Ohver­zeih­lich. Mea Culpa. Heilandsnei –

hab ich doch einen meiner wichtigs­ten Unter­stüt­zer im Laufe der Jahre verges­sen aufzu­füh­ren. Obwohl ich meine Sachen mehrfach durch­le­se, schei­ne ich manch­mal Dinge zu lesen, die da gar nicht stehen. Wie könnte es sonst sein, dass ich den Ludwig Burkhard einfach unter­schla­gen habe. Er wird’s mir als großzü­gi­ger Dreißen­ta­ler nachse­hen und bei einem freitäg­li­chen Sauna-Bier Nachsucht üben ????. Seine Arbeit sehen wir dann überwie­gend in den Teilen 3 und 4.

Des Brand­stet­ters Bruno hat dazu auch viele Erinnerungen.

Nachdem meine Mutter Lydia schon zwei Buben zur Welt gebracht hatte, den Hubert am 15.12.1923 und den Josef am 27.07.1927 war klar, dass jetzt „‘s Mädle“ kommt – also ich der Bruno. Aber s war halt wieder nix mit em Mädle. Dem Albert Holz seine Mutter, vom Beruf Hebam­me (➔ siehe Bericht 657), hat mich also als Hausge­burt im Jahr 1936 im elter­li­chen Schlaf­zim­mer in der Lerchen­stra­ße 1 (früher Bergstra­ße 289 – im Einwoh­ner­mel­de­buch 1937 noch nicht verzeich­net) auf die Welt gebracht. Wie es guter Brauch war, stand kurz danach die Taufe an. Meine „Dode“ Josefi­ne Müller und meine Tante Martha Müller sorgten in der Küche für ein gutbür­ger­li­ches Essen für die Gäste. Was die aufge­tischt bekamen, weiß ich nicht (vermut­lich Hase oder Henne aus dem Stall), aber für mich gab’s Mutter­milch – sell woiß I gwieß. Im Keller lager­ten damals ca. 1.000 Liter Most, aber zur Feier des Tages, dem Buben zulie­be, gab’s ein Fässchen Bier. Zu später Stunde, wurde das Fässle flugs durch das Fenster fliegend entsorgt, jedoch mitsamt dem Fenster­kreuz – den Glaser Wingert wird’s gfreut ham. Oifach a scheene Dauf!

Nach den Erzäh­lun­gen meines Vaters Josef wurde früher sehr viel gesun­gen. Lieder, die heute keiner mehr kennt, vielleicht noch der Stamm­tisch in dr Grub‘. Ich denke da an: „Dr Henna­stall isch oba leer“, „en Ungarn dronta, hemmer Gxond­heit drong­ka“, „Ich hab‘ mein Feins­lieb­chen (zum rembe­le bem bem) so lange nicht gesehen“, „Meine Freud ist die, wenn die Sonn‘ aufgeht“ und „I ben d’r Bua vom Dreißatal“.

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Da war das Dreißen­tal noch sehr überschau­bar (Archiv Müller)

Das gesam­te Dreißen­tal war, mit Ausnah­men, überwie­gend eine Arbei­ter­sied­lung. Meine Eltern gehör­ten damals zu den ersten, die 1927 dort oben gebaut haben (1 ½ stockig auf 1142 qm). Vermut­lich hatte Vater Josef von seinen Eltern ein großes Grund­stück gegerbt. Und das war wirklich groß. Von der heuti­gen Lerchen­stra­ße 1, über den großen Obstgar­ten, der heute noch in abgespeck­ter Form besteht über die Grundstücke/Häuser Elmer-Bestle, Schill-Hirner und Meschenmoser/Geis bis zur heuti­gen Treppen­an­la­ge zum Sonnen­berg hinauf. Um sich den Hausbau leisten zu können, war Geld notwen­dig. Von nix, kommt nun mal nix. Meine Mutter Lydia, eine gebore­ne Müller aus dem „Kies“ (Tochter des Hafner­meis­ters Johan­nes „Hennes“ Müller) hatte als Erbe ein Realrecht bekom­men. Dieses wurde verkauft, damit mein Geburts­haus gebaut werden konnte. Auf dem Grund­stück gab es viele Kalkstei­ne und für uns Buaba hieß das „Stoi klopfa“. Daraus entstand Schot­ter oder es wurde als Baumma­te­ri­al für kleine Nutria-Ställe verwen­det. Nutri­as haben wir von 1942 bis 1944 gezüch­tet, als der Verkaufs­preis für die Felle in den Keller ging, lohnte sich das nicht mehr.

