
Blick auf die B19 Richtung Königsbronn (Archiv Müller)
Intro.
Wieso? War er mal nicht frei? Ja – und zwar seit Ende des 2. Weltkrieges bis ins Jahr 1961 war unser Hausberg von der US-Army besetzt. Konkret heißt das, dass Turm, Schutzhütte und das Gebiet drum herum für die Öffentlichkeit im Allgemeinen und die Oberkochner im Besondern nicht zugänglich war. Das können sich die jungen Oberkochner heute gar nicht mehr vorstellen. Deshalb machen wir jetzt eine Reise in die Vergangenheit, die einiges beleuchten und erklären soll, warum unser Hausberg so wichtig für uns und unser seelisches Wohlsein ist.

Die Männer des Turmbaus von 1929 (Archiv Müller)
Unsere Seele – der Hausberg. Tief in unserer Erinnerung ist dieser Berg verankert mit all seinen Schönheiten und Feinheiten und dem ganzen Drumherum. Manches findet heute nicht mehr statt und ist nur noch Teil unserer Erinnerung, aber anderes findet immer noch statt. Nachfolgend eine kleine Aufzählung was den Berg ausmachte und tw. bis heute ausmacht:
- Die Straße, die immer erwandert werden musste, wenn wir mit der Familie den Berg erklommen. Das obere Dreißental nahm allerdings oft die kürzeren und steileren Wege durch den Wald. Im Winter wurde sie zum Schlittenfahren benutzt und es war eine helle Freude vom Holza-Hans aus bis zum alten Forsthaus (heute Polizei), möglichst in „Kette“ hinunter zu sausen und der Vordermann steuerte wagemutig mit Schlittschuhen (grenzwertig – heutige Eltern würden die Hände über dem Kopf zusammenschlagen).

Ganz links die Volkmarsbergstraße – ganz rechts oben der Turm (Archiv Müller)
- Die Hütte vom Holza-Hans (heute Skihütte) mit dem Übungshang und der auch dort beginnenden Abfahrtsstrecke bis in den Kessel hinunter. Erbaut wurde sie im Jahr 1959.

Die Ski-Hütte vom Holza-Hans 1959 (Archiv Müller)
- Der Turm, anfangs noch mit einem Kiosk, den die Familie Kopp betrieb. Vom Turm aus hatte man, besonders bei Fönwetter, grandiose Fernblicke bis in die Alpen hinein.

Das Kiosk von Emil Kopp neben dem Turm (Archiv Müller)
- Die Schutzhütte, die für Geselligkeit stand und nach schnellen Abfahrten und mühseligen Aufstiegen zum Aufwärmen diente. Ich erinnere mich an die alten Herren, die dort ihre „Weiße Eule“ rauchten und ihr Viertele Trollinger schlotzten und irgendwann zum Singen anfingen.

Die erste Schutzhütte von 1924 (Archiv Müller)
- Die Felsen, die wunderbar zum Klettern und Spielen einluden. Der Große hinter der Schutzhütte, die Felsenansammlung neben der Schutzhütte und die Felsengruppe in der Kurve oberhalb des „Kessels“ (das war mein Spielplatz).

Uralte Postkarte mit Ansicht des alten Vermessungsturms und der obligatorischen Felsen (Archiv Müller)
- Der „Runde Tisch“, der, im Gegensatz zu den politischen, nun wirklich rund war. An ihm wurden so manche wichtige Dinge besprochen, so auch bei unseren Schulzeit-Treffen.

