Jetzt müssen wir uns noch rund um die Dreißen­tal­stra­ße kümmern, damit das Ganze vollstän­dig ist und da bezie­he ich jetzt Sonnen­berg und Weingar­ten mit ein.

  • Finken­weg 9, Karl Reber – Metzgerei
  • Finken­weg 11, Eva Seyfarth – Nähmaschinen
  • Frühling­s­tra­ße 4, Reinhold Bahmann – Bonnfinanz
  • Frühling­s­tra­ße. 8, Dr. Albert und Marian­ne Schwarz
  • Frühling­s­tra­ße 10, Gertrud Liersch – Lohndreherei
  • Frühling­s­tra­ße 11, die Zahnärz­te Dr. Herbert Gebert / Dr. Frank Gebert / Dr. Iljo Mitrov / DXC-Technology
  • Frühling­s­tra­ße 16, Abele / Königer – Instal­la­tio­nen und seit 1998 die Cosytec Compu­ter-Technik GmbH von Albert Schwarz.
  • Im Mahd 3, Otto Schaupp – Architekt
  • Lerchen­stra­ße 5, Erich Fleury – Kondi­to­rei und Bäcke­rei / später Wilhelm Engel Bäcke­rei und Lebens­mit­tel­ge­schäft „EDEKA“
  • Lerchen­stra­ße 6, Erich und Helmut Hahn – Friseur Damen- und Herren­sa­lon
    ➔ Siehe dazu auch den Bericht 614
  • Sonnen­berg­stra­ße 10, Emmerich Burger – Hausfriseur
  • Sonnen­berg­stra­ße 17, Peschel Nelly – Schleiferei
  • Sonnen­berg­stra­ße 18, Erich Lay – Schmuckwaren
  • Sonnen­berg­stra­ße 22, Manfred Maier – Handel mit Baustof­fen, Güternahverkehr
  • Sonnen­berg­stra­ße 24, Ewald Farys – Lebensmittel
  • Sonnen­berg­stra­ße 25, Karl Frey – Lebensmittel
  • Sonnen­berg­stra­ße 34, Wilfried Müller und Jochen Legner, SkyHigh Flugver­mitt­lung
    ➔ Wir haben einfach Tickets und Hotel­bu­chun­gen bei Explo­rer Stutt­gart einge­kauft und weiter­ver­kauft. Großes Geld war damit nicht zu verdie­nen, aber die eigenen Flugti­ckets konnten damit schon finan­ziert werden.
  • Sperber­stra­ße 3, Rosl Pfütze – Gummiwaren
  • Sperber­stra­ße 10, Alois Köder – Metzgerei
  • Sperber­stra­ße 11, Bruno Grupp – Sattlerei
  • Sperber­stra­ße 18, Fischer Anton – Schneider
  • Sperber­stra­ße 19, Alois Betz – Gasthaus und Metzge­rei „Zur Sonne“
    ➔ Siehe dazu auch den Bericht 562
  • Sperber­stra­ße 23, Josef und Traute Gillmei­er – Autowerk­stät­te und Restegeschäft
  • Sperber­stra­ße 25, Bernd Binder – Schumacher
  • Turmweg 6, Gertrud Hauber – Hebamme
  • Turmweg 8, Frieda Pfeil – Café Gold / Oswald Weidl – Café und Kondi­to­rei / Café Bergst­üb­le / Gasthaus Muckenthaler
  • Turmweg 12, bevor Erwin Zipser im Jahr 1959 in die Aalener Straße 9 zog, war er mit seinem Geschäft hier zu finden. Josef Fischer „Schrei­ber­le“ – Toto Lotto / später Hilde­gard Bewers­dorff sammel­ten hier die Lotto-Schei­ne der angehen­den Millio­nä­re ein.
  • Turmweg 18, Hans Neubau­er – Holzsä­ge­rei und Elektro­land Verkaufs GmbH
  • Turmweg 20, Maria Geller – Speiseöle
  • Volkmars­berg­stra­ße 2, Gabrie­le Funk, Hebam­me und Tonstu­dio Berthold Baumgartl
  • Volkmars­berg­stra­ße 6, Karl und Albert Speth – Drehe­rei und Metallverarbeitung
  • Volkmars­berg­stra­ße 8, Walter Zink – Fahrdienst / Mietwa­gen
    ➔Herr Zink hat mich oft gefah­ren, sei es von den Flughä­fen Frank­furt und Stutt­gart oder nach Unter­schneid­heim. Denn ohne Führer­schein bin ich mit öffent­li­chen Verkehrs­mit­teln überall auf der Welt an mein Ziel gekom­men – nur nicht nach Unterschneidheim ????.
  • Weingar­ten­stra­ße 7, Georg Steier – Malergeschäft
  • Weingar­ten­stra­ße 71, Jakob Gold – Schuhmacher

