Die „Maria-Schutz-Kapelle“ (ursprünglich korrekt „Maria vom Schutz“) wurde am 31. Juli 1950 durch den Ortspfarrer Rudolf Hager (1949 bis 1958), dieses Mal mit bischöflicher Vollmacht, feierlich eingeweiht. Somit steht der »Geißelheiland« seit damals im Weingarten und blickt auf das Tal hinab.

Maria-Schutz-Kapelle Innenaufnahme (Archiv Müller)
1985 konnte dank großzügiger Spenden ein schöner Kreuzweg errichtet werden.
1987 folgte der Bau der „Lourdes-Grotte.
Im Sommer 2007 gab die 30 Jahre alte Orgel den Geist auf. Ein Gewitter über dem Weingarten sorgte dafür, dass Sicherungen zerstört wurden und die Orgel in der Folge nicht mehr bespielbar war. Selbstredend musste eine „Neue“ her. Nach Rücksprache mit den Fachkräften Balle-Grünbaum und Heller entschied man sich seitens des Kirchengemeinderats für eine Ahlborn-Orgel, da eine Pfeifen-Orgel nicht die richtige Lösung gewesen wäre.
Im April 2008 wurde die Orgel (Preis rund 6.000 €) geliefert und aufgestellt. „Sie klingt würdevoll und orgelmäßig, sie ist kein Orchestrion und auch keine Unterhaltungsorgel“, so die Organistin.
Im Dezember 2008 setzte die Sonnenbergschule Oberkochen die langjährige Tradition fort und veranstaltete die Weihnachtsfeier in der nahe gelegenen Maria-Schutz-Kapelle, wo die Klassenlehrerrinnen Brigitte Weber und Angelika Jaskölski mit ihren Lerngruppen ein Hirtenspiel inszenierten. Die Geschichte von dem kleinen Hirten und dem großen Räuber wurde mit passenden Weihnachtsliedern ausgeschmückt und von Vera Jaskölski auf der Querflöte begleitet.
Wir schreiben das Jahr 2010 und die Kapelle feierte ihren 60ten Geburtstag. Betend und singend begaben sich die Gläubigen der katholischen Kirchengemeinde Sankt Peter und Paul an einem Sonntag im Oktober bei Einbruch der Dämmerung zur Maria-Schutz-Kapelle, um das 60jährige Bestehen zu feiern. Seit 60 Jahren erhebt sich die Maria-Schutz-Kapelle über Oberkochen. Rund 50 Gläubige folgten Pfarrer Andreas Macho auf der Lichterprozession zur Lourdes-Grotte vor der Maria-Schutz-Kapelle. „Aus unserer Kapelle ist eine richtige Erfolgsgeschichte geworden“, betonte der Geistliche. Die Maria-Schutz-Kapelle spiele fürs Gemeindeleben eine bedeutende Rolle, sie sei ein beliebter Ort der Einkehr. Auch für Jahrgangsfeiern, Hochzeiten und runde Geburtstage werde die Kapelle gerne genutzt. „Wir können getrost sagen, dass dieses Kleinod ein kleiner Wallfahrtsort geworden ist“, meinte Pfarrer Macho, dessen besonderer Dank den Mesnern galt und all jenen, die sich immer wieder für den Blumenschmuck einsetzen, um der stillen Einkehr Würde zu erweisen. Vor der Andacht in der Kapelle segnete der Geistliche jene Rosenkränze, die für die Marienstatue an der Lourdes-Grotte gespendet wurden, nachdem der ursprüngliche Rosenkranz vor einiger Zeit abhandengekommen war.