Mein Schuljahrgang bei der traditionellen Berg-Wanderung nach dem Schulzeit-Treff (Archiv Müller)
Im Kreis v.l.n.r: Wolfgang „James“ Jacob, Christine „Tine“ Porzig, Arthur „Agge“ Grupp, Regina Straube-Pesek, Wilfried „Billie“ Müller, Ursula Leppelt (Gentner), Marion Stumpf (Triemer), Marion Seidl (Wöhner), Michael Ludwig, Christoph Stumpf, Gabi Warnet (Moser), Reinhold Kurz
- Die Holzmacher-Gruppe, wurde 1960 gegründet und war anfangs 13 Mann stark und ein Jahr später schon über 50. Nach dem Brand 1974 war die Truppe dann sehr gefragt. Für ihre Arbeit im Laufe der Jahrzehnte wurde sie schon mehrfach ausgezeichnet. Aber wie das heute in den Vereinen in Zeiten der Individualisierung, Digitalisierung und Ent-Solidarisierung so ist, die Truppe besteht nur noch aus 6 Mann, welche die 70 überschritten haben. Irgendwann werden die Menschen merken, dass man auch noch analog und körperlich etwas arbeiten muss, ohne eine Antwort auf die Frage zu bekommen „was hab‘ ich davon?“ Hier gilt abgeleitet das alte Kennedy-Wort: „Frage nicht was das Land für dich tun kann, sondern was kannst du für das Land tun.“ So isch’s na au widr.
- Auch Sonnwendfeiern wurden zwischen Hütte und Felsen gefeiert.
- Ohne Zweifel gehört die Wacholderheide zum Berg wie das Eiweiß zum Dotter.
- Der Übungshang, auf dem viele ihre ersten Ski-Versuche unternahmen. Der Lift brachte da eine deutliche Erleichterung und Verbesserung. Unvergessen auch die „Plastikguggen-Rennen“, die es sogar ins Fernsehen schafften.

Den Waden nach könnte das der Eberhard Kolb sein (Archiv Müller)
- Die erste Jugend-Sprung-Schanze wurde rechts vom Lift gebaut.

Die Jugend-Schanze wird gebaut (Archiv Müller)
- Das Kinderfest auf der Wiese oberhalb des Ski-Lifts ist für die Älteren, die Alten und die ganz Alten ist der auf immer mit dem Kinderfest alter Prägung verbunden. Damit einher gehen auch die Erinnerungen an die alten Volkslieder „Geh‘ aus mein Herz und suche Freud‘“ sowie „Kein schöner Land in dieser Zeit“. Manchen Zeitgenossen werden da die Augen feucht, wie ich aus verlässlichen Quellen weiß. Es gab zwischen 1959 und 1979 insgesamt 14 Kinderfeste, die mit Umzügen die Volkmarsbergstraße hinauf begannen und mit den anschließenden Feiern und der heute unglaublich anmutenden Spielen auf der Wiese endeten.

Kinderfest: Lehrer Maikler umrahmt von Kindern, die auf das Lied „geh aus mein Herz….“ warten (Archiv Müller)

Kinderfest: Essen, rauchen, trinken, schwätzen für die Alten (Archiv Müller)

Kinderfest: Lehrer Schmieg und Heller (?)umrahmt von Kindern, die auf die Ansprache von Rektor Hagmann warten (Archiv Müller)
- Eine Vielzahl von Wegen und Loipen (wenn sich denn mal ein richtiger Winter einstellt) lädt zum Wandern, Langlaufen, Nordic Walking und Radfahren ein.
- Die Mutterbuche, der Baum der Bäume auf dem Berg. Leider inzwischen gestorben, ein paar Stümpfe stehen noch herum und nur die Wissenden haben eine Erinnerung an diese schöne Baumgruppe.

Die Mutterbuche in prächtigem Zustand (Archiv Rathaus)
Und eines ist klar. Egal was die Planer im Tal sich ausdenken mögen, auf dem Berg herrscht für immer und ewig die alte US-Regel „Off Limits“ – frei übersetzt „Hände weg – der Berg bleibt der Berg“.
Vorgeschichte.
Es ist nicht leicht die Vorgeschichte des Volkmarsberges zu hinterfragen. Sicher ist, dass es schon immer Wald- und Heideflächen auf dem Berg gab, zur Nutzung durch die Oberkochener Bauern und Bürger. Jeder Hof besaß ein Realrecht, bis es Mitte der 60iger Jahre des 19. Jahrhunderts zum Streit kam. 1866 kam es dann zu einer Einigung und der Volkmarsberg samt seinen Wäldern und Weidflächen kam neben anderen Waldflächen in den Besitz der Gemeinde Oberkochen, während die Bauern die Realgenossenschaft gründeten. Aus dem Buch „Vom Nutzungsrecht zum Waldbesitz“ von Christoph Schurr lesen wir:……„es bestehen 93 Anteile oder Realrechte, die heute im Besitz von 152 Realgenossen sind (1986)“…..

