Nun beginnen wir mit der Vorstellung besonderer oder wichtiger Bäume auf unserer Gemarkung. Die Reihenfolge ist willkürlich gewählt und sagt nichts über die Beliebtheit oder ähnliches aus.

Der Lindenbrunnen – ein geschichtsträchtiger Ort mit Linden umrahmt, im Hintergrund die alte ev. Kirche und das Gasthaus “Hirsch” mit Bekleidungsgeschäft “Krok” (Archiv Müller)
Der vielleicht emotional wichtigste Baum in Oberkochen war und ist die „Linde“ (Tilia). Bei den Germanen und den Slawen galt die Linde als heiliger Baum. Früher war es üblich in der Dorfmitte eine Linde zu pflanzen. Oft wurden dort Meetings abgehalten, wichtige Fotos gemacht, Feste veranstaltet, auf Brautschau gegangen und wichtige Nachrichten weitergegeben. Nach Kriegen und Epidemien wurden oft Friedenslinden gepflanzt. In meiner Kindheit war es noch üblich Lindenblüten zu sammeln, in Kartons unter dem Bett im Eltern-Schlafzimmer zu trocknen und bei Bedarf (bei Hustenreiz und Halsschmerzen sowie bei Erkältung und Fieber) einen Tee daraus zu brühen.
Wie heißt es in zwei alten Volksliedern so schön romantisch und wir alten Oberkochener haben zu diesem Lied eine besondere Beziehung, wegen des Kinderfestes auf dem Volkmarsberg, das wir oft als Abschluss am Waldrand oberhalb der Brunnenhalde gesungen haben:
Kein schöner Land in dieser Zeit
als hier das unsre weit und breit,
wo wir uns finden wohl untern Linden
zur Abendzeit.
Am Brunnen vor dem Tore da steht ein Lindenbaum,
ich träumt in seinem Schatten so manchen süßen Traum.
Ich schnitt in seine Rinde so manches liebe Wort.
Es zog in Freud und Leide zu ihm mich immerfort,
zu ihm mich immerfort.

Die Kreisel-Linde im Brunkel — sie wird wohl gefällt werden, Alter ca. 120 Jahre, um 1900 gepflanzt (Archiv Bihlmaier)
Bei uns finden wir Linden, beim Lindenbrunnen, im Hof der Dreißentalschule (unter denen ich schon als Kind Ende der 50er Jahre gespielt habe), im Hof des alten Bergheims am Turmweg 24 und neben der Maria-Schutz-Kapelle im Weingarten. Auch vor der VR Bank stand eine sowie (noch) im Kreisel beim Katholischen Friedhof. Die ist aber bereits zum Tode verurteilt, Standort und ein grausiger Zuschnitt, haben das ihre getan. Der Standort in Verbindung mit dem Kreuz ist aber etwas heikel und im Bewusstsein der älteren Bevölkerung stark verankert und daher muss eine gute Lösung gefunden werden. Hinter der Gärtnerei beim Römerkeller links vorbei steht eine sehr schöne Lindenreihe. Für Oberkochen einmalig. Bürgermeister Harald Gentsch pflanzte einige zwischen Bahnhof und Parkplatz Nähe Spedition Maier.

Die bemerkenswerte Lindenallee im Gebiet „Langer Teich“ auf dem Weg in Richtung Ebnat (Archiv Müller)
Die Linde vor der VR Bank stand 1995 im Mittelpunkt. Sie hatte sich schuldig gemacht, durch ihr Wachstum die Leuchtreklame zu verdecken und die Büros zu beschatten. Der technische Ausschuss des Gemeinderats beschloss entgegen den CDU-Stimmen: „Die Linde bleibt“. Dass ein Baum aus dem Weg geräumt werden soll, sah Stadtrat Irion überhaupt nicht ein, Dr. Heppner war natürlich auf Seiten des Baumes und der BM Traub sah bei einer Verpflanzung das Ende der Linde gekommen und gab ihr das Prädikat „Schöner Baum“. Weitere Stimmen will ich nicht unterschlagen: Richard Burger warnte davor, dass man sich auf die Knochen blamieren würde und womöglich die „Schlaggenwäscher“ die Linde beim nächsten Umzug mit sich führten; Doris Meisel fühlte sich genasführt (wer’s nicht versteht – gefoppt); Franz Uhl prophezeite, dass sie ein Riesenbaum werden und den Bankbetrieb stören würde und Franz Wingert vertrat die Ansicht, dass es mehr als genug Bäume in der Innenstadt gebe. Nun stellt sich aber die Frage: Warum steht jetzt dort heute eine Jap. Nelkenkirsche?“ Hatte Franz Uhl doch recht?

