Höhlen haben schon immer ein bestimm­tes »Etwas« an sich und in sich. Zunächst deshalb, weil sich mit vielen von ihnen Sagen verbin­den — sie stecken voller Geheim­nis­se. (siehe: Zusam­men­stel­lung der überlie­fer­ten Sagen über unsere Gemar­kung — das Wollen­loch, die Höhle am Griebi­gen Stein), zum anderen wegen ihrer echten Geschichts­träch­tig­keit (die Höhle im Schmiedestein).

Das Landes­denk­mal­amt geht davon aus, daß jede, auch die kleins­te Höhle, irgend­wann einmal in grauer Vorzeit durch­zie­hen­den Jägern als Unter­schlupf gedient haben könnte — somit sind Verän­de­run­gen an und in Höhlen, haupt­säch­lich im Eingangs­be­reich, wo sich die Menschen der Stein­zeit aufge­hal­ten haben, grund­sätz­lich unter­sagt. Auch der Natur­schutz legt in den letzten Jahren vermehrt Wert darauf, daß Höhlen nicht unnötig began­gen werden, — haupt­säch­lich in der Zeit des Winter­schlafs der Fleder­mäu­se, — natür­lich auch, weil an vielen Höhlen grausi­ge Schäden durch Abschla­gen von Tropf­stei­nen entstan­den sind.

Manche Menschen fühlen sich in Höhlen, auch »gefähr­li­chen«, wie zu Hause, — denken Sie an den zur Zeit bekann­tes­ten Höhlen­for­scher und ‑taucher Jochen Hasen­mei­er (Blautopf), — andere wieder­um befällt bereits beim Betre­ten von Höhlen Angst und Beklemmung.

Dr. H. Joachim Bayer hat die Oberko­che­ner Höhlen an anderer Stelle aus geolo­gi­scher Sicht dargestellt.

Hier soll über unsere 4 bekann­tes­ten und größten Höhlen ganz allge­mein berich­tet werden.

Das Wollen­loch

Unsere bekann­tes­te Höhle, eine Senkrecht­höh­le, ist mit Sicher­heit »das große Wollen­loch«. (»Die Ostalb erzählt« von Fritz Schnei­der, Seiten 38 u. 39, — Heimat­buch Seite 441)

Der bei Schnei­der erwähn­te »Brenzl« ist mit Sicher­heit der Ziegel­bach, der bei der Ziegel­hüt­te aus einer Felsspal­te tritt. die Sage ist, darauf deutet manches hin, noch gar nicht so alt.

Der ursprüng­li­che Name für den Wollen­berg ist Hoala­berg (Hohler Berg), was ursäch­lich mit dem Wollen­loch (damit ist das Große Wollen­loch gemeint) und mit dem Kleinen Wollen­loch zusam­men­hängt. Der heuti­ge Name Wollen­berg entstand erst mit der Schaf­zucht auf dem Berg, wobei die im Gebüsch hängen­ge­blie­be­ne Schaf­wol­le namens­ge­bend gewirkt haben könnte, unter Umstän­den unter­stützt durch eine Konsonantenverschiebung.

Und nun zur nachweis­ba­ren Geschich­te. Erstma­li­ge Erwäh­nung fand das Wollen­loch bis jetzt 1824 durch Schüb­ler in den Württem­ber­gi­schen Jahrbü­chern für vater­län­di­sche Geschich­te, Statis­tik und Topogra­phie. Dort heißt es: »Das Wollen­loch, eine halbe Stunde von Oberko­chen auf dem Aalbuch ist schwer zugäng­lich, indem man sich an Seilen hinab­las­sen muß; es soll schönen stäng­li­chen Kalkspat enthalten.«