Der Turm mit der ersten Hütte (Archiv Müller)
Der alte Turm.
Im Jahr 1890 wurde vom Staatlichen Vermessungsamt ein 11 Meter hoher Holzturm zu Mess- und Orientierungszwecken erbaut. 1897 wurde der Turm vom Schwäbischen Albverein übernommen, um 5 Meter auf nunmehr stattliche 16 Meter erhöht und am 27. Juni 1897 mit einem entsprechenden Fest eingeweiht. 1905 war die Pracht aber schon am Ende. Der Turm musste wegen Baufälligkeit gesperrt werden und 1911 gab ihm ein kräftiger Sturm den Rest und zerlegte ihn. Es kamen die Kriegsjahre und die schwere Zeit mit Inflation und Arbeitslosigkeit und die Ortsgruppe des SAV verlor nahezu ihr gesamtes Vermögen – an einen Wiederaufbau war daher nicht zu denken. Es gab aber Männer, die eine Vision für einen neuen Turm hatten. Einer davon war Fritz Leitz, ein Nachkomme aus der 2. Generation des Firmengründers Albert Leitz. Er war von 1921 bis 1934 Vorsitzender der örtlichen SAV-Gruppe. 1929 lagen Wünsche, Architekten- und Finanzierungspläne vor. Es gab Diskussionen über die Umsetzung und die Finanzierung und nachdem sich alle geeinigt hatten, Fritz Leitz eine Art Vorfinanzierung übernahm und sich die Gemeinde finanziell beteiligte, konnte es im gleichen Jahr losgehen und am 1. November waren die Rohbauarbeiten fertig. Anschließend ging es an die Innenarbeiten. Die Berghütte, die erste Vorgängerin der heutigen Schutzhütte aus dem Jahr 1923 (Einweihung am 5. Okt 1924), diente den auswärtigen Arbeitern aus Ulm als Koch- und Schlafstätte. Es wurde unter Beteiligung vieler Firmen hart und fleißig gearbeitet.

Turmeinweihung 1930 mit großem Fest (Archiv Müller)
Eröffnung.
Am 25. Mai 1930 war es dann so weit. Prof. Dr. Nägele, der Vorsitzende des Schwäbischen Albvereins, eröffnete die Feierlichkeiten vor rund 4.000 anwesenden Wanderern und ab dem Tag darauf war er dann auch für die Öffentlichkeit gegen eine Gebühr von 20 Pfennig (eine Brezel hat damals deutlich weniger gekostet) zugänglich.
Die Jahre danach
brachten gute Zeiten und schlechte Zeiten. 1933 wurde der Bau der Volkmarsbergstraße begonnen. Danach war der Berg während der Zeit des 3. Reichs von der Wehrmacht besetzt. 1945 war dann „Schluss mit lustig“, die eingerückte US-Armee übernahm den Volkmarsberg, zäunte ihn großzügig ein und hielt ihn bis ins Jahr 1960 besetzt. (Meine Eltern verboten mir damals bis zur Freigabe allein auf den Berg zu gehen. Und so kam ich nicht in den Genuss von US-Schokolade und Chewing-Gums.)

„Off Limits“ Das eingezäunte besetzte Gebiet durch die US-Army 1945 bis 1960 (Archiv Müller)
Didi Bantel auf Wanderung.
Ohne zu wissen, dass Oberkochen ab 1962 seine neue Heimat werden würde, kam er 1960 mit seinem Bruder auf einer 14-tägigen Wanderung von Spaichingen nach Aalen am Volkmarsberg vorbei und fand den Turm und die alte Hütte mit Stacheldraht abgesperrt vor – besetzt von der US-Army – und das 15 Jahre nach Kriegsende. „Off limits“ stand da groß zu lesen. Die Oberkochner waren darauf nicht gut zu sprechen und es bedurfte eines langen Kampfes an vielen Fronten, bis die US-Army endlich abzog.

Der „Entlassungsschein“ für den „Berg“ von der US-Army vom 22. August 1960 (Archiv Müller)
Freigabe unseres Hausberges
– die Besatzer ziehen ab. Ab 1961 bekam die Bevölkerung „ihren Turm“ wieder zurück. Umgehend wurde mit einem Neubau der Schutzhütte begonnen, da die alte nach der Besetzungszeit nicht mehr zu benutzen war. Die Fertigstellung erfolgte 1962. Die Wanderer hatten nun ein schönes Wandergebiet, einen Aussichtsturm und eine neue Schutzhütte zur Verköstigung.

