Oberkochen

Am 31.7.89 erhielt der Heimat­ver­ein von Frau Dr. Arnold vom Landes­denk­mal­amt Stutt­gart grünes Licht, inner­halb der bis dahin freige­leg­ten Bilzhaus­flä­che entlang dem von uns entdeck­ten Fußbo­den nach allen Richtun­gen in die Schutt­wäl­le vorzu­drin­gen, um dort mögli­cher­wei­se Mauer­res­te nachwei­sen zu können. Dies geschah in 2 Arbeits­ein­sät­zen. Am Freitag, 15.9. stießen wir mit einer 5‑köpfigen Mannschaft des Staat­li­chen Forst­am­tes im Süden der Fläche auf ein hervor­ra­gend erhal­te­nes Stück Mauer aus Kalkbruch­stei­nen mit Spuren von Verbund. Die Mauer wurde 4 m bis zur Südwest­ecke des Gebäu­des und weite­re 4 m Richtung Westen freige­legt. Die bergsei­ti­ge Westmau­er ist schlecht erhal­ten aber nachweis­bar. In diesem Gebäu­de­teil wurden weite­re Bruch­stü­cke des Kachel­ofens und Hunder­te von Gefäß­scher­ben geborgen.

Am Samstag, 16.9. wurde den ganzen Tag gegra­ben. Im Einsatz waren Mitglie­der des Heimat­ver­eins und Oberpri­ma­ner des Gymna­si­ums Oberko­chen. Im Lauf des Tages konnten die Gebäu­demau­ern im Süden und Osten auf die gesam­te Gebäu­de­län­ge nachge­wie­sen werden. Die nordwest­li­che Gebäu­de­ecke kann bis jetzt nur vermu­tet werden, da die Nordmau­er sowohl als auch die Westmau­er in diesem Bereich stark abgetra­gen ist. In der talsei­ti­gen Ostmau­er, die ebenfalls ganz festliegt, konnte, wie bereits am 12.7.1979 vermu­tet, der Eingang nachge­wie­sen werden. Die Eingangs­hö­he liegt ca. 30 — 40 cm unter dem bekann­ten Fußbo­den­ni­veau. Im aufge­schüt­te­ten Südost­be­reich des Gebäu­des war der Fußbo­den nicht mehr nachzu­wei­sen. Vom Eingangs­ni­veau ist die Höhen­dif­fe­renz zur Fußbo­den­ebe­ne anstei­gend mit einigen großen Kalkstein­plat­ten ausge­führt. Eine südli­che und nördli­che Befes­ti­gung der Eingangs­lü­cke ist nicht feststell­bar. Im Bereich der Nordwand ist das Fußbo­den­en­de nicht freige­legt und auch die innere Mauer­flucht noch nicht gefun­den. Die Fußbo­den­stein­le­gung läuft in der Nordost­ecke in die Mauer, d.h. eine evtl. aufge­hen­de Mauer muß in diesem Bereich auf den bis außen geleg­ten Fußbo­den gesetzt worden sein. Die äußere nördli­che Mauer­flucht ist bis auf ein kleines Stück in der Nordwest­ecke nachzu­wei­sen. In der Nordost­ecke befin­det sich eine um ca. 10 cm abgestuf­te flächi­ge gutge­setz­te ca. 160/65 cm messen­de Vertie­fung im Fußboden.

Die Innen­ab­mes­sun­gen des Gebäu­des betra­gen in westöst­li­cher Richtung ziemlich genau 11, in südnörd­li­cher Richtung ca. 8 Meter. Bei einer geschätz­ten Mauer­stär­ke von ca. 80 cm betra­gen die äußeren Gebäu­de­ab­mes­sun­gen ca. 12,60 m auf 9,60 m (Schät­zung am 12.7.: 13 m auf 10 m).