In der ersten Flurkar­te von 1830 (Urkar­te) ist das Wollen­loch noch nicht einge­tra­gen — es wurde gegen 1840 jedoch mit roter Farbe nachge­tra­gen. Schon in der Beschrei­bung des Oberamts Aalen vom Jahr 1854 heißt es über das Wollen­loch, das zu zwei Dritteln nach Oberko­chen und zu einem Drittel nach Essin­gen gehört: »Das Rollen hinab­ge­wor­fe­ner Steine beweist die große Tiefe des ohne Zweifel mit inneren Höhlen in Verbin­dung stehen­den Loches. Ein schon versuch­tes Befah­ren vom Menschen aber (am Seil) wurde durch die Decke unmög­lich gemacht, welche in einiger Tiefe hinun­ter­ge­fal­le­nes Holz, Äste, usw. gebil­det haben.«

Erst 1898 (Blätter des Schwä­bi­schen Albver­eins Nr. 9) gelang es Zimmer­meis­ter Ernst und dem SAV-Vertrau­ens­mann von Aalen am 25. Juni tiefer in das Loch einzu­drin­gen, indem man die »Decke« zum Absturz brach­te: »… nachdem dann noch einer der Haupt­trä­ger zum Wanken und Fallen gebracht werden konnte, stürz­te plötz­lich die ganze übrige Masse unter fürch­ter­li­chem Krachen und Poltern in die Tiefe, einen solch starken Luftwir­bel nach sich ziehend, daß dem nun im Loch frei Hängen­den für einen Moment Hören und Sehen verging. Die Oberko­che­ner vergli­chen das Krachen mit dem Getöse beim Einsturz eines großen Gebäudes …«

Prof. Eberhard Fraas, der bekann­te Direk­tor des König­lich Württem­ber­gi­schen Natura­li­en-Kabinetts in Stutt­gart, der sich auch der Höhlen­for­schung annahm, stell­te im Anschluß an eine Befah­rung im selben Jahr 1898 fest: »… hienach wird die Erfor­schung des Wollen­lochs für abgeschlos­sen erach­tet. Wurde auch kein seitli­cher Zugang von der Thalsei­te in diese senkrech­te, nicht unbedeu­ten­de Höhle entdeckt, so ist nun doch das geheim­nis­vol­le Dunkel des Wollen­lochs einiger­ma­ßen gelich­tet, wenn ihm auch ein gewis­ser Nimbus dadurch genom­men worden ist…« E. Fraas fertig­te auch eine Planskiz­ze des Wollen­lochs, die sich in einer Kopie aus dem Jahr 1898 im Besitz des Staat­li­chen Forst­amts Oberko­chen befindet.

Dann hörte man 30 Jahre lang nichts vom Wollen­loch. Erst wieder dem Höhlen­ta­ge­buch des TV-Natur­freun­des Karl Müller, Heiden­heim, aus dem Jahr 1930 ist zu entneh­men, daß sich im Wollen­locht­rich­ter­hals bis zu diesem Zeitpunkt eine neue Decke aus Astwerk, hier als »Rost« bezeich­net, gebil­det hatte, wieder­um in ca. 15 Meter Tiefe. Durch diesen Rost hindurch wurde der Heiden­hei­mer Höhlen­for­scher Walter Schrei­ber am 29. Juni 1930 mit zwei Kletter­sei­len in die Tiefe gelas­sen. Bei diesen Arbei­ten sackte der oben durch 8 Höhlen­for­scher belas­te­te Rost um 20 bis 30 cm in die Tiefe, blieb dort aber wieder stecken — eine haarsträu­ben­de Vorstel­lung. Über das Höhlen­en­de teilt Schrei­ber mit: »Unten angelangt, konsta­tie­re ich, daß wohl noch ein Kamin weiter abwärts geht, aber durch kreuz und quer liegen­de Hölzer und Steine ganz verstopft ist. Jetzt aber war ich an dem tiefs­ten Punkt angekom­men, wie ich an der mitge­führ­ten Meßschnur feststel­len konnte. Sie zeigte seit meinem Einstieg 53,5 Meter.«