Es kam das Jahr 2013 und man war sich im Kreise der Katholiken darüber im Klaren, dass der solitäre Standort der Kapelle im „Weingarten“ planungsgemäß im Jahr 2015 Geschichte sein wird. Ein kleiner Einschnitt in der Baugeschichte Oberkochens, ein massiver Einschnitt in den Standort der Kapelle. Neue Einfamilienhäuser in guter Lage für Menschen mit gutem Geld rücken der Kapelle auf die Pelle. Die Ansichten und Meinungen unterschiedlich, wie konnte es auch anders sein. Die verstorbene Gertrud Gutknecht machte sich Gedanken, ob die Sicht auf die Kapelle versperrt sein würde und der Bürgermeister Peter Traub tat kund, dass man schon zur Kenntnis nehmen müsse, dass man neben der Kapelle auch Häuser sehen wird. Pfarrer Macho und Stadtbaumeister Johannes Thalheimer führten Gespräche, aber wie man heute sieht, gab es da wohl wenig bis keinen Verhandlungs-spielraum. Es wurde das Maximum an Grundstücken umgesetzt. Das Thema wurde weiter hochgehängt und fand auch in verschiedenen Leserbriefen seinen Ausdruck und mancher fragte: „Muss denn wirklich alles zugebaut, betoniert und asphaltiert werden?“ Die Frage hat sich im Laufe der Jahre beantwortet, wie wir heute sehen können.
Im Jahr 2016 wurde wieder Geld benötigt. Eine Kapelle kostet auch Geld und das nicht zu knapp. Ein neues Dach wurde benötigt. Die Planungskosten beliefen sich auf 78.000 €. Die örtliche Stadtkapelle, die auch schon für die evangelische Kirchengemeinde aktiv war, veranstaltete ein grandioses Benefizkonzert:
Robbie Williams oder John Lennon im seriösen Rahmen der Kirche, das ist eher ungewöhnlich. Dies ließ auch Markus Wingert in seiner Moderation nicht außen vor. Spezieller Zweck, spezielle Musikauswahl. Und die kam so richtig an. Hans-Gerd Burr mit seinem in Oberkochen bekannten locker-flockigen Dirigat kam auch im weiten Kirchenraum gut an. Träumerische Melodik in „Beyond the sea“, spannungsvolle Dramaturgie in „La Storia“ von Jacob de Haan oder der Ohrwurm „Bésame Mucho“ von Consuelo Velasquez. Burrs Truppe wuchs über sich hinaus. Ein besonderer Höhepunkt war ein Medley mit Songs der Beatles.

Kapelle und Kreuzweg noch im Einklang mit der Natur (Archiv Müller)
Im Jahr 2017 gingen dann wieder die Wogen hoch – der Kreuzweg und die Bäume fielen der Spitzhacke zum Opfer was natürlich zu Reaktionen und Leserbriefen führte. Im gleichen Jahr gerieten die Dinge in und um die Kapelle leicht außer Kontrolle, wie aus einem Bericht im Monat Mai zu lesen ist:

Es ist vollbracht – Bäume und Kreuzweg sind weg (Archiv Müller)
„Ärger gibt es im Baugebiet „Weingarten“, wo Erschließungsarbeiten laufen. Die benachbarte Maria-Schutz-Kapelle ist „Tatort für böse Gesellen“, wie Bürgermeister Peter Traub sagte. Bei den Arbeiten muss vorübergehend auch in den Bereich der Kapelle eingegriffen werden. Seit einigen Tagen ist diese daher nicht mehr auf befestigten Wegen zu erreichen. Die Baustelle zieht wohl Menschen an, die den Stellenwert eines Gotteshauses nicht einordnen können, so Traub. In den vergangenen Wochen mussten Ehrenamtliche täglich wilden Müll beseitigen. In und an der Kapelle wurden Trinkgelage abgehalten. Zertrümmerte Bier- und Schnapsflaschen zeugen davon. Auch eine Feuerstelle direkt vor der Eingangstür, inklusive Holzkohlegrill, wurde angelegt. Beschädigungen der Steinfliesen sei in Kauf genommen worden. Traub sagte: Was bei der Kapelle läuft, ist Hausfriedensbruch. Sollte sich nichts ändern, werde die Kirchengemeinde einen Sicherheitsdienst beauftragen. Die katholische Gemeinde bittet Besucher um Verständnis, dass die Kapelle bis auf Weiteres geschlossen ist. Alle Gottesdienste werden bis zum Ende der Baumaßnahmen in der Pfarrkirche gefeiert.“