Bis 1976 standen beim KWO, über dem alten Hirschbrauerei-Keller 2 große Linden (Archiv Rathaus)
Und dann gab es noch die mächtigen KWO-Linden über dem ehemaligen „Hirschbrauererei-Keller“ in der Aalener Straße. 1976 erstellte KWO Karl Wannenwetsch einen Erweiterungsbau, den der Gemeinderat von Herzen aber mit Schmerzen genehmigte. Bei Linden sind wir Oberkochener manchmal „sehr oiga“. Bei Sturm und Glatteis war an dieser Stelle immer höchste Aufmerksamkeit angebracht.
Verwendet wird Lindenholz heute vorwiegend im Kunsthandwerk – also beim Drechseln, Schnitzen und auch für Bildhauerarbeiten. Darüber hinaus wird es auch noch im Instrumentenbau häufiger verwendet, ebenso zur Herstellung von Spielwaren.
Dann kommen wir zur „Deutschen Eiche“ (Quercus). Die Eichen sind damit nach der Rotbuche die zweithäufigste Laubbaumgattung in Deutschland. Als Setzling war sie auf dem Fünfzigpfennigstück abgebildet, ihr Laub schmückt als Ornament militärische und zivile Orden, und etliche deutsche Gaststätten wurden nach ihr benannt. Obwohl die Eiche in den verschiedensten Regionen der Welt wächst, galt sie vielen Deutschen lange nicht einfach nur als irgendein Baum. Es war ihr Baum, mit dem sie sich als Nation identifizierten. Beginnend bei Bonifatius, der die mächtige, den Germanen heilige, Donar-Eiche mit einer Axt fällte, ohne vom Blitz erschlagen zu werden. Vom Eisernen Kreuz, das auf die Befreiungskriege 1813 zurückgeht zum Eichenlaub des Turnvaters Jahn. Die Eiche stand für Kraft und Stärke. Eichen werden durchschnittlich 700–800 Jahre alt und etwa 500 Tierarten, so viele wie bei keinem anderen Baum, bevorzugen die Eiche oder können ohne diesen Baum nicht leben.
Ein unsinniger Spruch, dessen Umsetzung das Leben kosten kann: „Vor den Eichen sollst du weichen, und die Weiden sollst du meiden, zu den Fichten flieh mitnichten, doch die Buchen musst du suchen.“ Ab ins Auto oder sonst wohin und wenn’s anders nicht geht, sich zusammenkauern und klein machen, nur das ist zu raten.

Zwei Gedenkbäume neben der Albvereinshütte auf dem Volkmarsberg — li Schurr-Buche; re Illg-Eiche (Archiv Bihlmaier)
Bei uns finden wir ein paar besondere Eichen wie z.B. die „Gustav-Bosch-Eiche“ im Gebiet „Riesenhau“, die „Herrmann-Illg-Eiche“ neben der Albvereinshütte auf dem Volkmarsberg, die „CDU-Wiedervereinigungs-Eiche“ sowie die „Eichen-Reihe“ – beide im Langen Teich. Die Eichen dort haben folgende Nummern (in Klammer die Jahreszahl der Pflanzung): 1324 und 1325 (jeweils von 1930) sowie 1326 (von 1800) mit einer Höhe von 23 Meter. Und einem Umfang von 3330 cm. Wenn ihr mal daran vorbeigeht, denkt mal dran, was diese Bäume in über 200 Jahren schon alles gesehen haben mögen.