Strom war früher zwar wichtig und ein Zeichen von Wohlstand, aber anfangs wurde nicht der tatsäch­li­che Verbrauch ermit­telt, sondern die Kosten wurden anhand der Anzahl der Steck­do­sen bzw. der Anschlüs­se ermit­telt. Das rief die Tüftler auf den Plan. Man verzich­te­te einfach auf ein paar Steck­do­sen und baute dafür in den Decken­lam­pen­an­schluss ein Zwischen­stück ein, um einen weite­ren kosten­lo­sen Anschluss zu haben. „Des hat koin scheniert“. Die Abrech­nung wurde erst nach 1945 auf den tatsäch­li­chen Verbrauch umgestellt.

In meiner Kindheit war es noch so, dass jedes Haus eine Abort-Grube hatte, auf die der Abort aufge­setzt wurde. Mit der Wasser­kan­ne wurde dann nach jedem Gang alles direkt in die Grube gespült. Jeder Hausbe­sit­zer war für das Leeren dersel­ben selbst verant­wort­lich. Mit dem „Schapf“, der heute noch vorhan­den ist, wurde im Dreißen­tal in den Garten entsorgt. Das ganze Tal hat dann „grana­da­mä­ßig gschdong­ka“ – unglaub­lich, aber wie sagt der Bruno immer: „so war’s halt“. Gestun­ken hat es auch, wenn die Dreißen­tä­ler am Samstag­nach­mit­tag „d‘ Stroass zamma kehrt hennt“. Alles Mögli­che wurde dann im Garten mit einem „Fuier­le“ verbrannt.

Mit Eintritt in den Kinder­gar­ten ging die sorgen­lo­se freie Kindheit in Feld, Wald und Wiese zu Ende. Aber ich wollte das nicht. Mutter zog mich täglich an der Hand zu den Schwes­tern und ich kam einfach dauernd wieder zurück­ge­lau­fen, sobald ich eine Gelegen­heit zum Entwi­schen sah. Nach drei Tagen des Hinbrin­gens und Abhau­ens, hatten die katho­li­schen Schwes­tern nur eine Erklä­rung für meine Mutter „Dieses Kind ist für den Kinder­gar­ten nicht geeig­net“. Und somit ging meine kindli­che Freiheit noch einige Zeit lang weiter.

Wir haben als Buben natür­lich auch Sachen gemacht, wo ich heute sage: „Gottsei­dank ist nichts passiert“. Im Dreißen­tal gab es damals einen großen Acker (gegen­über vom „Schramm“-Haus, dem späte­ren „Sogas“-Haus) auf dem später der Schuh­ma­cher Walter sein Haus baute und der Alois Betz sein Gasthaus „Sonne“. Das Grund­stück gehör­te damals der „Uhla-Theres“ aus em „Kies“. Das war unser Platz beim „Karbid schie­ßen“ Unser, das waren der Bruno und die Schramm­bu­ben Walter und Hermann. Eine alte Bierfla­sche wurde mit Wasser und Karbid gefüllt, schnell verschlos­sen und in ein 15 cm tiefes Loch gestellt. Dann schnell in Deckung gegan­gen und gewar­tet bis sich in der Flasche durch die chemi­sche Reakti­on ein Gas gebil­det hat und die Flasche zeitver­setzt mit lautem Knall explo­die­ren ließ. Die Randge­bie­te der Chemie übten auf die Buben schon immer einen Reiz aus.