Im Höhlen­buch dessel­ben Karl Müller befin­det sich unter dem Datum vom 16. Oktober 1949, genau eine Woche vor der Wollen­loch­ka­ta­stro­phe, folgen­der Eintrag: » … der WCO (Wollen­loch­club Oberko­chen) ist bis heute nicht viel tiefer einge­drun­gen als wir im Jahr 1930 ausge­mes­sen haben … Ein tiefe­res Vordrin­gen ist wahrschein­lich …« Die Haupt­ak­ti­ven des Wollen­loch­clubs in den späten vierzi­ger- und frühen fünfzi­ger-Jahren waren: Der Leiter J.P. Fischer (PX), Theo Burek, Helmut Hahn, Otto Späth, Horst Thom , Rudolf Werner, Georg Weng, Helmut Höllein u.a. Einer Dokumen­ta­ti­on zum 25jährigen Gründungs­ju­bi­lä­um der Touris­ten­ver­ei­ni­gung »Die Natur­freun­de e.V.« (Jubilä­ums­schrift 4./5. Juni 1976), die aus dem Wollen­loch­club hervor­ging, ist zu entneh­men, daß der Wollen­loch­club ab 1949 bis in eine Tiefe von 62 Meter vorge­drun­gen ist.

Der Wollen­loch­club hatte einen Motor­win­den­auf­zug konstru­iert, an dem ein ca. 1 cbm fassen­der Behäl­ter hing, und syste­ma­tisch Schutt aus dem Wollen­loch geför­dert. Die oben erwähn­te Befah­rung vom 16.10.1949 hatte mittels dieser Förder­an­la­ge statt­ge­fun­den. Ungefähr 500 Perso­nen waren bis zum Unglücks­tag beför­dert worden.

In einem Bericht der Aalener Volks­zei­tung vom 15. Juli 1977 ist das Unglück fast 30 Jahre, nachdem es sich ereig­net hatte, wie folgt beschrieben:

»… So kam der Unglücks­tag, der 23. Oktober 1949, heran, an dem etwa 20 Perso­nen einfuh­ren. Es war 17.30 Uhr, als der letzte Besucher ausfah­ren wollte. Beim Halte­zei­chen mit der Klingel versag­te diese aus irgend­ei­nem Grunde. Der Schrei »Halt« konnte nicht verhin­dern, daß der Haken von der Rolle erfaßt, umgedreht und der Schrau­ben­schaft abgeschert wurde, und so der Förder­korb mit dem unglück­li­chen Karl Wolf (Königs­bronn) in die Tiefe stürz­te. Durch Absei­len mit einem anderen Seil schaff­te man den Unglück­li­chen herauf; er hatte den Sturz mit dem Leben bezah­len müssen. Wahrschein­lich wurden auf behörd­li­che Anord­nung weite­re Unter­su­chun­gen unter­sagt, das Betre­ten des Wollen­lochs wurde durch Abschran­kun­gen gesichert.«

Eine von Bürger­meis­ter Bosch abgege­be­ne Erklä­rung im Amtsblatt »Bürger und Gemein­de« der Gemein­de Oberko­chen mit Datum vom 26. Juli 1954 mit dem Titel »Sicher­heit am Wollen­loch« bestä­tigt dies, wenn auch einem Artikel von J.P. Fischer (PX) aus dem Jahr 1953 (Amtsblatt BuG) zu entneh­men ist, daß die Arbei­ten nach einer Unter­bre­chung im Jahr 1949 noch länge­re Zeit weiter­gin­gen. »Aufwen­di­ge­re Anfor­de­run­gen seitens der Gemein­de sowie des Techni­schen Überwa­chungs­ver­eins wurden auch in der TV-Natur­freun­de­do­ku­men­ta­ti­on als Grund für die Stagna­ti­on der Arbei­ten im Wollen­loch angege­ben, bis die Grabun­gen wegen der Aufla­gen und aus Geldman­gel im Jahre 1954 dann endgül­tig aufge­ge­ben werden mußten. Ab diesem Jahr wurde es für ein Viertel­jahr­hun­dert wieder still ums Wollenloch.