Eichenallee mit den Katasternummern 1324 und 1325 (Archiv Bihlmaier)
Eichenholz dient nicht nur als Bau- und Werkstoff, sondern eignet sich auch als Brennholz. Ferner sind Rinde und Eicheln des Baumes wertvoll. Eichenrinde wird aufgrund der Wirkung ihrer enthaltenen Gerbstoffe geschätzt und als Heilmittel verwendet. Eicheln werden als Tierfutter, beispielsweise in der Schweinezucht, genutzt.
Der nächste wichtige Oberkochener Baum ist die „Buche“ (Fagus sylvatica). Buchen sind sommer-grüne Bäume, die Wuchshöhen von bis zu 40 Metern erreichen. Ihre Rinde ist grau und glatt und zeigt nur selten im Alter eine geringe Borkenbildung, sie gehört daher zu den Peridermbäumen. Diese Baumsorte finden wir häufig in unseren Wäldern. Die in Mitteleuropa heimische Rotbuche ist ein wichtiger Holzlieferant. Das Buchenholz ist in Deutschland mit einem Einschlag von jährlich etwa 7 Millionen Festmetern (ca. 1/6 des Gesamtholzeinschlages in Deutschland) eines der bedeutendsten Laubhölzer als Nutz- und Industrieholz. Buchenholz ist auch ein erstklassiges Brennholz, da es lange, hell, heiß und ruhig brennt; daher ist es teurer als die meisten anderen Brennhölzer. Die Früchte, Buchecker genannt, wurden nach dem Krieg bis in die 50er Jahre auch von hiesigen Kindern gesammelt, weil sie einen hohen Öl-Anteil haben.

Ein Baum kann sich überall festkrallen, wenn er will (Archiv Bihlmaier)
Die Bruderbuche. In der Nähe des „Kuckucksteins“ (eines unserer Naturdenkmäler; siehe auch Liste der Naturdenkmale in Oberkochen – Wikipedia ) finden wir eine Buche (wohl schon auf Aalener Grund), deren Stämme sich innig umschlingen. Sie gilt als Symbol der nachbarschaftlichen Zuneigung der Städte Aalen und Oberkochen. Sie steht in der Nähe der Grenze, die vermutlich seit Jahrhunderten unverändert zwischen den beiden Gemeinden verläuft. In den 70ern wollte man dort eine Ruhebank aufstellen. Ob es die noch gibt? Sollte es mal zwischen den Aalenern und den Oberkochenern zu einer schwierigen Auseinandersetzung kommen: Ein Picknick bei der Bruder-Buche würde die Probleme bestimmt einvernehmlich lösen. Hier befindet sich auch das „Dreiländereck“ der Gemeinden Oberkochen, Essingen und Aalen. Geprägt hat den Namen der ehemalige Aalener Stadtrat Albert Wahl.

Mein Freund der Baum — Die Mutterbuche ist gefällt — war nicht mehr zu retten (Archiv Müller)
Zur „Mutterbuche“ muss ich noch ein paar Sätze mehr schreiben. Der Volkmarsberg ohne Mutterbuche – das war einfach nicht vorstellbar. 2010 mussten wir das erste Mal lesen, dass sie durch Pilz und Fäulnis stark bedroht sei. Und so hat die Forstverwaltung in Absprache mit dem Naturschutz und der Stadtverwaltung veranlasst, den rund 120 Jahre alten Baum (Ottmar neigt da zu einem anderen Alter), wegen Umsturzgefahr, mit einem Stahlseil zu sichern und den Bereich rund um den Baum abzusperren. Da dieses bedeutende Naturdenkmal das Landschaftsbild auf dem Volkmarsberg sehr stark prägte, hatte sich die Stadtverwaltung trotz der massiven Schäden entschlossen, den Baum zu erhalten, zu sichern und vorhandene Schäden so weit wie möglich zu entfernen und bestellte den vereidigten Sachverständigen Hartmut Neidlein aus Einstadt, der vorschlug, die Buche um etwa 30 Prozent einzukürzen. Trotz dieser rund 4.000 € teuren Unterstützung für den Baum wurde von einer restlichen Lebenserwartung zwischen fünf und 15 Jahren ausgegangen. 2018 kam dann doch das Aus für den markanten Baum. Weitere Maßnahmen waren aus Gefährdungsgründen nicht mehr zu verantworten. Dieser stolze wunderschöne Baum wurde also gefällt und beschlossen, dass keine Ersatzpflanzung vorgenommen werden soll. Und so können wir heute nur noch ein paar Baumstümpfe sehen und die Älteren und Alten haben aber trotzdem noch ein Bild im Kopf wie mächtig sie eins dastand – die Mutterbuche vom Volkmarsberg.