Abschlie­ßend muss ich nochmals auf das Thema Most zurück­kom­men. Für jeden schwä­bi­schen Hausherrn war es fast schon heili­ge Pflicht genug Most im Keller zu haben. Überhaupt, der Keller war der frühe­re begeh­ba­re Kühlschrank. In ihm wurde alles Mögli­che aufbe­wahrt und einge­la­gert z.B. Eier im Kalkbad, Sauer­kraut im Fass (Kraut stamp­fen war eine Arbeit für den Bruno), Äpfel, Kartof­feln, Rosen­kohl, Blaukraut u.v.m. Das aller­wich­tigs­te, aus Mannes Sicht, war aber „dr Moscht“. Wir hatten zwei große Fässer mit 200 bis 300 Ltr. Inhalt sowie drei bis vier kleine­re. Insge­samt dürften es wohl rund 1.000 Liter Most gewesen sein, die darauf warte­ten, den Keller zu verlas­sen. Die Fässer standen alle erhöht auf einem Holzbal­ken damit man den Krug genau unter den Hahn stellen konnte. Unter den Fässern lagen die Rüben für die Hasen. Am Jahres­en­de waren die Fässer denn auch immer leer, denn Anläs­se zum Trinken und Feiern gab es genug. Sei es das tägli­che Glas beim abend­li­chen „Vesch­ber“ oder zu familiä­ren Anläs­sen – die Verwandt­schaft traf sich halt immer beim Josef. Oft gab es dabei Schwarz­wurst und Schwarz­brot zum „Moooooscht“. Dabei wurde meistens kräftig gesun­gen, sei es im Garten­häus­le oder in dr Küch‘. Die „Gute Stub‘“ wurde dafür nicht verwen­det, denn die durfte nur an hohen Feier­ta­gen wie z.B. Weihnach­ten oder dem ganz wichti­gen Josefs-Tag benutzt werden. Und wenn aus einem beson­de­ren Anlass Bier getrun­ken werden sollte, holten wir das mit der Milch­kan­ne im Café Gold im Turmweg (heute Muckentaler).

Abschlie­ßend noch eine Geschich­te zum Thema „Wie schnell kam man aus dem Dreißen­tal zum Bahnhof“? Als Bewoh­ner des hinte­ren Dreißen­tals vernahm ich das Pfeif­si­gnal der aus Aalen einfah­ren­den Dampf­lo­ko­mo­ti­ve auf Höhe des heuti­gen Stadi­ons. Da war mir klar, jetzt aber die Beine in die Hand und von der Lerchen­stra­ße bis zum Bahnhof „gspron­ga oder naa gsaut“. Alles war genau kalku­liert. Der Zug aus Heiden­heim stand auf Gleis 1 und der Zug von Aalen auf Gleis 2. Zuerst abgefah­ren ist der auf Gleis 1. Auch das war einbe­rech­net J. Trotz­dem hat’s einmal nicht gereicht, aber dann spran­gen mir die Kumpels zur Seite. Dem „Täfeles­mah“ mit Namen Otto (ein Kolpings-Mitglied), derje­ni­ge, welcher die Züge durch Hochhal­ten einer Kelle, „Täfele“ genannt, abfah­ren ließ, wurde zugeru­fen: „Oiner fählt no, dr Bruno‘ kommt aber glei.“ Und so wurde ausnahms­wei­se der Zug auf Gleis 2 zuerst auf die Reise geschickt und Gleis 1 musste warten bis der Bruno endlich da war.

Jetzt ist es Zeit ein paar Anmer­kun­gen zu den schwä­bi­schen Bewegungs­ver­ben zu machen:

Ganga = ledig­lich der Ortswech­sel ist gemeint, nicht die Bewegungs­art. Ich fahre mit dem Zug, dem Fahrrad oder dem Auto nach Aalen, dann sagt man: „I gang naoch Aola.“

Laufa = sagen wir, wenn wir gehen.