So wie dr Huga Paule zum unteren Dreißen­tal gehört, ist das obere Dreißen­tal undenk­bar ohne, den jüngst verstor­be­nen, Helmut „Murxle“ Gold, der hier die Geschich­te vom neuen Fahrrad zum Besten gibt:

Oberkochen

Das Gewann „Dreißen­tal“ im Aufbau (Archiv Müller)

Wir schrei­ben das Jahr 1952. Der Krieg war gerade einige Jahre vorbei und es ging den Menschen noch nicht so gut. Für Luxus war, mit Ausnah­me der oberen 10.000, absolut noch kein Geld vorhan­den. Aber einige Buben, aus den sogenann­ten „besse­ren Häusern“, besaßen einen fahrba­ren Unter­satz – ein Fahrrad. Sotti­ge mit Fahrrad, denen schau­te man schon etwas neidisch und auch traurig nach, wenn sie an einem vorbei­fuh­ren. Es war schon was Beson­de­res, wenn man als Arbei­ter­bub auf dem Fahrrad dieser Privi­le­gier­ten eine Runde drehen durfte.

Schon damals gab es die örtli­che Müllab­fuhr bzw. die Sperr­gut­ab­fuhr. Wenn man an diesen, sagen wir es ruhig, Müllhau­fen vorbei ging, schau­te man unwill­kür­lich hin, denn es könnte ja etwas dabei liegen, das sich noch verwen­den ließ – auch wenn es andere entsor­gen wollten.

Eines Tages war es so weit, das Glück lachte uns an, meinem Bruder Hans und mich. Wir sahen einen alten Fahrrad­rah­men von einem Damen­rad. Wir fragten den Besit­zer, ob wir den Fahrrad­rah­men haben könnten, was uns dann auch nicht verwehrt wurde. So, den Rahmen hatten wir schon mal, jetzt fehlte nur noch ein Hinter- und ein Vorderrad.

Die darauf­fol­gen­de Suchak­ti­on im Dorf blieb leider ergeb­nis­los. Jetzt mussten wir sämtli­che Müllab­fuhr­plät­ze absuchen, ob man sich nicht doch noch etwas Brauch­ba­res finden ließ. Derer Plätze gab es gleich drei in unserer Gegend:

Der erste war im „Langen Teich“, der zweite auf dem „Zahnberg“ (beim Ochsen­berg), der dritte beim „Seegar­ten­hof“.

Diese Strecke lief ich zwei bis drei Mal in der Woche ab, um die fehlen­den Teile zusam­men­zu­be­kom­men. Und zwischen­durch musste ich auch mal nachmit­tags zur Schule. Monat um Monat ging ins Land. Das meiste hatte ich gefun­den, doch es fehlte noch ein Hinter­rad mit Freilauf. Ich kam einfach nicht voran. Es passte nichts zusam­men. Doch eines Tages fand ich auf dem Zahnberg ein Hinter­rad mit einer Torpe­do-Nabe. Die Freude war riesen­groß. Ich schraub­te das Rad vom Rahmen ab und stell­te gleich darauf fest, die Felge hatte keinen „Achter“, sondern bereits einen „Sechzeh­ner“ – so verbo­gen war die. Also, das Rad war wieder nicht zu gebrau­chen, aber der Freilauf sah noch gut aus und so trug ich die Radfel­ge samt Freilauf mit nach Hause. Mein Bruder Hans war gerade erst in die Lehre gekom­men, er meinte „dean Gebbl werrät mir scho na griaga“, sprachs und schon fing er an zu montieren.

Das war dann aber schon recht mühse­lig Die Schrau­ben waren zerschun­den, die Muttern einge­ros­tet und liefen schlecht und so ging es weiter, es passte alles nicht so wie wir es gerne gehabt hätten.

Das Vorder­rad hatte eine Größe von 26“ und das Hinter­rad hatte eine Größe von 28“, was eigent­lich nicht so schlimm war – beson­ders wenn’s bergauf geht ????. Man hatte dadurch den Oberkör­per schon etwas in Vorhal­te, d. h. man hatte eine Vorla­ge wie Rudi Altig in seinen besten Jahren. So weit, so gut, das große Problem kam aber erst noch.

