Jubiläum. Für meinen 200sten Bericht wollte ich etwas Besonderes machen. Und da hat mir „Schreiberle“ Joachim Fischer aus Backnang kräftig geholfen, nachdem mein Heimatverein nicht weiß, wo sich die Bantel’schen Unterlagen zu diesem Thema befinden. Danke – ohne ihn wäre das nicht möglich gewesen.

1906: Gesamtansicht Oberkochen (Archiv Müller)
Bilder. Die Bilder sind natürlich nicht von 1830, sondern aus späteren Jahren, denn um diese Zeit herum wurde die Fotografie erst entwickelt: Ab etwa 1815 begann der reiche Advokat Joseph Nicéphore Niépce sich mit der Lithografie zu beschäftigen. Mit seinem von ihm selbst als Heliographie bezeichneten Verfahren gelang ihm 1822 eine Direktkopie eines Lithografie-Porträts auf einer asphaltbeschichteten Zinnplatte, welche nach Auflösen der unbelichteten Asphalt-Partien mit Lavendelöl graviert wurde und so vervielfältigt werden konnte. Parallel dazu versuchte er bereits seit 1816 mit der „Camera obscura“ Positivbilder auf verschiedenen Materialien herzustellen.
Vorwort von Bürgermeister Peter Traub:
„Die kartographische Erfassung und Vermessung Neuwürttembergs war eine Folge der napoleonischen Säkularisation (Beseitigung kirchlicher Herrschaftsgebiete, wie z.B. der Fürstpropstei Ellwangen), Mediatisierung (Beseitigung kleiner weltlicher Herrschaften, wie z.B. der Freien Reichsstädte) und des Pressburger Friedens. All diese Gebiete wurden damals dem Königreich Württemberg zugeschlagen, und das neue Württemberg musste daher neu kartographiert werden.
Die darauf basierenden Ur-Karten sind in ihrer Bedeutung und Wichtigkeit nicht zu unterschätzen, denn sie bildeten zum einen eine gesicherte Grundlage für den Schutz des Eigentums (heute ein Grundrecht in Artikel 14 unseres Grundgesetzes) und für das gesamte Eigentumsrecht. Zum anderen aber, und das ist das Wesentliche, ermöglichten sie erstmals eine geordnete bauliche Entwicklung der Städte und Gemeinden, die bis dahin eher „organisch“ gewachsen waren bzw. bebaut wurden. Die Ur-Karten und die darauf beruhenden Gesetze, wie z.B. das damalige Fluchtliniengesetz, ermöglichten eine städtebauliche Planung und Entwicklung, die auch Ausdruck der neuen kommunalen Selbstverwaltung war, die ebenfalls Ergebnis der politischen Entwicklungen im 19.Jahrhundert und der Neuordnung des europäischen Kontinents durch Napoleon war.
Später entstanden daraus Orts- und Bebauungspläne, ohne die eine geordnete städtebauliche Entwicklung heute undenkbar wäre. Dies galt auch für die im späten 19. Jahrhundert einsetzende Industrialisierung in Württemberg und in ganz Deutschland. Letztlich beruhen die modernen Bebauungspläne noch immer auf den Ur-Karten, die noch heute bei bestimmten erschließungsbeitragsrechtlichen Grenzfragen eine Rolle spielen (Stichwort: historische Straßen, die erschließungsbeitragsfrei sind). Auch die Entwicklung Oberkochens zum Industrie- und modernen Wirtschaftsstandort wäre ohne diese Voraussetzungen so kaum möglich gewesen.
Ich danke Wilfried Müller, dass er dieses Thema zum Gegenstand des 200. Heimatberichts für unser Amtsblatt gemacht hat. Und dass darin ein Stück der Oberkochener Identität liegt, belegt sein nachfolgender Bericht.“

älteste Aufnahme von Oberkochen; Blick über alte Ziegelei und Anfänge Leitz zum Ort hin (Archiv Müller)
Intro. Für alle, die es nicht wissen, früher gab es kein Baden-Württemberg und 1830, in dem Jahr, um das es hier gehen soll, gab es drei Länder, die später einmal zu Baden-Württemberg werden sollten:
Württemberg, Baden, und Hohenzollern — Staaten im Südwesten
Das Bundesland Baden-Württemberg gibt es erst seit dem Jahr 1952. Historische Vorläufer waren drei Staaten: Württemberg, Baden und Hohenzollern (ein preußischer Regierungsbezirk außerhalb „der preußischen Kernlande“).
