Jetzt lassen wir den „Bua vom Dreiß­ad­aal“, den Metza-Hermann, nochmal durch sein altes Oberko­chen streifen.

Wo kauften die Oberko­che­ner ein? Ein kurzge­fass­ter Rundgang durchs Dorf Anfang der 50er Jahre.

Ich gehe von der hinte­ren Dreißen­tal­stra­ße aus firre ens Dorf, durch­strei­fe d´ Hoednamr und d´Aolamr Straoß. Von dort aus halte ich Ausschau nach eventu­ell verstreu­ten Lebens­mit­tel­händ­lern, die nicht an der Haupt­stra­ße lagen. Aller­dings werde ich ins Schleu­dern kommen, sollte jemand zeitli­che Zusam­men­hän­ge auf meinem Streif­zug anzwei­feln. Ecke Dreißen­tal- und Sperber­st­a­ße. Dort eröff­ne­te 1957 José Sogas einen EDEKA-Laden. In dem Einfa­mi­li­en­haus wohnte zuvor die Familie Schramm, die sich dann aber die Villa oben an der Volkmars­berg­stra­ße leiste­te. Die Leute erzähl­ten, der „Sogas“ komme aus Aalen, wo er Südfrüch­te verkaufte.

(Billie: Das war so. José war anfangs bei seinem Vater im „Spani­schen Garten“ beschäf­tigt, bis er sich mit Lydia selbstän­dig machte. Josés Bruder Juan half dem Vater, dieser 1958 starb und führte das Geschäft dann noch bis 1962 weiter. Der Schrift­zug ist heute noch am Haus „am Markt­platz 20“ zu lesen).

Jose Sogas bei seinem Vater in Aalen im Haus „Spani­scher Garten“ der erste Anbie­ter von Südfrüch­ten in Aalen) – ist heute noch an der Fassa­de­an­ge­schrie­ben (Archiv Müller)

In Oberko­chen hatte er um 1950 herum in der Heiden­hei­mer Straße, bei Hägeles, Fuß gefasst. In der Lerchen­stra­ße gab es linker Hand auf halber Höhe einen kleinen, wegen der vielen Stufen schier unzugäng­li­chen Laden, die Kondi­to­rei „Fleury“. (Der Name schien ein franzö­si­scher zu sein, weswe­gen man ihn wie Flöri hätte ausspre­chen müssen. Weil es aber für das schwä­bi­sche Maul (besser: für die schwä­bi­sche Gosch) — mindes­tens noch in den 50er Jahren — eine Zumutung war, ein „ö“ zu formen, musste sich unser Kondi­tor mit „Herr Fleeri“ zufrie­den­ge­ben). An der Ecke rechts in den Finken­weg hinein eröff­ne­te, ebenfalls Anfang 1950, die Frau Meroth einen Laden. Im Finken­weg selbst hat irgend­wann der Herr Reber in seinem Einfa­mi­li­en­haus eine Metzge­rei aus dem Keller gestampft. Die Volkmars­berg­stra­ße hinauf bot niemand etwas Essba­res an. Aber an der Einmün­dung der Volkmars­berg­stra­ße in die Dreißen­tal­stra­ße wurde uns en Gentners Wäsch­kich Milch in die mitge­brach­te Blech­kan­ne geschöpft. Die Milch bezogen sie aus dem Milch­heis­le am Kocher unten.

Das Lebens­mit­tel­ge­schäft vom Gruppa-Heiner in der Dreißen­tal­stra­ße 31 – (Archiv Müller)

