Unter »Schla­cken­wä­sche« versteht man in Oberko­chen zweier­lei. Zum einen ist damit der Vorgang des Auswa­schens von noch eisen­hal­ti­ger Schla­cke mit Hilfe von Wasser gemeint. Die Schla­cke lager­te aus der Zeit, als von der Mitte des 16. bis ins erste Viertel des 17. Jahrhun­derts beim Kocher­ur­sprung ein Hochofen zur Eisen­ver­hüt­tung stand, in unmit­tel­ba­rer Umgebung des Quell­ge­biets, und zwar im Tal Richtung Königs­bronn. Noch heute heißt die Flur um den Aussied­ler­hof Gold-Schmid­jörg­le und der erste des Tiefen­tal­sträß­chens »Schla­cken­weg«. Das Tiefen­tal­sträß­chen ist in seinem Unter­bau aus Schla­cke gebaut, — das ist der geschmol­ze­ne glasi­ge Rest, der bei der Erzver­hüt­tung entsteht.

Mit freund­li­cher Geneh­mi­gung d. Landes­ver­mes­sungs­am­tes bilden wir heute den entspre­chen­den Ausschnitt aus der Urkar­te von 1830 ab. Die Schla­cken­hal­den befan­den sich, wie beschrie­ben, südlich der Kocher­quel­le. Der Weg paral­lel zum rechten Karten­rand ist in der Urkar­te von 1830 als »Haupt­stra­ße Nr. 2« bezeich­net. Im Volks­mund wird er heute »Promil­le­sträß­le« genannt: In Zeiten, als man es mit »Alkohol am Steuer« noch weniger genau nahm als heute, kurvten hier die fröhli­chen Zecher von der Ziegel­hüt­te und anderen Orten, in denen man jenseits der Wasser­schei­de eines über den Durst trinken konnte, nach Oberko­chen zurück, um der Polizei aus dem Weg zu gehen, — der dieser Mitbe­stand natür­lich genau­es­tens bekannt war und ist. Ferner ist in dem Karten­aus­schnitt der Abzweig des Tiefen­tal­sträß­chens zu sehen.

Oberkochen

Unter dem Wort »Strik« (Flurna­me »Strick« oder »Strick­ä­cker« steht für die Flur unter­halb der Wachol­der­stei­ge (Leitz­stra­ße) bis hinun­ter zum Kocher) ist klar ein Gebäu­de­grund­riß zu erken­nen, über welchem die Zahl 127 geschrie­ben steht.

Bei diesem Gebäu­de handelt es sich um das Haus »Schla­cken­wä­sche«, das die Hausnum­mer »Oberko­chen 127« hatte. Unter »Schla­cken­wä­sche« versteht man also auch ein Gebäu­de, das beim Kocher­ur­sprung stand.

Das Haus »Schla­cken­wä­sche« kann geschicht­lich ziemlich genau verfolgt werden. Sie wurde im Jahr 1649 einge­rich­tet, kurze Zeit, nachdem der Hochofen­be­trieb beim Kocher­ur­sprung nach der Schlacht bei Nördlin­gen im 30-jähri­gen Krieg, der unserer Gegend sehr stark zusetz­te, einge­stellt worden war. Der Ofen war 4 Jahre vor Kriegs­en­de zerstört und dann abgeris­sen worden. Die Einwoh­ner­zahl Oberko­chens war zu dieser Zeit von 500 vor dem Krieg auf 100 nach dem Krieg zurück­ge­gan­gen. (1618−1648).

Die erste Schla­cken­wä­sche war wie gesagt, gleich bei Kriegs­en­de, zwischen 1646 und 1649 errich­tet worden (Oberamts­be­schrei­bung Aalen v. 1854). Im Jahre 1745 wurde an dersel­ben Stelle von »Landca­pi­tän Prahl«, welchem die Schla­cken von den Ellwan­ger Eisen­wer­ken überlas­sen worden waren, eine neue »Schla­cken­wä­sche« errich­tet, und zwar unter dem Wider­spruch Württem­bergs. Diese Schla­cken­wä­sche hatte nur kurzen Bestand. Das Gebäu­de zählte dann zu den Wohnge­bäu­den Oberko­chens. In der Oberamts­be­schrei­bung von 1854 wird angege­ben, daß die »Schla­cken­wä­sche« von 16 katho­li­schen Einwoh­nern bewohnt wird.

Kurz zuvor, zwischen 1830 und 1840 war das Gebäu­de im Wohnteil Richtung Kocher vergrö­ßert worden. In den Unter­la­gen des Landes­ver­mes­sungs­am­tes konnten die Namen der Bewoh­ner der »Schla­cken­wä­sche« festge­stellt werden. Es sind im Jahre 1830 2 Famili­en als Besit­zer genannt: Die Familie Josef Hägele, Schrei­ner, und die Familie Micha­el Traber.

In der Folge­zeit muß es mit dem Einsied­ler­haus am Kocher­ur­sprung bergab gegan­gen sein. Das Gebäu­de ist zuletzt als bewohnt erwähnt in dem im Jahre 1906 erschie­ne­nen Werk »Das König­reich Württem­berg«. Dort heißt es: Schla­cken­wä­sche, Haus, 5 Einwoh­ner, — am Ursprung des Kochers, wo länge­re Zeit ein Hochofen stand, — 1745 erbaut.

Bereits ein Jahr später, im Jahre 1907, ist das Gebäu­de von der Bildflä­che verschwun­den. Der ehema­li­ge überbau­te Grund ist mit dem Flurstück als verschmol­zen bezeichnet.

Das heißt im Klartext, daß das Gebäu­de zwischen der Zeit der Erstel­lung des großen Werks »Das König­reich Württem­berg«, das 1906 erschien, und spätes­tens dem Jahr 1907 abgeris­sen worden ist.

