2. Weltkrieg gegrün­det wurden. Die Firma Peters­hans & Betzler begann 1945 im Dreißen­tal. An die Stelle des schon früh verstor­be­nen Mitbe­grün­ders August Betzlers trat 1950 Karl Uhl in das noch junge Unter­neh­men ein. Nach der Umsied­lung an die B 19 im Norden von Oberko­chen gelang es Hermann Peters­hans und Karl Uhl, eine Spedi­ti­on für den Güter­nah- und Fernver­kehr aufzu­bau­en, die schon bald inter­na­tio­na­len Ruf erlang­te und heute zu den leistungs­fä­higs­ten im süddeut­schen Raum gezählt werden kann. Die Anfän­ge der Spedi­ti­on August Fischer im Katzen­bach gehen auf den Trans­port von Gruben- und Faser­holz vom Wald zum Bahnhof zurück, der zunächst mittels eines Pferde­fuhr­werks getätigt und anschlie­ßend von einem Holzver­ga­ser übernom­men wurde. Auch diese Spedi­ti­on wurde 1945 gegrün­det und hat seither eine steti­ge Aufwärts­ent­wick­lung genom­men. Heute trans­por­tie­ren 10 Fernver­kehrs­last­zü­ge haupt­säch­lich Eisen, Stahl und Schmie­de­tei­le in die wichtigs­ten deutschen Indus­trie­zen­tren. Das noch relativ junge, erst 1960 gegrün­de­te Güter­nah- und Fernver­kehrs­un­ter­neh­men Manfred Maier hat sich auf die Beför­de­rung von optischen Geräten spezia­li­siert, was in Oberko­chen natür­lich nahe liegt. Der alte »Henschel« wurde inzwi­schen von acht moder­nen Lastkraft­wa­gen abgelöst. Baustoff­han­del und Einsatz im Winter­dienst ergän­zen den Fuhrbe­trieb, der heute 13 Mitar­bei­ter zählt. Das einige Jahre in der Kreuz­müh­le ansäs­si­ge türki­sche Fuhrun­ter­neh­men K.K.R. inter­na­tio­na­le Trans­por­te GmbH ist seit Sommer 1992 völlig spurlos aus Oberko­chen verschwunden.

Das Handwerk verän­dert sein Gesicht

»Handwerk hat golde­nen Boden« besagt ein altes Sprich­wort und die darin liegen­de Wahrheit zeigt sich auch bei den Oberko­che­ner Handwerks­be­trie­ben. Daß Schäfers Zunft­be­schrei­bung (s. Einlei­tung), wonach Gewinn aus Handel und Zins Todsün­de sei, auch in diesem Punkt überholt ist, zeigt sich an der Vielzahl von Handels­tä­tig­kei­ten in den verschie­dens­ten Formen und Ausprä­gun­gen, die auch von den Oberko­che­ner Handwer­kern neben­bei oder manch­mal sogar schwer­punkt­mä­ßig ausge­führt werden. Die Struk­tur des Handwerks hat sich in den letzten 80 Jahren beträcht­lich verän­dert. Eine Zusam­men­stel­lung zeigt die heute selbstän­dig in Oberko­chen vertre­te­nen Innungen:

1 Gipser: Bruno Balle
2 Bauun­ter­neh­men: Franz Wingert, Wohnbau GmbH Oberko­chen
1 Landschafts­bau­er: Linus Holz
2 Gärtner: Josef Brand­stet­ter, Emil Vollmer
2 Instal­la­teu­re: Abele-Königer, Erwin Zipser
1 Isolier­meis­ter: Franz Seitz
1 Zweirad­me­cha­ni­ker: Emil Elmer
2 Elektro­hand­wer­ker: Herbert Betzler, Elektra Blum
1 Flasch­ner: Walter Borst
4 Maler: Adolf Hausmann, Wilhelm Schön­herr, Fried­rich Sievers, Peter Stiebritz
2 Schrei­ner: Clemens Grupp, Rudolf Hug
1 Polsterer/Raumausstatter: Manfred Kaufmann
2 Zimmermeister/Treppenbauer: Bernhard Brunn­hu­ber, Willi­bald Mannes
3 Schnei­der: Gerrit Helmle, Altin­ka­lem Azimet, Dimit­riu Foto
1 Mühlen­be­trieb: Caspar Schee­rer (Untere Mühle)
2 Fotogra­phen: Mario Mercal­di, Rolf Stelzen­mül­ler
6 Kfz-Handwer­ker: Karl u. Eberhard Balle, Alfred Bücher, Franz Fischer, Andre­as Gänsler, Gustav Maier, Adolf Willer
1 Metzger: Hans-Peter Lerch
3 Bäcker/Konditoren: Anton Bezler, Adolf Dicken­herr, Johan­nes Jäger
7 Friseu­re: Kilian Blenk, Gertraud Czech, Gold GmbH, Gebr. Erich und Helmut Hahn, Anita Hieber-Mikul­le, Franz Hurler, Karl-Heinz Meyer
1 Wäscher und Plätter: Rudolf Lebzel­ter
2 Hutma­cher: Helene Burger, Hilde Mucken­haupt
1 Schuh­ma­cher: Dietmar Walter
1 Uhrma­cher: Agathe Loibl
8 Mechaniker/Schlosser/Dreher: s. Beschreibung