Die Gründung der Höhlen-INGO (Höhlen­in­ter­es­sen­ge­mein­schaft Oberko­chen, jetzt Ostalb) am 23. Oktober 1979 ließ das Inter­es­se an altbe­kann­ten und neuen Ostalb­höh­len wieder wach werden.

Im April und im Mai 1980 stiegen wieder­holt Stutt­gar­ter, Kirch­hei­mer, Graben­stet­te­ner und Oberko­che­ner Höhlen­for­scher ins Wollen­loch ein und stell­ten fest, daß sich auf seinem Grund wieder­um Unmen­gen von Schutt (jeder Besucher des Wollen­lochs muß ja seinen Stein in die Tiefe poltern lassen), Äste und vor allem Mengen von Stamm­holz angesam­melt haben, durch welches man sich von der frei erreich­ba­ren Tiefe von 43 Meter über weite­re 15 Meter in die derzeit erreich­ba­re Tiefe von 58 Meter hindurch­ar­bei­ten muß. Auch Laichin­ger Höhlen­for­scher wollen demnächst ins Wollen­loch einstei­gen, um zu neuen Erkennt­nis­sen zu gelan­gen, egal, ob nun dem Satz aus einem Bericht der Heiden­hei­mer Zeitung vom 9. Novem­ber 1949 Glauben zu schen­ken ist oder nicht: »… inter­es­sant ist das letzte Erfor­schungs­er­geb­nis im Wollen­loch. Bei Grabar­bei­ten stieß man ins Leere und hörte von unten Wasser rauschen …«

D.B. aus »Kleine Schrif­ten zur Karst- und Höhlen­kun­de« Nr. 19/1980
Heraus­ge­ge­ben vom Verband der Deutschen Höhlen- und Karst­for­scher, München

Höhle im Schmie­de­stein (Oberko­chen)

Die kleine Höhle im Schmie­de­fel­sen (auch Schmid­testein­höh­le), 620 m NN, dürfte in den Augen des Höhlen­for­schers, zumin­dest in ihrem jetzi­gen Zustand, nur auf gerin­ges Inter­es­se stoßen. Dennoch ist sie geschicht­lich die bislang bedeu­tends­te auf unserer Gemarkung.

Sie ist in Band 17, Reihe B, der Veröf­fent­li­chun­gen der Kommis­si­on für geschicht­li­che Landes­kun­de in Baden-Württem­berg von O. Paret, »Württem­berg in vor- und frühge­schicht­li­cher Zeit«, 1961, auf Seite 304, und zwar nur unter dem Stich­wort »Laténe­zeit«, aufge­führt, also in unmit­tel­bar vorrö­mi­scher Zeit; beim Landes­denk­mal­amt in Stutt­gart liegen jedoch weite­re Unter­la­gen vor, aus den Jahren 1951 und 1953, unter­zeich­net von Dr. H. Zürn, die ich anfüh­ren möchte, soweit sie hier von Inter­es­se sind:

»30.4.51: 1,5 km SSW vom Ort befin­det sich oberhalb des Kocher­ur­sprungs im Schmid­te­fel­sen eine Höhle. Darin wurde durch (W.) Schrei­ber-Heiden­heim nach dem Kriege gegra­ben, der darin eine Anzahl vorge­schicht­li­cher Scher­ben (angeb­lich Hallstatt) fand …«

Oberkochen

»21.5.53: Am 18.5.53 wurde die Höhle durch Zürn aufge­sucht. Sie liegt in einem der Felsen der Schmid­te­fel­sen­grup­pe. Der Höhlen­ein­gang ist 2,5 m breit und 1,7 m hoch. Die Höhle reicht 4,5 m in den Felsen hinein. Unter dem Eingang ist ein Schnitt von 1,5 m Länge und 0,4 m Tiefe gemacht (Grabung Schrei­ber). Bei einer oberfläch­li­chen Schür­fung fanden sich noch einige vorge­schicht­li­che Scher­ben, anschei­nend Hallstatt (ca. 1200–500 v. Chr.). An anderen Felsen dieser Gruppe sind Dachs­bau­ten zu beobach­ten, es schei­nen hier auch noch vorstürz­te Höhlen vorzu­lie­gen. Unter den Scher­ben ist ein strich­ver­zier­tes Stück und eine mittel­al­ter­li­che Randscherbe.«