1974 Die Flammen fressen die Schutzhütte – ein Schock für alle Oberkochner (Archiv Müller)
Der Brand.
1974 war die Schutzhütte nur noch Schutt und Asche. Die Hütte brannte infolge eines technischen Defektes am Getränkekühlschrank vollständig nieder, am Mittag des 9. Februar standen nur noch die rauchgeschwärzten Umfassungsmauern. War sie doch erst in über 4.000 Arbeitsstunden frisch renoviert worden und dann so ein Schlag – da mussten sich viele erst Mal davon erholen. Aber der Verein schaffte nahezu Unmögliches. Nach über 9.000 Stunden Wiederaufbauarbeit konnte die Hütte, unter Aufbietung aller Kräfte, nach Plänen des hiesigen Architekten Willibald Mannes und unter der Leitung von Erich Kolb und Horst „Eiche“ Eichentopf, nach 5 Monaten wieder eröffnet werden. 1974 war das Jahr in dem die Hütte zweimal eingeweiht wurde.
»Das Unglück hatte den Verein schicksalhaft getroffen«, schrieb Bürgermeister Bosch, »die gesamte Einwohnerschaft nimmt daran Anteil und begleitet den Wiederaufbau jetzt schon mit ihren besten Wünschen«.
Vertrauensmann Forstdirektor Schurr wandte sich mit einem Hilferuf an die Öffentlichkeit: »… Die alte Hütte ist vollkommen verloren, wir werden ganz neu beginnen müssen. Schon heute ist aber sicher, dass wir unsere Hütte nicht aufgeben, sondern so rasch als möglich in der alten Form wieder aufbauen wollen. Dazu werden wir erneut viel Hilfe brauchen, Hilfe aus der ganzen Bürgerschaft und in jeder Form, als Mitarbeit, als Rat, als Spende. Es ergeht deshalb meine herzliche Bitte an alle, die sich wie wir den Volkmarsberg nicht ohne Schutzhütte vorstellen können, sich am Wiederaufbau nach Kräften zu beteiligen.…« Wir werden mit altbewährtem Geist eine neue Hütte bauen und aufs neue beweisen, was Gemeinsinn und zäher Wille bewirken können. »Mit diesem Appell wollen wir ans Werk gehen«.
Der wandernde Bundespräsident.
Seine Amtszeit von 1979 bis 1984 ist nicht groß in Erinnerung geblieben. Seine Wahl allein war schon ein Problem, da er früher Mitglied der NSDAP war. An seine Wanderleidenschaft erinnern sich jedoch noch viele. Auf 45 Tagesetappen, von Hohenwacht an der Ostsee bis nach Garmisch-Partenkirchen, hat er Deutschland durchwandert. Jedoch nicht allein, sondern immer im Tross und wo er hinkam, wurden natürlich entsprechende Aufwände betrieben, welche die Gemeinden bzw. die Steuerzahler sicher einiges an Geld und personellem Aufwand gekostet haben. In der Nachbetrachtung wirkt das ein wenig sonderlich, zumal er darüber auch noch ein Buch mit dem Titel „Wanderungen in Deutschland“ geschrieben hat. Seine Wanderung begann er mit den Worten:
„In der Tat wollen wir hier heute Morgen die Wanderung beginnen, die wir antreten, um ganz Deutschland bis zu den Alpen zu durchwandern. Allerdings in Etappen. Immer nur in drei Tagen. Also nicht, dass sie denken, ich werde in den nächsten zwei Monaten meine Amtsgeschäfte aufgeben und nur noch wandern. Das geht leider nicht.“
In Oberkochen traf er dann 1981 ein. Er besuchte den Turm und ca. 3.000 Mitwanderer mussten mit Erbseneintopf vom THW verköstigt werden.

