Anläß­lich von Nachfor­schun­gen, die der Heimat­ver­ein auf dem Katas­ter­amt (Landrats­amt Aalen) anstell­te, berich­te­te Herr Amtsrat Dipl.-Ing. Roland Hersa­cher ergän­zend zu unserer 4‑teiligen Serie vom »Unter­gang«.

Oberkochen

Bevor spezi­ell gestal­te­te Zeugen­stei­ne verwen­det wurden, legten die Vermes­sungs­leu­te ganz gewöhn­li­che Ziegel­stü­cke unter die Grenz­stei­ne. Erst ab 1870/80 kamen Zeugen­stei­ne auf wie der, den wir im Amtsblatt vom 7.7.89 abgebil­det haben. Die Zeugen­stei­ne wiesen mit der Spitze in die darüber befind­li­chen Grenz­li­ni­en. Je nach dem befan­den sich demnach unter einem Grenz­stein bis zu 4 Zeugen­stei­ne. Zu dem im Amtsblatt vom 28.7.89 abgebil­de­ten Oberko­che­ner Zeugen­stein mit dem alten Ortswap­pen gibt es einen Zwillings­stein mit der Inschrift »Oberko­chen«. Herr Hersa­cher besitzt einen solchen Zeugen­stein im Origi­nal­ver­bund mit dem Wappen­zwil­ling. (Siehe die obere der beiden heuti­gen Abbil­dun­gen). Derar­ti­ge Zeugen­stei­ne sind in Oberko­chen, wie bereits erwähnt, erst nach dem 1. Weltkrieg verwen­det worden, ziemlich häufig in den Dreißi­ger- und Vierzi­ger Jahren. Herr Hersa­cher legte eine weite­re Oberko­che­ner Zeugen­stein-Varian­te vor: ein auf der Spitze stehen­des gleich­sei­ti­ges Dreieck mit einer Seiten­län­ge von ca. 7 cm. Die Inschrift »Oberko­chen« befin­det sich in einer Zeile, die getrennt vom Wappen­teil im oberen Dreiecks­teil verläuft. (Siehe untere Abbil­dung). Herr Hersa­cher war so freund­lich, diese beiden neuen Zeugen­stein-Varian­ten für uns abzulich­ten, sodaß wir sie heute, durch Nachzeich­nung etwas verdeut­licht, abbil­den konnten.

Wie wir weiter erfuh­ren, wurden und werden die Grenz­stei­ne auch heute noch häufig entfernt, sodaß der Geome­ter sich ganz darauf verlas­sen muß, bei einer Neuver­mes­sung die im Boden verblei­ben­den Zeugen­stei­ne zu entde­cken, vor allem, wenn Grenz­strei­tig­kei­ten beigelegt werden müssen.

Neues aus dem Jahr 1830
Im Vorgriff auf weite­re Berich­te möchten wir heute schon erwäh­nen, daß Herr Hersa­cher unter größe­rem Zeitauf­wand für den Heimat­ver­ein Oberko­chen bereit war, uns Klarheit in eine Reihe von offenen Fragen bezüg­lich nicht mehr vorhan­de­ner Gebäu­de auf Oberko­che­ner Gemar­kung zu bringen, und zwar unter »Befra­gung« der ältes­ten Karten, die auf dem Katas­ter­amt aufliegen.

Hierbei handelt es sich um ein riesi­ges Karten­werk, das zwischen 1818 und 1840 im König­reich Württem­berg angefer­tigt wurde. Herr Hersa­cher gab zu erken­nen, daß es selbst unter kritischs­ter zeitge­nös­si­scher Betrach­tung frappie­rend ist, mit welcher Genau­ig­keit diese Mammut­ar­beit seiner­zeit durch­ge­führt worden ist. Die Karten wurden im Maßstab 1:2500 zunächst als Origi­nal­zeich­nung angefer­tigt. Diese Karten bezeich­net man als »Urkar­te, — Handkar­tie­rung«; sie messen ungefähr 50 auf 50 cm.