Am 31.10.71 fand der Verfas­ser, im Zusam­men­hang mit den Arbei­ten an dem damals neuent­deck­ten Oberko­che­ner Römer­kel­ler im Weilfeld, unter anderen Scher­ben im Eingangs­be­reich der Schmie­de­stein­höh­le eine römische Sigil­la­ta-Scher­be. Damit wurde eine weite­re Lücke in der Geschich­te der Höhle geschlos­sen. D.h.: Die Höhle war, sicher begüns­tigt durch die nahe Kocher­quel­le, über drei Jahrtau­sen­de hinweg konti­nu­ier­lich immer wieder bewohnt, wahrschein­lich sogar über länge­re Zeiträu­me hinweg durch­ge­hend. Am 15.3.80 besuch­te Dr. E. Wagner von der Abtei­lung Boden­denk­mal­pfle­ge des Landes­denk­mal­amts Baden-Württem­berg Stutt­gart, mit Mitglie­dern der Höhlen­in­ter­es­sen­ge­mein­schaft Oberko­chen (Höhlen-InGO) die Höhle im Schmie­de­stein. Wir regten eine sofor­ti­ge Unter­schutz­stel­lung der Höhle an, und baten darum, daß die Höhle als doch relativ kleines Objekt in abseh­ba­rer Zeit vom Landes­amt bearbei­tet werden möge, da unsere Gemar­kung in dieser Bezie­hung bislang recht stief­müt­ter­lich behan­delt wurde.

Am 5.7.80 wurde die Schmie­de­stein­höh­le von der Höhlen-InGO vermes­sen. H. Jantsch­ke (Kirch­heim) beschreibt die Höhle im gleichen Monat folgen­der­ma­ßen: »Es handelt sich um einen einzi­gen, sackar­ti­gen Raum (L 4, B 2, H 2 m), der auf einer bergwärts strei­chen­den Kluft entwi­ckelt ist. Rechts und links schim­mert jeweils durch ein winzi­ges kreuzen­des Röhrchen Tages­licht durch. Der Boden besteht aus Laub und Humus und ist durch viele Feuer­stel­len geschwärzt. Die Wände sind durch den Angriff der Außen­ver­wit­te­rung geprägt«.

Geschicht­li­ches: Die Höhle stellt einen urgeschicht­li­chen Wohnplatz dar und ist als Kultur­denk­mal ausge­wie­sen. Von der Begehung am 6.5.48 durch R. Müller und W. Schrei­ber ist eine Beschrei­bung mit Planskiz­ze erhalten.

Litera­tur:

Mager, Alfons: Geschich­ten und Sagen vom Volkmars­berg und seiner Umgebung. Blätter des Schwäb. Albver­eins 41. Jg. 1929 Nr. 2, Sp. 43–47, 3 Abb.
Jahres­hef­te für Karst- und Höhlen­kun­de, Heft 1, 1960.
Fundbe­rich­te NF 12, 37 und 14, 194
Abschlie­ßend sei bemerkt, daß in die Höhle, da sie im Steil­hang liegt, im Lauf der Jahrtau­sen­de von beiden Seiten große Mengen von Humus, Lehm, Klein­schot­ter usw. einge­schwemmt wurden, so daß damit zu rechnen ist, daß Kultur­schicht­ern bis in große Tiefen angetrof­fen werden. Es ist auch damit zu rechnen, daß die Höhle sich in die Tiefe aufweitet.

aus: Kleiner Führer zu den Exkur­sio­nen der 22. Jahres­ta­gung des Verban­des der deutschen Höhlen- und Karst­for­scher e.V. München vom 12. bis 14. Septem­ber 1980 in Oberko­chen (Ostalb­kreis)
ISSN 0454–0018 ub Kommi­si­on bei der Fr. Mangold’schen Buchhand­lung 7902 Blaubeu­ren , Karlstra­ße 6 (München 1980)