Ein Schüleraufsatz zum Thema „Volkmarsberg“ (Archiv Müller)
Luitgard Hügle, eine liebe Freundin aus Poggibonsi in der Toskana hat ein paar Erinnerungen an ihren alten Hausberg aufgeschrieben:
„Eng mit meiner Heimat verbunden ist der Volkmarsberg. Der Hausberg von Oberkochen, „der Berg” schlechthin und einfach so genannt. Es gibt viele Wege auf den Berg: Über die Fahrstraße oder den Viehtrieb sowie über den Weingarten oder übers Wolfertstal oder gar den weiten Weg über den Buchenwang.
Im Frühling gab es Anemonen und Leberblümchen, Lungenkraut, auch Hänsel und Gretel genannt, und natürlich die wunderbaren geschützten Küchenschellen, die ganz haarig sind, um sich gegen die kalte Märzenluft zu schützen. Es kann lange noch recht kalt sein. An einem ersten Mai waren wir Kinder mit unserem Papa auf dem Volkmarsbergturm. Es windete und schneite links und rechts quer, so dass man nichts sah und gerne gleich wieder runter stieg. Der Turm und die Hütte waren irgendwie immer das Ziel. Beide stammen aus der Vorkriegszeit, waren aber bis in die 60iger von den Amerikanern besetzt und mit Stacheldraht umzäunt gewesen. Sie hatten den hohen Berg als Funkstation benützt.
Im Mai waren unter den Buchen riesige Felder mit duftendem Waldmeister. Danach kam die Beerenzeit: Walderdbeeren, Himbeeren und auf einem Nebensattel des Berges gab es eine große Heidelbeerplatte. Die Beeren schmeckten alle wunderbar und es war herrlich in der herb duftenden Luft unter den Bäumen.
Aber das Besondere am Berg war und ist die Wacholderheide. Mein Vater hatte sehr früh erkannt, dass sie nur erhalten bleiben würde, wenn man den „Aufschlag” ständig wegmachen würde. Vor allem, nachdem keine Schafe mehr dort weideten, die alles wegfraßen, alles außer dem stacheligen Wachholder. Er verbrachte jeden Sonntag und viele Abende im Wald, um zu arbeiten und um wenigstens einen Weg durch die Wachholderbüsche freizuhalten. Dieser Weg wurde später nach ihm „Paul-Grupp-Weg” genannt.
Bei seiner Arbeit hat er sich schon im Sommer „seinen” Christbaum ausgesucht. Es war zwar verboten, aber für einen so „sterrigen” Christbaum beim Gärtner noch viel Geld bezahlen? Und so kam es, als er in einem Jahr nicht rechtzeitig dazugekommen war, sich seinen Christbaum zu holen, dass dieser am Heiligen Abend noch als Eisklumpen im Zuber lag.
Im Herbst gab es die herrlichen Silberdisteln auf dem Berg. Wenn die Blätter abfielen, blieb ein Bürstle übrig, mit dem man schön spielen konnte. Alle 4 Jahre gab es auch Buchele, Bucheckern. Die waren nach dem Krieg sehr begehrt, weil man Öl daraus pressen kann. Die Leute kamen von überall her, um Buchele zu sammeln. Einmal gingen wir mit meinem Vater tief hinein in den Wald. In einer Mapp, der Aktentasche, hatte er zugeschnittene Hölzer und Nägel mitgebracht. Er fällte zwei dünne Tannenbäumchen und machte daraus eine Leiter. Die ebenfalls mitgebrachten Decken breiteten wir rings um die Buche aus, er stieg rauf und klopfte mit dem Holzhammer. Mit reicher Beute zogen wir heim. Transportiert wurde immer alles mit dem Leiterwägele – einem Handwagen.
Dann gab es reichlich Schlehen und Hagebutten. Aus den Schlehen machte man dicken Sirup, der schmeckte köstlich zu Grießbrei. Die Hagebutten wurden getrocknet und den ganzen Winter über gab es Kernles-Tee sowie Hagebutten- oder auch Wildrosentee.
Im Herbst wurde der Berg ein wunderbares Märchenland, wenn es fror, und wenn der Reif dick auf den Zweigen hing, wenn aus den trockenen Blättern zarte Eisgebilde wurden und die Spinnnetze dick weiß zwischen den Büschen hingen. Wenn’s dann endlich schneite, ging’s auf den Berg zum Skifahren. Meine Skier hatte Onkel Clemens gemacht, er war Schreiner und ich hatte zusehen dürfen, wie er die Spitzen gebogen und die Bindung aufgeschraubt hat. Die Stöcke dazu hat man bei Erwin Gold gekauft. Skikurs für die Kinder machte der „Schreiberle”. Nach jeder Abfahrt musste man die Skier abschnallen und geschultert wieder rauf tragen. Am schönsten waren die Skiwanderungen durch den verschneiten Wald, etwa zum Tauchenweiler. Dort gab es ein Glas frische Milch und eine große Scheibe Bauernbrot mit dick Butter drauf, selbst gemachte natürlich. Die roch auch ganz intensiv nach Butter. Wenn’s auf dem Heimweg schon dunkel wird, muss man sich an der leichten Helle zwischen den Bäumen orientieren. Und ab den Schibuckeln konnte man dann hinunterfahren, zum Bremsen die Stöcke zwischen den Beinen….
Schön war der Winter, aber bald schon freuten wir uns aufs Frühjahr, wenn die Bächlein anschwollen und die Schmalzkacheln blühten.“