Die Bundesländer, die wir heute kennen, gehen auf eine Tradition kleinerer Staaten im deutschsprachigen Raum zurück. Bis ins späte 19. Jahrhundert hinein gab es kein „Deutschland“, zumindest nicht als einheitlichen Staat. Stattdessen existierte eine Vielzahl an Monarchien und Fürstentümern, die politisch unabhängig und nur locker verbunden waren. Das 1871 gegründete Wilhelminische Kaiserreich fasste viele (nicht alle) dieser mitteleuropäischen Staaten zu einem deutschen Nationalstaat zusammen. Die Regierung blieb jedoch föderal organisiert, und viele politische Strukturen und Entscheidungsprozesse verblieben in Verantwortung der einzelnen Bundesstaaten. Diese Tradition zog sich auch durch die Weimarer Republik, und das föderale System der Bundesrepublik knüpfte bewusst daran an.
Die Verwaltung der Länder in der NS-Zeit
Die nationalsozialistische Führung zentralisierte im Zuge der Gleichschaltung die ehemals föderale Verwaltung. Die Gebiete Württemberg, Hohenzollern und Baden, das von 1940 bis 1945 auch das besetzte Elsass umfasste, waren seit 1934 unmittelbar der Reichsregierung unterstellte Verwaltungsbezirke.
Diese drei Länder waren während der NS-Zeit zwar nicht mehr so selbständig wie zuvor. Doch blieben die praktische Umsetzung der Verwaltung, die Polizei und die Gerichte – und damit auch die Verfolgung und Repression von LSBTTIQ *** – in großen Teilen Aufgabe der Kommunen und Länder. So wurde die nationalsozialistische Herrschaft trotz der Gleichschaltung zu beträchtlichen Teilen auf Länderebene durchgesetzt.
*** Dieses Abkürzungsungeheuer bedeutet „Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transsexuelle, Transgender, Intersexuelle und Queers“ und stammt aus diesem Jahrhundert.
Neuordnung der Länder in der Nachkriegszeit und der Bundesrepublik
Nach Ende der NS-Herrschaft gliederten die Alliierten die südwestdeutsche Region in die Länder Süd-Baden, Württemberg-Hohenzollern (beide französische Besatzungszone) und Württemberg-Baden (US-amerikanische Besatzungszone). Der Staat Preußen wurde 1947 aufgelöst, womit Hohenzollern den Status als eigenständiges Gebiet verlor. Daher beziehen sich Verweise auf Hohenzollern hier immer nur auf die NS-Zeit, nicht mehr auf die Bundesrepublik. 1952 wurden Süd-Baden, Württemberg-Hohenzollern und Württemberg-Baden auf Grundlage eines Volksentscheids zum Bundesland Baden-Württemberg zusammengefasst, das bis heute besteht. In der föderal strukturierten Bundesrepublik Deutschland erhielten die einzelnen Bundesländer ihre politische Teilsouveränität zurück.
Kurios: Im Jahre 1970 durften die Badener noch einmal darüber abstimmen, ob sie im fusionierten Bundesland bleiben oder wieder selbstständig werden wollten, nachdem der südbadische „Heimatbund Badenerland“ gegen den Volksentscheid von 1952 vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt und 1956 sogar recht bekommen hatte. 14 Jahre später wurde der Weg für einen zweiten Volksentscheid geebnet, doch das Ergebnis war ernüchternd für die Südbadener. Über 80 Prozent votierten für den Verbleib im prosperierenden Bundesland Baden-Württemberg.
