Heidanei – jetzt isch „s Blättle“ au scho so alt. Am 6. März 1953 erblickte es das Licht der Welt. Man nennt es offiziell das Amtsblatt, liebevoll „s Blättle“ und abwertend „s Käsblättle“.
Die letzten Jahre habe ich bis vor kurzem alle Ausgaben von 1953 bis 1989 zu Recherchearbeiten durchgeblättert, Interessantes fotografiert und notiert. Dabei habe ich deutlich bemerkt, welche „Schätze“ sich darin befinden.
Natürlich ist es ein offizielles Organ der Stadt, um die Einwohnerschaft zu informieren.
Das viel Interessantere, das man erst beim Durchblättern erkennt, ist aber folgendes (beispielhaft):
- Ich komme dabei auf Ideen, um neue Berichte zu erstellen:
- z.B. über die Bürgermeister, die Wahlen, unsere Bäume, die Gasthäuser, Vereinsheime u.ä.m.
- es finden sich Jahreszahlen, die unweigerlich auf anstehende oder vergessene Jubiläen hinweisen z.B. Volkmarsbergturm, Amtsblatt, Firmenjubiläen u.ä.m.
- Erinnerungen von Zeitgenossen an alte bedeutsame Zeiten z.B. an div. Großfeuer, die Geschichte des Hauses „Herrgottshäfner“, die letzten Kriegstage u.a.m.
- Anzeigen und Berichte über „hohe“ Geburtstage und Hochzeitstage
- Man sieht, wer welches Geschäft wann an wen übergeben hat
- Hinweise auf die verschiedenen Pächter unserer Gaststätten
- Es wird auf Veranstaltungen hingewiesen, die in den vielen Gaststätten stattfanden
- Anzeigen und Berichte über ehemaligen Einzelhandelsgeschäfte
- Bilder und Texte zu den üblichen Überschwemmungen des Gutenbachs
- Es wird über Bauprojekte berichtet, die Gottseidank nie realisiert wurden
o z.B. Verlängerung der Carl-Zeiss-Straße in beide Richtungen, Überbrückung der Heidenheimer Straße mit Direktanschluss zur B19
o das viele Jahre durch die Gemeinde spukende Freibad-Projekt
o ein Baugebiet oberhalb des Rodsteins bis nach Ebnat hinüber
o und die jahrzehntelange Diskussion über den Autobahn-Zubringer „Römerkeller“, der im Gemeinderat durchaus favorisiert war
- Wir stoßen auf besondere, auch lustige Anzeigen
o Wie beispielsweise das Erreichen des Schwabenalters des Boxers Harner
o Wie die Hauptversammlung des „Stöpsel-Clubs“ im „Hirsch“
- Und ganz wichtig – in Vorzeiten des Datenschutzes:
o Die Vorstellung der neuen Lehrer und ihrer Jubiläen mit ihren jeweiligen Biografien
o Die Fotos der Abschlussklassen der verschiedenen Schulen mit Namen.
- Und ein Alleinstellungsmerkmal weit und breit ist die beliebte Novemberbeilage „Unsere Toten“, die in vielen Haushalten seit 1953 eisern gesammelt wird und mancherorts, wie z.B. in „dr Gruab“ bei Diskussionen flugs unterm Tresen hervorgeholt wurde, um Klarheit zu schaffen.
Unser Amtsblatt wird oft unterschätzt, denn es offenbart seine Wichtigkeit erst, wenn man es nach vielen Jahren und Jahrzehnten wieder durchforstet. Wenn man es mit Mitteilungsblättern umliegender Gemeinden vergleicht, fällt schon auf, dass bei unserem vieles möglich ist, was andernorts nicht erlaubt ist. Aber da hat schon der Alt-Bürgermeister und Ehrenbürger dieser Stadt, Gustav Bosch, den Grundstein gelegt. Denn er selbst hat, als noch weit und breit kein Heimatverein in Sicht war, gerne selbst zur Feder gegriffen und aus „Alt-Oberkochen“ berichtet.
In der Gegenwart ist es eine sehr wichtige Plattform für die Vereine, um auf ihre Veranstaltungen und Erfolge hinzuweisen. Für die Kirchen die einzige Möglichkeit zu informieren, weil es keine Kirchenblätter mehr gibt. Für mich bietet es die Möglichkeit Berichte mit Geschichten, Fotos und Infos aus alten Zeiten zu veröffentlichen. Und für die Ausgewanderten“ über „s Blättle“ die Verbindung zur alten Heimat aufrechterhalten.
Ab Januar diesen Jahres hat „s Blättle“ einen qualitativen Sprung nach vorn gemacht: Auflage verdoppelt, jeder Haushalt bekommt es jetzt kostenlos, Papier und Fotos haben deutlich bessere Qualität und zum Lesen ist es auch besser geworden. Rundherum also ein durchaus gelungenes Produkt. Also sorgen wir gemeinsam dafür, als Leser- und Autorenschaft, das „s Blättle“ weiter ein gutes Leben führt und man es gerne am Freitag im Briefkasten erwartet. Wohl wissend, dass es eines Tages, nur noch digital zu haben sein
dürfte.
Wilfried „Billie Wichai“ Müller – Billie vom Sonnenberg