Vorbemerkung:
Ebenso wie die Beiträge über das Hafnergewerbe und den Volkmarsberg stammt auch der folgende Abschnitt von Oberlehrer Alfons Mager. Es handelt sich um eine Betrachtung aus der Zeit um 1939.
Der Lauf des Kochers
Durch Oberkochen fließt der Schwarze Kocher, der sich bei Unterkochen mit dem Weißen Kocher vereinigt. Der Name »Schwarzer Kocher« rührt vom dunklen Flußbett des meist ruhig strömenden Wassers her. Er erhält seine Farbe durch die vermoderten Schlingpflanzen auf seinem Grunde bzw. wegen der schwarzen Steine, die dem früheren Schmelzofenbetrieb am Kocherursprung entstammen. Die Quellen des Schwarzen Kochers liegen rechts an der Straße nach Königsbronn und sind mit allerlei Sträuchern und Tannen umwachsen. Ruhebänke laden zum Verweilen in diesem Naturidyll ein.
Nach dem Ursprung eilen die Wasser am Flurteil Schlackenwäsche und an den Eis- und Fischweihern vorbei. Ein kurzer Kanalarm gab der Gruppschen Fabrik seine Wasserkraft ab. Der Schwarze Kocher wendet sich dann nördlich durch die Gewanne Strick und Ried zu den Leitzschen Fabrikanlagen und den Weiherwiesen. Hier trennt sich der Kanal, der sich neben dem Kocher durch den Ort zieht. Über die Haupt- und Bahnhofstraße an der Mühle vorbeieilend mündet er im Nordosten der Gemeinde zwischen den Kapellenwiesen und der Schwörz wieder in den Kocher ein. Erbaut wurde der Kanal im 15. Jahrhundert von Brüdern und Mönchen des Klosters Königsbronn.
Bei der Einmündung des Gutenbachs unweit der Kreuzmühle wendet sich der Schwarze Kocher nördlich zur Stefansweiler Mühle (Spranzenmühle) und weiter nach Unterkochen. Das früher an der Markungsgrenze gelegene Gehöft Stefansweiler ging im Dreißigjährigen Kriege unter. Bei Aalen und Wasseralfingen tritt dann der Kocher in den Braunen und Schwarzen Jura und bei Hüttlingen in die Keuperlandschaft ein.
Die Nebenflüsse des Kochers
Der wichtigste linke Zufluß des Schwarzen Kochers ist der Gutenbach, der vom Spitz- und Wolfertstal herkommt. In alten Karten führt der Gutenbach den Namen Teuffelsbach. Sein unterer Teil wird Nußbach genannt. Drei Quellen bilden seinen Lauf: Neu‑, Langert- und Luggenloh-Brunnen (»Loh« = Wald). Vom letzteren zweigt auch ein Arm zum Katzenbach ab. Der Katzenbach entspringt auf 510 Metern Höhe in den Wiesen am Fuße des Volkmarsberges im sogenannten Weingarten (dieser Name deutet möglicherweise auf mittelalterlichen Weinbau hin) und fließt neben der Katzenbachstraße vor bis zum Kocherkanal. Er hieß bis zur Aufhebung des Zolls im Jahre 1803 Zollbach und die Brücke an der Landstraße Zollbrücke. Vorher bildete er die Grenze zwischen dem Ellwanger und Königsbronner Teil von Oberkochen.
Rechte Seitenflüsse sind Edlenbach und Erlenbach. Ersterer enteilt dem Langenteich und fließt unter der Ebnater Straße und der Eisenbahn dem Kocher zu. Letzterer kommt vom Zwerenberg und läuft bei nasser Witterung am Eselsweg in den Kocher (Bettelbrunnen).
Das Loachbrünnle und das Schönbrünnle beim hinteren Langert fließen nur zeitweilig. Mehr Wasser führt das Klebbrünnle am östlichen Fuße des Tierstein im Flurteil Daffang.
