Intro. Jede Stadt, die etwas auf sich hält, hat Einwoh­ner mit dem Kürzel „BB“. Sei es St. Tropez, die Brigit­te Bardot zu ihren Einwoh­nern zählt oder Oberko­chen, die gleich mehre­re mit diesem weltbe­rühm­ten Kürzel zu ihren Einwoh­nern zählt. Unter vielen anderen sind oder waren das z.B. Bruno Balle, Bernd Betzler, Bruno Brand­stet­ter oder Bernhard Brunn­hu­ber. Sie alle dürfen bzw. durften sich „BB“ nennen:
Aber in diesem Bericht geht es um einen beson­de­ren „BB“ – und zwar um Bernd Binder aus der Sperber­stra­ße. Er betrieb bis 30. Septem­ber 2023 das Klein­ge­wer­be „Schuh­re­pa­ra­tu­ren, Schlüs­sel und Gravu­ren“ hinter dem Wohnhaus. Wie sehr er vielen in Zukunft fehlen wird, wird spürbar sein, denn mit seiner Dienst­leis­tung sorgte er für Nachhal­tig­keit in unserem Leben. Die Menschen sind mit folgen­den Proble­men zu ihm gekommen:

• Geris­se­ne Riemen an Rucksä­cken
• Reißver­schlüs­se an Taschen
• Sohlen, Absät­ze, Spitzen an Schuhen
• Gravu­ren
• Batte­rie­wech­sel bei Uhren
• Und als es noch keinen City-Schnei­der gab mussten auch bei Jeans Knöpfe und Reißver­schlüs­se ersetzt oder die Hosen­bei­ne gekürzt werden

War die Tür mit dem Rundbo­gen geöff­net, haben wir gewusst, dass er in der Werkstatt ist. Jetzt ist die Tür zu – für immer zu. Er wird mögli­cher­wei­se sagen: „Es ist geschafft“ und wir werden wohl sagen: „Ooooops, was mache mr jetzt?“

Bernd Binders alte Visiten­kar­te (Archiv Müller)