Nach Gentners, an der Ecke Meisen­gas­se, hatte die Frau Gruppahei­ner, Frau des Heinrich Grupp, das Monopol für die Versor­gung des Dreißen­tals inne. Wenn ich mich nicht irre, war über der Laden­tür »Koloni­al­wa­ren« zu lesen. Weiter unten, links oben am Turmweg, oberhalb des Cafés Gold, betrieb die Frau „Schrei­ber­le“ Fischer einen Laden, aber mir ist entfal­len, ob es da etwas zu mampfen gab. Rudolf und ich send mitnan­dr en de gleich Klass ganga. Ich glaube, er war es, der dem oberschle­si­schen Lehrer Menzel die Geschich­te mit am Briga­la bägga erzähl­te, bei dem der Mann aus dem Osten die Hände über dem Kopf zusam­men­schlug, weil sich ihm der Sinn des schwä­bi­schen Tuns nicht erschloss. Wir sind jetzt am „Rössle“ ganz unten in der Haupt­stra­ße angelangt und schla­gen den Weg nach rechts ein, in die Heiden­hei­mer Straße. Gegen­über der Dreißen­tal­stra­ße dem Kocher zu, war das Milch­häus­le, die Molke, wo die Bauern ihre Milch ablie­fer­ten und die kuhlo­sen Bürger sie sofort kauften. Im Kies, rechter Hand, gab es den Emil Kopp, auch er ein Koloni­al­wa­ren-Händler. Durch das schma­le Gässle am Kopp vorbei kam man zum Wannen­wetsch, dem Bäcker. Fleisch gab es immer­hin auf der gegen­über liegen­den Seite der Heiden­hei­mer Straße, in der Metzge­rei, die zur Wirtschaft „Grüner Baum“ gehör­te. (Dort habe ich an Silves­ter 1948, im zarten Alter von 10 Jahren, a Fässle Bier auslaufa lassa. Frau Betz, die Besit­ze­rin, hat mir deswe­gen den wenig schmei­chel­haf­ten Titel »vrwahr­lo­astr Kerl« verpasst und sich nicht zurück­hal­ten können, meiner verschreck­ten Mutter die Polizei ins Haus zu schicken). Die Bewoh­ner der Heiden­hei­mer Straße wurden, brauch­ten sie ebbas fir´s Midda­ges­sa, mehr oder weniger zum Gang in die besser ausge­stat­te­te Aalener Straße gezwun­gen. Dort gab es gleich links nach dem Rathaus den „Storcha­beck“.

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Im „Lamm“-Gebäude befand sich rechts unten die Metzge­rei Karl Reber (Archiv Müller)

Kurz danach kam das Gasthaus „Zum Lamm“, wo im Erdge­schoss der oben genann­te Metzger­meis­ter Karl Reber Fleisch und Wurst anbot. Auch Kuddla erhielt man von ihm. Meines Wissens war er gleich­zei­tig der Lammwirt. Wir bleiben links und werfen vom Linden­brun­nen aus einen Blick in die Katzen­bach­stra­ße. Dort hinten hätte man verhun­gern können, denn niemand wollte uns etwas Sätti­gen­des verkau­fen. Das ist auch verständ­lich, denn die Katzen­bach­stra­ße war damals eine fast rein landwirt­schaft­li­che Straße mit lauter Selbst­ver­sor­gern. Bier gab es aber schon – „em Pfluag“. In der Aalener Straße hatte sich auf der linken Seite, noch der evange­li­schen Schule, kam der „Geißin­ger“.

(Da muss der Billie eine kleine Geschich­te einfü­gen: In alten Unter­la­gen ist zu lesen – Landwirt, Laden, Bäck, Gemein­de­rat. Hat immer Geld gehabt. Ein christ­li­ches Haus – a rächtr Moa. Wenn die Glocken von St. Peter und Paul das Angus­läu­ten starte­ten — also mittags um 12 Uhr — hat sich jeder im Laden noaknuit (nieder­ge­niet) und gebetet. Doa isch nex me gloffa im Lada. Über der Laden­tür hing ein Schild mit den Worten „Vergelt’s Gott“.)

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Bäcke­rei Karl Widmann „Storcha­bäck“ in der Heiden­hei­mer Straße 6 – heute „Cigdem Kepap Pizza Haus“ (Archiv Müller)