Die Welt im Jahr 1830
Gerade erst hatte Papst Pius VIII. (1761−1830) im Vorjahr den Papstthron bestiegen, da war es mit ihm auch schon zu Ende. Sein Gesundheitszustand, der schon bei der Wahl zum Kirchenoberhaupt sehr schlecht gewesen war, hatte sich nicht gebessert. Er starb am 30. November 1830. Trotz der kurzen Amtszeit gilt er als einer der modernsten Päpste des 19. Jahrhunderts. Ausgeglichenheit und gute diplomatische Fähigkeiten hatten sein Wirken ausgezeichnet und zudem noch seine politische Weitsicht, mit der er die Julirevolution von 1830 in Frankreich akzeptiert hatte. Pius VIII. hatte gegen den Widerstand der Kurie und der französischen Legitimisten sein Einverständnis mit der parlamentarischen Regierungsform unter „Bürgerkönig“ Louis-Philip I. (1773−1850) gezeigt und ihm zugestanden, den Ehrentitel „Roi Très Chretien“ („Allerchristlichster König“) zu führen, der traditionell mit den französischen Königen verbunden war. Ein neuer Papst konnte vor Jahresende nicht gewählt werden. Das Konklave dauerte bis in den Februar 1831 hinein. In Algerien begann die Eroberung des Landes durch die französischen Truppen, die am 14. Juni 1830 landeten und unter dem Befehl des Comte de Bourmont (1773−1846) standen. Bourmont richtete seinen Eroberungszug zuerst gegen Algier. Die französischen Truppen nahmen die Stadt am 5. Juli ein und gingen dann zur weiteren Eroberung des Landes über. Ausgelöst worden war diese Invasion durch die Affäre „Der Schlag mit dem Fliegenwedel“ im Jahr 1827, einem diplomatischen Affront. In Frankreich selbst war es auch nicht friedlich. In Paris hatte am 27. Juli die Julirevolution begonnen, in der sich das Bürgertum gegen die reaktionäre Politik Karl X. (1757−1836) auflehnte und den Monarchen stürzte. Am 9. August 1830 nahm der Herzog von Orléans als Louis-Philippe I. (1773−1850) die Königskrone von Frankreich an und nannte sich „König der Franzosen“. Die französische Julirevolution hatte für andere Länder eine Vorbildfunktion. Ihr folgten Aufstände in ganz Europa und damit riesige Flüchtlingsströme. Auch in Deutschland kam es zu Aufständen. In Braunschweig wurde Herzog Karl II. (1804−1873) vertrieben. Der floh am selben Tag aus der Stadt, konnte sich in Braunschweig bis zu seinem Lebensende nicht mehr etablieren, machte sich aber im Exil einen Namen als Amateur-Schachspieler. In Berlin brach im September 1830 die Schneider-Revolution aus. Politisch motivierte Massenversammlungen waren an der Tagesordnung, die die Forderung nach Freiheit und Gleichheit untermauerten und die unter Militäreinsatz blutig niedergeschlagen wurden. Die Bevölkerung, die zunehmend politisiert wurde, war damit auch nicht endgültig zur Ruhe gebracht worden. Die Unruhen gärten weiter. Im belgischen Brüssel führte ein Aufstand im Oktober dazu, dass sich Belgien für unabhängig von den Niederlanden erklärte. Und die Großmächte der „Londoner Protokolle“ erkannten im Dezember die belgische Unabhängigkeit an. Sie verlangten allerdings die strikte Einhaltung der Neutralität des Landes. Dem Beispiel der französischen Julirevolution folgte auch Polen. In dessen Hauptstadt Warschau begann der polnische Novemberaufstand, der sich gegen die russische Herrschaft richtete. Die russischen Truppen waren derart überrascht von dem Aufbegehren, dass sie sich umgehend aus Polen zurückzogen. Ein berühmtes Zeugnis der Julirevolution schuf der französische Maler Eugène Delacroix (1798−1863) mit seinem Gemälde „Die Freiheit führt das Volk“.
Intermezzo. Wir sehen, dass das doch eine besondere Zeit mit vielen Umbrüchen war. Und daher ist es auch nicht verwunderlich, dass in dieser Zeit die erste kartografische Vermessung stattfand.

ältester Plan von Oberkochen; da zusammengefügt gibt es einen kleinen Knick (Archiv Müller)
Wie kam es nun zu unserer Ur-Karte von 1830? Als Folge der Umwälzungen der napoleonischen Zeit hatte sich das 1806 zum Königreich erhobene Land Württemberg bis zum Jahr 1810 auf 19.514 km² vergrößert, also gut das Doppelte der Fläche von 1801. Entsprechend der Vielzahl früherer Herrschaften gab es in den verschiedenen Landesteilen in Umfang, Aufbau und Genauigkeit höchst unterschiedliche Grundstücksverzeichnisse. Diese – zumeist als Güter‑, Lager- oder Steuerbücher bezeichnet – erfüllten zwei Zwecke:
- Einerseits dienten sie (als Vorläufer des heutigen Grundbuchs) dazu, alle mit den Grundstücken verknüpften Rechtsgeschäfte (Verkauf, Verpfändung, Grunddienstbarkeiten) einzutragen und
- andererseits bildeten sie ein wichtiges Hilfsmittel für die Erhebung der Grundsteuer. Um die Steuer nicht willkürlich, sondern nach einem nachvollziehbaren System, beruhend auf Größe, Nutzung und Ertragswert der Grundstücke, festsetzen zu können, mussten die Bücher vereinheitlicht und alle Flächen genau vermessen werden.