Sicher gab es in Oberko­chen zum damali­gen Zeitpunkt kaum jeman­den, der zum einen eine Fotoka­me­ra besaß, noch viel weniger, der die »Schla­cken­wä­sche« für fotogra­fier­wür­dig gehal­ten hat. Dennoch ist es nicht ausge­schlos­sen, daß irgend­wann einmal auch dieses Gebäu­de von Perso­nen, die den Kocher­ur­sprung fotogra­fier­ten, mitab­ge­lich­tet worden ist. Wir haben daher die Hoffnung, eines Tages auf ein Foto von der »Schla­cken­wä­sche« zu stoßen, noch nicht aufgegeben.

Deutlich ist in unserem Karten­aus­schnitt die Insel zwischen dem schwar­zen Kocher und dem Kanal zu erken­nen, der aus der Zeit des Hochofens stammt, und heute noch schwach erkenn­bar ist.

Es fällt übrigens auf, daß um die Kocher­quel­le nur Wiesen­land, nicht aber Bäume einge­zeich­net sind. Solche sind entlang der »Haupt­stra­ße Nr. 2« zu erken­nen. Das heißt, daß man sich ums Jahr 1830 den gesam­ten Bereich um den Kocher­ur­sprung ohne Bäume vorzu­stel­len hat.

Am Fußweg zum Kocher­ur­sprung befin­det sich eine Infor­ma­ti­ons­ta­fel, die Auskunft zu den geschicht­li­cher Zusam­men­hän­gen gibt.

Text auf der Infor­ma­ti­ons­ta­fel zum Hochofen an der Kocher­quel­le und zur Schla­cken­wä­sche ebenda

Nahe dem Ursprung des Kochers stand von 1559 ‑1634, 75 Jahre lang, eine mit Holzkoh­le befeu­er­te Eisen­schmel­ze (Eisen­hüt­ten­werk).

In gemau­er­ten Schacht­öfen und mit Hammer­feu­ern wurde in mehre­ren Stufen aus Erz schmied­ba­res Eisen herge­stellt. Das Erz kam als Bohnerz vom Zahnberg (Erzenberg) und aus dem Raum Nattheim, oder als Stuferz aus dem braunen Jura bei Aalen.

Holzkoh­le gewann man in den ausge­dehn­ten Wäldern der Ostalb. Ein Wasser­rad (der Kanal ist heute noch erkenn­bar) trieb über eine Welle Geblä­se­bal­ken und Schmie­de­häm­mer an.

Die Produk­ti­on war beacht­lich. Z. B. wurden 1569 in Oberko­chen 458 ztr. Ofenplat­ten und 5169 ztr. Masse­lei­sen erzeugt. (Masse­lei­sen = doppel­keil­för­mi­ges Rohei­sen­stück). Jährlich wurden über 1000 Fuder Holzkoh­le erfor­der­lich. Dazu benötig­te man eine Rohholz­men­ge von 14.000 cbm. Dies entspricht dem Holzvor­rat auf auf ca. 80 ha (!) Wald.

Gründer des Eisen­werks war ein Vetzer von Brogen­ho­fen aus Gmünd. Es ging bald in württem­ber­gi­schen Besitz über. Zusam­men mit den Brenz­tal­ei­sen­wer­ken von Königs­bronn und Heiden­heim entstand ein erstes frühka­pi­ta­lis­ti­sches Indus­trie­zen­trum auf der Ostalb.

Nach der Nördlin­ger Schlacht von 1634 (30-jähri­ger Krieg) ging das Werk ein.

Ab 1649 wurde eine Schla­cken­wä­sche einge­rich­tet, in der eisen­hal­ti­ge Brocken aus den ehema­li­gen Schla­cken mit Hilfe des Wassers aussor­tiert wurden. Sie bestand noch 1830. Heute finden sich noch zahlrei­che glasi­ge Schla­cken in und neben dem Fluß. (n. Thier, 1965 »Geschich­te der Schwä­bi­schen Hüttenwerke«).

Wie bekannt, hat die im Jahre 1973 gegrün­de­te Oberko­che­ner Narren­zunft »Schlag­ga­wä­scher« ihren Namen aus diesen geschicht­li­chen Zusam­men­hän­gen abgelei­tet, und nicht etwa aus dem schwä­bi­schen Schimpf­wort »Schlagg«, welches eine Mischung aus »Bachel«, »Dackel«, und »oagua­te Sau« bedeu­tet. (Die beiden letzte­ren Begrif­fe können übrigens, bei entspre­chen­der Betonung, durch­aus auch anerken­nend gemeint sein).

Soviel zur »Schla­cken­wä­sche« beim Kocherursprung.

Wenn jemand von Hören­sa­gen noch etwas weiß vom Gebäu­de »Oberko­chen 127, — Schla­cken­wä­sche«, so bitten wir darum, daß diese Infor­ma­tio­nen an ein Mitglied des Heimat­ver­eins Oberko­chen weiter­ge­ge­ben werden. Gerade bei Überlie­fe­run­gen, die fast noch in die Gegen­wart herein­rei­chen, sind wir sehr dankbar für Mitteilung.

Dietrich Bantel

Oberkochen

Richtig­stel­lung zu Bericht 84
Zu unserem Bericht 84 ist zumin­dest einer von einer ganzen Reihe von Druck­feh­lern richtig­zu­stel­len: Der Setzer hat aus dem einfa­chen Oberko­che­ner »Bürger und Branten­wein­bren­ner Melchi­or Schnei­der« einen Bürger­meis­ter Melchi­or Schnei­der« gemacht. Denje­ni­gen, die der deutschen Schrift mächtig sind, wird dies aufge­fal­len sein.

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