Vor hundert Jahren, am 17. Nov. 1890, wurde von 75 weitblickenden Oberkochener Bürgern die heutige Oberkochener Bank gegründet. Aus diesem Anlaß veranstaltete die Oberkochener Bank am Freitag, dem 16.11.1990, eine großartige Jubiläumsfeier im Carl-Zeiss-Saal. Über 800 Mitglieder und Gäste feierten begeistert den 100. Geburtstag ihrer Oberkochener Bank.
»Am letzten Montag vollzog sich hier ein Ereignis von höchster Bedeutung und Nutzen für die Gemeinde. — Der neue Vorstand des landwirtschaftlichen Bezirks-Vereins, Herr Baron von Wöllwarth auf Schnaitberg, hat in Ausführung seines Programms auch in hiesiger Gemeinde, in der Restauration von Schellmann, an benanntem Tag, einen sehr lehrreichen Vortrag über das bäuerliche Genossenschaftswesen und dessen Nutzen für die Landwirtschaft gehalten. Der durchaus gelungene, von eingehendem Studium der Materie zeugende Vortrag, endigte mit einem Referat über den Nutzen einer Darlehens-Kasse für die ländlichen Gemeinden. Und wirklich waren auch die Worte des Herrn Redners von solch tiefem Eindruck, daß sich die zahlreiche Versammlung sofort für die Gründung eines Darlehenskassen-Vereins entschloß und unter Beteiligung von 60 Mitgliedern alsbald ein solcher Verein gegründet wurde. An die Spitze des Vereins wurde der Ortsvorsteher Bezler gestellt, während die Stelle eines Kassiers dem Gemeindepfleger Balle übertragen wurde.« Mit diesen Worten berichtete die Kocher-Zeitung am 22. November über die Gründung des Darlehenskassen-Vereins Oberkochen.
Am 10. Januar 1891 meldete der Vorstand dann den neuen Verein als eingetragene Genossenschaft mit unbeschränkter Haftpflicht beim Kgl. Amtsgericht Aalen zur Eintragung in das Genossenschafts-Register an. Der Verein konstituierte sich nach den Statuten des »Verbands landwirtschaftlicher Kreditgenossenschaften in Württemberg«. »Der Verein hat den Zweck«, so § 2 des Status, »seinen Mitgliedern die zu ihrem Geschäfts- und Wirtschaftsbetrieb nötigen Geldmittel in verzinslichen Darlehen zu beschaffen, sowie Gelegenheit zu geben, müßig liegende Gelder verzinslich anzulegen. Mit dem Verein kann eine Sparkasse verbunden sein.« Die Kassen- und Buchführung wird nach § 23 einem aus der Mitgliedschaft zu wählenden Rechner übertragen, welcher »die sämtlichen Einnahmen und Ausgaben des Vereins auf Grund der Beschlüsse des Vorstands pünktlich zu bewirken, die Bücher zu führen, sowie die Kassenbestände aufzubewahren« hat. Die Geschäftsanteile der Mitglieder wurden auf 10 M festgesetzt, die in monatlichen Teilzahlungen von mindestens 1 M einbezahlt werden konnten. Das Statut wurde von 75 Gründungsmitgliedern unterzeichnet (15 mehr als in dem Zeitungsbericht angegeben).
Am Ende des ersten Geschäftsjahres betrug die Bilanzsumme 12.671 M 58 Pf., der Umsatz 38.703 M 89 Pf., die Zahl der Mitglieder hatte sich auf 91 erhöht.
So begann die Geschichte der heutigen Oberkochener Bank, die mit der Jubiläumsfeier einen vorläufigen Höhepunkt erreichte.
Nach einem gemeinsamen Essen eröffnete Bruno Balle, der Aufsichtsratsvorsitzende der Oberkochener Bank, den offiziellen Teil der 100. ordentlichen Generalversammlung. Zurecht verwies er auf die historische Bedeutung der Bank, die aufs engste mit der Stadt Oberkochen verbunden ist. Bankvorstand Thomas Hinderberger ging nach seinem Bericht über die Entwicklung der Bank im Jahr 1989 auf das neue Selbstverständnis und die zukünftigen Ziele der Oberkochener Bank ein. 100 Jahre Oberkochener Bank beweise, daß die Idee, sich in Selbsthilfe, Selbstverwaltung und Selbstverantwortung in Genossenschaften zusammenzuschließen, richtig war. Das, was damals aus der nackten Not heraus geboren wurde, habe auch heute noch nichts an Aktualität und Attraktivität verloren. Sicherlich sei heute keine allgemeine Not zu bekämpfen. Dennoch sei es nach wie vor das Ziel der Oberkochener Bank, die wirtschaftliche Lage ihrer Mitglieder zu verbessern. Der Zusammenschluß zur Selbsthilfe beruhe nach wie vor auf der Erkenntnis, daß mehrere Personen in partnerschaftlicher Zusammenarbeit gemeinsam Probleme lösen können, die der Einzelne nicht so gut oder überhaupt nicht lösen könne. Dabei wies Herr Hinderberger besonders darauf hin, daß die Oberkochener Bank, auf Grund ihrer Mitgliederverbundenheit eng mit der Stadt und ihren Einwohnern in Einklang stehe. Sie sei untrennbarer Teil des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens in Oberkochen. Aufbauend auf diesen Grundwerten, biete die Genossenschaft sämtliche Leistungen einer modernen, sich ständig weiterentwickelnden, Geschäftsbank an, die mit modernster Technik ausgestattet sei. Dabei sind Objektivität und Qualität oberster Maßstab bei der Erarbeitung individueller Problemlösungen für Mitglieder und Kunden.