Sprenga = wenn wir schnel­ler gehen, also springen

Hopfa = das ist auch Sprin­gen, aber das andere Sprin­gen wie z.B. Weitsprin­gen oder Seilspringen

Renna oder Saua = dann sprin­gen wir schnell oder sausen gar

Wenn also der Alte seiner Alten zurief: „Alte, sau.“ Dann war das keine Belei­di­gung, sondern die Auffor­de­rung sich schnel­ler zu bewegen. Nach dem Motto – „reg de a weng.“

Während des Kriegs wurden beim „Gruppa-Heiner“ Heinrich Grupp, in der Haus Nr. 39, hin und wieder Lebens­mit­tel gekauft. Die Dreißen­ta­ler waren ja größten Teils Selbst­ver­sor­ger, denn sie hatten einen Garten und hielten sich „Hasa, Henna ond Goißa“ und sonsti­ges Getier. Außer­dem hatte der Gruppa-Heiner ein Telefon. Diese Telefon­mög­lich­keit war für das vorde­re Dreißen­tal und beim Schramm, Ecke Dreißen­tal­stra­ße. / Lerchen­stra­ße war das zweite Telefon für das hinte­re Dreißen­tal. Sonst hatte im Dreißen­tal während meiner Kindheit wohl niemand ein Telefon. Oder etwa doch?

Nach dem 2. Weltkrieg wurde das ganze Viertel verän­dert und erwei­tert. Es kam der José Sogas, zog ins Haus „Schramm“ und ließ daneben seinen Edeka-Laden bauen. Die Kondi­to­rei Fleury hatte in der Lerchen­str. 5 ihren Stand­ort. Fleury verkauf­te später an den Bäcker Wilhelm Engel. Dieser vergrö­ßer­te in den 60ern und eröff­ne­te ebenfalls einen Edeka-Laden.

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Kondi­to­rei Fleury, später Bäcke­rei Engel in der Lerchen­stra­ße 5 (Archiv Müller)

Wurst und Fleisch holte man anfangs im Dorf in den Metzge­rei­en im „Grünen Baum“, die dorti­gen Metzger hießen Bezler und danach Betz und beim Lammwirt Reber, der auch eine Metzge­rei betrieb. Der Reber hatte auch eine kleine Verkaufs­stel­le im Finken­weg 9. Die Familie Betz hatte dann in den 1950er Jahren in der Sperber­stra­ße 19 ein großes Wohnhaus mit Metzge­rei gebaut.

Milch mussten wir in der Molke, am Kocher gelegen (in der Nähe des Huga-Schrei­ners) holen. Später gab es dann noch eine Zweig­stel­le der Molke bei der „Marie“, beim Karl Gentner Ecke Dreißen­tal­stra­ße / Volkmarsbergstraße.

Welche Menschen haben dort gewohnt?

An zwei Musiker erinne­re ich mich beson­ders. Zum einen den „Stöpsl“, der Josef Wingert aus dem Haus Nr. 70. „Dr Stöpsl“ hatte, wenn ich mich recht erinne­re, eine Tuba gebla­sen. Er war für uns Kinder ein sehr inter­es­san­ter Mann, denn er hatte ein steifes und, so glaube ich, auch ein etwas kürze­res rechtes Bein. Beim Laufen humpel­te er, er ist also gestöp­selt, deshalb der Name „Stöpsl“. Er hatte ein umgebau­tes Damen­fahr­rad mit nur einem „Trapper“ (Pedal) und auf der anderen Seite des Fahrrads war eine starke Ringfe­der besteigt, die den fehlen­den anderen „Trapper“ erset­zen musste. Für uns Kinder war das ein Wunder­werk der Technik, „dr Stöpsl“ konnte mit nur einem Trapper Fahrrad fahren. Bekannt und beliebt aber war der „Stöpsl“ durch seine lusti­ge Art bei Vorfüh­run­gen mit dem Musik­ver­ein in „dr Schell“, der damali­gen Bahnhofsrestauration.