Von diesen handge­zeich­ne­ten Karten wurde dann eine Übertra­gung auf Stein (litho­gra­phi­sches Verfah­ren) vorge­nom­men, im gleichen Maßstab und in gleicher Abmes­sung. In diesem Druck­trä­ger, der dann der Verviel­fäl­ti­gung diente, wurden den Parzel­len Nummern zugewie­sen. Oberko­chen wurde im Verlauf dieser Urver­mes­sung (1818 — 1840) im Jahr 1830 vermes­sen und aufge­nom­men, — nicht nur Oberko­chen, sondern die gesam­te Gemein­de­ge­mar­kung; d.h., daß allein von unserer Gemar­kung ca. 30 Einzel­kar­ten im Maßstab 1:2500 angefer­tigt werden mußten, — und das alles so exakt, daß die Angaben heute noch bis auf einen halben Schuh plus/minus stimmen. (Ein Schuh bedeu­tet soviel wie 28,649 cm).

Herr Hersa­cher: »Hut ab vor diesen Leuten, die diese unglaub­li­che Arbeit in nur 22 Jahren leiste­ten, fast nur mit primi­ti­ven Meßlat­ten ausgerüstet.«

Aus diesen, bis auf den heuti­gen Tag fortge­führ­ten Karten, die auf der Urkar­te beruhen, ließen sich nun einige für Oberko­chen inter­es­san­te Fakten herauslesen:

1) Das Bilzhaus hat, entge­gen einer Oberko­che­ner Überlie­fe­rung, im Jahre 1830, als die dorti­gen Viehwei­den vermes­sen wurden, mit Sicher­heit nicht mehr bestan­den. Es ist in der Urkar­te nicht aufge­nom­men. (Bericht nächs­te und übernächs­te Woche).

2) Eine Stand­orts­be­stim­mung für das ominö­se Tiefen­tal­häus­chen, das in der Oberamts­be­schrei­bung von 1854 als »noch vor nicht langer Zeit bewohnt« angege­ben ist, konnte immer noch nicht erfol­gen. Fest steht zumin­dest, daß im Jahre 1830 beim Huber­tus­brun­nen, wo es denkbar wäre, kein Gebäu­de einge­zeich­net wurde. Mögli­cher­wei­se, so neuere Überle­gun­gen, ist das Tiefen­tal­häus­chen mit dem Bilzhaus identisch. Hier gibt es noch aller­hand Arbeit.

3) Die Ölmüh­le am Ölwei­her (Gelän­de Gebr. Leitz), 1498 ersterwähnt, 1725 neuge­baut, 1854, und auch 1906 in dem Werk »Das König­reich Württem­berg« mit »Häuser, — 11 Einwoh­ner« belegt, ist in der Urkar­te von 1830 genau­es­tens aufge­nom­men. (2 Gebäu­de, — eines links, eines rechts des Ölweiherabflusses).

4) Das weitge­hend in Verges­sen­heit gerate­ne Haus »Schla­cken­wä­sche« beim Kocher­ur­sprung, 1745 erbaut, ist 1830 ebenfalls genau­es­tens in die Urkar­te aufge­nom­men worden. Die Schla­cken­wä­sche wird in der Oberamts­be­schrei­bung von 1854 noch als »Haus mit 16 kath. Einwoh­nern« geführt, und ist selbst im »König­reich Württem­berg von 1906« noch als »Haus mit 5 Einwoh­nern« geführt. Aus den Unter­la­gen des Katas­ter­am­tes geht hervor, daß die ominö­se Schla­cken­wä­sche, ein Jahr später, also im Jahr 1907 abgebro­chen und die Grund­stücks­flä­che der Flur zugerech­net wurde. Wir werden darüber mit Karten­aus­schnitt berichten.

5) Ölmüh­le beim Ölwei­her, Obere Mühle (1953 abgeris­sen) und Untere Mühle (Schee­rer­müh­le) bestan­den bei der könig­lich-württem­ber­gi­schen Vermes­sung alle, — zum Teil schon viele Jahrhun­der­te Die Kreuz­müh­le jedoch, — und das war bislang noch offen, bestand im Jahre 1830 mit Sicher­heit noch nicht. Ab 1845 dann erst gab es in Oberko­chen 4 Mühlen.

Herr Hersa­cher ist auch weiter­hin bereit, die Arbeit des Heimat­ver­eins Oberko­chen zu unter­stüt­zen. Hierfür und für die bereits geleis­te­te »Schüt­zen­hil­fe« bedan­ken wir uns herzlich.

Dietrich Bantel

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