- Weitere Anwendungen der Vermessung hatte man im damals vorwiegend von der Landwirtschaft geprägten Königreich noch nicht im Sinn; sie sollten aber bald an Bedeutung gewinnen (Straßen- und Wasserbau, Eisenbahnbau ab 1845).
Württembergische Landesvermessung 1818 — 1840
König Wilhelm I. ordnete die Landesvermessung per Dekret am 25. Mai 1818 an, mit dem Ziel, Württemberg in ein modernes Staatswesen umzugestalten. Hauptargument für die genaue Vermessung, in der
- Feld für Feld,
- Haus für Haus und
- Weg für Weg
erfasst wurde, war insbesondere die Schaffung einer Grundlage für die einheitliche Besteuerung des Grundeigentums. Dies war damals die wichtigste Geldquelle, um notwendige Reformen finanzieren zu können.

1830: Tübingen Hirschgasse (Wikipedia)
Somit fiel in Tübingen der Startschuss für die Vermessung des Königreichs Württemberg und für den Aufbau eines Liegenschaftskatasters. Dabei wurden gemarkungsweise, zur Ergänzung der Flurkarten, Primärkataster angelegt, die in Buchform tabellarisch Informationen über alle Gebäude, die bebauten Parzellen, Feldgüter, Wege und Gewässer führten. Ihren Abschluss fand die Landesvermessung am 1. Juli 1840 in Tübingen. Insgesamt wurden über 5 Millionen Flurstücke im Rahmen der Landesvermessung erfasst und 15.572 Flurkarten sowie 304 Ortspläne in dieser Zeit angefertigt. Die Kosten lagen bei 3,8 Mio. Gulden was rund 40% des Jahresetats des damaligen Königreiches entsprach!
Ostalbmap. Die Flurkarten entstanden (im Originalmaßstab 1:2.500) durch Kartierung der Vermessungsergebnisse und bilden flächendeckend sämtliche Liegenschaften (alle Gebäude und Grundstücke) des damaligen Königreichs Württemberg ab. Diese werden daher meist als Ur-Karten bezeichnet. In der „ostalbmap“
Ostalbmap — Herzlich willkommen
können die rund 1.300 Flurkarten des Ostalbkreises eingesehen und mit den heutigen Verhältnissen verglichen werden. Die Ur-Karten sind bei Heimatforschern sehr beliebt und auch für Altlastenerkundungen, Ingenieurgutachten oder bei denkmalpflegerischen Fragen werden sie noch heute zu Rate gezogen.
Die KI gibt auf die Frage „Wie war das Leben im Jahr 1830 in Oberkochen“ wie folgt Auskunft:
„Im Jahr 1830 war das Leben in Oberkochen stark von der Landwirtschaft geprägt. Die meisten Menschen lebten von der Landwirtschaft und kleineren Handwerksbetrieben, wie z.B. den Eisenwerken. Das Dorf war recht klein, mit etwa 600 Einwohnern, und die Gemeinschaft war eng zusammen. Die Infrastruktur war einfach, und viele Häuser waren aus Holz oder Stein gebaut. Es gab zwei Schulen, eine katholische und eine evangelische, was die religiöse Spaltung der Bevölkerung widerspiegelte. Das tägliche Leben war hart und von der Natur abhängig, aber die natürliche Schönheit der Umgebung und die Wasserressourcen boten gute Lebensbedingungen.“
(KI weiß fast alles richtig bis auf die Eisenwerke und die religiöse Orts-Trennung, die damals schon aufgehoben war und doch bestanden weiterhin zwei konfessionelle Schulen.)