Wir hatten zwar jetzt einen Torpe­do­frei­lauf, aber er passte nicht so richtig in die Nabe, er hatte etwas Luft. Aber man konnte treten und beim Rücktre­ten brems­te er auch. Wahrschein­lich war der Freilauf ein etwas anderes Modell. Wollte ich bremsen und es brems­te nicht gleich, musste ich eben drei- oder viermal zurück­tre­ten, dann klapp­te es und das Rad bremste.

Endlich war es soweit. Alles war nach bestem Wissen und Gewis­sen montiert und somit zur Jungfern­fahrt freige­ge­ben. Aber wer probier­te es aus und fuhr als erster? Mein Bruder Hans sah mich an und meinte todernst: „Du wirscht doch et glauba, daß i auf den Gebbl naufsitz“ – soweit mein Bruder – „ond ich hock au net nauf“, sagte ich, „schlias­lich hascht’n doch du zamma gschraubt ond net I“ – war meine Antwort.

Er sah mich etwas hilfe­su­chend an und hatte plötz­lich ein spitz­bü­bi­sches Lächeln im Gesicht.

„Dao kommt Rettung“ – sagte er sehr schel­misch und meinte damit unseren späte­ren Schwa­ger Heinz, der vor einem Jahr aus Coburg nach Oberko­chen gezogen war und der Freund und späte­rer Mann unserer Schwes­ter Lina war. Ich schau­te meinen Bruder nur an und war etwas skeptisch, worauf der gleich sagte: „Woisch, dia Cobur­ger send doch älle Inschi­nör, dia kennat doch älles ond wisset ällas und Kultur hens au broacht, nau wurd’r doch au mit deam Rädle z‘Schuß komma“.

Heinz kam näher, betrach­te­te das Fahrrad mit Argus­au­gen und ließ sich’s von meinem Bruder erklä­ren. Heinz schnapp­te das Fahrrad, ging auf die Straße und schwang sich auf’s Rad, trat in die Pedale und raste die Dreißen­tal­stra­ße hinun­ter Richtung Dorfmit­te. Damals war die Dreißen­tal­stra­ße noch nicht geteert, sondern es war eine Kalkstra­ße mit kleinen Buckeln und großen Löchern. Elegant wich er den Schlag­lö­chern aus und entschwandt unseren Augen. Ich sagte: „I ben bloß gspannt wia der naoch­her z‘Dreißetal hendre kommt“. Großes Schwei­gen. Irgend­wann fragte ich: „Hoscht du am Heinz au des mit am Freilauf gsait, daß er drei bis viermaol z‘ruckdrabba muas, daß d‘r Freilauf au eihaokt ond bremst“?

„Oh je, noe, des hann i ganz verges­sa, abr dao wird‘r schon drauf­kom­ma ond zuadem, weidr wie bis an d‘ Molge kommt‘r sowie­so net“, sprachs und ging ins Haus. Er stell­te sich im 1. Stock hinter die Gardi­ne, von wo aus er bis zur Bergstra­ße, heuti­ge Volkmars­berg­stra­ße, sehen konnte. Wir warte­ten eine halbe Ewigkeit. Plötz­lich rannte mein Bruder aus dem Haus und schrie ziemlich laut und aufge­regt: „Helmut, er kommt, er kommt“. Bis ich mich umdreh­te war mein Bruder schon wieder im Haus verschwun­den. Oh herrjeh, ich ahnte nichts Gutes.

Da sah ich eine Gestalt, welche sich am Fahrrad mehr stütz­te als dass er es schob. „Jessas“ dachte ich „des isch doch d‘r Heinz, der kao ja kaum mea laufa ond henka duadr au, Bua des wird ebbas gebba“. Je näher er kam, umso mehr konnte ich das Folgen dieser Jungfern­fahrt erkennen.

Schürf­wun­den an den Armen, Hemd zerris­sen, das Gesicht voller Schmur­ra, die Absät­ze an den Schuhen fehlten ganz, die brauch­te er ja zum Bremsen, weil die Rücktritts­brem­se fehler­haft bedient wurde. All das war mir egal, ich hatte nur Augen für das Fahrrad. Am Vorder­rad war der Schlauch und der Mantel von der Felge geris­sen, welche auch den schöns­ten Achter aufwies. Das Hinter­rad war verbo­gen und dreht sich kaum mehr. Er schmiss das Fahrrad einfach in den Weg und verschwand ohne Kommen­tar, sicht­lich beleidigt.