Schau­en wir mal den Lebens­lauf von Bernd an: Geboren im Jahr des Drachen 1952, begann er 14jährig im Jahr 1966 eine Lehre als Ortho­pä­die­schuh­ma­cher in Heiden­heim. Der Lehrmeis­ter war bekannt für gute ortho­pä­di­sche Schuhe, die auch noch gut aussa­hen – damals keine Selbst­ver­ständ­lich­keit. Solche Schuhe waren teuer und die Warte­zeit betrug nicht selten 1 Jahr und mehr. Laufkund­schaft hatte er keine – er lebte von einer gedul­di­gen Stamm­kund­schaft sowie von Messen und Ausstel­lun­gen. Die Lehrdau­er betrug damals für „d‘ oifache Schuah­machr“ 3 Jahre und für den Ortho­pä­die­schuh­ma­cher 3 ½ Jahre. Der Lohn, im Vergleich mit anderen, war alles andere als üppig.
1tes Lehrjahr 50 DM, 2tes 100 DM, 3tes 125 DM. Da verdien­ten seine Freun­de, die Autome­cha­ni­ker, ein Mehrfa­ches seines beschei­de­nen Lehrlings­loh­nes.
Heute sieht das schon anders aus und Mittle­re Reife sollte es auch schon bitte sein: 1tes Lehrjahr 620 €, 2tes 732 €, 3tes 837 € und 4tes 868.
Den Abschluss machte er nicht bei seinem Lehrherrn in Heiden­heim, sondern im Jahr 1969 in Berlin. Sein Gesel­len­stück waren die „Eigenen Schuhe“ da er selbst ortho­pä­di­sche gesund­heit­li­che Einschrän­kun­gen hatte. In der Lehrzeit damals, sagen wir mal so, da hat er nicht so viel gelernt außer Werkstatt sauber machen und Maschi­nen­put­zen. Die grund­le­gen­den und wichti­gen Fähig­kei­ten lernte er im jeweils 3wöchigen Block­un­ter­richt in Stutt­gart-Feuer­bach.
Berlin-Berlin – wir fahren nach Berlin. Das galt somit auch für ihn, wie so viele in der damali­gen Zeit, er kehrte aber schon im Jahr 1970 zurück nach Heiden­heim. „Schus­ter bleib bei deinen Leisten“ – dieser Spruch galt nicht für ihn. Einzu­schie­ben wäre noch, dass Bernd auch im Natur­thea­ter in Heiden­heim tätig war (von 1967/68 bis 1972). Als Darstel­ler in der Menge und als Kulis­sen­bau­er wie z.B. bei „Das kleine Teehaus“ im Jahr 1968.
Er probier­te in den folgen­den 2 Jahren alles Mögli­che aus, bevor er 1972 bei GARDENA in Heiden­heim anfing. 1992 wieder ein Richtungs­wech­sel – er ging zu „Mister Minit“. Wir Alten kennen diese Kette noch, denn das war der Anlauf­punkt für „Einfa­che Schuh­re­pa­ra­tu­ren, Schlei­fen, Gravu­ren und Schlüs­sel“. Bernd bekam seine Minit-Einwei­sung in München und war danach als Sprin­ger für die Stand­or­te Crails­heim, Aalen, Heiden­heim und Ulm zustän­dig.
Einschub – Geschich­te von Mister Minit:
1957 — MISTER MINIT wurde in Belgi­en gegrün­det, um einen schnel­len und effizi­en­ten Absatz­re­pa­ra­tur­ser­vice zu bieten. Stöckel­ab­sät­ze waren damals hochmo­dern und das Kopfstein­pflas­ter von Brüssel beschä­dig­te Tausen­de von ihnen. Tradi­tio­nel­le Schuh­ma­cher konnten die Nachfra­ge nicht bewäl­ti­gen und es dauer­te durch­schnitt­lich zehn Tage, um sie zu reparieren.

o Von Anfang an galt das Prinzip einen schnel­len, sehr hochwer­ti­gen Service zu bieten (idealer­wei­se, während Sie warten).
o Der Leistungs­um­fang entwi­ckel­te sich schnell in Richtung eines komplet­ten Schuh­re­pa­ra­tur-Services.
o MISTER MINIT gilt als handwerk­li­cher Schuh­re­pa­ra­tur­dienst, der die beste Quali­tät mit hochqua­li­fi­zier­ten Mitar­bei­tern bietet.

1960 — MISTER MINIT expan­dier­te sehr schnell in andere europäi­sche Länder und ergänz­te seine Express-Leistun­gen um Schlüs­sel­du­pli­zie­rung, Messer­schliff und Gravur. MISTER MINIT wurde als übergrei­fen­de Handels­mar­ke übernom­men und „Fred“ wurde das erste Logo des Unter­neh­mens.
1965 — Die MINIT Gruppe gründe­te den MONTRE Service, ein Dienst­leis­ter für die Uhren­re­pa­ra­tur mit Sitz in Frank­reich.
1970 — Namens­schil­der, Stempel und Druck wurden in das Service­an­ge­bot aufge­nom­men.
1980 — Schnel­le Fotoent­wick­lung wurde einge­führt und die MINIT Gruppe expan­dier­te nach Osteu­ro­pa. MISTER MINIT begann Sicher­heits­schlüs­sel nachzu­ma­chen.
1990 — Weite­re Expan­si­on in osteu­ro­päi­sche Länder. Leder­wa­ren wurden in das Produkt­an­ge­bot aufge­nom­men und hochwer­ti­ge Schlös­ser und Sicher­heits­sys­te­me wurden Bestand­teil des Schlüs­sel­du­pli­ka­ti­ons-Geschäf­tes.
2000 — Der Austausch von Uhren­bat­te­rien und Uhren­arm­bän­dern wurde in den Leistungs­um­fang aufge­nom­men.
2013 – Immer mehr der knapp MISTER MINIT Shops in Europa ergän­zen ihr Dienst­leis­tungs­an­ge­bot mit der Smart­phone-Repara­tur.
2015 — Fred wurde zu einer neuen Marke umgestaltet.