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Die Musiker vlnr: Josef Tritt­ler, Ganter (?), Hermann Spranz, NN, Josef Wingert „Stöpsl“ (Archiv Burghard)

Auf dem Bild sehen wir s „Tritt­ler­le“, der Musiker Josef Tritt­ler aus dem Haus Nr. 66. Ein kleiner Mann von Statur, aber ein großer mit seinem Instru­ment, über den noch an anderer Stelle zu berich­ten ist. Daneben vermut­lich der Ganter aus‘m Katzen­bach. Gefolgt von Hermann Spranz, der lange Jahre Dirigent beim Musik­ver­ein und ein Super-Unter­hal­ter war. Der Mann am Schlag­zeug, Josef Wingert, „Stöpsl“ genannt, war ebenfalls ein toller Unter­hal­ter und Theater­spie­ler. Die Aufnah­me ist bei einem Auftritt in dr „Schell“ (Bahnhofs­re­stau­ra­ti­on) entstanden.

Ganz in der Nähe, Dreißen­tal­stra­ße 56 (später und bis heute das Wohnhaus Sogas), wohnte der Eisen­händ­ler Emil Schramm.

Neben uns (dem „Jermis Josef“), wohnte der „Hoxat­lä­der“ (Hochzeits­la­der) Karl Elmer in der Sperber­stra­ße 26. Ich erinne­re mich noch sehr gut an ihn. Er hatte einen dunklen, schwar­zen Anzug und weiße Handschu­he an. Auf dem Kopf trug einen schwar­zen Zylin­der und im Knopf­loch eine schöne große Rose. Aber das Eindrucks­volls­te an ihm war sein großer Stock, der ganz mit blühen­den Blumen umwun­den war. Der Hoxat­lä­der ging früher im Ort umher, um die Leute zur Hochzeit einzu­la­den. Zu unserer Hochzeit 1961 hat er auch einge­la­den, aber nur Verwand­te und Bekann­te nach einer Einla­dungs­lis­te. Sein Hoxat­la­der Spruch ging in etwa so:

„Ihr send herzlich eigla­da zur Hoaxat von Maria Sing und Bruno Brand­stet­ter am Kirch­weih-Mondig im Hirsch. Kirch‘ isch um Zehne na.“

Der Kirch­weih­mon­tag war damals noch arbeits­frei und ein Feier­tag. Meistens hat er dann „a Schnäps­le krieagt“. Des Schnäps­le hat sich dann aller­dings manch­mal verviel­facht! Wenn dann plötz­lich vier Füaß siesch, anstatt deiner zwoi, und du bisch koi Gaul, na wirds Hoimlaufa äußerscht schwie­rig. So musste man den „Hoxat­lä­der“ manch­mal halt scho hoim brenga ????.

Im nächs­ten Doppel­haus in der Sperber­stra­ße 34 wohnte Josef Schill mit seiner Familie. „Dr Schill“ war bekannt als guter „Henna­züch­ter“ (Hühner­züch­ter) und sein Ratschlag wurde von den anderen Nachbarn gerne angenommen.

Gegen­über vom Englän­der-Paul, im Haus Nr. 18, wohnte der Schnei­der Anton Fischer, der Fischers Done. Über ihn gibt es mehre­re nette, aber auch haarsträu­ben­de Geschich­ten. Nicht nur, dass er hin und wieder im eigenen Hühner­stall übernach­ten musste, da ihn seine besse­re Hälfte (die „Alt‘“, wie man früher sagte) nicht mehr ins Haus gelas­sen hatte. In den 50er Jahren, immer zur Faschings­zeit, hat er die „Närri­sche Schnit­zel­bank“ in Oberko­chen heraus­ge­ge­ben und verkauft, aber er legte ausdrück­lich Wert darauf, dass er für Ausga­ben ab 1954 nicht mehr verant­wort­lich sei. Im Jahr 1954 finden wir im Amtsblatt eine öffent­li­che Abbit­te zu seiner Schnit­zel­bank – wahrschein­lich zu starker Tobak für die Betroffenen.

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Die „Närri­sche Schnitzelbank“

Neben dem Schneider´s Done, im Haus Nr. 16, wohnte der Oberhaupt­kom­mis­sar Gregor Sproll, der bei der Aalener Krimi­nal­po­li­zei seinen Dienst tat.