In einem richtigen Winter ein Traum in Weiß (Archiv Müller)
Wichtige Eckpfeiler nach Datum waren:
1890 Errichtung eins Messturmes.
1894 Mitgliederverzeichnis: Weiger, Oberförster (Vertrauensmann), Bezler (Schultheiß), Brecht (Pfarrer), Breitenbach (Pfarrer), Bäuerle, Wilhelm (Bohrerfabrikant), Leitz, Albert (Bohrerfabrikant), Alison (Kaufmann), Ernst, Ludwig (Zimmermeister), Günther, G. (Fabrikant), Wider (Pfarrer).
1897 erlebte der Volkmarsberg einen Höhepunkt in der Albvereinsgeschichte, er war Ziel der jährlichen Festfahrt. Am 27. Juni 1897 brachte ein Sonderzug die Teilnehmer in unsere Region. Schon in Unterböbingen stieg der Hauptteil der aus Stuttgart kommenden Wanderschar aus, »es mögen gegen 1000 Köpfe gewesen sein, darunter viele tapfere Damen«, um über den Rosenstein, Lauterburg und Tauchenweiler zum Volkmarsberg zu marschieren.
1905 musste der Turm wegen Baufälligkeit gesperrt werden.
1921 war die Gauwanderung auf den Volkmarsberg der Höhepunkt, die am 12. Juni viele Mitglieder benachbarter Ortsgruppen auf den Volkmarsberg führte. »Unter Begleitung gefälliger Weisen führten sechs Damen und zwei Herren der Ortsgruppe unter Leitung von Frau Martha Leitz ein anmutiges Waldfeenspiel in duftigen Schleiern und reizenden Kostümen auf«. Es war ein gelungenes Fest. Durch den Verkauf von Liebesgaben konnten — wie Mager berichtete — »die hübsche Summe von 2000.- Mark dem Grundstock für den Turmbau einverleibt werden«.
1924, am 3. Oktober, wurde die Schutzhütte unter reger Beteiligung auch benachbarter Ortsgruppen eingeweiht. Den Bauplatz für die Hütte hatte der Oberkochener Gemeinderat kostenlos zur Verfügung gestellt, Materialspenden der Gemeinde, der Forstverwaltung, Spenden und unentgeltliche Arbeitsleistungen vieler Oberkochener Handwerker und Albvereinsmitglieder hatten schließlich in schwierigen Zeiten den Bau ermöglicht, zu dem wohl Vertrauensmann Fritz Leitz das meiste geleistet und gespendet hat.