Die Mutter-Buche in voller Pracht in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts (Archiv Rathaus)
Weidbuchen sind Buchen, die in ihrer heutigen Form dadurch entstanden, dass die jungen Bäume früher auf einer Weide oder in einem Hutewald wuchsen und sie von Weidetieren, vor allem von Kühen, Schafen und Ziegen, verbissen wurden – ihnen also Blätter und Zweige abgefressen wurden. Sie hatten dann keinen Haupttrieb mehr und wuchsen buschig. Diese finden wir auf dem Volkmarsberg und sie sind für die Ostalb einzigartig.
Dann möchte ich noch die „Judenbuche“ erwähnen. Das ist eine Novelle von Annette von Droste-Hülshoff, die erstmals 1842 im „Cotta’schen Morgenblatt für gebildete Leser“ erschien, und wir beschäftigten uns mir ihr Mitte der 60er Jahre im Deutschunterricht auf dem Gymmi:
„Die Geschichte spielt Mitte des 18. Jhrdts. In einem Dorf in Westfalen. Unter den Dorfbewohnern herrscht Hochmut, kleinere und größere Straftaten sind an der Tagesordnung. Friedrich Mergel, die Hauptfigur, erschlägt im Streit den Juden Aaron und flieht. 28 Jahre später kehrt er in die Heimat zurück und erhängt sich am Ort seines Verbrechens, an der sog. „Judenbuche“, an der geschrieben steht: Wenn du dich diesem Orte nahest, so wird es dir ergehen, wie du mir getan hast.“
Der deutsche „Tag des Baumes“
wurde erstmals am 25. April 1952 begangen. Bundespräsident Theodor Heuss und der Präsident der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, Bundesminister Robert Lehr, pflanzten im Bonner Hofgarten einen Ahorn. In Deutschland wirbt der Naturschutzbund Deutschland am Tag des Waldes für seine Aktion „Wald-Pate“, um die Urwälder bzw. urwaldnahen Relikte in Deutschland zu schützen. Mittlerweile gilt der Tag als einer der größten Mitmachaktionen im Baum- und Waldschutz. Aber die Klimaveränderung macht auch vor diesem Tag nicht halt: „Die vergangenen Jahre seit 2017 waren besonders geprägt von der Trockenheit, so dass viele der gepflanzten Bäume nicht angewachsen sind“, sagt Bundesgeschäftsführer Christoph Rullmann vom SdW. Man sei daher auf den Tag des Waldes am 21. März umgeschwenkt. Einen Monat früher ist die Chance für die kleinen Bäumchen größer, noch genug Wasser zum Anwachsen zu bekommen.
Baum des Jahres
Jedes Jahr im Oktober wird der Baum des Jahres von der „Baum des Jahres – Dr. Silvius Wodarz Stiftung“ (vormals Menschen für Bäume) und durch deren Fachbeirat, das „Kuratorium Baum des Jahres“ (KBJ), für das darauffolgende Jahr bestimmt. Dieses Kuratorium wurde 1991 vom Gründer und Vorsitzenden des seit 1972 bestehenden Umweltschutzvereins Wahlstedt (heute Baum des Jahres e. V./Stiftung Baum des Jahres) in Schleswig-Holstein, Silvius Wodarz, ins Leben gerufen. Ab 1989 hat der Verein einen Baum des Jahres ausgerufen, genauer eine Baumart. Nachstehend eine kleine Auswahl aus der bisherigen Liste:
1989 Stieleiche
1990 Rotbuche
1991 Sommerlinde
1992 Bergulme
1993 Speierling
1994 Europäische Eibe
1995 Spitzahorn
1996 Hainbuche
1997 Eberesche
1998 Wildbirne
1999 Silberweide
2000 Sandbirke
2001 Esche
2002 Gemeiner Wacholder
2003 Schwarzerle
2004 Weißtanne
2005 Gewöhnliche Rosskastanie
2006 Schwarzpappel
2007 Waldkiefer
2008 Echte Walnuss
2009 Berg-Ahorn
2010 Vogelkirsche
2011 Elsbeere
2012 Europäische Lärche
2013 Holzapfel
2014 Traubenneiche
2015 Feldahorn
2016 Winterlinde
2017 Gemeine Fichte
2018 Esskastanie
2019 Flatterulme
2020 Gewöhnliche Robinie
2021 Europäische Stechpalme
2022 Rotbuche
2023 Moorbirke
2024 Mehlbeere
Jetzt ein paar Wochen spazieren gehen, dann kommt Teil 3.
Wilfried „Wichai“ Müller – Billie vom Sonnenberg