Weiter­gehts um’s Eck nom, da war die Metzge­rei Schlipf.
(Auch da weiß der Bille etwas: Beim Schlipf hat es mal gebrannt – vielleicht Brand­stif­tung oder au et – mr woiß es et so gnau oder will’s au n emma wissa. Jeden­falls hatte der alte Schlipf Muniti­on aus dem I. Weltkrieg aufbe­wahrt und die ist dann einfach in die Luft gegan­gen – also scho a reachts Fuir.)
Wir gehen mit unserer Brezg, die wir dort beim Geißin­ger für 10 Pfenni­ge erstan­den haben, auf die andere Straßen­sei­te, um zu sehen, was in der Nähe der katho­li­schen und evange­li­schen Kirche an weltli­chen Speisen zu ergat­tern war. An der Mühlstra­ße, kurz vor der katho­li­schen Kirche, kommt man beim GUBI-Fischer vorbei, der mir damals als der Einkaufs-Platz­hirsch erschien. Ich weiß nicht, ob ich nicht auch die Schee­rer-Mühle zu den Lebens­mit­tel­lä­den zählen soll. Mehl gab es dort in rauen Mengen, und ich glaube auch Eier. »Hofla­den« würde man heute dazu sagen. Wir gehen weiter in Richtung Bahnhof­stra­ße. Kurz vor dem „Hirsch“ (von dem in unseren Tagen kein Stein auf dem anderen geblie­ben ist), machte es der „Konsum“ in einem beeng­ten Raum seinen Kunden schwer, etwas einzu­kau­fen. Schließ­lich gab es gegen­über dem „Rößle“ noch einen Mini-Lebens­mit­tel­la­den, den eine Familie Hägele betrieb (in den später der „Sogas“ einzog. Zähle ich zusam­men, komme ich zu Beginn der 50er Jahre auf plus minus 16 Lebens­mit­tel­lä­den. Weil wir Kinder „Bäradreck ond Brause­bulvr“ als überle­bens­wich­ti­ge Speisen betrach­te­ten, sottamr d´Frau Enepetz schier­no drzua zehla. Und die ameri­ka­ni­schen Solda­ten auch, mit denen wir schon gleich nach der Beset­zung des Dorfs einen florie­ren­den Handel trieben: Bräschdl­eng (Garten­erd­bee­re) gegen den göttli­chen Tsche­wi­gom (chewing gum, Kaugum­mi).
(Billie: Wer wusste denn schon, dass das FRIGEO-Ahoj-Brause­pul­ver aus unserm Ländle kam? 1925 gründe­ten Theodor Beltle aus Stutt­gart-Bad Cannstatt und sein Schwa­ger Robert Friedel die Robert Friedel GmbH (Frigeo), die Friedel-Brause als „Brause­li­mo­na­den-Pulver für alle Bevöl­ke­rungs-schich­ten“ herstell­te. Anfangs kam die Brause in dreiecki­gen Tütchen in den Handel, in denen sich zwei getrenn­te Tablet­ten mit Natron und Weinsäu­re befan­den, die zusam­men in Wasser gegeben werden mussten. Als Geschmacks­rich­tun­gen wurden zunächst Orange und Zitro­ne angebo­ten. Beltle experi­men­tier­te weiter mit Natron und Weinsäu­re und schuf daraus ein Brause­li­mo­na­den­pul­ver. Seine Rezep­tur ist über die Jahre hinweg gleich­ge­blie­ben. Im Jahr 1930 löste das Pulver die Tablet­ten ab und es kamen neue Geschmacks­rich­tun­gen, wie Waldmeis­ter und Himbee­re erstmals unter der Marke „Ahoj“ in den Handel. In den Jahren während des Zweiten Weltkrie­ges stopp­te die Produk­ti­on für kurze Zeit, doch schon 1947 erreich­te die Firma unter Leitung von Theodor Beltle Vorkriegs-kapazi­tä­ten. Im Jahre 1953 wurde wegen steigen­der Nachfra­ge der Produk­ti­ons­stand­ort nach Remshal­den-Gerad­stet­ten verlegt. Heute gehört die Marke zum „Katjes-Konzern“. Wir haben das immer in der Dreißen­tal­bä­cke­rei gekauft, auf die Handflä­che gekippt, mit Spucke versetzt und wenn es zum Schäu­men begann, lecker abgeleckt. Ein säuer­li­cher Hochgenuss.)

Nach dem „Bua vom Dreiß­ad­aal; kommt jetzt „s Mädle vom Dreiß­ad­aal“ – Luitgard Hügle geb. Grupp zu Wort.