Demnach sind aus dem örtli­chen Handwerk gegen­über der Aufstel­lung um 1910 ganz verschwun­den die Häfner (bis auf Kurt Elmer, der das Handwerk noch neben­be­ruf­lich betreibt), Schmie­de, Braumeis­ter, Sattler, Küfer, Wagner, Drechs­ler, Mühlen­bau­er, Ziegler und Glaser. Davon sind einige Zweige fast vollstän­dig ausge­stor­ben bzw. in andere Richtun­gen überge­gan­gen. So werden Tonwa­ren heute in Keramik­fa­bri­ken herge­stellt, viele Aufga­ben der Wagner und Schmie­de hat das Kfz-Handwerk übernom­men. Die Schnei­der findet man, wenn überhaupt, fast nur noch in Textil­fa­bri­ken, der Sattler hat seinen Nachfol­ger im Polste­rer gefunden.

Zählt man einmal die Innun­gen ab, deren Entwick­lung in enger Verbin­dung mit dem Einzel­han­dels­ge­schäft verlief und heute noch verläuft, bleibt im wesent­li­chen noch das Bau- und Metall­hand­werk. Man darf feststel­len, daß auch hier das Wirtschafts­wun­der nicht vor den Toren Oberko­chens halt gemacht hat. Im Bereich des Metall­hand­werks bestand ja bereits eine lange Tradi­ti­on, vor allem durch die Bohrer­mach­er­werk­stät­ten, von denen sich viele zu namhaf­ten Indus­trie­be­trie­ben entwi­ckel­ten (s. Vom Dorf zur Indus­trie­ge­mein­de), andere aber aufgrund dieser Konkur­renz zum Aufge­ben gezwun­gen waren. Die Mecha­ni­ker­werk­stät­ten nun, die in den letzten Jahrzehn­ten entstan­den sind, verdan­ken ihre Existenz vor allem der Firma Zeiss, in deren Auftrag mecha­ni­sche Teile gefer­tigt werden. Hierun­ter sind die Werkstät­ten Liersch, Schwim­mer, Speth, Werner, Steck­bau­er und Fickert zu zählen, wobei der Letzt­ge­nann­te seinen Betrieb mangels geeig­ne­tem Gelän­de nach Königs­bronn verlegt hat. Eigen­stän­di­ge Entwick­lun­gen nahmen die mecha­ni­schen Werkstät­ten Anton Grupp, ein Betrieb, der Schlos­ser­ar­bei­ten und Metall­bau aller Art durch­führt und Werner Stein, der unter dem Namen WESTO firmiert. Aus der kleinen Repara­tur­werk­statt für alles ist inzwi­schen ein beacht­li­ches Unter­neh­men auf dem Gebiet der medizi­nisch-techni­schen Hilfs­mit­tel gewor­den. Ganz durch Zufall, wie der Betriebs­in­ha­ber erklärt, kann er heute für einen US Konzern den europäi­schen Markt mit »Chirur­gen­ge­rät« beliefern.

Aber auch das Bauhand­werk entfal­te­te sich insbe­son­de­re nach dem Kriege sehr schnell, was vor allem auf zwei Säulen beruht. In den ersten beiden Nachkriegs­jahr­zehn­ten beding­te das große Wachs­tum der Gemein­de im Sog von Zeiss eine rege Bautä­tig­keit, die dann mit dem Anstei­gen des allge­mei­nen Wohlstan­des durch weite­re Neubau-. Ausbau- und Moder­ni­sie­rungs­maß­nah­men abgelöst wurde. Die dazwi­schen­lie­gen­den Jahre der Rezes­si­on konnten erfreu­li­cher­wei­se bei diesen Betrie­ben keine größe­ren Spuren hinter­las­sen. Es darf davon ausge­gan­gen werden, daß das Oberko­che­ner Handwerk tatsäch­lich »golde­nen Boden unter den Füßen« hat.