Die folgen­den Tage war mein Bruder, wenn unser Schwa­ger Heinz im Haus war, nicht zu sehen, er vermied eine Konfron­ta­ti­on. Nach einer gewis­sen Zeit waren die Wunden körper­lich und mental verheilt und der Versöh­nung stand nichts mehr im Wege. Sie vertru­gen sich wieder.

Was war nun mit dem Proto­typ unseres Rennrads gewor­den? Es wurde achtlos in die Hütte gestellt und nie mehr angeschaut. Der Mohr hat seine Schul­dig­keit getan, der Mohr kann gehen. So oft wir in die Hütte mussten stand der Rest des Rades immer im Weg. Also musste endlich eine Entsor­gungs-Lösung her. Der glück­li­che Zufall kam mir zu Hilfe.

Es waren noch ein paar Tage bis zum 1. Mai. In der Walpur­gis­nacht (30. April auf 1. Mai) sollen die Hexen ihr Unwesen und die jungen Burschen aller­hand Schaber­nack treiben. Da war ich natür­lich auch immer dabei. Garten­to­re wurden ausge­hängt und Gegen­stän­de, welche im Hof standen wurden versteckt usw. Wir nannten dieses Treiben „Maien stecken“. So stell­te auch ich das alte Fahrrad so etwas verlas­sen im Hof nahe der Straße ab, in der Hoffnung, man wird es irgend­wann holen und verste­cken. Doch bevor ich das Fahrrad in den Hof stell­te wollte ich noch ein kleines Andenken. Ich schraub­te die Fahrrad­schel­le ab, welche später von mir gegen einen Frosch oder etwas anderes verscha­chert wurde. Der 1. Mai-Morgen war gekom­men und der Rest vom Fahrrad war weg. Ich hatte es im Dorf nie wieder­ent­deckt. So endete das Dasein unseres selbst­ge­bas­tel­ten Fahrra­des noch bevor ich einen Meter mit ihm gefah­ren bin.

Reform­haus Schütze.

Im Jahr 1953 finden wir im Amtsblatt den Hinweis, dass die Anfän­ge wohl in der Meisen­gas­se 13 lagen. In einer Anzei­ge von damals wird für Öle und Demeter-Produk­te gewor­ben. 1957 finden wir eine Annon­ce über tägli­chen frischen Joghurt, der nun in der Dreißen­tal­stra­ße 2 abgeholt werden könne. Im Jahr 1959 finden wir eine Werbung zu frischem Eden-Sauer­kraut – nunmehr in der Dreißen­tal­stra­ße 26. Der Umzug war vermut­lich 1958. 1964 eröff­ne­te sie im Gebäu­de mit der Hausnr. 22 des damali­gen Kinos, das sich publi­kums­be­dingt verklei­ner­te, ein Reform­haus. Ein 30 qm großer Verkaufs­raum und ein 4×3 Meter großes Schau­fens­ter sorgten für eine Belebung des Geschäfts. Somit hatte sie auch in den alten Praxis­räu­men mehr Platz für Massa­gen, Thera­pien und Bäder. Später zog das Reform­haus in größe­re Räume um, ein paar Häuser weiter straßen­auf­wärts ins Haus Nr. 26, in dem sie schon einmal war. Und wieder gab es eine umfang­rei­che Sorti­ments­er­wei­te­rung, welche die Kundschaft gerne annahm. Es kam das Jahr 1989 und Frau Isolde Newman, die lange im Reform­haus gearbei­tet hat, übernahm das Geschäft und führte es bis zur Schlie­ßung. Damit endete die Geschich­te des ersten und einzi­gen Reform­hau­ses in Oberkochen.

Anmer­kung: Die Entste­hung der Reform­häu­ser geht aus der so genann­ten „Lebens­re­form“ Mitte des 19. Jahrhun­derts hervor, insbe­son­de­re aus dem Streben nach einer natur­na­hen Lebens­wei­se, ökolo­gi­scher Landwirt­schaft, Vegeta­ris­mus, Reform­klei­dung, Natur­heil­ver­fah­ren usw. Das Angebot dieses Fachge­schäf­tes umfasst unter anderem Lebens­mit­tel, pflanz­li­che Nahrungs­er­gän­zungs­mit­tel, rezept­freie Natur­arz­nei­mit­tel sowie Artikel für Körper­pfle­ge und Natur­kos­me­tik. Die angebo­te­nen Produk­te sollen die Krite­ri­en einer umwelt­scho­nen­den und natür­li­chen Herstel­lung erfül­len, sie sollen beispiels­wei­se keine synthe­ti­schen Konser­vie­rungs­stof­fe enthal­ten und dürfen nicht gentech­nisch verän­dert worden sein.

