Zur Einfüh­rung (Quelle Wikipedia).

Die inner­schwä­bi­schen Dialek­t­räu­me werden herkömm­lich in West‑, Mittel- und Ostschwä­bisch unter­teilt. Die Grenzen dieser drei Regio­nen werden im Einzel­nen leicht unter­schied­lich gezogen. In einer ersten groben Annähe­rung liegen Westschwä­bisch und Mittel­schwä­bisch in Baden-Württem­berg, Ostschwä­bisch im bayri­schen Regie­rungs­be­zirk Schwa­ben. Im Sinne eines Dialekt­kon­ti­nu­ums gibt es sowohl fließen­de Übergän­ge inner­halb des schwä­bi­schen Sprach­raums, als auch nach außen hin zu den Nachbar-Mundar­ten, insbe­son­de­re im Süden zum Aleman­ni­schen und Nordwes­ten und Norden zum Südfränkischen.

Mittel­schwä­bisch (auch: Neckar­schwä­bisch, Nieder­schwä­bisch) wird in den einwoh­ner­star­ken Gebie­ten Stuttgart/Ludwigsburg, Böblingen/Sindelfingen, Tübingen/Reutlingen, Esslin­gen am Neckar, Kirchheim/Nürtingen, Waiblingen/Backnang und Göppin­gen gespro­chen, einschließ­lich der angren­zen­den Gebie­te des nördli­chen Nordschwarz­walds im Westen und der Schwä­bi­schen Alb im Süden, sofern noch nicht die Verneu­hoch­deut­schung einge­grif­fen hat. Als Leitwort für Mittel­schwä­bisch kann gwäa ‘gewesen’ gelten, sowie der oe-Laut wie z.B. in noe ‘nein’, Boe ‘Bein’, Schdoe ‘Stein’.

Westschwä­bisch oder Südwest­schwä­bisch (da im westli­chen und nordwest­li­chen Grenz­be­reich mit Calw und Pforz­heim das Mittel­schwä­bi­sche ohne westschwä­bi­schen Anteil direkt an das Südwest­frän­ki­sche angrenzt) hat als Charak­te­ris­ti­kum den oa-Laut z.B.in Boa Bein’, noa ‘nein’, Schdoa ‘Stein’ usw. Das südwest­schwä­bi­sche Gebiet beginnt mit einem sehr schma­len Strei­fen einzel­ner Dörfer südwest­lich von Calw und wird weiter südlich immer breiter. Es umfasst die Berei­che Rotten­burg, Freuden­stadt, Horb, Sulz, Hechin­gen, Balin­gen, Albstadt und Sigma­rin­gen. Im Norden noch mit ‘gwäa’ begin­nend, ersetzt nach Süden hin ab Horb gsae das gwäa ‘gewesen’. Ab Horb kommt ein charak­te­ris­ti­scher Singsang in der Sprach­me­lo­die dazu, der bei Balin­gen und Albstadt am deutlichs­ten hervor­tritt. Weiter südlich (ab Sigma­rin­gen) geht das Südwest­schwä­bi­sche in das Boden­see-Aleman­ni­sche über.

Ostschwä­bisch wird in den württem­ber­gi­schen Gebie­ten Aalen, Heiden­heim und Ulm gespro­chen, sowie nahezu im ganzen bayri­schen Regie­rungs­be­zirk Schwa­ben, von Nördlin­gen im Norden über Augsburg in der Mitte bis ins Allgäu im Süden. Ostgren­ze zum Bairi­schen ist weitge­hend der Lech. Als Leitvo­kal des Ostschwä­bi­schen kann der Diphthong ‘oa’ an Stelle des mittel- und westschwä­bi­schen Monoph­thongs å gelten: Schlo­af statt Schlåf ‘Schlaf’, Schdro­as statt Schdrås ‘Straße’ usw.

Das viel zitier­te Älble­risch als eigenen Dialekt­raum gibt es sprach­wis­sen­schaft­lich gesehen nicht. Es ist eine Erfin­dung der schwä­bi­schen Jux- und Spaßli­te­ra­tur. Der bei weitem größte Bereich der Schwä­bi­schen Alb (Reutlin­ger, Uracher, Münsin­ger, Laichin­ger, Nürtin­ger, Kirch­hei­mer, Göppin­g­er Alb) gehört zum Mittel­schwä­bi­schen. Der deutlich kleine­re Bereich der Südwest­alb (Balin­gen, Albstadt und Teilbe­rei­che des Großen Heubergs) gehört zum Südwest­schwä­bi­schen. Der Unter­schied, zu den tiefer gelege­nen Gebie­ten der beiden Dialek­t­räu­me liegt nur in der etwas weniger fortge­schrit­te­nen Verneuhochdeutschung.