„Der „Kies” ist so etwas wie meine Ur-Heimat. Mitte des 19. Jahrhun­derts kam mein Urgroß­va­ter, Bauer und Bäcker aus Zang nach Oberko­chen und heira­te­te sich in das Wieden­hö­fer „Weber“-Haus meiner Urgroß­mutter im „Kies“ ein. Sie wurde 1844 geboren, als der legen­dä­re „Bilzhan­nes“ – ihr Großon­kel – bereits gestor­ben war (siehe auch Bericht 289 des Heimat­ver­eins). Die Familie hatte ein Mädchen, die späte­re „Storchab­ecke“ und fünf Buben. Einer seiner Söhne, Georg Wannen­wetsch, mein Großva­ter, wurde ebenfalls Bäcker­meis­ter und so lag es nahe, dass auch seine Söhne Bäcker und Kondi­to­ren im „Kies“ wurden. Leider starben beide früh, der eine durch einen Verkehrs­un­fall, der andere im II. Weltkrieg in Stalin­grad. Nach einer Zeit der Vermie­tung – alte Oberko­che­ner werden sich noch an Bäcker Brammen und seinen Sohn erinnern, der die Bäcke­rei in der Kriegs- und Nachkriegs­zeit führte – übernahm meine „Dote“ Marie Wannen­wetsch zusam­men mit einem Bäcker­meis­ter aus dem Bayri­schen die Bäcke­rei und dort begann mein Bruder Herbert, der „Hättre“ seine Lehre. Es war sein großer Wunsch, wie seine Vorfah­ren Bäcker­meis­ter zu werden. Die Dote verstarb früh und daher „musste“ ich deren Stelle überneh­men, wenigs­tens so lange bis Herbert ausge­lernt hatte. Das Haus im Hasen­gäss­le, „Becka­gäss­le“ (offizi­ell Heiden­hei­mer Straße 56) war und ist bis heute praktisch das Zentrum vom „Kies“. Von der Heiden­hei­mer Straße gehen drei Gässchen hinauf in Richtung Jäger­gäss­le, zwei davon ohne Ausgang, jeweils rechts und links vom Hasen­gäss­le, das zu damali­ger Zeit im oberen Teil nur ein Fußweg war. Es wurde Ende der 50iger jedoch verbrei­tert, denn jeden Morgen ström­ten die „Zeissia­ner“ vom Bahnhof zur Arbeit – und am Abend kamen sie, etwas aufge­lo­cker­ter zurück. Am Morgen musste ich um 7 Uhr da sein, und da waren auch schon die Bleche fertig mit Hörnchen, Mohnstru­del, Teigta­schen … und natür­lich Wecken und Brezeln, welche die „Zeissia­ner“ für ihre Pausen kauften. Gleich am ersten Tag kam aus dem gegen­über, etwas zurück liegen­den, weißen Haus die Kleebaue­rin im Schurz und mit Pantof­feln herüber­ge­sprun­gen und vergoss ein paar Tränen, weil die Marie so jung hat sterben müssen. Sie kam oft daher gerannt und einmal, als sie ihr „Gerhät­le“, der immer auf der Gass‘ rumstand, nicht gesehen, und ich ihr gesagt habe, dass ich den etwa 14jährigen zur Kreis­spar­kas­se zum Geldwech­seln geschickt habe, ist sie gleich auch davon und ihm hinter­her gerannt. Die Kreis­spar­kas­se war damals im Haus des „Wingert-Sepper“, also auf der anderen Straßen­sei­te der Heiden­hei­mer Straße. Durch das schma­le Gässle beim Kleebau­er, kam man in die dahin­ter liegen­de Gasse, da wohnte die „Chris­te“ mit ihrer Tochter Sophie und Sohn Hans Holz und deren Famili­en. Der Schwie­ger­sohn von der Holza Chris­te, Hans Kolb, sagte: „Mei Schwie­ger­mut­ter kehrt da Hof mit’m Zahnbürscht­le“, aber oft saß sie mit ihrem Mann auf dem Bänkle vorm Haus. Darun­ter, der Heiden­hei­mer Straße zu, wohnte die alte Frau Wehrle, die auch manch­mal einkauf­te. Jeden Tag, bald nach dem Mittag­essen kam ihre Tochter, die „Kätter“ angestakst und kaufte 1/8 