Oberkochen

Die Höhle am Griebi­gen Stein

Auch hier darf zunächst auf die Sage im entspre­chen­den Teil dieses Buchs verwie­sen werden, — eine phantas­ti­sche Sage. (Seite 440)

Der in dieser Sage erwähn­te unter­ir­di­sche Gang kann aus geomor­pho­lo­gi­scher Sicht mit größter Wahrschein­lich­keit nie bestan­den haben, — er sei denn von einer eventu­el­len Höhle, aus der Gegen­rich­tung vom Bereich des Pulver­turms in die Tiefe führend, unter dem Gaintal (Goindl) hindurch, als künst­li­cher Flucht­weg zwei Höhlen verbin­dend, gegra­ben worden — ein höchst unwahr­schein­li­ches Unterfangen.

Wenn man anderer­seits jedoch davon ausgeht, daß wohl jede Sage auf irgend­ei­nen, wenn vielleicht auch nur ganz entfernt wahren Kern zurück­führt, so konnte gerade diese Sage zumin­dest einen Hinweis darauf geben, daß die Höhle am Griebi­gen Stein in frühe­ren Zeiten einmal wesent­lich länger war. Diesem vermu­te­ten wahren Gehalt der Sage bin ich nachge­gan­gen. Betrach­tet man die Lage der Höhle — wenig rechts oberhalb des alten Wegs (Kuhstei­ge) nach Ochsen­berg, am oberen Rand der Eßhal­de, gegen­über dem sogenann­ten Märzen­bu­ckel — so läßt sich vermu­ten, daß sie von alters her zumin­dest kurzzei­tig immer wieder als Schutz­höh­le, vielleicht auch als Unter­schlupf für Wegela­ge­rer gedient hat. Zu länge­rem Aufent­halt dürfte sie wegen des fehlen­den Wassers wohl kaum benützt worden sein. Diese spora­di­sche Benüt­zung trifft, wie die Sage sagt (der geschicht­li­che Zusam­men­hang wäre zu überprü­fen), sogar im 19. Jahrhun­dert noch zu. Auch am Anfang des Zweiten Weltkriegs (Angst vor Bomben), wie auch am Ende dessel­ben (Tiefflie­ger­an­grif­fe, Einmarsch), war die Höhle nach Aussa­gen von noch leben­den Zeugen zum Schutz aufge­sucht worden. Der Oberko­che­ner Alfons Hassin­ger erinnert sich noch genau, daß ein enger weiter­füh­ren­der Schacht am Ende der Höhle zuzge­schüt­tet worden war, weil dieses »Loch« beim Aufent­halt in der Höhle gestört habe.

Oberkochen

Hartnä­ckig hält sich auch eine Geschich­te aus den dreißi­ger Jahren, wonach ein verstor­be­ner Bürger einen Hund, den ominö­sen Höhlen­d­ackel, in die Höhle gejagt habe, der dann beim Pulver­turm, oder, in anderer Versi­on, im Bereich des Klosters Königs­bronn wieder aufge­taucht sei. Selbst wenn diese Geschich­te irgend­wann geschickt erfun­den wurde, so zeigt sie doch, daß die Höhle auch im 20. Jahrhun­dert noch immer von sich reden macht.

Die Sagen und Geschich­ten um die Höhle haben schon immer wieder dazu geführt, daß kleine­re Grabungs­ak­tio­nen unter­nom­men wurden — so zum Beispiel durch Schüler mit ihren Lehrer Günter in den zwanzi­ger-Jahren dieses Jahrhunderts.