Intro.

Nachdem Hermann Metz schon einmal zum Oberkochamr Dialekt einiges zusam­men­ge­tra­gen hat, lassen wir ihn noch einmal zu Wort kommen. Ein Oberko­che­ner ist heute natür­lich etwas anderes als früher und auch der Dialekt wird weniger, je mehr Alte verster­ben, die Jungen lernen das natür­lich anders oder gar nicht mehr. Deshalb ist anzumer­ken, dass sich alles Nachste­hen­de aus den alten Erinne­run­gen von Hermann speist.

Bevor wir aber anfan­gen gibt’s äbbes zom Ässa und zwar s Aller­wich­tigschte. Ein leerer Bauch studiert nicht gern.

Oberkochen

Lensa ond Schbätz­le vom Schätzle

Los geht’s.

Wenn wir Oberko­che­ner einen Aalener, einen Unter­ko­che­ner oder einen Heiden­hei­mer (an Hoednamr) reden hörten, hatten wir keinen Zweifel:

D´Obrkochamr schwätzat andrscht.

Früher hätte ich noch einiges zom Ondrkochamr Dialekt sagen können, aber das meiste davon habe ich verges­sen. Deswe­gen wollen wir aber kein schwä­bi­sches Wörter­buch verfas­sen, sondern ein paar Wörter und Sätze auswäh­len, um zu zeigen, wia dr Oberkochamr Dialekt glengt, wie sie reden, welche Feinhei­ten ihre Sprache verbirgt, wie veräs­telt und tonreich, ja hier und dort unaus­sprech­lich ihre Rede ist.

Es geht zusam­men­ge­fasst ums ganze Schbraochag­schmägg­le. Außer­dem: Ein komplet­tes schwä­bi­sches Wörter­buch dät ja sowie­so koe Mensch (koe Sau) lääsa. Wie man damals in Oberko­chen Fremd­wör­ter aussprach. Für die folgen­den Ausdrü­cke briicht ma fascht an Vorlääsr, an Schbraoch­keeschdlr, oen, wo ao a Iibrsetzr sae sott (Vorle­ser, Sprach­künst­ler, Übersetzer).

So Aller­lei.

Adee (frz. adieu) = Aufwiedersehn

Biffee (frz. buffet) = Büffett = Geschirr­schrank, Anrichte

Komee­de (frz. comédie); mach koe Komee­de = mach kein Durcheinander

Schal­lu (frz. jaloux) = aufge­regt, durch­ein­an­der, verrückt

Schorsch (frz. George) = männl. Vorna­me Georg

Suddrai (frz. sous-terrain) = Keller, Waschküche

Resch­drant, Resch­draz­joo = Restau­ra­ti­on (frz. restaurant)

Wassrress­erwa = Wasser­re­ser­voir (frz. reservoir)

Aufm Droddwar = auf dem Gehweg

Arräschd = Arrest

Horchat­se, Herr Leidnand = Hören Sie, Herr Leutnant

Boddschambr, Naacht­ha­fa, Soech­ha­fa = Nachthafen

Kaogom­mi = Dschä­wi­gomm = Chewing gum

Nex bolle­mai = ii vrsch­dand nex = ich verste­he nicht (das haben wir damals von den russi­schen Kriegs­ge­fan­ge­nen gelernt).

und deutsche Wörter mit einem ö oder ü:

A Schde­e­rong = eine Störung

Räasch­da = rösten

Leda, hardlee­da, woech­le­eda = löten

d´Ferschdrschdraoß = die Försterstraße

´s Hidda­werg en Keenigs­bronn = das Hütten­werk in Königsbronn

Nerdlich von Gebben­ga = nördlich von Göppingen

Siidlich von Mencha = südlich von München

Hendr Schwä­bisch Gmend = hinter Schwä­bisch Gmünd

En dr Miile donda = in der Mühle unten

Dr Birga­moesch­dr = der Bürgermeister

D´Fiaß wäscha = die Füße waschen

Gendr ond Schramm = Günther und Schramm

I schaff beim Beier­le = Ich arbei­te beim Bäuerle

A Meier­le = ein Mäuerchen

Ebbas bereia = etwas bereuen

Duier = teuer

… und noch einige andere Ausdrü­cke, die oft schwer zu überset­zen sind und die man zum Teil in der Hochspra­che gar nicht kennt:

hendr­sche­fi­ir = von hinten­her­um nach vorne, verdreht,

bronza = pinkeln (kommt von Brunnen, einen Brunnen machen). So wurde seiner­zeit der junge Asses­sor Dietrich Bantel nachts in seiner neuen Schul­ge­mein­de Oberko­chen begrüßt, als er in der Dunkel­heit mühsam versuch­te, ein Namens­schild an der Tür zu entzif­fern: „Da hanna wird et naobron­zt!“. Zum berühm­ten „Manne­ken-Pis“ in Brüssel würde der Schwa­be wohl „dr Bronzer-Brunna“ sagen. Im Schwä­bi­schen gibt’s auch die herrli­che Beschimp­fung „Du Hecka-Bronzer“.

schme­cken = was gut/schlecht riecht, schmeckt gut/schlecht. Schme­cken und riechen sind dassel­be, nur kennt man das Wort riechen im Schwä­bi­schen nicht

am Bronna voram Doar (daußa) = am Brunnen vor dem Tore

aufm Roadschdoe doba = auf dem Rodstein oben

anna achze­hon­drt­fen­fa­fuchzg = anno 1855

(schwätz koin) Babb, Bäbb = Brei, Paste, schmie­ri­ge Masse, Kleber

hälen­ga = leise, hintenherum

Dod, Dode = Pate, Patin

Gäll, gällat­se = „nicht wahr“ zu einer bestimm­ten Person gesagt (so wie der Josef Balle sen. mitun­ter zum Förster Vogel ????)

ebbr = jemand

d´Groesschdadt = die Kreis­stadt (womeeglich Oala)

d´Schdraoß = die Straße

graena, z. B. sui graent, sui hat greena = weinen, sie weint, sie hat geweint

d´Ebbedemie = die Epide­mie (mir saget net Pande­mie), wir haben es gerne überschaubarer

d´Oer send duier worra = die Eier sind teuer geworden

auf (des) Ameri­ka nomm = nach Ameri­ka hinüber

muadr­seel­aal­loe = mutterseelenallein

dr Babbschd = der Papst (mir send mitm Benediggt Babbschd gwäsa)

dr Faddi­kan = der Vatikan, auch Spitz­na­me des Gasthaus „Grube“ (also dr Gruab)

Schduagrt = Stuttgart

Hoedna, Schnoe­da = Heiden­heim, Schnaitheim

Aola = Aalen

schoo­ra = den Garten umgraben

Bräschdl­eng = Garten­erd­bee­re; Steige­rung Bräschd­lengsgs­älz = Erdbeermarmelade

Es gibt sotte ond sotte, aber mea sotte als sotte = ohne Erklä­rung muss man das wissen ????

Diira­schnall = Türklin­ke; wobei d‘ Schnall ohne Diir ein zweibei­ni­ges Wesen ist

Zengga = Nase

Drialr = wenig aktiver, langsa­mer Mensch

Oberkochen

Hemmer dia Hämmer scho emmer? 

… und die Möglichkeitsform.

Der folgen­de Dialog enthält mehre­re Verben in der Möglich­keits­form (auf Hochdeutsch Konjunk­tiv). Sie sind fett gedruckt. Es geht um die Verben sein, haben, müssen, möchten, täten usw. Hier soll gezeigt werden, dass diese anspruchs­vol­le Sprach­form auch im Oberko­che­ner Dialekt gepflegt wird.

Anmer­kung: Leider schwimmt der Konjunk­tiv seit Jahren selbst bei den gewief­tes­ten Oberko­che­ner Hochdeutsch­red­nern da Kochr naa. Schaddrom!

Ausflug auf Hochdeutsch. Er sagt: Möchtest du nicht ein bisschen mit mir auf den Volkmars­berg wandern? Da müsse sie, antwor­tet sie, zu oft an Wachol­der­bü­schen vorbei gehen, die sie verkrat­zen würden/täten. Da habe es aber fast keine Wachol­der­bü­sche mehr, sagt er, sie hätten sie fast alle gerodet. Sie: Das sei schon fünfzehn, zwanzig Jahre her und sie seien in der langen Zeit alle wieder nachge­wach­sen. Wenn das so sei, sagt er, bleibe er in Gottes Namen auch unten. Es komme sowie­so gerade ein Fußball­spiel im Fernse­hen und ob sie nicht auch ein bisschen zuschau­en wolle. Im Sessel brauche man nur halb so viel Luft, wie wenn man zwischen den Wachol­der­bü­schen hindurch diesen steilen Volkmars­berg erklimme.