Oberkochen

Das Reform­haus zieht im Kino ein (Archiv Müller)

Der Trompe­ter vom Dreißental.

Das war der unver­ges­se­ne Josef Tritt­ler aus dem Haus mit der Nummer 66. In den 50er Jahren erlang­te er, auch medial, Berühmt­heit, weil er sonntags immer auf den Rodstein stieg, um den Tag des Herrn morgens gegen 6:30 Uhr mit seinem Trompe­ten­spiel zu begrü­ßen und zu verschö­nern. Zusätz­lich hat er Punkt 12 Uhr mittags (High Noon) aus dem Schlaf­zim­mer­fens­ter hinaus ins Dreißen­tal gespielt so dass alle wussten „Jetzt, könnet mr ässa.“

Jedoch wohnten Mitte der 50er Jahre im Dreißen­tal inzwi­schen nicht nur die alten Dreißen­ta­ler, denen das morgend­li­che Trompe­ten­spiel zur liebge­wor­de­nen Gewohn­heit gewor­den war, sondern auch neuzu­ge­zo­ge­ne (Reigschmeck­te halt), die ihn kurzer­hand wegen nächt­li­cher (!) Ruhestö­rung anzeig­ten. Diese Anzei­ge hat ihn wohl zutiefst verletzt und so hörte der Musiker Tritt­ler mit seinem Spiel auf, über das sich viele jahrein jahraus freuten. Bürger­meis­ter Bosch melde­te sich persön­lich beim ihm, um ihm zu sagen, dass es ihm furcht­bar leidtä­te, aber bei einer Anzei­ge könne er halt auch nichts machen. Nachbar­schaft ist halt manch­mal auch etwa was einem zu schaf­fen macht.

Eine Zeitlang, noch vor und während des Zweiten Weltkriegs, hat Karl Gold, der sogenann­te »Marxa-Karl«, Sohn des Marxa-Gärtners Johan­nes Gold, auf seiner Trompe­te vom „Rodstein“ übers das ganze Kocher­tal hinweg das Echo auf das Spiel des Trompe­ters Josef Tritt­ler zurück­ge­spielt, die vom Waldrand des Volkmars­bergs oder aus dem »Kessel« übers Tal zum Rodstein herüber­kam, zurück­ge­bla­sen. Des waret halt no Kerle ????.

Erich Günther. (Geb. 1899 gest. 1970)

Er wohnte anfangs im Dreißen­tal im Haus mir der Nr. 16 (später in der Garten­stra­ße mit der Haus Nr. 22) und war zum einen Mitin­ha­ber der Eisen­hand­lung Günther & Schramm und zum anderen ein Bürger, der sich stark im sozial-kultu­rel­len Bereich engagier­te. Bürger­meis­ter Bosch beschrieb ihn in seinem Nachruf als einen Menschen, der mit und für die Mitbür­ger lebte und oft eine offene Hand für viele hatte. Er war Mitglied im Gemein­de­rat von 1933 bis 1935 und von 1959 bis 1965. Im Amtsblatt nahm er oft in Gedicht­form Stellung zu Dingen, die ihm im Ort erwäh­nens­wert erschie­nen oder die ihm missfie­len. Als Beispiel das nachfol­gen­de Gedicht:

Gar unlängst habe ich gehört,
man hätte sich gar sehr beschwert
dass man nicht einmal schla­fen könne,
weil ne Trompet‘ es nicht vergönne.

Ich war darüber sehr erstaunt,
und, wär ich nicht so gut gelaunt,
würd‘ anders ich die Verse fassen,
doch will ich solche so belassen.

Wird nachts gegrölt, von zwei bis drei,
Dann ist der Schlaf bestimmt vorbei!
Denn solches ist kein Hochge­nuss,
Es bringt den Schlä­fern viel Verdruss.

Doch wenn um 6 Trompe­ten­tö­ne,
uns wecken mit, auch ohn‘ Gestöh­ne,
Dann ist der größte Teil der Nacht,
bestimmt im Schla­fe zugebracht.

Ist es nicht herrlich, wenn ein Mann,
der gut Trompe­te blasen kann,
uns Heimat­lie­der bläst vom Wald,
dass es im Tale widerhallt?