Die gesam­mel­ten Daten auswer­tend, gewann auch ich den Eindruck, daß die Höhle eine in die Tiefe führen­de Fortset­zung haben müsse. Für die Richtig­keit dieser Aufnah­me haben über 50 Schüler des Gymna­si­ums Oberko­chen, einige davon in einem »harten Kern« unermüd­lich tätig, vom 25.5. — 23.9.1979 in ca. 25 »Buddel­ak­tio­nen« (während der Ferien ganztä­gig) teilwei­se unter meiner und der Leitung meines ehema­li­gen Schülers Dr. H.J. Bayer einen schla­gen­den Beweis erbracht.

Am 15.9. erfolg­te der entschei­den­de Durch­bruch: Thomas Hierholz hatte einen Einstiegs­chacht entdeckt, der uns dann am 23.9. in drei neue Hallen führte: den Ritter­saal, die Pulver­hal­le und die Katha­ri­nen­grot­te, die für Oberko­che­ner Verhält­nis­se phantas­ti­sche Versin­te­run­gen und Tropf­stei­ne aufwei­sen. Beide Hallen sind aller­dings für »Normal­ver­brau­cher« nicht erreich­bar. Die Pulver­hal­le ist über 15 m lang und bis zu 3 m hoch; wir verlän­ger­ten die Höhle von 15 auf ca. 50 Meter. Die Chancen, eine Fortset­zung zu finden, werden von uns und von Höhlen­for­schern aus Stutt­gart und Laichin­gen als gut beurteilt.

Das Landes­amt für Denkmal­schutz, Abtei­lung Boden­denk­mal­pfle­ge, hat am 15.3.1980 offizi­ell grünes Licht für weite­re Aktio­nen am Griebi­gen Stein gegeben, sofern der Eingangs­be­reich der Höhle, der grund­sätz­lich bei jeder Höhle der Schwä­bi­schen Alb aus archäo­lo­gi­scher Sicht inter­es­sant sein kann, unange­tas­tet bleibt. Dies war und ist für uns eine Selbstverständlichkeit.

Die weite­ren Arbei­ten gestal­te­ten sich jedoch bald so risiko­reich, daß wir sie schwe­ren Herzens aus Gründen der Sicher­heit einge­stellt haben.

Die Höhle, während der »heißen Zeit« im Jahre 1979 Ziel von zahllo­sen Inter­es­sen­ten, wurde auf unseren Wunsch von der Stadt mit aus Gründen der Sicher­heit, unter anderem auch der Fleder­mäu­se wegen, die leicht einflie­gen können, provi­so­risch mit einer Bretter­wand verschlos­sen, (bis 1988).

Aus den Aktio­nen am »Griebi­gen Stein« ging die Gründung der Höhlen­In­ter­es­sen-Gemein­schaft Oberko­chen, jetzt Ostalb, (Höhlen InGO) hervor.

D.B. aus: Ostalb-Einhorn, Heft 26 Juni 1980

Die Brunnen­höh­le

Vom Fuchs­bau zur längs­ten Höhle des Ostalbkreises

Nur wenige hundert Meter vom Oberko­che­ner Zeiss­werk entfernt befin­det sich die Brunnen­höh­le, die im Herbst 1979 aufgrund einer weite­ren Neuent­de­ckung zur längs­ten und wohl auch pracht­volls­ten Höhle des Ostalb­krei­ses »heran­wuchs«. 1967 bemerk­te man in einem Felsen im Wald der Brunnen­hal­de einen merkwür­di­gen Fuchs­bau, der von seiner Anlage her auf einen Höhlen­ein­gang deute­te. Es formier­te sich bald eine sieben­köp­fi­ge Mannschaft junger Zeiss Mitar­bei­ter, die in der Brunnen­hal­de wohnten und in ihrer abend­li­chen Freizeit die Erfor­schung des seltsa­men Felsein­gan­ges vornahmen.

