Herrn Franz Uhl verdan­ken wir den Bericht »Gemein­de­rat und Schult­heiß in schwe­rer Zeit«. Er war es auch, der das heute veröf­fent­lich­te Foto vom 25-jähri­gen Dienst­ju­bi­lä­um von Schult­heiß Frank ausge­gra­ben hat. Herzli­chen Dank.

Den anschau­li­chen und nachdenk­lich stimmen­den Bericht von Herrn Uhl möchten wir seitens des Heimat­ver­eins durch einige wenige direk­te Querver­wei­se auf die aus dieser Zeit noch vorlie­gen­den offizi­el­len Gemein­de­rats­pro­to­kol­le ergänzen:

In den ersten Monaten des Jahres 1933 war es zu Ausein­an­der­set­zun­gen im Oberko­che­ner Gemein­de­rat gekom­men zwischen den Mitglie­dern der Zentrums­par­tei und den Mitglie­dern, die mit den neuen Macht­ha­bern sympa­thi­sier­ten. Laut Gemein­de­rats­pro­to­koll vom 7.7.1933 verlie­ßen die 5 Zentrums­mit­glie­der die Sitzung an diesem Tage demons­tra­tiv, worauf sie der stell­ver­tre­ten­de Vorsit­zen­de als »aus dem Gemein­de­rat ausge­schlos­sen« bezeich­ne­te. Bürger­meis­ter Frank war aus gesund­heit­li­chen Gründen verhin­dert gewesen, die Amtsge­schäf­te zu führen.

In dersel­ben Sitzung vom 7.7.33 wurden 3 Ersatz­män­ner in den Gemein­de­rat berufen (nicht gewählt), die der Ortsgrup­pe der NSDAP angehörten.

Der Gemein­de­rat in seiner neuen Zusam­men­set­zung lehnte es dann in der Gemein­de­rats-Sitzung vom 23.11.33, vor genau 56 Jahren, ab, mit Bürger­meis­ter Frank zusammenzuarbeiten.

In der Gemeind­rats-Sitzung vom 9.1.34, die dann bereits vom späte­ren Bürger­meis­ter Heiden­reich als einge­setz­tem Amtsver­we­ser gelei­tet wurde, heißt es lapidar:

»Kennt­nis genom­men wird von dem Erlaß des W. (Württem­ber­gi­schen) Innen­mi­nis­te­ri­ums vom 28.12.33 inhalt­lich dessen Bürger­meis­ter Frank durch Entschlie­ßung des Herrn Reichs­statt­hal­ters vom 7.12.33 auf Grund §6 des Geset­zes zur Wieder­her­stel­lung des Berufs­be­am­ten­tums in den Ruhestand versetzt wurde. Nach Ziff. II des genann­ten Erlaßes ist der Schult­heiß a.D. Otto Heiden­reich in Oberko­chen zum Amtsver­we­ser der Gemein­de bestellt worden und hatte die Geschäf­te am 2. Jan. 1934 zu übernehmen«.

Laut den Gemein­de­rats­pro­to­kol­len mußte Bürger­meis­ter Frank monate­lang um berech­tig­te Gehalts­nach­for­de­run­gen kämpfen, die man ihm mit haltlo­sen Begrün­dun­gen vorent­hal­ten wollte.

In einem Proto­koll heißt es, daß die Nachzah­lung aufgrund der schlech­ten finan­zi­el­len Lage der Gemein­de (schlech­te Steuer­ein­gän­ge, große Steuer­lie­fe­rungs­rück­stän­de) nicht möglich sei. Erst auf Druck des Oberamts Aalen erklärt sich die Gemein­de bereit, die Ausstän­de zusam­men mit dem Ruhegeld in Raten á -,50 Reichs­pfen­nig pro Monat abzustottern.

Dietrich Bantel

Doch nun zum Bericht von Herrn Franz Uhl:

Gemein­de­rat und Schult­heiß in schwe­rer Zeit
Noch einmal hatte sich der Oberko­che­ner Gemein­de­rat um seinen Schult­hei­ßen zum Erinne­rungs­fo­to versam­melt. Anlaß gab das 25jährige Dienst­ju­bi­lä­um von Schult­heiß Richard Frank, das er am 1. April des Jahres 1930 feiern konnte. Die Aufnah­me wurde im Amtszim­mer des Schult­hei­ßen im alten Rathaus (an der Stelle der heuti­gen Oberko­che­ner Bank) gemacht, das zugleich auch Sitzungs­zim­mer war. Nach dem Festakt ging man hinüber in den »Hirsch«, wo der gemüt­li­che Teil in schlich­tem Rahmen gefei­ert wurde. Die Zeit war schlecht; geprägt von Arbeits­lo­sig­keit und Inflation.

Nur wenige Jahre später sind die meisten der abgebil­de­ten Räte und ihr Schult­heiß nicht mehr dabei. Bei manchen mag es Amtsmü­dig­keit gewesen sein. Bei vielen aber hatte natio­nal­so­zia­lis­ti­sche Willkür dafür gesorgt. Eine ausge­präg­te christ­li­che Grund­über­zeu­gung und ein feines Gespür für das »Ungute«, das sich da anzukün­di­gen schien, verbot ihnen gemein­sa­mes Tun mit den eupho­ri­schen Mitläu­fern, die in der neuen »Marsch­rich­tung« das allei­ni­ge Heil sahen. Sie wollten weder die Haken­kreuz­fah­ne hissen, noch die entspre­chen­de Armbin­de tragen, wie es eben zu bestimm­ten Anläs­sen geboten war. Für diese »Sorte« war natür­lich auf dem Rathaus kein Platz mehr und auch privat bekam man so aller­lei zu spüren. Auch der amtsent­ho­be­ne (zum »Eintritt in den Ruhestand« veran­laß­te) Bürger­meis­ter Frank und seine Familie hatte in der Zeit von 33 bis 45 (und auch danach) viel zu leiden, zumal es auch mit der Gesund­heit schlecht bestellt war. Man wurde von vielen Mitbür­gern »geschnit­ten«. Zu allem Unglück starb auch seine Frau. Wie sollte es weitergehen?

Nach einer kurzen Zwischen­sta­ti­on bei der Oberamts­pfle­ge Schwäb. Gmünd versah Richard Frank von 1937 bis 1945 das Amt des Gemein­de­pfle­gers in der Nachbar­ge­mein­de Unter­ko­chen, bevor er kurz nach Kriegs­en­de von den Ameri­ka­nern noch einmal als kommis­sa­ri­scher Bürger­meis­ter von Oberko­chen (bis März 46) und Unter­ko­chen (bis August 47) einge­setzt wurde. Langjäh­ri­ge Tätig­kei­ten im hiesi­gen katho­li­schen Kirchen­sti­fungs­rat (Kirchen­ge­mein­de­rat), als Vorstand und Ehren­mit­glied beim Sänger­bund, Vorstand beim Musik­ver­ein, Mitbe­grün­der des Roten Kreuzes in Oberko­chen, der Kolpings­fa­mi­lie und des Turnver­eins, sowie Mitglied des Schwä­bi­schen Albver­eins und des Deutschen Imker­ver­ban­des zeich­nen diesen Mann als einen vorbild­li­chen Diener des Gemein­de­wohls aus. Ähnli­ches kann von den meisten der abgebil­de­ten Oberko­che­ner Kommu­nal­po­li­ti­ker dieser Zeit gesagt werden. Wer wollte leugnen, daß einiges von diesem Geist auch bei den heuti­gen Stadt­rä­ten noch zu spüren ist, oder?

Franz Uhl

Oberkochen

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