Stehende Gewässer sind die kleinen Eisweiher und Fischteiche beim Kocherursprung und der Fabrikteich beim Leitzschen Werk. Die Fischteiche am Spitztal gingen wieder ein.
Die Fischerei wurde am Schwarzen Kocher früher eifrig betrieben mit schönen Forellen sowie mit künstlich gezüchtete Fischen, sog. Regenbogenforellen und Karpfen, die in Gasthöfe der umliegenden Städte versandt wurden. Durch die gewerblichen Ausläufe wird das Wasser oft verunreinigt, und die Fischzucht ist bedeutend zurückgegangen. Als erfolgreiche Fischzüchter waren in früheren Jahrzehnten Friedrich Leitz und Albert Leitz sen. sowie Schuhmachermeister Johannes Weber bekannt, die vielfach Preise für Brutfische erhielten. Am Kocherursprung, im Fabrikteich und im damaligen Brunnenhaldenweiher wurden auf künstlichen Terassen in eingens von hiesigen Hafnern angelegten Fischkacheln Forellen in allen Größen und Farben gezogen.
Häufig kam früher im Schwarzen Kocher sowie im Nuß- und Gutenbach der Fischotter mit seinem dunkelbraunen Pelzwerk vor. Manche dieser wertvollen Tiere wurden gefangen, besonders unterhalb der Kreuzmühle bei Schnee im Mondenschein.
Nachwort
Gewiß stimmt dieser Bericht von Alfons Mager auch heute noch im wesentlichen. Allerdings ist er in einigen Punkten zu ergänzen.
Die Kocherquelle »Ölweiher« ist in dem Magerschen Bericht nicht erwähnt. Der Ölweiher (früher befand sich dort eine Ölmühle) ist eine trichterförmige Quelle ähnlich dem Blautopf im Bereich der Firma Gebrüder Leitz. Allerdings sind die Quellaustritte im Ölweiher so stark versintert, daß ein Eindringen ins Erdinnere nicht möglich ist; der Karst- und Höhlenforscher Jochen Hasenmayer hat sich davon persönlich überzeugt.

Bei der Kocherquelle wurde ein Wanderparkplatz angelegt. Der neue Flächennutzungsplan der Stadt Oberkochen versucht dem Anliegen, dieses einmalige und überörtlich bedeutende Naturdenkmal auch für die Zukunft zu schützen, gerecht zu werden.
Ferner soll erwähnt werden, daß der Kocher, trotz des hohen Industriepotentials unsere Stadt dank der Kläranlage und der zur Zeit in Bau befindlichen Regenrückhaltebecken in einwandfreiem Zustand verläßt und auch in Zukunft verlassen wird.
Ein Abend am Quell des Schwarzen Kochers
An deiner Wiege saß ich traumversunken,
Schon zog der Abend an den Bergen hin;
Aus deinen Wassern glühten Feuerfunken,
Und aus der Seele stieg ein stumm: Wohin?
Die Antwort klang mir aus den Orgelklängen,
Zur Freiheit drängen wir, zum Sonnenlicht,
Wir quellen aus des Berges tiefsten Gängen,
Die lichtwärtsstrebend unsre Kraft durchbricht.
Nicht wollten wir in finstern Hallen
Verharren tatenlos, — des sind wir müd
Drum ließ der Berggeist uns’re Fessel fallen,
die uns von Sonne und von Freiheit schied.
So grüßen wir dich stillen Weggesellen,
Mit frohem Jauchzen, lieblichem Gesang,
Der Freiheit Freude klingt aus unseren Wellen
Ach hohes Lied zu unsrem ersten Gang.
Der Abend sank, die Nebelschleier hingen
Gespenstisch in der Berge lichtem Grün —
Und während meine Schritte talwärts gingen,
Erstand der Seele Antwort auch auf ihr: Wohin.
Hermann Mohn

Alfons Mager