Gewer­be­ge­biet »Schwörz«

Beträcht­li­che Proble­me bestan­den aller­dings schon seit vielen Jahren in fehlen­den Erwei­te­rungs­mög­lich­kei­ten mangels geeig­ne­ter Grund­stü­cke. Zwei glück­li­che Umstän­de führten schließ­lich 1975 dazu, durch das Gewer­be­ge­biet »Schwörz« den bestehen­den Engpaß wenigs­tens vorläu­fig abzumil­dern. Zum einen gelang es, von der nieder­ge­hen­den Maschi­nen­fa­brik J. A. Bäuerle zwei größe­re Grund­stü­cke zu erwer­ben, so daß nun fast die gesam­te Fläche links und rechts des Kochers, zwischen Kapel­len­weg und Nordram­pe in städti­schen Besitz kam. Zum anderen konnte die Stadt einen größe­ren Zuschuß zur Erschlie­ßung vom Land Baden-Württem­berg erhal­ten, nachdem das Gebiet des ehema­li­gen Landkrei­ses Aalen 1975 zum Förder­ge­biet im Rahmen der Gemein­schafts­auf­ga­be »Verbes­se­rung der regio­na­len Wirtschafts­struk­tur« erklärt worden war. Die Erschlie­ßung vollzog sich sehr rasch, so daß bereits 1976 die ersten Betrie­be bezogen werden konnten. Heute ist die »Schwörz« bis auf wenige Grund­stü­cke, die jedoch verkauft sind, bebaut und man sollte sich schnells­tens Gedan­ken über evtl. weite­re gewerb­li­che Nutzflä­chen machen, die sich nur noch im Süden der Stadt anbie­ten, bevor noch mehr Betrie­be Oberko­chen den Rücken kehren.

Oberko­che­ner Handwer­ker haben Tradition

Viele Jahrzehn­te ungebro­che­ne Tradi­ti­on können eine ganze Anzahl von Handwerks­be­trie­ben vorwei­sen, wovon den ältes­ten noch einmal beson­de­re Aufmerk­sam­keit geschenkt werden soll. Das Bauun­ter­neh­men Wingert konnte 1982 sein 200jähriges Firmen­ju­bi­lä­um feiern und ist damit der ältes­te noch bestehen­de Handwerks­be­trieb in Oberkochen.

1782, dem Jahr, als Franz Anton Wingert die ersten Bauten errich­te­te, dürften alten Pfarr­bü­chern zufol­ge, in Oberko­chen gerade 800 Seelen gelebt haben. Wer bauen wollte, mußte die Steine unter schwie­rigs­ten Bedin­gun­gen aus den Brüchen des heimi­schen Jurakal­kes holen und mit Hammer und Meißel zu Quadern bearbei­ten. Man findet diese Stein­brü­che heute noch in den Hängen um Oberko­chen. Einige dieser handbe­haue­nen großen Sockel­qua­der aus dieser Zeit befin­den sich übrigens im Funda­ment der Kath. Kirche. Der Mörtel bestand haupt­säch­lich aus Straßen­ab­raum, der sehr kalkig war. Später wurden zur Mörtel­auf­be­rei­tung in Erdlö­chern Kalkstei­ne mit Holzfeue­rung gebrannt und abgelöscht. Ab der Mitte des vorigen Jahrhun­derts wurden immer höhere Anfor­de­run­gen an das Unter­neh­men gestellt, da in der Zwischen­zeit eine kleine Werkzeug­in­dus­trie heran­wuchs. Johan­nes Wingert (1846−1929) beschäf­tig­te damals bereit 10 Gehil­fen und war an den Bauar­bei­ten der Bahnstre­cke, die 1864 in Betrieb genom­men wurde, maßgeb­lich betei­ligt. In den Winter­mo­na­ten war man mit Waldar­beit beschäf­tigt und wenn an Wochen­en­den Musik zu Hochzeits­fes­ten gebraucht wurde, dann holte man auch gerne Maurer­meis­ters­ge­hil­fen, die mit ihren Blasin­stru­men­ten zum Tanz aufspiel­ten. Heute stellt sich das Bauun­ter­neh­men Wingert, geführt von Franz Wingert sen. als moder­ner Baube­trieb mit einem der techni­schen Entwick­lung entspre­chen­den Maschi­nen­park dar. Zu den Maurer­ar­bei­ten kam zwischen­zeit­lich der Beton- und Stahl­be­ton­bau, der sorgfäl­tigs­te Ausfüh­rung verlangt. Vor wenigen Jahren entstand im Gewer­be­ge­biet »Schwörz« ein moder­ner Bauhof, der auf eine weite­re Expan­si­on des Unter­neh­mens ausge­legt ist.

