Und so haben wir jetzt einen weiten Bogen gespannt zu den Kapel­len in unserer Gemein­de. Nicht pompös, nicht groß bekannt, aber mit Geschich­te und Geschich­ten. Dieser Bericht erzählt die Geschich­te folgen­der örtli­cher Kapel­len – seien sie noch oder seien sie gewesen. Es wurden alle zugäng­li­chen Berich­te und Unter­la­gen gesich­tet und in Teilen verwendet.

Die „Ottili­en-Kapel­le“ im „Brunkel“ – ältere Ansicht (Archiv Müller)

Die „Ottili­en­ka­pel­le“ im Brunkel zwischen der Kocher­brü­cke und dem einsti­gen Stamm­haus der Zimme­rei Willi­bald Mannes sen. Über diese Kapel­le ist nicht allzu viel in Erfah­rung zu bringen. Schon um 1650 stand dort eine Ölberg­ka­pel­le, die auch der Hl. Ottilia, der Patro­nin für Augen­lei­den, geweiht war. Im Chor der Kapel­le steht eine Pietà, rechts an der Wand die Hl. Ottilia und ihr gegen­über der Hl. Josef mit dem Jesus­kind. In den letzten Jahren erhielt auch sie ein neues Dach.
Die „Wiesen­ka­pel­le“. Da stellt sich zuerst die Frage, wer sie erbaut hat. Und da bin ich zufäl­lig fündig gewor­den, über eine Nachfah­ren­lis­te des Andre­as Fischer (geb. 1686, gest. 1766), die ich von Eugen Fischer erhal­ten habe. Andre­as Fischer, ein wohlha­ben­der Mann aus Bartho­lo­mä ließ sie einst bauen. Er ehelich­te im Jahr 1720 Barba­ra Burr aus Heiden­heim-Zang. Aus dieser Ehe gingen vier Kinder hervor. Viele Oberkoch­ner und auswär­ti­ge Famili­en mit den Namen Fischer, Brand­stet­ter, Tritt­ler, Wingert, Schaupp, Fritz, Ebert, Laden­bur­ger, Meyer und Zirngi­bel gehen in einer langen Linie auf diesen Vorfah­ren zurück.
Aus der „Beschrei­bung des Oberamts Aalen“ – im Jahr 1906 heraus­ge­ge­ben von dem König­li­chen statis­tisch-topogra­fi­schen Bureau – lesen wir zur Wiesen­ka­pel­le folgen­den Text:

1847: li die „Ottili­en-Kapel­le“ inner­halb des Etters (Zaun) und re die „Wiesen-Kapel­le außer­halb des Etters (Archiv HVO)