Bevor es los geht. Ich habe es mir im Laufe der Jahrzehnte angewöhnt, hin und wieder an die Menschen zurückzudenken, die einst durch die Straßen und Gassen gingen, durch die ich gerade laufe – sei es in Oberkochen oder in Zürich oder sonst wo auf der Welt. Hier bei uns, betrifft das speziell das alte Oberkochen: Die Langgass‘, die Kirchgass‘ d‘ Katzabach ond s ontere Dreißadal sowie dr Brunkel und d‘ Roasch. Also aufgepasst, wir begegnen jetzt Menschen, die vor 195 Jahren hier ihre Tage verbrachten und ihre Zeit auf unseren Friedhöfen auch schon lange hinter sich haben. Und wenn wir sie treffen, sagen wir nicht „Hallo oder glei gar nix“, sondern GRÜß GOTT (wie sich’s gheert) und fragen sie „wie’s mit der Arbeit isch ond wie’s dr Familie geht“.
Fakten: Es gab 130 Häuser und 630 Einwohner, die sich auf rund 20 durchnummerierten Ortswegen verteilten (1620 gab es 600 EW, nach dem 30jährigen Krieg, im Jahr 1648, gab es nur noch 100 EW).
Und wie sah die kleine Welt im Jahr 1830 in Oberkochen aus?
Der Bürgermeister hieß immer noch Caspar Scheerer, wie schon zu Zeiten des geteilten Dorfes, der aber bald wegen Differenzen „mit dem württembergischen Bürokratismus“ zurücktreten wird
- Ein Rathaus gab es noch nicht und
- die Schulen waren nach Konfessionen getrennt.
- Die Pfarrer waren Franz Josef Lauth (kath.) und Johann Christian Hornberger (evang.).
- An der katholischen Schule (im heutigen Edith-Stein-Haus) lehrte Anton Balluff und
- in der evangelischen Schule*** (vermutlich Ecke Aalener Straße / Bürgermeister-Bosch-Straße) ging es drunter und drüber. Lehrer kamen und gingen und die Besoldung war knapp.
*** Erst viele Jahre später finden wir das ev. Schulhaus im heutigen Heimatmuseum. - Dazu gab es einen Polizei-Diener und
- über allem wachte das Oberamt Aalen.
Die sog. Ur-Karte aus dem Jahr 1830 zeigt anschaulich, welche Häuser es damals gab und eine Liste, die mir vom „Schreiberle“ Joachim Fischer aus Backnang zugespielt wurde, macht ersichtlich, wie die Eigentümer hießen und was sie von Beruf waren. Die Karte wurde von dem ehemaligen (zu früh verstorbenen) Oberkochener Eugen Trittler gezeichnet, der später in Unterschneidheim wohnte, weil er im dortigen Zweigwerk von LEITZ Konstruktionschef war. Die Karte und die Namen basieren auf Recherche-Arbeiten im Aalener Liegenschaftsamt, die vom „Schreiberle“ Joachim Fischer aus Backnang engagiert durchgeführt wurden.
PS: Es gab und gibt einige Unklarheiten, was den Abgleich der Karten und der Tabelle betrifft. Diese ließen sich aber nicht ausräumen – so leben wir damit.
Mit diesen Plänen kann sich jetzt jeder selbst mal auf die Suche machen und schauen, was da heute für Häuser stehen. Betrachten wir es auch als einen Vorschlag zu einem besonderen Spaziergang durch unsere Gemeinde (daraus könnte der Heimatverein auch ein neues Such-Spiel für das Ferienprogramm entwickeln):

Planausschnitt 1: Ur-Karte von 1830: Langgaß‘ – heute Heidenheimer Straße (Archiv Müller)
Beginnen wir mit Plan-Ausschnitt 1, der die Gebäude 1 bis 26 sowie 108 bis 126 beinhaltet:
Geb. | Nachname | Vorname | Beruf | |
---|---|---|---|---|
1 | Kopp | Martin | Schuhmacher | |
1 | Kopp | Johannes Georg | ||
2 | Wengert | Johannes | Maurer | |
2 | Kopp | Anton | Hafner | |
3 | Wellnagel | Melchior | Amtsbote | |
4 | Mühlberger | Martin | Taglöhner | |
005a | Traub | Martin | Taglöhner | |
005b | Gold | NN | Schulmeister | |
6 | Brandstetter | Josef | Weber | |
7 | Wiedenhöfer | Martin | Weber | |
8 | Hirsch | Johann Georg | Schuhmacher | |
8 | Zöschmann | Joachim | Bergmann | |
9 | Zenk | Johann Georg | Schneider | |
10 | Bäuerle | Johann Georg | ||
011a | Bassler | Michael | Schäfer | |
011b | Schuhmacher | Martin | Gemeinderath | |
12 | Brunnhuber | Johann Georg | Maurer | |
13 | Gold | Michael | Bauer | |
14 | Grupp | Johann (?) Michael | Bauer | |
15 | Hofmann | Johann Georg | Taglöhner | |
16 | Stöckle | Josef | Hafner | |
17 | Maier | Sigmund Jonathan | Schultheiß (1830−1849) | |
018a | Gold | Michael | Bauer | |
018b | Späth | Melchior | Bergmann | |
018b | Späth | Matthäus | Bergmann | |
019a | Hecker | Melchior | Taglöhner | |
019b | Bitz | Joh. Melchior | Schullehrer | |
20 | Beiswanger | Christoph | Bauer | |
020a | Scherer | Gottlob | Söldner | |
21 | Joos | Ludwig | Schmied | |
22 | Forsthaus | |||
23 | Merz | Heinrich | Bergmann | |
023a | Widmann | Joh. Jakob | Schuhmacher | |
24 | Fritz | Bernhard | ||
24 | Bäuerle | Johann | Fuhrknecht | |
024a | Brunnhuber jr. | Sebastian | Maurer | |
25 | Fischer | Johannes | Hafner | |
26 | Wiedenhöfer | Matthäus | Flurschütz (Bilzhannes) |

Heidenheimer Straße rechte Seite; heutige Hausnummern 10 bis 16 (Archiv Müller)
Beispiel im Detail und im Vergleich zu früher, ganz früher und heute die Gebäude 24 bis 26
Beschreibung zum Bild:
0 – Zaun zum vorgelagerten Garte des „Storchenbecks“ Widmann in der Heidenheimer Straße 6 (heute Cigdem Kebap Pizza Haus)
1 – (Gebäude 026) Das erste Rathaus mit der Fahnenstange über dem Eingang. Vor dem Haus vermutlich der Amtsbüttel. Hinter dem großen Scheunentor stand das Fahrzeug der Freiwilligen Feuerwehr. Rechts daneben hängt der Aushang-Kasten für Bekanntmachungen. Im Giebel erkennt man den Ausleger, an welchem die Feuerwehrschläuche hochgezogen wurden (Später Oberkochener Bank, heute Aalener Volksbank Hausnummer 10).
2 – (Gebäude 025) Haus des „Herrgottbeck“ Johannes Niklas Fischer, später „Herrgottshäfner“ Winter / Fischer. Das Gebäude wurde am 11. April 1945 durch eine Bombe zerstört, dabei kamen 8 Menschen ums Leben (Heute Hausnummer 12)
3 – (Gebäude 024 und 024a) In diesem Doppelhaus, das bei o.g. Bombenangriff ebenfalls zum größten Teil zerstört wurde, lebten einst zum einen Joseph Brunnhuber und zum anderen der Metzger Johannes Betzler (1855−1940). Der Rest stürzte im Sommer 1945 vollends ein (Heute unbebaut und Zugang zum dahinterliegenden Boarding- oder Gästehaus; deshalb fehlt die Haus Nr. 14).
4 – Einst stand hier das Rössle, im Jahr 1830, war das Grundstück nach unbebaut (Heute Kochertal-Apotheke Haus Nr. 16)).