Gerade halb so alt, aber immer­hin ins 107. Jahr seines Bestehens geht der Holzbau­be­trieb Bernhard Brunn­hu­ber, der vom Sohn des Maurers Sebas­ti­an Brunn­hu­ber im Jahr 1879 in der damali­gen »Langgas­se« und heuti­gen Heiden­hei­mer Straße als Zimme­rei gegrün­det wurde. Die Vorfah­ren waren nach dem Dreißig­jäh­ri­gen Krieg als Söldner aus der Steier­mark einge­wan­dert und wurden hier seßhaft. Zur Zeit der Gründung baute man im 1100 Einwoh­ner kleinen Oberko­chen noch sehr wenig Häuser, so daß die Mitar­beit am Turm der kath. Kirche sehr bedeut­sam war. Auch beim Zimmer­meis­ter und seinen Gesel­len hing die Ernäh­rung der Familie in den Winter­mo­na­ten von der Waldar­beit ab. 1903 wurde Bernhard Brunn­hu­ber als selbstän­di­ger Zimmer­meis­ter in die Handwer­ker­rol­le der Handwerks­kam­mer Ulm einge­tra­gen. Wohnhaus und Zimmer­platz lagen zu dieser Zeit im Bereich der Gemein­de­waa­ge. Erst der Verkauf eines Pferdes, das Brunn­hu­ber 1910 auf dem Kalten Markt in Ellwan­gen gewon­nen hatte, versetz­te ihn in die Lage, 1911 das Grund­stück zu erwer­ben, auf dem der Betrieb heute noch steht. Nach manchen, vor allem kriegs­be­ding­ten Krisen­jah­ren ist die Firma Bernhard Brunn­hu­ber heute ein moder­nes Holzbau­un­ter­neh­men, das von Franz Brunn­hu­ber umsich­tig gelei­tet wird. Eine angeglie­der­te Schrei­ne­rei, Kohlen- und Heizöl­hand­lung sorgen für die nötige Krisen­si­cher­heit. Erst 1984 konnte auf ehema­li­gem Wigo-Gelän­de ein weite­res Geschäfts­ge­bäu­de mit Lager­hal­le in Betrieb genom­men werden.

Oberkochen

Für seine quali­ta­tiv hochwer­ti­gen und ästhe­tisch überzeu­gen­den Treppen weit über die Landes­gren­zen hinaus bekannt ist ein weite­res tradi­ti­ons­rei­ches Holzbau­un­ter­neh­men, das seit 1921 besteht. Kurz nach dem ersten Weltkrieg trat ein aus Rammin­gen bei Ulm stammen­der junger Zimmer­ge­sel­le namens Willi­bald Mannes in die Diens­te der Firma Brunn­hu­ber ein. Schon wenige Jahre später aber machte er sich selbstän­dig und gründe­te in den Unter­ge­schoß­räu­men seines Wohnhau­ses gegen­über der Unteren Mühle (Schee­rer) eine Zimme­rei. Da die Räumlich­kei­ten bald zu klein waren, wurde in den Jahren 1938/39 das Gebäu­de Kapel­len­weg 3 gekauft und umgebaut, bevor nach dem Zweiten Weltkrieg ein mächti­ger Aufschwung zum Bau der jetzi­gen Betriebs­an­la­gen führte. Seine heuti­ge Prägung erhielt der Betrieb durch Zimmer­meis­ter und Archi­tekt Willi­bald Mannes, der 1948 die Meister­prü­fung ableg­te und sich früh auf den Bau von Holztrep­pen aller Stilrich­tun­gen spezia­li­sier­te. Als Autor von Fachbü­chern, die in verschie­de­ne Sprachen übersetzt worden sind, sowie als Leiter für Fachkur­se, gibt er seine reichen Erfah­run­gen weiter und trägt so zu einem konti­nu­ier­li­chen Fortschritt im Treppen­bau bei. Die Glase­rei Wingert war über hundert Jahre alt, bevor sie vor kurzem aufgrund unglück­li­cher Umstän­de ihren Betrieb einstel­len mußte. Der Firmen­grün­der, Micha­el Wingert, gehör­te 1906 zu den Mitbe­grün­dern des Oberko­che­ner Handwer­ker­ver­eins. Sein Sohn Paul setzte sich von 1923 bis 1933 als Vorsit­zen­der des Gewer­be- und Handels­ver­eins für die Belan­ge von Handwerk und Handel ein.