1996 fing Bernd dann bei Dietmar Walter in der Dreißen­tal­stra­ße an und übernahm den Bereich der Repara­tu­ren. In dieser Zeit ergab sich die Chance, im Rahmen einer Geschäfts­auf­lö­sung in Ellwan­gen, alles Notwen­di­ge zu überneh­men, um im Keller des Hauses in der Sperber­stra­ße eine kleine Werkstatt aufzu­bau­en. Was man unbedingt benötig­te, war eine gute Ausputz­ma­schi­ne, eine Nähma­schi­ne und eine Presse.

2003 fing er dann in der Sperber­stra­ße 25 an sich selbstän­dig zu machen. 20 Jahre sorgte er dafür, dass eben nicht alles Beschä­dig­te wegge­wor­fen werden musste. Er machte keine große Werbung – wer seine Diens­te benötig­te, wusste wo er seine Werkstatt hatte. Oben habe ich schon beschrie­ben, was von ihm alles erwar­tet wurde. Es gab aber noch ein paar Feinhei­ten, die ich erwäh­nen möchte. Zum einen war da Eugen Bauer aus dem Sonnen­berg, der sich immer wieder seinen Lenkrad­schutz aus Leder und Schnü­ren reparie­ren ließ und zum anderen ließ sich meine Mutti immer unter die Spitzen ihrer Schuhe Spitzen­ei­sen anbrin­gen, um die Schuh­spit­zen zu schonen – very old Style. Ende Septem­ber 2023 schloss er seine Pforte respek­ti­ve sein Geschäft und montier­te das bekann­te Schild ab und wir müssen jetzt schau­en, wo wir zukünf­tig diese Dienst­leis­tun­gen bekommen.

Bernd Binder in seiner Werkstatt (Archiv Müller)