Um die Mauer­stär­ken exakt feststel­len zu können, wäre eine weite­re Grabung notwen­dig, für die wir noch keine Geneh­mi­gung haben. Eine weite­re Grabung ist auch notwen­dig, um feststel­len zu können, ob die an die freige­leg­te Fläche A nördlich angren­zen­de, tiefer gelege­ne Fläche B, die ebenfalls von Schutt­wäl­len umgeben ist, mit dem Gebäu­de A in direk­tem Zusam­men­hang stand oder nicht. Ein drittes Gebäu­de C ist im Unter­holz Richtung Schne­cken­bur­ren­weg zu vermuten.

Bei den Scher­ben­fun­den fiel auf, daß keiner­lei »System« in den Fundla­gen festzu­stel­len war. Zusam­men­ge­hö­ren­de und zusam­men­pas­sen­de Bruch­stü­cke lagen oft weit vonein­an­der entfernt. Es fiel auch auf, daß keine größe­ren Gefäß­bruch­stü­cke gefun­den wurden. Ferner fiel auf, daß nur wenige Bruch­stü­cke von Ziegeln und Dachplat­ten gefun­den wurden. Des weitern sind keine Holzres­te vorhan­den. Das Gebäu­de muß abgebro­chen und »ausge­schlach­tet« worden sein. Es ist denkbar, daß für die Auffors­tung vom umgeben­den Gelän­de her ein wenig Humus über den Stein­bo­den gewor­fen wurde. Mit diesem sind die Scher­ben, die sich wohl in erster Linie beim Abfall befan­den, der sicher­lich im südwest­li­chen Außen­be­reich zu der kleinen Hülbe hin zu denken ist, in den Innen­be­reich gelangt. So wäre auch erklär­bar, daß in dieser Gebäu­de­ecke die meisten Scher­ben gefun­den wurden.

Den Brüdern Axel und Werner Glemser ist es in langwie­ri­ger Arbeit gelun­gen, Bruch­stü­cke von verschie­de­nen Gefäßen zusam­men­zu­sor­tie­ren und mindes­tens 3 Gefäße in hervor­ra­gen­der Puzzle­ar­beit in Teilen so zusam­men­zu­set­zen, daß die Gefäß­for­men rekon­stru­ier­bar sind. Von beson­de­rem Inter­es­se ist der heute abgebil­de­te ausguß­lo­se Krug (Foto und Rekon­struk­ti­ons­zeich­nung) Origi­nalab­mes­sung ca. 20/15 cm. Er ist ausge­spro­chen dünnwan­dig, innen mit einer dunkel­grü­nen Glasur verse­hen, außen ungla­siert und mit 2 braunen engobier­ten paral­lel umlau­fen­den Zierli­ni­en im Bereich der Einschnü­rung bemalt.

2 Rand- und Henkel­bruch­stü­cke mit exakt den gleichen Merkma­len befin­den sich bei den Scher­ben, die von uns anläß­lich der Ölwei­her­rei­ni­gung im letzten Jahr gefun­den wurden.

Somit kann mit ziemlich großer Sicher­heit gesagt werden, daß beide Gefäße aus einer Oberko­che­ner Werkstät­te stammen, wo sie Ende des 18. oder anfangs des 19. Jahrhun­derts entstan­den sein müssen. Das Gefäß ist damit bis jetzt das bei weitem ältes­te Zeugnis Oberko­che­ner Töpfer­werg — an die 200 Jahre sind seit seiner Herstel­lung vergan­gen, — seit mindes­tens 160 Jahren lag es zertrüm­mert in der Bilzhausruine.

Oberkochen
Oberkochen

Bei einem weite­ren in seiner Form komplett rekon­stru­ier­ba­ren Gefäß handelt es sich um eine dickwan­di­ge­re beidsei­tig glasier­te Schale. Sie weist im Boden­ra­di­us einen Durch­mes­ser von 14 cm, im oberen Rand einen solchen von 32 cm und in der Höhe eine Abmes­sung von 8 cm auf.

Dietrich Bantel

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