Im Januar 2018 war zu lesen, dass sich die Maria-Schutz-Kapelle zu einem Sorgenkind entwickelt hatte. Die Dachsanierung sollte eigentlich bereits im Frühjahr 2017 erledigt werden. Was man allerdings nicht berücksichtigen konnte, sei der Umstand, dass die Zufahrt zur Kapelle durch die Erschließungsarbeiten fürs neue Wohngebiet Weingarten unterbrochen wurde. Die Kirchengemeinde bedauerte zutiefst, dass seit Mai 2017 die Maria-Schutz-Kapelle für Gottesdienstfeiern geschlossen wurde und die Sanierungsarbeiten auf unbestimmte Zeit verschoben werden mussten. Das Dach sollte nun, sofern die Straßenbaufirma und das Wetter mitspielten, in den Monaten März und April des Jahres 2018 saniert werden. Da anschließend auch noch der Innenbereich zur Renovierung anstehe, müsse man sich leider auf eine verhältnismäßig lange Schließungszeit einstellen. Allein die Kosten für die Außensanierung beliefen sich wohl auf mehr als 100 000 Euro.
Im Jahr 2019 wurde die Maria-Schutz-Kapelle endlich eingerüstet und die Renovierungsarbeiten nahmen Fahrt auf. Beide Kirchengemeinden wurden mit je 100.000 € unterstützt.
Und im Jahr 2021 war es endlich so weit. Die Wiederöffnung der Maria-Schutz-Kapelle wurde am Himmelfahrtstag um 10.30 Uhr mit einer Eucharistie gefeiert. Die Außenrenovierung war schon länger abgeschlossen, nun konnte auch die Innenrenovierung abgeschlossen werden. Pünktlich zum Fest Christi Himmelfahrt gibt die katholische Kirchengemeinde die Wallfahrtskapelle an ihre Gläubigen zurück und an all jene, die gerne auf ihren Spaziergängen stille Einkehr halten wollen. Die Kapelle soll täglich geöffnet sein. Die gesamten Renovierungskosten beliefen sich auf rund 320 000 Euro.
Die Statue des „Wiesenherrgott“ hat somit wieder einen adäquaten Standort gefunden. Zudem sind an den Wänden die „sieben Freuden Mariens“ abgebildet. Ein besonders Detail sind die Kinder aus Oberkochen, die vom Maler dargestellt wurden. Leider verschwand das zentrale Motiv der Krönung Mariens, an deren Stelle strahlt jetzt eine barocke Marienstatue.
Nachdem die Jesus-Statue in den vergangenen Jahrzehnten in der Pfarrkirche Sankt Peter und Paul aufgestellt war, fand sie wieder frisch renoviert den Weg in die Maria-Schutz-Kapelle. Nach fast 70 Jahren seit der Einweihung der Kapelle am 31. Juli 1950 mussten erstmals an der Außenhaut umfangreiche Sanierungsarbeiten durchgeführt werden. Im Herbst 2018 wurden nach der Genehmigung durch das Bischöfliche Ordinariat die ersten Arbeiten im Zuge der Erneuerung der Dacheindeckung und Dachentwässerung aufgenommen. Die Fassade erhielt einen neuen Anstrich und der Platz vor der Kapelle wurde neugestaltet.

Die Renovierung ist beendet und wirklich beeindruckend gelungen (Archiv Müller)
Ab Herbst 2020 wurden die Arbeiten im Innenbereich fortgesetzt. So wurde die Elektroinstallation inklusive Heizung, Beleuchtung und Alarmanlage komplett ausgetauscht. Die Raumhülle wurde aufwendig saniert, die Wandfresken renoviert, der Altarraum farblich neugestaltet sowie Boden und Kirchenbänke überarbeitet.