Nach zum Teil recht mühsa­men Grabun­gen im Eingangs­be­reich gelang­te man schlag­ar­tig in einen ca. 20 m langen Höhlen­gang. Hier verzweig­te sich das Hohlraum­sys­tem, und weite­re, mit Einschwemm­lehm erfüll­te Gangstre­cken konnten in schwie­ri­gen Grabar­bei­ten erkun­det werden. Der Aufwand sollte sich lohnen: ein Durch­bruch verlän­ger­te die Höhle auf 85 m Haupt­gangstre­cke. Die Höhlen­gän­ge und ‑hallen erlaub­ten nun überwie­gend ein aufrech­tes Gehen, an einigen Stellen erreicht die Ganghö­he sogar 7 m. 1977 und 1978 wurden die weite­ren Erkun­dungs­ar­bei­ten einer Stutt­gar­ter Höhlen­for­scher­ge­mein­schaft übertra­gen, welche die Höhle bis auf eine Länge von 123 m aufschloß. Man entdeck­te in den entfern­ten Höhlen­tei­len einen kleinen Höhlen­bach und zwei pracht­vol­le Höhlen­seen mit sehr reichen Tropf­stein­vor­kom­men. Im Herbst 79 unter­such­ten Oberko­che­ner Schüler und Erwach­se­ne die Höhle auf ihre Fortset­zungs­mög­lich­kei­ten, wobei ein bedeu­ten­der Seiten­gang entdeckt wurde. Die Gangstre­cken der Brunnen­höh­le sind durch einen ehema­li­gen größe­ren Höhlen­bach geschaf­fen worden, der die Klüfte in den dicken Weißju­ra-delta-Kalkbän­ken korro­siv aufwei­te­te. An den Kluft­kreu­zen konnten Hallen und hohe Kamine entste­hen, letzte­re mit zum Teil sehr formen­rei­chem, flächen­haf­tem Wandsinter.

Der Haupt­höh­len­gang weist mehre­re Strömungs­mar­ken und ‑kolke auf, an zwei Stellen teilt er sich in einen Ober- und einen Unter­gang. Die Höhlen­wän­de sind in den vorde­ren Höhlen­ab­schnit­ten teilwei­se sehr bizarr und scharf­kan­tig auskor­ro­diert, während in den bergin­ne­ren Berei­chen öfters starke, meist noch aktive Übersin­te­run­gen im Gange sind. Eine Beson­der­heit stellen hier auch lehman­tei­li­ge Sinter­bah­nen dar, die einma­li­ge farbli­che Wandtropf­stein­ef­fek­te hervorrufen.

Die Gesamt­län­ge der Höhle beträgt zur Zeit 145 m, sie ist damit die längs­te Höhle des Landkrei­ses und mit ihren reichen Sinter- und Tropf­stein­vor­kom­men eine der pracht­volls­ten der gesam­ten Ostalb. Die Brunnen­höh­le ist inzwi­schen Natur­denk­mal; zwei »teufli­sche« Engstel­len in der Höhle und ein Tor schüt­zen sie vor unerlaub­ten Besuchern. Die Höhlen-InGO, der auch Mitglie­der der Brunnen­höh­len-Erkun­dungs­mann­schaft angehö­ren, wird jedoch weite­re Forschun­gen in der Höhle vorneh­men, zumal das Gesamt­höh­len­sys­tem eine Länge von über 200 Metern erwar­ten läßt. Da in der Brunnen­höh­le der Höhlen­bach in ca. 20 m tiefen Kluft­spal­ten verschwin­det, ist auch unter dem bekann­ten Höhlen­ver­lauf ein weite­res Hohlraum­sys­tem zu vermu­ten. Im Niveau dieses unteren, nicht bekann­ten Höhlen­sys­tems, befin­den sich am Berghang eine kleine Quelle, sowie zwei größe­re Quell­tuff­vor­kom­men, die sich kegel­ar­tig vor der Quelle durch Abset­zen des im Höhlen­sys­tem gelös­ten Kalkes aufbau­en konnten. Die Größe dieser Ausfül­lungs­kalk-Vorkom­men lassen sogar ein beträcht­li­ches unter­ir­di­sches System erwarten.

Dr. Hans-Joachim Bayer aus: Ostalb-Einhorn, Heft 26. Juni 1980

Dietrich Bantel