Der Autor, also der Billie, stammt mütter­li­cher­seits auch aus einer Schus­ter­fa­mi­lie. Mein Großva­ter Johann Pawlat aus Märisch-Aussee im Sudeten­land (Heute Usov in Tsche­chi­en) war, und jetzt nicht lachen, „Schuh­in­stand­set­zungs-Ingenieur“. Ich habe die Urkun­de selbst gesehen. Wer sich ein wenig auskennt, weiß natür­lich, dass das Sudeten­land früher zu Öster­reich-Ungarn gehör­te und Titel (mit und ohne Mittel) schon immer ein wichti­ger Faktor in der Donau-Monar­chie waren. Nachdem er nach Ende des II. Weltkriegs vertrie­ben worden war, lande­te er mit seiner Frau in Fulda und bewohn­te mit ihr in einer großen 4‑Zimmerwohnung (für die gesam­te Familie) mit Küche und Bad ein Zimmer, dessen Ausstat­tung wie folgt aussah: Doppel­bett, Schrank, kleiner Tisch mit 2 Stühlen, ein Sofa mit „röhren­dem Hirsch“ darüber hängend und jetzt kommts: einer kleinen Schus­te­rei, mit er der sich in der Nachbar­schaft etwas Zubrot zur Rente verdien­te – das alles in einem Zimmer, in dem gewohnt, gearbei­tet, geschla­fen und gestor­ben wurde. Unglaub­lich – aber die Wohnver­hält­nis­se waren früher, bis in die späten 60er Jahre, alles andere als komfor­ta­bel.
Doch beschäf­ti­gen wir uns jetzt mit dem Schus­ter­hand­werk im Allge­mei­nen. Der Schuh­ma­cher ist ein staat­lich anerkann­ter Ausbil­dungs­be­ruf und die offizi­el­le Berufs­be­zeich­nung. Schuh­ma­cher und Schus­ter sind zwei gängi­ge Bezeich­nun­gen für ein und densel­ben Handwer­ker. Erst im 5. vorchrist­li­chen Jahrhun­dert trenn­te sich der Beruf des Gerbers von dem des Schus­ters. Im Altgrie­chi­schen spricht man vom Leder­ar­bei­ter oder Leder­schnei­der, wenn man den Schuh­ma­cher meint; im Latei­ni­schen nennt man ihn Leder­nä­her (sutor). Das hing mit der Art der Haupt­fuß­be­klei­dung der Römer zusam­men, dem „Calce­us“, wo das Zusam­men­nä­hen der Schaft­tei­le einer­seits und von Schaft und Boden anderer­seits die Haupt­tä­tig­keit war. Um sich vom rangnie­de­ren Sanda­len­ma­cher (sanda­la­ri­us) abzugren­zen, ließen sich die römischen Schus­ter auch gerne „calceo­la­ri­us“ nennen. Neben diesem neuen Schuh­werk produ­zie­ren­den Handwer­kern (heute im weites­ten Sinn vergleich­bar den Maßschuh­ma­chern und Ortho­pä­die­schuh­ma­chern) gab es noch die Flick­schus­ter (sutor cerdo oder sutri­bal­lus), deren Aufga­be die Ausbes­se­rung getra­ge­ner Schuhe war, und die Altma­cher, die abgetra­ge­ne Schuhe aufkauf­ten, ausbes­ser­ten und wieder verkauf­ten.
Schutz­hei­li­ger und Identi­fi­ka­ti­ons­fi­gu­ren. Am offizi­el­len Feier­tag, dem 25. Oktober, wird des Schutz­hei­li­gen der Schuh­ma­cher und Gerber, Sankt Crispin, gedacht. Als Identi­fi­ka­ti­ons­fi­gu­ren des Berufs­stan­des gelten auch der Nürnber­ger Meister­sin­ger und Spruch­dich­ter Hans Sachs, der Mysti­ker und Natur­phi­lo­soph Jakob Böhme sowie die fikti­ve Sagen­ge­stalt Hans von Sagan.
Rückblick. Heute gibt es noch rund 500 Schus­ter in Deutsch­land mit weiter abneh­men­der Tendenz. Eine beson­de­re Stadt ist Preetz in Schles­wig-Holstein. In ihr lebten einst 160 Schuh­ma­cher­meis­ter und seit dieser Zeit ist sie auch als Schus­ter­stadt bekannt. Auch die Schuh­in­dus­trie hatte ihr Zentrum – das war Pirma­sens. In den 1960er Jahren gab es in der Stadt rund 350 Schuh­fa­bri­ken und 350 Zulie­fer­be­trie­be. Im Jahr 1969 erreich­te die Stadt einen Rekord: Mehr als 32.000 Arbei­te­rin­nen und Arbei­ter waren in der Schuh­in­dus­trie tätig und stell­te etwa 62 Millio­nen Paar Schuhe her. In dieser Zeit wurde die Hälfte aller Straßen­schu­he in Deutsch­land in Pirma­sens gefer­tigt.
Liste der Museen zum Thema:

• Beder­ke­sa, mit Schuh­ma­cher­aus­stel­lung
• Ballen­berg, Freilicht­mu­se­um, Brienz, Kanton Bern, Schweiz, Bauern­haus aus Wila ZH
• Beselich: Heimat­stu­be Beselich-Obertie­fen­bach mit umfang­rei­chem Museums­be­reich Schuh­mach­er­werk­statt
• Blomberg: Histo­ri­sche Schuh­mach­er­werk­statt in der Stadt­bü­che­rei Blomberg
• Burgkunst­adt: Deutsches Schus­ter­mu­se­um Burgkunst­adt
• Feucht­wan­gen: Fränki­sches Museum Feucht­wan­gen, exter­ne Abtei­lung Handwer­ker­stu­ben
• Groß Neuen­dorf: Schuh­ma­cher­mu­se­um
• Hauen­stein (Pfalz): Deutsches Schuh­mu­se­um Hauen­stein
• Hohen­ems: Schuh­ma­cher Museum
• Kerpen: Kolping­mu­se­um mit einge­rich­te­ter Schuh­mach­er­werk­statt (um 1850) aus dem Besitz von Adolph Kolping
• Kleve: Klever Schuh­mu­se­um
• Ladber­gen: Schuh­ma­cher­mu­se­um mit Sammlung des Schuh­ma­cher­meis­ters Fritz Lubahn
• Ueter­sen: Schuh­ma­cher-Museum
• Vreden: Minia­tur­schuh-Museum
• Wedemark: Schuh­ma­cher­mu­se­um (Gerhard Becker)
• Weißen­fels: Schuh­mu­se­um Weißenfels

Zum Thema Schuhe. Früher hatte man nicht so viele Schuhe wie heute. Langle­big und funktio­nell mussten sie sein, deshalb brauch­te es auch einen Schus­ter. Als Kinder liefen wir im Sommer oft auch barfuß auf den Straßen. Heute ist es doch schon ein gesell­schaft­li­cher Zwang die „richti­gen“ Schuhe zu tragen, um zu zeigen, was man sich leisten kann. Beson­ders sieht man das bei den SNEAKERS und dem ganzen Bohei, der da betrie­ben wird, nur um zu zeigen (auch tw. in den Büros): „Schaut her, ich kann mir Schuhe für Hunder­te von Euros leisten.“
Da liste ich doch gleich einmal die teuers­ten Schuhe der Welt auf (nicht erschre­cken und Asterix würde sagen: Die spinnen…..)

The Passi­on Diamond Shoes von Louis Vuitton – 14,46 Millio­nen Euro
Diamant Stilet­to von Debbie Wingham und Chris Campbell – 12,7 Millio­nen Euro
The Fire Monkey von Bicion und Dan Gamache — 3,57 Millio­nen Euro
Conver­se Sneak­er von Micha­el Jourdan – 167.528 Euro
• 100 MM Diamond von Busce­mi – 116.160 Euro
Nike Air Jourdan 12 Flu Game – 92.193 Euro