Sein Herz ist voll, es überfließt,
drum so den neuen Tag er grüßt,
und jubelnd seine Töne klingen,
so rein und klar wie Engelsingen.

Mich freut’s und viele andre auch,
denn ich find’s nen schönen Brauch
und noch viel lieber wär‘ es mir,
es blies nicht Einer, sondern Vier!

Versteht doch bitte dies, sein Tun,
geht früh zu Bett, um auszuruh’n,
so ist’s bei Jungen wie bei Alten
gar sicher­lich ganz recht gehalten.

So denke ich, mit mir gar Viele,
die sich ergöt­zen an dem Spiele.
Drum wünsch‘ ich mir, dass Gott es walte,
den Bläser uns noch lang erhalte.

Es hat alles nichts genützt. Der Josef durfte seine Trompe­te nicht mehr übers Tal erschal­len lassen. Heute würde vermut­lich die Facebook­ge­mein­de aus dem Bett fallen und sich in der Oberkoch­ner Gruppe darüber echauf­fie­ren oder sie würden den Robbie Ness anrufen, dass er das sofort abstel­len möge. Wer traut sich, diesen alten Brauch wieder aufle­ben zu lassen und mit seinem Blasin­stru­ment den Sonntag übers Dreißen­tal hinweg zu begrü­ßen – es muss ja nicht um 6 Uhr sein ????. Wenigschtens oimal! Bitte!

So, das wars vom Dreißental.

Dieser Bericht lag mir schon sehr am Herzen und es hat schon viel Spaß gemacht, auch wenn es sehr aufwen­dig und langwie­rig. Egal ob Katzen­bach, Kies oder Brunkel – das Dreißen­tal ist vielleicht der wichtigs­te, aber mit Sicher­heit der spannends­te Teil von Oberko­chen gewesen. Wir hatten alles, waren fast autark, nur die Kirche blieb im Dorf und wir gehen heute noch „ins Dorf virre“.

Oberkochen

Das ganz obere Dreißen­tal wurde zuletzt bebaut (Archiv Müller)

Halt, da fällt mir noch was ein. Das Dreißen­tal ist ja in Teilen schon recht steil und im Winter musste man da schon zackig nach oben fahren. Zum einen konnte man über die Lerchen­stra­ße hochfah­ren, aber wehe es kam einer von oben – dann war’s das und ein neuer Anlauf war notwen­dig. Oder mit Anlauf die hinte­re Dreißen­tal­stra­ße mit Schma­ckes hinauf – 60 km/h sollten es schon sein, um es hinauf­zu­schaf­fen. Und wenn man nicht aufpass­te, konnte man oder „Moll“ ???? schon sein Auto, oben in der Kurve zum Weingar­ten, seitwärts ablegen. So, das war’s jetzt aber wirklich.

Wer die Berich­te aufmerk­sam gelesen hat, dem ist mögli­cher­wei­se aufge­fal­len, dass sich Bruno Brand­stet­ter, Hermann Metz und Fried­helm Brach­mann in Teilen ihrer Erinne­run­gen an densel­ben Mann erinnern.

Es grüßen der alte Sonnen­berg­ler Billie, und damit automa­tisch auch ein Dreißen­ta­ler, dr Metza Hermann, dr Huga-Paul, dr Eberhard Irion, dr Peter Königer, Meroth’s Peter aus Berlin, Fried­helm Brach­mann (dr Enkel vom Ähle Paul), dr Albert Micha­el Schwarz sowie sein Bruder Rüdiger, des Brand­stet­ters Bruno (Ihr wisst schon – d’r schönsch­te…….) und d‘ Luitgard aus Poggibonsi.

Oberkochen

Blick auf Dreißen­tal und Sonnen­berg – vermut­lich 1950/51 (Archiv Müller)

Schluss­be­mer­kung:

Über die Gasthäu­ser und die Lebens­mit­tel­ge­schäf­te wurde bewusst wenig bis nichts geschrie­ben, weil es dazu zu einem späte­ren Zeitpunkt jeweils einen separa­ten mehrtei­li­gen Bericht geben wird.

Abgesang.

So, jetzt wär des Liadle gsonge / Hets eich reacht in d’Aoh­re klonge? / Wer’s no et begrei­fe ka / fangt no ‘maol von vorne a! Trulla.…
Dui Mess‘ isch somit gläsa – mal sehen, was ich so über den Katzen­bach zusammenbekomme.

Wilfried „Billie Wichai“ Müller

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