„Im Wiesen­tha­le, 10 Minuten vom Dorfe abwärts, stand einst unter einer Mauer­wöl­bung ein Bild des mit Ketten belas­te­ten, gegei­ßel­ten Chris­tus, welches durch eine Mülle­rin, die sich für beses­sen hielt, in den Ruf der Wunder­tä­tig­keit kam und bald das Ziel vieler Wallfahr­ten wurde. Von den Opfer­ga­ben wurde 1755, obgleich der Bischof die Einwil­li­gung versag­te und die benach­bar­ten Parochie protes­tier­ten, eine eigene Kapel­le „zum gekreu­zig­ten Heiland“ erbaut, im Volks­mun­de „Der Wiesen­herr­gott“. Das Bild erhielt nun einen Platz auf dem Hochal­tar.
Als im Oktober 1790 Nachts das thöner­ne Bild zertrüm­mert wurde, traf der Verdacht die Protes­tan­ten des Orts und es entstan­den so viele Verfol­gun­gen, beson­ders gegen den evange­li­schen Pfarrer, daß endlich die beider­sei­ti­gen Herrschaf­ten einschrei­ten mußten. Zuletzt entdeck­te man den Thäter in einem Katho­li­ken aus der Nachbar­schaft. Das verstüm­mel­te Bild selbst wurde in Ettal mit Schnitz­werk ergänzt und 1819 ließ ein vermö­gen­der Bauer eine geräu­mi­ge­re Kapel­le darüber erbau­en. Doch haben die Wallfahr­ten dahin sehr abgenom­men. Die Kapel­len­pfle­ge ist seit 1803 mit der Stiftungs­pfle­ge verbun­den.“
Neben der Kapel­le stand bis zum Jahre 1862 ein runder, schöner Felsblock. Er hatte eine Höhe von etwa vier Metern. In der Nacht vor dem Alexis-Tag (17. Juli) sei dort einst ein Engel erschie­nen, in weißem Gewand, die Hände segnend über das Kocher­tal ausge­brei­tet und umstrahlt von einem lichten Schein. Die Bauern deute­ten diese Erschei­nung als Vorzei­chen für eine geseg­ne­te, reiche Ernte. Der Felsblock soll auf diese Begeben­heit hin den Namen Engelstein erhal­ten haben. An diesem Tage kam noch bis in die jüngs­te Zeit eine kleine­re Schar von Wallfah­rern aus Affal­ter­wang auf dem Härts­feld zum »Geißel­hei­land« in der Wiesen­ka­pel­le. Am 4. Juli (Ulrichs­tag), früher hier Ratzen­fei­er­tag genannt, erschie­nen Gläubi­ge von Waldhau­sen in der Kapel­le. Überhaupt war die Kapel­le ein Anzie­hungs­punkt für Wallfahr­ten der Bewoh­ner des Härts­fel­des.
Beim Bau der Eisen­bahn­li­nie von Aalen nach Heiden­heim im Jahr 1862 wurde der Engelstein von dem damali­gen Maurer­meis­ter Wingert gesprengt. Die Anord­nung dazu ging vom Schult­heiß Wingert aus. Der Flurna­men rechts von der Halde hinauf heißt heute noch Engelstein.
Anmer­kun­gen: Wir erken­nen, dass man damals auch neidisch war, neidisch auf neue Wallfahrts­or­te, die Geld brach­ten und damit den Nachbarn und der Obrig­keit ein Dorn im Auge waren. Zudem ein typisches Beispiel dafür, dass Übeltä­ter oft in den eigenen Reihen zu finden waren und nicht unter den üblichen Verdäch­ti­gen, denn merke. „Die schlimms­ten Elche waren oft selber welche ????“ In einem Bericht von Didi Bantel lesen wir: Dennoch ist die Wiesen­ka­pel­le »unsterb­lich«: sie wird bis auf den heuti­gen Tag in der offizi­el­len Liste des Landes­denk­mal­amts, in der alle schutz­wür­di­gen Objek­te auf Oberko­che­ner Gemar­kung aufge­führt sind, als ein Gebäu­de geführt, das unter Denkmal­schutz steht. (Das ist aber sehr seltsam – mehr fällt mir dazu wirklich nicht ein).
Wir schrei­ben das Jahr 1911 und die „Kocher­zei­tung“ berich­tet am 25. April über einen frevel­haf­ten Einbruch in der „Wiesen­kir­che“. Im Bericht 107 lesen wir dazu folgen­den Text:
„25. April 1911: Einbruch in Wiesen­ka­pel­le — Spürhund einge­setzt
Dieser Vorfall, hat die Gemein­de wohl aus zwei Gründen sehr bewegt. Da die Kapel­le in der Fasten- und Oster­zeit häufig auch von auswär­ti­gen Betern besucht wurde, dürfte »die Beute des Einbre­chers nicht einmal gering ausge­fal­len« sein, obwohl Ostern 1911 schon am 16. April gewesen war. Außer­dem wurden zur mögli­chen Aufklä­rung des Falles beson­de­re krimi­nal­tech­ni­sche Mittel einge­setzt. Doch zunächst lassen wir uns die Situa­ti­on schil­dern:
Als der Mesner am Morgen des 25. April die Kapel­le aufschloss, traf ihn beina­he der Schlag. Der gesam­te Opfer­stock war heraus­ge­ris­sen und verschwun­den! Rasch herbei­ge­ru­fe­ne Bürger fanden den Opfer­stock zwar in der Nähe des Bahndamms, jedoch fehlte die Opfer­büch­se samt Inhalt. Die Unter­su­chung des Tatorts ergab, dass der Dieb wohl am Tag zuvor den Fenster­rie­gel zurück­ge­scho­ben hatte. So konnte er in der Nacht nach Heraus­bre­chen einer Stange des Fenster­git­ters in die Kapel­le eindrin­gen und dort sein schänd­li­ches Werk tun. Da die Kapel­le schon mehrmals zuvor das Ziel von Einbre­chern mit offen­sicht­lich guten Ortskennt­nis­sen gewesen war, wollte man bei der Aufklä­rung des neuer­li­chen Einbruchs Nägel mit Köpfen machen und forder­te deshalb aus Aalen einen Spürhund an. Darüber berich­tet der Chronist in der Presse:
Telefo­nisch wurde »Sherlock« herbei­ge­ru­fen. Da man schon so viel von demsel­ben gehört und gelesen hatte, wollte ihn jeder­mann sehen. Infol­ge­des­sen sammel­te sich mittags um zwei Uhr, wo er erwar­tet wurde, eine solche Menge Leute auf dem Bahnhof an, wie es sonst nur bei wichti­gen Veran­las­sun­gen zu sein pfleg­te. Die Neugier­de wurde aber diesmal noch nicht befrie­digt, da »Sherlock« erst um 17.28 Uhr eintraf, wo er von der gleich großen Menge empfan­gen wurde. Nachdem er am Tatort Witte­rung genom­men hatte, eilte er auf den Opfer­stock zu, wo er nochmals Witte­rung nahm, und dann den Stati­ons­weg entlang bis zur Staats­stra­ße Oberko­chen-Unter­ko­chen eilte, wo er aber die Spur verlor und zurück­ge­bracht werden musste. Zum zweiten Mal nahm er Witte­rung, machte densel­ben Weg bis an die Straße, folgte ihr eine Zeitlang, ging dann bald rechts in den Wald, wo er bald wieder die Spur verlor, so dass er, da die Zeit schon ziemlich voran­ge­schrit­ten war, erfolg­los abzie­hen musste. — Leider.“
Damit endete die vergeb­li­che Suche nach dem Einbre­cher und Dieb, der vielleicht sogar im Schut­ze der schau­lus­ti­gen Menge das Spekta­kel des Spürhund-Einsat­zes beobach­tet hatte