Eingehend auf wichtige Ereignisse im Gründungsjahr hob Bürgermeister Harald Gentsch in seinem Grußwort die Bedeutung der Gründung des damaligen Darlehens-Kassenvereins für die Stadt Oberkochen hervor. Er brachte seine Freude darüber zum Ausdruck, daß die Oberkochener Bank in den 100 Jahren ihrer Geschichte jung und dynamisch geblieben sei. Er wisse um die Verbundenheit der Bank mit den Einwohnern und dem Gewerbe der Stadt Oberkochen, und schätze die gute Zusammenarbeit mit der Stadt. Er überreichte der Bank aus Anlaß ihres Geburtstages ein Gemälde des Oberkochener Künstlers Paul Metz und wünschte ihr für die nächsten 100 Jahre alles Gute.

Nach den Grußworten des 1. Landesbeamten des Ostalbkreises, Regierungsdirektor Hubert Götz, und dem Vorsitzenden der Kreisvereinigung der genossenschaftlichen Banken im Ostalbkreis, Bankdirektor Heiner Schwegler, ging der Präsident des Württembergischen Genossenschaftsverbandes, Wirtschaftsprüfer Manfred Martersteig, auf die Entwicklung des Genossenschaftswesens in Baden-Württemberg ein. Er hob hierbei insbesondere das Wirken von Carl Freiherr von Woellwarth-Schnaitberg hervor, der als Vorstand des landwirtschaftlichen Bezirksvereins Aalen sich das Ziel gesetzt habe, in allen Gemeinden des Bezirks Darlehenskassen einzuführen. Aus diesen Wurzeln der genossenschaftlichen Bewegung erwuchs in Württemberg eine große flächendeckende Anzahl von Genossenschaftsbanken, die in Baden-Württemberg mehr als 2 Mio. Mitglieder betreuen.
Am Schluß des Festaktes stellte Vorstandsmitglied Hansjörg Widmann die Festschrift mit dem Titel »Ihre junge Bank wird 100« vor. Hauptbestandteil dieses Meisterwerkes zeigt die Entwicklung der Bank in den letzten 100 Jahren. Die Chronik gliedert sich in 4 ausführliche Teile:
»Eine Gemeinde im Umbruch« von Gym. Prof. Dietrich Bantel.
»Genossenschaften in Württemberg — die Anfänge der Oberkochener Bank« von Dr. Joachim Kämmerer
»Was in alten Büchern steht« — von Oberstudiendirektor i. R. Volkmar Schrenk
»Die Oberkochener Bank im Zeichen der DM« von Bankdirektor i. R. Oscar Strohmaier.
Als Dank für die geleistete Arbeit überreichten die Vorstände der Bank, die Herren Hinderberger und Widmann, Geschenke an die Autoren. Gleichzeitig überreichten sie Herrn Bantel, als Vorsitzendem des Heimatvereins Oberkochen, einen Scheck in Höhe von DM 5.000 für die geplante Heimatstube.
Die Festschrift ist auf Anfrage bei der Bank erhältlich.

Spendenübergabe an den Heimatverein Oberkochen