Die Dreißen­ta­ler haben dann auch eine Hebam­me bekom­men, dem „Hauber´s Done“ seine Frau. Er selbst war ein großer kräfti­ger lautstar­ker Mann, der sein Geld beim Leitz als Meister verdien­te. Auch im Gemein­de­rat erhob er oft seine kräfti­ge Stimme. Es wurde erzählt, dass er am Anfang der Fliege­rei als jugend­li­cher Flugleh­rer oder vielleicht auch Einwei­ser bei den Segel­flie­gern war. Er selbst hat aber nie einen Flieger geflo­gen, noch hatte er jemals einen Flugschein.

Oberhalb vom Ludwig Geiß, in der Sperber­stra­ße 40, gab es einen kleinen Tiergar­ten. Der Lagerist Jean Ruroth aus dem Finken­weg 11, hatte dort ein größe­res Grund­stück einge­zäunt. In dem Garten hielt er Gänse, Schwä­ne, große beson­de­re Enten und vor allem Pfauen. Die Pfauen mit ihrem wunder­schö­nen farbi­gen Rad haben uns Kinder beson­ders beein­druckt. Irgend­wann während des 2. Weltkriegs wurde der Garten aufge­löst. Vermut­lich aus Geldman­gel, wie auch wir damals unsere kleine Nutria-Farm aufge­ben mussten, weil Kosten und Ertrag in keinem gesun­den Verhält­nis mehr standen.

Und wie alle Berich­te, die mir der Bruno Brand­stet­ter zukom­men ließ, steht ganz unten immer sein Schluss­kom­men­tar: „So war’s halt!“ Dem ist nichts hinzuzufügen.

Gärtne­rei Mahler.

Diese Gärtne­rei war vielleicht einmal die ältes­te im gesam­ten Altkreis Aalen. Im Jahr 1776 erwarb Franz Mahler, ein Hecken­bin­der aus Elchin­gen, ein Anwesen in der Brunn­quel­le (im Brunkel). Danach übernahm sein Sohn Johan­nes Nikolaus Mahler den Betrieb und erwarb das Haus in der Dreißen­tal­stra­ße, wie wir es noch in unserer Kindheit gekannt haben. Ihm folgte sein Sohn Josef und am 27. Dezem­ber 1899 übernahm Anton Mahler die elter­li­che Gärtne­rei und baute diese im Laufe der Jahre (zusätz­lich zum vorhan­de­nen landwirt­schaft­li­chen Betrieb) weiter aus – und das alles, trotz rauem Klima und karger Böden. Da blieb nicht viel Zeit für seine Lieblings­be­schäf­ti­gung: Lied und Musik. 1939 wurde die Landwirt­schaft aufge­ge­ben, der Garten­bau moder­ni­siert und um eine Handels­gärt­ne­rei erwei­tert. Während des Krieges wurde das Geschäft von ihm, seinen Töchtern und seiner Frau gemanagt. Kurz vor Kriegs­en­de verstarb jedoch seine Frau. Der Krieg war vorbei und ein Sohn galt als vermisst. Der andere Sohn Karl kam erst 1949 aus russi­scher Kriegs­ge­fan­gen­schaft zurück und übernahm mit seiner frisch gehei­ra­te­ten Frau das Geschäft im Jahr 1950. Nachdem das Geschäft wegen Umbau vorüber­ge­hend in das alte „Sogas“-Geschäft in die Heiden­hei­mer Straße 15 gezogen war, ging es am alten Stand­ort ab 23.10.1963 wieder los. Gertrud und Karl Mahler überga­ben das Geschäft zum 1. Januar 1977 an Gertrud und Emil Vollmer. Nach dem Tod vom Emil Vollmer, im Jahr 2005, ging des Geschäft in die Hände von Ursula Klewen­ha­gen über und fand im Langen Teich sein neues Zuhau­se. Am alten Stand­ort ist die Florist­meis­te­rin Renate Schie­ting­er tätig.

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Familie Mahler vor ihrer Gärtne­rei (Archiv Müller)

➔Teil 3 folgt in zwei Wochen.

Wilfried „Billie Wichai“ Müller

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