Neben diesen tradi­ti­ons­rei­chen Handwerks­be­trie­ben gibt es einige weite­re, die in den nächs­ten Jahren ihre Firmen­ju­bi­lä­en begehen können und eine entspre­chen­de Würdi­gung erfah­ren werden. Golde­ne Meister­brie­fe erhiel­ten in den letzten Jahren Schrei­ner­meis­ter Clemens Grupp, Altfla­schener­meis­ter Walter Borst und Altbä­cker­meis­ter Karl Widmann (Storcha­beck). Eine Ehrung ganz beson­de­rer Art wurde der 19jährigen Andrea Sievers zuteil. Die Tochter von Maler­meis­ter Fried­rich Sievers konnte 1978 den Preis einer Bundes­sie­ge­rin im Maler­hand­werk entge­gen­neh­men und durfte sich ins Golde­ne Buch der Stadt eintragen.

Gute Bezie­hun­gen

»Der Stand der Gewer­be­trei­ben­den ist mit der Gemein­de­ver­wal­tung beson­ders eng verbun­den und beide sind Geben­de und Nehmen­de zugleich«, sagte der frühe­re Bürger­meis­ter Gustav Bosch anläß­lich einer Ehrung beim Gewer­be- und Handels­ver­ein. »Die wechsel­sei­ti­gen Bezie­hun­gen wären aber nur verstan­des­be­tont«, führte er weiter aus (BuG v. 5.2.54), »wenn sie nur die Steuer­pflicht auf der einen und die Verga­be von Aufträ­gen auf der anderen Seite einschlös­sen. Veran­stal­tun­gen wie diese, oder etwa die Weihnachts­aus­stel­lung seien dazu da, die an sich nüchter­nen Bezie­hun­gen mit dem warmen Atem mensch­li­cher Berüh­rung zu durch­drin­gen, mit einer Wärme, die manches Eis wegschmel­zen könne, oder gar nicht erst gefrie­ren lassen brauche, die schein­ba­re Härten und wirkli­che oder vermeint­li­che Unvoll­kom­men­hei­ten verzei­hen helfe, weil sie um Verständ­nis werbe.« Anläß­lich der Stadt­er­he­bung 1968 hat man Bürger­meis­ter Bosch durch den Vorsit­zen­den des Gewer­be- und Handels­ver­eins, Karl Reber, eine golde­ne Amtsket­te überreicht, die vom örtli­chen Handwerk und Handel sowie Vertre­tern der freien Berufe und einigen auswär­ti­gen Unter­neh­men, die mit der Stadt eng verbun­den sind, gestif­tet wurde. Möge dies als der sicht­ba­re Ausdruck eines geord­ne­ten Verhält­nis­ses zwischen Gewer­be und Stadt­ver­wal­tung gewer­tet werden. Auch bei den örtli­chen Schulen nimmt man eine gute Zusam­men­ar­beit mit Genug­tu­ung und Dank zur Kennt­nis. Schon seit vielen Jahren werden den Schülern für ihre berufs­ori­en­tie­ren­den Prakti­ca Plätze in Handwerk, Handel und Indus­trie bereit­ge­stellt, was letzt­lich wieder der ganzen Gemein­schaft zugute kommt.

Oberkochen

Es bleibt zu hoffen, daß sich all diese bestehen­den frucht­ba­ren wechsel­sei­ti­gen Bezie­hun­gen auch in die Zukunft fortpflan­zen und vertie­fen mögen, zum Wohl der Stadt und ihrer Bürger, die heute und in der Vergan­gen­heit ihre Fähig­kei­ten, wie Einsatz­be­reit­schaft. Fleiß, Geschick und gute Ideen unter Beweis gestellt haben.

»Gott segne das ehrba­re Handwerk von Oberkochen«

Quellen:

»Bürger u. Gemein­de«, Amtsblatt der Stadt Oberko­chen, Standort‑, Markt- und Image­ana­ly­se (Gewer­be- u. Handels­ver­ein Oberkochen)

Franz Uhl