Pfund Kaffee, also 62,5 g. Damals gab es noch fast alles lose: Mehl und Zucker, Eier und Nudeln. Kaffee aber war abgepackt. Ich machte also das Päckchen auf und habe die Bohnen gemah­len. Außer der Kaffee­müh­le, der Bizer­ba-Waage gab es seit Neues­tem auch einen Kühlschrank, aus dem ich Butter und Milch verkauf­te. Noch weiter unten in dieser Gasse, auf der anderen Seite war ein großes Haus, in dem viele Famili­en wohnten: die Renners und die „Häcke­re“ mit ihrem Rösle, ganz oben jedoch war das Haus von Frau Jooß und ihrer Tochter Hertha Weinhardt mit Mann Peter und Tochter Ilse. Kurio­ser­wei­se hat in dieser Gasse, in einem Häusle schräg gegen­über der Chris­te, die Mutter von Zahnarzt Gebert die erste Zahnarzt­pra­xis in Oberko­chen aufge­macht. Der Zahn-Bohrer musste noch vom Patien­ten mit den Füßen getre­ten werden. Kunden waren aus dem Haus gegen­über der Bäcke­rei die Müllers, Karl und Irmgard mit ihrem Reinhold, Josef und seine Frau aus Unter­ko­chen und deren Sohn Klaus, der „Mulei“. Wenn die Kinder mit der Oma, der alten Frau Müller kamen, haben sie immer etwas „Süßes“ bekom­men. Zu mir hat sie dann mal gesagt: „oh wenn no dui Fasnet au bald vorbei wär, noch so ma Aobad gibt’s emmel Streit und Eifer­sucht“. Immer, wenn Kinder kamen, habe ich mich gefreut: von hinten rüber kamen die Helga und die Heidi, von Löfflers unten die Monika und die Maria. Mit ihrer tiefen Stimme sagte sie „a Brezg“ und tat sie dann in ihr Körble für den Kinder­gar­ten. Auch die Brigit­te Jerg und ihre Geschwis­ter kamen vorbei. Von oben kam Frau Hassin­ger, sie hat oft noch etwas fürs Mittag­essen gebraucht, hat sie doch für eine große Familie gekocht: außer ihrem Mann, auch für ihre Tochter Getrud Bauer, die so bald ihren Mann verlo­ren hat, und für deren 4 Kinder, an die ich mich gut erinne­re, beson­ders an den kleinen Stefan, der auch sein Kinder­gar­ten-Vesper holte. Von noch weiter oben, schon Kelten­stra­ße, kam Frau „Ketteles“-Mayer. Deren Kinder waren schon groß, so in meinem Alter, aber sie selbst nahm sich am Nachmit­tag Zeit für den Einkauf und ich habe gerne mit ihr geschwätzt. Im Haus unter den Müllers wohnte die „Burre“ und ihre Ruth, die kam mal mit einem 50-Pfennig-Stück in der Hand daher, das sie im Brot gefun­den habe. Wie es da rein kam, war ein Rätsel. Frau Regens­bur­ger kam oft rüber, um etwas zu kaufen und hat beim Bezah­len immer mit dem langen Finger­na­gel ihres kleinen Fingers auf den Laden­tisch geklopft. Noch weiter unten, schon an der Heiden­hei­mer Straße, wohnte die Familie Viktor Oppold, Kratzers Thekla mit ihren Kindern Viktor – mein Schul­ka­me­rad und später „Sir Kies“ -, Hilde­gard und Rosema­rie. Die Hilde­gard hat oft Vesper geholt für die Leute bei der Firma Oppold und wenn sie dann zurück in die Firma kam, hat sie laut verkün­det „Herr Higle, des Fräulein Grupp hat auf ihre Brezg b’sonders dick Butter gschmiert“. Gegen­über, dem Dorf zu, wohnte mein anderer Schul­ka­me­rad, Josef Wingert – Hausna­me „Balga­dag“, danach kam das Haus der Familie Rapp und das Gässle hinauf zu Erich und Lydia Kolb und zur Familie Fischer (Napole­on und Schmied­jör­gles Rosa) und unten gegen­über wohnte der „Difte­le“ , da hatte