Geb. | Nachname | Vorname | Beruf |
---|---|---|---|
108 | Deeg | Josef | Schmied |
109 | Staud | Josef | Gassenwirt |
110 | Gold sen. | Michael | Bauer |
111 | Bezler | Johannes | Metzger |
112 | Bek | Josef | Krämer |
113 | Weber | Josef | Söldner |
114 | Kauffmann | Michael | Schuhmacher |
114a | Hug | Josef | Schreiner |
115a | Bezler | Franz | Wagner |
115b | Grupp | Josef | Bauer |
116a | Schneider | Johannes | |
116b | Häcker | Joachim | Taglöhner |
117 | Bezler | Josef | Bauer |
118 | Häcker | Ulrich | Söldner |
119 | Balle | Michael | Bauer |
120 | Schmid | Jakob | Bauer |
121a | Münder | Josef | Bauer |
122 | Linder | Josef | Obermüller |
122 | Linder | Franz Anton | |
123 | Veil | Jakob | Bauer |
124 | Kolb | Balthes | |
124 | Schmid | Hans | Taglöhner |
125 | Wenghofer | Franz Anton | Pottaschesieder |
126 | Kieninger | Michael | Ölmüller |

Planausschnitt 2: Ur-Karte von 1830: heutige Katzenbachstraße und Aalener Straße (Archiv Müller)

Gebäude 65: Der ganz alte „Ochsen“, als er noch „Goldener Ochsen“ hieß (Archiv Müller)
Es folgt Plan-Ausschnitt 2, der die Gebäude 27 bis 75 sowie 81 bis 107 beinhaltet:
Gebäude | Nachname | Vorname | Beruf |
---|---|---|---|
27 | Linder | Anton | Obermüller |
28 | Starz | Ludwig | Taglöhner |
29 | Schaupp | Michael | Bäcker |
030a | Fuchs | Johannes | Hirsch-Wirt |
030b | Fuchs | Johannes | Hirsch-Wirt |
31 | Schaub (?) | Josef | Bauer |
32 | Balle | Franz Jakob | Bauer |
33 | Baumgärtner | Balt. | Küfer |
34 | Barth | Melchior | Söldner |
35 | Balle jun. | Jakob | Bauer |
36 | Schübel | Johann | Küfer |
37 | Scherr | Simpert | Wagner |
38 | Holz | Josef | Wagner |
39 | Weber | Josef | Bauer |
40 | Scherr | Adam | Schultheiß + Bauer (bisher unbekannt) |
41 | Scheerer jr. | Georg Adam | Bauer |
42 | Kopp | Johann Georg | Bergmann |
43 | Wirth | Balthes | |
44 | Grupp jr. | Joachim | Bauer |
44 | Gold | Sebastian | |
45 | Honold | Ulrich | Bauer |
46 | Mühlberger | Balthes | Zimmermann |
47 | Wiedenhöfer | Melchior | Weber |
48 | Merz | Johann | Dreher |
49 | Maier | Christoph | Söldner |
50 | Hug | Michael | Hafner |
51 | Deininger | Michael | Taglöhner |
52 | Kopp | Franz | Taglöhner |
53 | Sapper | Conrad | Hafner |
54 | Grupp | Melchior | Bauer |
55 | Grupp | Melchior | Bauer |
56 | Veil | Josef | Ochsenbauer |
57 | Schmid | Dorothea | ledig |
58 | Bäuerle | Christoph | Schmied |
59 | Brandstetter | Franz Anton | |
060a | Beiswanger | Jakob | Schneider |
060b | Scheerer | Caspar | Schultheiß (1803−1809 / 1809–1830) |
61 | Zehendscheuer + Spritzenhaus | ||
062a | Bezler | Johann | Wegknecht+Waagknecht |
062b | Deininger | Michael | Maurer |
63 | Friz | Josef | Maurer |
64 | Seitz | Heinrich | Krämer |
65 | Schmid | Matthäus | Ochsen-Wirt |
66 | Meck | Christoph | Bauer |
67 | Schmid | Michael | Hufschmied |
68 | Grupp jr. | Johann | Bauer |
69 | Grupp jr. | Johann | Bauer |
70 | Winter | Xaver | Schäfbauer |
71 | Wengert | Josef Anton | |
72 | Pfarrhaus kath. | ||
73 | Wiedmann | Melchior | Weber |
074a | Wiedenhöfer | Jakob | Weber |
074b | Wengert | Franz Anton | Maurer |
75 | Burr | Johann Georg | Bäcker |
81 | Gold | Josef | Wegknecht |
82 | Hefele | Josef | |
83 | Brunnhuber | Josef | Maurer |
84 | Zoschmann | Johannes | Bauer |
85 | Wiedmann | Caspar | Bauer |
86 | Junginger | Caspar | Waldschütz |
87 | Kopp | Sebastian | Taglöhner |
088a | Fritz | Josef | Küfer |
088a | Grupp | Georg | Bauer |
088b | Friz | Josef | Küfer |
