Wie das Bohrermacher-Handwerk maßgeblich zur Industrialisierung in Oberkochen beigetragen und Unternehmen der Stadt Weltruhm verschafft hat.

Der Bohrermacherbrunnen in der Ortsmitte. Foto: ls
Mitten im Ort steht der Bohrermacherbrunnen, ein Symbol für die Werkzeugindustrie. Bekannte Unternehmer und ihre Nachfolger haben damit auch die Basis gelegt für das Florieren dieses Industriezweigs. Den Grundstein hat Jakob Christoph Bäuerle gelegt, der einer seit 1735 am Ort ansässigen Schmiedefamilie entstammte. Er war es, der während seiner Wanderjahre die Kunst der Bohrermacher gelernt und an seine Nachfolger weitergetragen hat.
Vor allem bildete er Albert Leitz, Jakob Schmid und August Oppold aus, die ihrerseits dazu beitrugen, Oberkochen zu einem bedeutenden Standort der Metallverarbeitung und Werkzeugherstellung zu machen. Bäuerles Sohn nahm später die Produktion von Maschinenwerkzeugen und Holzbearbeitungsmaschinen auf.
Weltruhm durch Leitz-Gruppe
Auch eines der größten Oberkochener Unternehmen, die Leitz-Gruppe, ging aus dem Bohrermacherhandwerk hervor. Ihr Gründer Albert Leitz war bei Jakob Christoph Bäuerle in die Lehre gegangen. Schon früh dachte Albert Leitz in industriellen Dimensionen. Um die vorige Jahrhundertwende hatte er mit der Fertigung von maschinellem Holzbearbeitungswerkzeug begonnen. Innovation ist die Maxime des Unternehmens Leitz bis zum heutigen Tag geblieben. Oberkochen wurde zu einem deutschen Zentrum für Holzbearbeitungsmaschinen. Die Nachfolger des „Bohrermacherfabrikanten“, wie sich Jakob Christoph Bäuerle selbst nannte, erkannten die Bedeutung neuer Holzwerkstoffe und Kunststoffe. Der heutige Leitz-Firmenverband entwickelte sich zu einem Weltunternehmen.
Ein weiterer Lehrling von Jakob Christoph Bäuerle, Jakob Schmid, hatte die Bohrer-Herstellung weiter forciert. Der Name Bäuerle zieht sich wie ein roter Faden durch die Erfolgsgeschichte. Zwei weitere Mitarbeiter des Bohrermachers Bäuerle gründeten die Wilhelm Grupp GmbH & Co. KG, lange bekannt unter dem Namen Wigo und die August Oppold GmbH & Co. KG. In den 1950er Jahren waren diese Unternehmen federführend für die Produktion von Fräswerkzeugen und unter anderem auch für Fräs- und Drehmaschinen, Maschinenbohrern und Maschinenwerkzeugen.
1984, nach 94 Jahren, ging die Geschichte des Unternehmens zu Ende. Der Oberkochener Standort wurde von Carl Zeiss übernommen, der Zweigbetrieb in Neresheim wurde in die Leitz GmbH & Co. KG eingegliedert. Beteiligt an der Entwicklung der Bohrermacher-Industrie waren auch die Firmen Karl Gold, Werkzeugfabrik und Kwo Werkzeuge GmbH. Beide gibt es nicht mehr. Als die Kwo in den 1990er Jahren immer stärker unter internationalen Wettbewerbsdruck gerät, wurde die Kwo Werkzeuge GmbH an die Leitz-Gruppe verkauft. Wenn es Oberkochen heute finanziell sehr gut geht, dann hat diese Gründergeneration daran maßgeblichen Anteil. Und als Symbol für das Schaffen steht der Bohrermacherbrunnen.
Als KWO (einst als Einmann-Firma Karl Wannenwetsch gegründet) in den 1990er Jahren immer stärker unter internationalen Wettbewerbsdruck gerät, wurde die KWO Werkzeuge GmbH an die Leitz-Gruppe verkauft. Wenn es Oberkochen heute finanziell sehr gut geht, dann hat diese Gründergeneration daran maßgeblichen Anteil. Und als Symbol für das Schaffen steht der Bohrermacherbrunnen.
Lothar Schell, Schwäbische Post