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Die Wiesen-Kapel­le“ im „Schwörz“ umzin­gelt vom Sägewerk (Archiv Müller)

Das Bild zeigt die „Wiesen­ka­pel­le“, die 1819 anstel­le einer kleine­ren Kapel­le erbaut wurde und bis ins Jahr 1950 am alten Stand­ort behei­ma­tet war – schräg gegen­über dem Firmen­ge­län­de des Treppen­bau­ers und Zimmer­manns Willi­bald Mannes jun. Das Sägewerk des Fabri­kan­ten Albert Bäuerle brauch­te immer mehr Platz und so musste für die „Wiesen­ka­pel­le“ eine Lösung gefun­den werden und die hieß erst mal Abriss. Aber es musste ein Substi­tut her, ein Ersatz­stand­ort für eine neue Kapel­le, aber mit einem anderen Namen.
Auch wenn verein­zelt die Meinung besteht, dass die Geschich­te der beiden Kapel­len nicht hinrei­chend bekannt sei, ist das so nicht ganz richtig. In alten Schrif­ten und Unter­la­gen ist damals darüber ausführ­lich berich­tet worden. Und da jetzt ein Komplett-Bericht entsteht, will ich das gerne einfü­gen, denn es gehört dazu, um zu verste­hen, warum es die eine im „Schwörz“ nicht mehr gibt und warum es die im „Weingar­ten“ gibt.
1950 kam es nach erfolg­rei­chen Verhand­lun­gen zwischen der Familie Bäuerle und dem Stiftungs­rat zu folgen­der einver­nehm­li­cher Lösung:
Der Fabri­kant Otto Bäuerle sen. sagte zu, im „Weingar­ten“ eine neue Kapel­le in gleichen Abmes­sun­gen und Ausstat­tun­gen nach den Plänen des Stiftungs­ra­tes der katho­li­schen Kirche Oberko­chen auf seine Kosten zu bauen. Ebenso sagte er zu, das notwen­di­ge Grund­stück günstig zu erwer­ben, damit umgehend mit dem Bau begon­nen werden konnte. Das Grund­stück stell­te Aloisi­us Balle zur Verfü­gung und so wurde aus der Kapel­le im Tal eine auf dem Berg und so gilt Uhlands Gedicht ab 1950 auch für uns: Droben stehet die Kapelle…..“

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1950 Die neue “Maria-Schutz- Kapel­le“ im Weingar­ten steht — noch etwas arm an Atmosphä­re (Archiv Müller)

Und bald erscheint der 3te und letzte Teil

Wilfried „Billie Wichai“ Müller vom Sonnenberg

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