Doch zuvor noch ein paar Erinne­run­gen von unserer Luitgard Hügle: „In diesen Kindheits­jah­ren war ich viel unter­wegs im Dorf, teils mit Boten­gän­gen beauf­tragt, teils einfach auf der Suche nach einer Vergnü­gung. Beson­ders gern ging ich zum Holza-Schus­ter. Der Straße zu war ein kleines Fenster, in dem neue »gelbe« Stiefel standen, die der Schus­ter selbst herge­stellt hatte. Wenn man in den Raum trat, war es zuerst sehr dunkel aber hinten raus, wo der Schus­ter saß, ging ein Fenster raus ins Gärtle. Der Schus­ter saß auf seinem Schemel, angetan mit einem großen specki­gen Leder­schurz und vor sich den niedri­gen Tisch mit vielen inter­es­san­ten Sachen, da hatte es einen Leimtopf, Ahle in allen Größen, Holznä­gel und Stahl­nä­gel, Eisele und Absatz­fle­cke. Aber noch inter­es­san­ter war, wenn der Holz erzähl­te oder gar vormach­te, wie er als Pfarrer von der Kanzel zu den Leuten gespro­chen hätte, denn Pfarrer wäre er viel lieber als Schus­ter gewor­den — und man konnte sich ihn auch ganz gut vorstel­len, auf der Kanzel!“
Und noch etwas über den Schus­ter Georg Adam Tausch. Einst lebte in Oberko­chen, es war in der Mitte des 19ten Jahrhun­derts, ein Schus­ter, der reich an Kindern war, ansons­ten aber arm wie eine Kirchen­maus.
»Dem Schus­ter Tausch von Oberko­chen diene auf seine im Boten von Aalen abgege­be­nen Erklä­rung zur Erwide­rung, daß es sehr gut gewesen wäre, wenn er den Hergang der Sache näher beleuch­tet hätte …«, so ist mit Datum vom 26. Febru­ar 1849 im »Boten von Aalen« zu lesen.
Ein Bürger zwar, aber ein bettel­ar­mer, der sich aber sehr abracker­te (ohne ein Bürger­geld zu bezie­hen). Seine Kinder mussten vor allem im Sommer beim Gänse­hü­ten, Wurzeln- und Beeren­sam­meln mithel­fen, aber auch in der Werkstatt. Da konnte es schon mal vorkom­men, dass sie die Schule schwän­zen mussten, was den ehrba­ren, armen Schus­ter Tausch ins Proto­koll­buch des evange­li­schen Kirchen­con­vents brach­te. Im Jahre 1855 sollte er für acht Schul­ver­säum­nis­se seiner Kinder 16 Kreuzer Strafe bezah­len… Doch bat er »mit Rücksicht auf seine Armut« um Reduzie­rung der Strafe »mit dem Verspre­chen, in Bälde wenigs­tens sechs Kreuzer zu bezah­len«. Ein Jahr später wurde die Strafe für Schul­ver­säum­nis­se von zwei auf drei Kreuzer erhöht. Jedoch konnte von dem Schus­ter Georg Adam Tausch mit Rücksicht auf seine unglück­li­chen Verhält­nis­se der Betrag der Strafe nicht erhoben, ebenso wenig diesel­be in eine Arrest­stra­fe umgewan­delt werden, weshalb sie ihm letzt­end­lich erlas­sen wurde. Da ging es unseren Schus­tern im 20ten Jahrhun­dert in Oberko­chen schon deutlich besser.
Abschlie­ßend noch eine Liste von Schus­tern, die hier einst ihr Auskom­men hatten bzw. einst Schus­ter waren.
Vor dem I. Weltkrieg

• Josef Brunn­hu­ber
• Karl Holz
• Chris­ti­an Kopp
• Johann Kopp
• Josef Trittler

Aus dem Adress­ver­zeich­nis von 1925

Die Schuh­ma­che­rei­en Brunn­hu­ber, Tritt­ler und Holz

Aus dem Adress­ver­zeich­nis von 1937

Die Schuh­ma­che­rei­en Melchi­or Funk, Karl Holz und Paul Trittler

Aus dem Adress­ver­zeich­nis von 1949/50

• Fried­rich Hahn Im Katzen­bach 26
• Jakob Gold im Finken­weg 11
• Melchi­or Funk im Kronen­gäss­le 4
• Franz Illner in der Zeiß-Opton-Siedlung
• Georg Mühlba­cher in der Mühlstra­ße 1
• Paul Tritt­ler in der Heiden­hei­mer Straße 15

Aus den Einwoh­ner­mel­de­bü­chern von 1959 bis 2002

• Carl Benz, Schuh­ma­cher­meis­ter, Mühlstra­ße 32 (1954 von Karl Holz übernom­men)
• Jakob Gold, Schuh­ma­cher, Weingar­ten­str. 71
• Hackbarth Willi, Brunnen­hal­de­stra­ße 30
• Franz Illner, Schuh­ma­cher­meis­ter, Brunnen­hal­de­stra­ße 37
• Josef Kochen­dor­fer, Weingar­ten­stra­ße 44
• Josef Schit­ten­helm, Schuh­ma­che­rei, Heiden­hei­mer Str. 54 bzw. 54/1
• Paul Tritt­ler sen. und Tritt­ler Paul jun., Schuh­ma­cher­meis­ter und Schuh­ge­schäft, Heiden­hei­mer Straße 3 und 15
• Bernhard Walter, Schuh­ma­cher­meis­ter, Dreißen­tal­stra­ße 54 und Heiden­hei­mer Straße 3 (später 2)

Wilfried „Wichai“ Müller – Billie vom Sonnenberg

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