89 | Friz | Franz Anton | Schneider |
90 | Bössner | Johann | Schuhmacher |
91 | Mahler | Johannes | Gärtner |
92 | Dölker | Matthäus | Zimmermann |
93 | Armenhaus | ||
94 | Gefängnis | ||
95 | Stadelmaier | Josef | Untermüller |
96 | Vogt | Josef | Weber |
97 | Fischer | Sebastian | Bauer |
98 | Maier | Jonatan | Schultheiß (ident wie unter Geb. 17?) |
99 | Hug | Josef | Hafner |
100a | Uhl | Xaver | Taglöhner |
100b | Bezler | Franz | Küfer |
101a | Veil | Josef | Karlesbauer |
102 | Schulhaus kath. | ||
103 | Fuchs | Johann | Hirschwirt |
104 | Fuchs | Johann | Hirschwirt |
105 | Kirche + Pfarrhaus ev. | ||
106 | Grupp | Johann | Bauer |
107 | Müller | Josef | Mühlknecht |

Von Gebäude 104 und 106 eingerahmt: 1857: Die alte evang. Kirche und das dazugehörige Pfarrhaus (Archiv Müller)

vor 1900: Die alte katholische Kirche St. Peter und Paul (Archiv Müller)

Planausschnitt 3: Ur-Karte von 1830: heutige Katzenbachstraße und Aalener Straße (Archiv Müller)
Abschließend folgt Plan-Ausschnitt 3, der die Gebäude 76 bis 80 beinhaltet:
Gebäude | Name | Vorname | Beruf |
---|---|---|---|
076 | Müller | Johann | Bauer |
077 | Schule ev. | ||
078 | Schaupp | Franz | Wegknecht |
079 | Drittler | Georg | Weber |
080 | Friz | Josef Anton | Küfer |

1912: Noch eine ländliche Dorfmitte (Archiv Müller)
Verbleiben noch die rund 20 Ortswege. Früher gab es nur Ortswege und Häuser, die durchnummeriert wurden.
- 01 Langgass‘ (heute Heidenheimer Straße)
- 02 Kirchgass‘ (heute Aalener Straße)
- 03 Katzenbachstraße
- 04 Feigengasse
- 05 unterer Teil der Dreißentalstraße
- 06 Weg zwischen Consilio (Golda-Bauer) und Haus Möhrle (früher Napoleon)
- 07 Hasengässle
- 08 unbekannt
- 09 Albert-Bäuerle-Straße
- 10 Weg zwischen Oberer Mühle und Kocherkanal
- 11 Weg entlang des Kochers
- 12 Weg zwischen Optiker und Kaufmann am alten Huga-Schreiner vorbei zum Kocher
- 13 unbekannt
- 14 heutige Mühlstraße zwischen kath. Kirche und Heimatmuseum II (früher Haus Hohentwiel)
- 15 heutige Mühlstraße zwischen Mühlenscheuer und Kocherbrücke
- 16 heutige Mühlstraße im Bereich des früheren Armenhauses, heute steht dort das Haus Hubert Glaser
- 17 heutige Mühlstraße vom Haus Bäuerle hoch Richtung Aalener Straße (wo früher die Tankstelle auf dem heutigen leeren Platz stand und heute manchmal der Göckeles-Verkäufer steht
- 18 der steilste Teil der heutigen Mühlstraße, vorbei am früheren Haus des Oberamtsmann Feil bis zur Arztpraxis hinauf
- 19 heutige Mühlstraße vor dem Haus Bäuerle
- 20 entspricht dem heutigen Pflug-Gässle (hier wohnte im Gebäude 57 einst unser Deutscher Meister im Ski-Langlauf Karl Lense)
- XX Die heutige Wacholdersteige zwischen Zimmerei Brunnhuber und Leitz war früher ebenfalls ein Ortsweg vzw. Vizinalweg, der zur Schlaggenwäsche am Ölweiher führte.
So, des Gschäft wär‘ gschafft. Ich denke, dass das ein wichtiger Bericht ist, und ich würde mich sakrisch freuen, wenn ich demnächst den einen oder die andere mit diesen Plänen durch Oberkochen herumirren sehe, um das Geschriebene vor Ort zu betrachten. Viel Spaß dabei.
PS: Wenn ich mir Karten so anschaue, könnte ich mir vorstellen auf der kommenden neuen Website des Heimatvereins eine interaktive Karte zu installieren und mit Bildern der Häuser aus späteren Jahren aus den Archiven „Wilfried Müller“ und „Wilhelm Schönherr“ zu verlinken. Da hat der „Stefan Müller“ bestimmt eine Lösung.
Es grüßt von seinem Rundgang über die alten Ortswege der „Billie vom Sonnenberg“