Ausflug em Obrkochamr Dialekt Er saet: Mechtsch et a bissle mit mir auf da Volkmars­berg wandra? Dao mias se, saet se, an zviel Wachol­drbutza vrbei, wo se vrgratza dädat. Dao häb´s abr doch koene Wachol­drbutza mea, saet er, dia häbat se faschd älle groadat. Sui: Des sei scho a Schdug­ga fuchzee, zwanzg Jaor her ond dia seiat en dära langa Zeit älle wiedr naochgwach­sa. Wann des soo sei, sait er, dät er en Gotts Nama hald ao honda bleiba,´s keem sowie­so grad a Fuaßballsch­biel em Fernsää ond ob sui et ao a bissle zuagug­ga wett. Em Sessl briichd ma bloss halba so viel Luufd wia wann ma zwischa de Wachol­drbutza durch auf dean schdei­la Volkmars­berg naufschen­da dät.

Oberkochen

Schwä­bisch-Philo­so­phi­sche Erkenntnis

Das Perfekt. Wir haben im Hochdeut­schen ja drei Formen der Vergan­gen­heit. Nehmen wir das Verb »lesen«: Ich lese, ich las, ich habe gelesen, ich hatte gelesen. Diese Zeiten nennen wir die Vergan­gen­heit, latei­nisch das Perfekt (ich habe gelesen), das Imper­fekt (ich las), das Plusquam­per­fekt (ich hatte gelesen). In diese Theorie wollen wir uns hier lieber nicht vertiefen.

»Lesen« in der Vergan­gen­heit – dafür gibt es in Oberko­chen nur das Perfekt: „I han gläsa, fertig.“

»Ich las gerade eine Geschich­te im Heimat­ver­ein, als der Blitz einschlug«. Würde das ein Oberko­che­ner auch so ausdrü­cken? Im Leben nicht; er würde sagen: „Grad wo ii a Gschicht em Haematv­rae gläsa han, hat dr Blitz aegschlaga“.

Ich las, der Blitz schlug ein, sie liebten sich usw. Dass man das alles so sagen kann, wissen die Oberko­che­ner natür­lich, abr auf dr Gass reden hört man es niemals. Im Schwä­bi­schen isch dees älles zsammagschdutzt auf das Perfekt (ich habe gelesen, dr Blitz hat aegschla­ge, sia hend sich meega).

Er erschrak em Dondr­wettr auch nicht, sondern: „Er isch soo vrschro­cka, dass ´r vor laudr Angscht d´ Kellersch­dia­ga naagschdol­brt isch ond sich hendr de Mooschdfässr vrschd­egglt hat“.

Anmer­kung von Hermann Metz:

I hoff, dass dees ämml no aus Uich soo rauskommt. Ond wo´s gar et andrscht gatt, miaßat ´r halt Hochdeitsch schwätza.

Bloß Englisch: Dafür gibt es meistens gar keinen Grund! Obwohl wir es schon als Kinder perfekt beherrsch­ten: „Häff juu an Dschä­wi­gomm for mi?“ bettel­ten wir die ameri­ka­ni­schen Solda­ten an, und, wenn einer einen Dschä­wi­gomm heraus­rück­te: „Dangs­chea ond: Dao häff juu an Bräschdl­eng drfiir“.

Grund­kurs (allge­mei­nes) Schwäbisch:

DER SCHWABE…

lubbfd etwas vom Boden, wenn er etwas aufhebt, aber er hebd etwas, wenn er etwas hält.
… etwas das lange hebd, das hält sehr lange
… beugt das Knie, aber er beigt das Holz
läuft, wenn er zu Fuß geht, springt und saut aber, wenn er schnell läuft
schlozzd wenn er ein Eis schleckt oder einen guten Wein trinkt
… fällt nicht hin, der fliagt nao
… meldet sich in der Schule nicht, sondern er schreg­gad
… erntet die Erbsen nicht, sondern er brogga­lad und altes Brot broggt er en’d Supp‘

Und was unter­schei­det uns grund­sätz­lich vom Rescht dr Welt?

A Schwo­ab wird erscht mit 40 gscheit, a andrer net in Ewigkeit. So ischs noa au widr. Pfiad eich Gott.

Wilfried „Billie Wichai“ Müller

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