(Evange­li­sches Consis­to­ri­um und Dekanat Aalen)

Der vorlie­gen­de Bericht stammt aus der Feder unseres Ausschuß­mit­glieds Herrn Volkmar Schrenk, OStD i.R. — Herr Schrenk hat bereits in den wenigen Wochen seines Ruhestan­des eine statt­li­che Anzahl von heimat­kund­li­chen Aufga­ben in Angriff genom­men. Die Verord­nung aus dem Jahre 1826, die die Grund­la­ge für den Bericht darstellt, stammt aus dem Evange­li­schen Pfarrarchiv.

»… über die Verbes­se­rung des Gesangs« (Verord­nung von 1826)
(-nk) Drei Chöre Oberko­chens können jeweils auf eine lange Tradi­ti­on zurück­bli­cken: Katho­li­scher Kirchen­chor (1827 unter Lehrer Balluf als »Gesangs­chor des Pfarr-Cäcili­en­ver­eins« gegrün­det), Sänger­bund Oberko­chen (1839 als »Singver­ein« gegrün­det), Evange­li­scher Kirchen­chor (1887 durch eine Notiz über die Besol­dung des Dirigen­ten erwähnt, 1933 aus dem Ev. Männer­chor »Frohsinn« hervor­ge­gan­gen). In den Gründer­jah­ren haben sich also musik­be­flis­se­ne und sanges­be­geis­ter­te Frauen und (zunächst überwie­gend) Männer zu gemein­sa­mem Singen, natür­lich auch zu Frohsinn und Gesel­lig­keit zusammengeschlossen.

Sicher­lich war damals in der Mitte des 19. Jahrhun­derts die Zeit dafür reif gewor­den: Die stark einset­zen­de Indus­tria­li­sie­rung gab den Menschen ein neues Selbst­wert­ge­fühl, die »roman­ti­sche Geistes­be­we­gung« (R. Benz) war voll entwi­ckelt, ihre Musik erfaß­te immer breite­re Schich­ten. So ist nicht verwun­der­lich, wenn in jenen Jahren auch in kleinen Orten (Oberko­chen besaß 1850 ca. 810 Einwoh­ner) Chor-Verei­ne entstan­den. Jedoch wurde diese Entwick­lung auch »von oben her« stark geför­dert. In BuG vom 19.7.1985 ist z.B. über die Gründung des Katho­li­schen Kirchen­chors berich­tet mit der Bemer­kung, ein »oberhirt­li­cher Beleh­rungs­ar­ti­kel an die Geist­lich­keit« vom Jahre 1824 habe den Anstoß gegeben.

Auf evange­li­scher Seite dauer­te es zwar etwas länger, bis sich ein Chor zusam­men­fand. Jedoch liegt eine Anord­nung des »evange­li­schen Consis­to­ri­ums (= kirch­li­che Aufsichts­be­hör­de) an das Dekanat Aalen« vom 3. Januar 1826 vor, die »die Verbes­se­rung des Gesangs in Kirchen und Schulen« zum Ziele hat und u.a. die Gründung von Chören anregt: »Man wird sich freuen wenn immer mehr Gesang-Verei­ne und Sing-Chore, dieses Namens werth, sich bilden, und sobald sie selbst etwas genügen­des leisten, in der Kirche auftre­ten, damit das Volk durch sein eigenes Ohr für die Sache … gewon­nen werde.«
Nachfol­gend einige Auszü­ge aus dieser Verordnung:

1) Zunächst wird anerken­nend hervor­ge­ho­ben, es seien »hie und da aus Alten und Jungen gemisch­te Sing-Verei­ne entstan­den, welche sich haupt­säch­lich mit der Erler­nung und Einübung ächtkirch­li­cher Chorä­le beschäf­ti­gen .. . Selbst auf die Volks-Gesän­ge ist an einigen Orten schon ein veredeln­der Einfluß zu bemerken.«

2) »Damit sich die Schul­leh­rer mit der besten Metho­de des Gesangs-Unter­richts bekannt­ma­chen können«, wird die »Anschaf­fung der vor Kurzem in der Metzler­schen Buchhand­lung erschie­ne­ne und von Kennern einstim­mig als ganz vorzüg­lich anerkann­te »Anlei­tung zum Gesangs­un­ter­rich­te in den Schulen« von Präzep­tor Kübler zum allge­mei­nen Gebrauch in den Schulen« vorge­schrie­ben. Über den Vollzug dieser Anschaf­fung war dem Dekanat-Amt zu berichten.

3) Wöchent­lich sind für die Pflege des Gesangs etwa »2 Stunden planmä­ßig auf die Schul­zeit zu verthei­len, und diese Verthei­lung dem Pfarr­am­te und dem visitie­ren­den Dekan jedes­mal nachzu­wei­sen.« Der Gesangs­un­ter­richt ist aber »ohne Vernach­läs­si­gung der übrigen Lehrfä­cher« durchzuführen.

4) Es soll auch »außer den gesetz­li­chen Schul-Stunden« unter­rich­tet und für »die der Schule Entwach­se­nen nament­lich an Sonnta­gen, beson­ders im Sommer, nach den Kirchen, öffent­li­che Choral-Sing-Übungen veran­stal­tet« werden.

5) »Den Organis­ten ist eine angemes­se­ne, einfa­che, klare und bestimm­te Beglei­tung des Gesangs mit der Orgel zu empfeh­len und ernst­lich darauf zu sehen, daß sie in ihren Vor- und Nachspie­len sich der Einmi­schung unkirch­li­cher, ja nicht selten frivo­ler Musik enthal­ten, und nicht, statt den Kirchen-Gesang zu leiten und zu heben, densel­ben verder­ben und verweltlichen.«

6) »In höchs­ter Anerken­nung der Wichtig­keit eines guten Kirchen-Gesangs und zur Ermun­te­rung des Eifers für dieje­ni­gen Schul-Lehrer, welche, bei gleicher Treue in anderen wichti­gen Lehrfä­chern, sich … vorzüg­lich auch außer den Schul-Stunden auszeich­nen und nachhal­tig wirken, haben SEINE KÖNIGLICHE MAJESTÄT jährlich sechs von der evange­li­schen Synode zu verthei­len­de Preise je von zehn Gulden ausgesetzt.«

7) Gegen Ende der Verord­nung ist ein umfang­rei­cher Fragen­ka­ta­log angege­ben, über den die Dekane berich­ten sollen »auf dem Grund ihrer eigenen Beobach­tun­gen und der Pfarr­amt­li­chen Berich­te, und etwa auch anderer glaub­wür­di­ger Zeugni­ße von stimm­fä­hi­gen Männern über diesen Gegenstand«.

Die Verord­nung schließt ab mit dem Wunsch »mögen alle, welche zur Verbes­se­rung und Vered­lung des Gesan­ges mitwir­ken sollen und können, die schöne Aufga­be mit Liebe ergrei­fen, und, wie in allen Dingen so auch hierin für Gottes Ehre und für der vater­län­di­schen Kirche Wachsthum an innerem Leben aus frommen Triebe thätig seyn!«

Ob ein Lehrer aus Oberko­chen jemals einen der ausge­setz­ten Preise erhal­ten hat, ist nicht bekannt; oder weiß eventu­ell jemand darüber etwas?

Quellen: Ev. Pfarr­ar­chiv Oberko­chen, BuG-1985

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Volkmar Schrenk

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