Die Madonna hat nun ihren neuen Platz zentral hinter dem Altar gefunden und wird von zwölf goldenen Sternen umrankt. Der Geißelheiland aus der früheren Wiesenkapelle kann nun in der Kapelle an repräsentativer Stelle betrachtet werden.
Neben dem Architekturbüro Brenner-Duttlinger-Stock aus Ellwangen hob Thomas Haas ganz besonders Wilhelm „Willi“ und Christine Schönherr hervor, die neben den Malerarbeiten auch eine sehr ansprechende künstlerische Gestaltung vorgenommen haben. „Die künstlerische Gestaltung von Christine Schönherr wirkt verbindend“, fügte Pfarrer Macho beim Pressegespräch hinzu. Die Farbe Ultramarinblau schaffe eine meditative Atmosphäre. Wie bei Meer und Himmel werde die räumliche Tiefe nicht greifbar und durch das neue Lichtkonzept entstehe eine Transzendenz über den Raum hinaus.
Heute steht die Kapelle natürlich nicht mehr so da, wie wir Alten das gewohnt waren, und vielen gefällt das nicht, dass man keinen freien Blick mehr auf bzw. von ihr hat. Es wird notgedrungen akzeptiert, aber sie hat natürlich dadurch äußerlich verloren, aber innerlich deutlich gewonnen. Und wir merken wieder einmal, dass alles, was man früher eher „außerhalb“ des Ortes sah (wie Friedhöfe und Kapellen) nach und nach im Laufe der Jahrzehnte wieder „umzingelt und eingemeindet“ wird. Stillstand gibt’s halt erst wenn man kein Geld mehr hat.

Das Kleinod unterhalb der Rodhalde – die Josefskapelle (Archiv Müller)
Dann bleibt noch die Josefs-Kapelle – wild gebaut, unterhalb der „Rothalde“, auf dem Grundstück, auf dem früher das alte „Böller-Häusle“ stand. Ich will jetzt nicht noch mal die Geschichte der berühmten „Bagage“ erzählen, dazu gibt es schon genug zu lesen u.a. im Bericht 742, aber die Geschichte der Kapelle will ich nochmals kurz darstellen, damit der Bericht auch vollständig ist:
6 Männer hatten einen Plan, Ideen, den Willen, das handwerkliche Können sowie 6 Ehefrauen, die das Engagement ihrer Männer mittrugen – aber sie hatten keine Baugenehmigung und auch keinen kirchlichen Segen und auch der Schultes wusste von nichts. Frei nach Beckenbauer: „Wir fangen mal an und dann schau‘ mr mal.“ Geheimsache – versteht sich. Und letztendlich konnten sie nicht einschätzen, dass das Bauen das eine und das Pflegen das andere ist. Aber wie das oft im Leben so ist, ist es manchmal besser, nicht alles in der Gänze zu überschauen, (in Merkel-Deutsch: vom Ende her zu denken) sonst würde man es womöglich gar nicht erst beginnen.
Am 14. November 1987 wurde die Kapelle eingeweiht und vom Pfarrer Snoeren gesegnet. Vermutlich gab es vorher eine Standpauke mit Beichte sowie eine Buße in Höhe von 70 DM an das Rathaus????, aber wenn man sich das Ganze heute anschaut. Werk und Ort gelungen – eine schöne Kapelle schaut auf den Ort hinunter ond ois isch gwieß: „Dui wird et mit Heiser omzingelt“. Gut gemacht, liebe Bagage! Und am 1. Mai findet immer eine Mai-Andacht statt.
Abgesang. Soweit zum Thema „Kapellen“. Eine wurde gekauft und abgerissen, eine wurde im Zuge des Abrisses neu erbaut, eine hat die Wirren der Zeit am alten Standort überstanden und eine wurde an einem schönen Platz ohne „Genehmigung“ gebaut.
Wilfried „Billie Wichai“ Müller vom Sonnenberg