Ein Volkstanz bei der feierlichen Einweihung des Turmes 1961 (Archiv Müller)
25. Mai 1930 wurde der Turm seiner Bestimmung übergeben. Bei herrlichem Frühlingswetter hatten sich etwa 4.000 Wanderer auf dem Berg eingefunden, unter ihnen Wirtschaftsminister Dr. Maier von der württ. Staatsregierung. Die Oberkochener Musikkapelle und der Gesangverein »Sängerbund« umrahmten den Weiheakt, bei dem 14 Redner das Wort ergriffen.
Im April 1933 begann der freiwillige Arbeitsdienst mit dem Bau der Volkmarsbergstraße, der dann von Notstandsarbeitern vollendet wurde. Die 1.365 m lange Straße wurde vom Dreißental am linksseitigen Waldabhang mit 10–12 % Steigung bis zur Wacholderheide geführt. Sie endete etwa 1 km vom Turm entfernt.
Am 11. Juli 1959 fand das erste Kinderfest auf dem Volkmarsberg statt.
Auf den 24. August 1960 wurde die „Entlassungsurkunde“ der US-Army für den Volkmarsberg ausgestellt.
Am 10. September 1960 wurde nach Abschluss der Renovierungsarbeiten der Turm in einer würdigen Feierstunde wieder seiner ursprünglichen Bestimmung übergeben.
Am 10. September 1961 wurde der „Berg“ feierlich freigegeben. Mit Reden durch die Wichtigen und Sangeskunst durch den Männerchor des Sängerbundes ergänzt um einige Heimatchöre. BM Gustav Bosch durfte dabei folgende VIPs in seiner Rede begrüßen:
- Alt-Ministerpräsident Dr. Reinhold Maier
- Alt-Bürgermeister Richard Frank
- Direktor Fahrbach als Vorsitzenden des Schwäbischen Albvereins
- Landrat a.D. Burkart als Ehren-Gauvorstand
- Studiendiektor Schwarz aus Bopfingen als Gauobmann
- Oberschulrat Döllinger aus Heidenheim als Gauobmann
- Oberbürgermeister Dr. Schübel aus Aalen
In seiner Rede erwähnte Dr. Reinhold Maier eine Episode aus der Einweihung vom 25. Mai 1930, über die auch heute noch geschmunzelt werden darf:
„Damals sei er mit dem Frühzug von Stuttgart nach Schwäbisch Gmünd gefahren. Mangels einer Busverbindung, von dort aus mit der Taxe bis zum Furtlachpass gefahren, um von dort aus auf den Volkmarsberg zu wandern. So weit so gut – Am Montag habe ihn dann ein Beamter des Wirtschaftsministeriums auf etwaige Ausgaben angesprochen und er habe ihm gesagt, dass außer 7 DM Taxi-Kosten nichts angefallen sei. Der Beamte versicherte ihm gegenüber, dass er sich für eine Erstattung einsetzen wolle. Leider kam er nach einiger zurück und erklärte ihm, dass die Rückerstattung nicht möglich sei. Begründung: Wer vom Furtlachpass auf den Volkmarsberg wandern könne, dem sei auch das Stück von Gmünd aus zuzumuten. Gelebte schwäbische Sparsamkeit – Herrlich.“
Kaum vorstellbar, dass sich damalige Politiker die Taschen vollgestopft hätten, wie das heute mitunter der Fall ist. (Es war nicht alles besser, aber manches schon – vor allem die Einstellung und der Respekt).
Am 21. Juli 1979 fand das letzte Kinderfest am dem Volkmarsberg statt. Die meisten Lehrer waren wohl darüber nicht gerade traurig.
1980 zu seinem 50. Geburtstagsfest war der Turm noch einmal mit einem Kostenaufwand von rund 80.000 DM gründlich renoviert worden, er hatte ein Kupferdach und neue Fenster erhalten, und das Turmstüble war zu einem gemütlichen Raum für die Jugendgruppe umgestaltet worden. Mit einer Sternwanderung auf den Volkmarsberg begann am Himmelfahrtstag das Fest, zu dem sich im Laufe des Tages etwa 7.000 Wanderer auf dem Berg versammelten, unter ihnen sogar einige Männer, die schon 1930 am Turmbau mitgearbeitet hatten.
1981 der überall wandernde Bundespräsident gab sich die Ehre.

Bundespräsident Karl Carstens – „The Wanderer“ – zu Besuch (Archiv Müller)
1982 fand eine besondere Sonnwendfeier statt, dieses Mal nach Art der schwedischen Mittsommernacht mit der Musik- und Folkloregruppe »Bollebygds Spelmanslag« und einem richtigen Mittsommernachtsbaum.
1990 führte an Christi Himmelfahrt, aus Anlass des 60jährigen Bestehens, eine Sternwanderung von über 3.000 Wanderern auf den Berg.
1991 fand das erste Montain-Bike-Rennen unter dem Volkmarsberg statt
Leider gibt die Chronik der Ortsgruppe des schwäbischen Albvereins nach 1994 nichts mehr her ☹.

Jubiläumsgrüße vom Hausberg (Archiv Müller)
Wilfried „Billie Wichai“ Müller