seine Tochter Lotte Jelonek ein Lebens­mit­tel­ge­schäft. Die meisten Leute haben Brot gekauft oder etwas zum Backen gebracht: Frau Ortsbau­meis­ter Weber hat am Samstag oft „Bruck­höl­zer“ gebracht, um sie in den Backofen zu schie­ben. Regel­mä­ßig mit viel Teig für Brot kamen „s’Nochda“, hinterm Küfner und vorm Goldab­au­er, mit dem der Kies wohl aufhör­te. Golden­bau­ers Anna kam zusam­men mit den Zwillin­gen von Engel­bert und Rita und auf die Frage wie es ihr gehe, sagte sie „Wamma no ka“.Am Samstag gab es auch offenes Kraut, da brach­ten die Kunden entspre­chen­de Töpfe mit, Burghardtsmei­ers Anna kam fast jeden Samstag mit ihrem Töpfle. Auch Frau Wick, die Oma von Georg Brunn­hu­ber kaufte am Samstag immer ein „Kipfle“ und erzähl­te mir, dass sie vom Röthard stamme. Ihre Tochter war mir eine sehr liebe Kundin, kaufte Verschie­de­nes und erzähl­te von ihrer Inge, die jeden Morgen ihre „Farah-Diba“-Frisur vor dem Spiegel machte, bevor sie zur Arbeit nach Aalen fuhr. Von Georg, ihrem Sohn, erzähl­te sie, wie er in Ellwan­gen im „Stift“ zur Schule ging. Auf der Straßen­sei­te dem Kocher zu ging der Kies wohl bis zu Bierhal­la-Rosa Wunder­le. Auf dieser Seite wohnten außer dr Hugoles Mathild auch Hanslers, Uhls, Jergs und dr Merza Sepp (später Jodler und Hausmeis­ter der Dreißen­tal-Schule) mit seiner Mutter und seinen Schwes­tern. Auch ein Teil des Jäger­gäss­les gehör­te wohl noch zum Kies: außer den Hassin­gers und Frau Ortsbau­meis­ter Weber kam Frau Bürger­meis­ter Helene Bosch, immer nett und freund­lich und auch die Frau von Hans Bezler, „Hänsle vom Grünen Baum“, die später nach Balin­gen gezogen sind. So war es in der Zeit von 1957 bis 1960. Herbert stand noch in der Grube vor dem alten Backofen, wenn er die Brezeln in die verdünn­te Lauge tauch­te, und wie er auch das Brot in den unteren Ofen einschob. Brot und Brezeln wurden noch von Hand geformt. Der Ofen wurde mit Holz und Kohlen befeu­ert. Um am frühen Morgen gleich Sauer­teig zu haben, musste er auch am Sonntag­nach­mit­tag gegen 5 Uhr „anlas­sen“. Im hinte­ren Hof der Bäcke­rei stand noch der Schwei­ne­stall und eine große Scheu­er. Heute sieht einiges anders aus, aber viel hat sich nicht verän­dert: D’ Kiesleit send emmer no d’ Kiesleit.“

Ausblick: In Deutsch­land teilen sich vier Einzel­han­dels­kon­zer­ne den Lebens­mit­tel­markt auf: Die Edeka-Gruppe, einschließ­lich Discoun­ter Netto, die Rewe-Gruppe, einschließ­lich Discoun­ter Penny, die Aldi-Gruppe Süd und Nord, und die Schwarz-Gruppe mit Lidl und Kaufland. Was ist zu erwar­ten? Es ist damit zu rechnen, dass auch Amazon in diesem Markt mitmi­schen wird. Es gibt auch schon digita­le Schnitt­stel­len zwischen Rezept, Bestel­lung und Auslie­fe­rung bzw. Abholung. Auch ist zukünf­tig mit Auslie­fe­rung per Drohne zu rechnen. Ob die genos­sen­schaft­li­che Lösung „Heide­la­den“ im Wohnge­biet „Heide“ langfris­tig Bestand haben wird, entschei­den letzt­end­lich die Heide-Bewoh­ner selbst durch ihr Kaufverhalten.

So, jetzt hemma mit em alta Eikaufs­netz iebrall eikauft ond älles hoimg­schleppt, des war’s jetzt.

Wilfried „Wichai“ Müller – Billie vom Sonnenberg

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