1968 im Jahr des Affen – Ab urbe condi­ta (Maßein­heit der Zeit) 2721

Welt.

Der Prager Frühling wurde durch Panzer des Warschau­er Pakts im August beendet. Eines der bekann­tes­ten Kriegs­bil­der entstand in Vietnam: Der Polizei­chef von Saigon erschoss einen Vietcong per Kopfschuss und die US-Army sorgte für das Massa­ker von My Lai. Das Drama bei den Kenne­dys setzte sich fort – Robert wurde erschos­sen. Die Nieder­lan­de führten einen Mindest­lohn ein (!). Das erste Legoland wurde in Billun eröff­net. Mit Apollo 7 starte­te der bemann­te Flug des Apollo-Programms. In Mexiko-City fanden die Olympi­schen Spiele statt. Heraus­ra­gend dabei der Weitsprung von Bob Beaman mit sagen­haf­ten 8,90 Mtr. Nach 5 Jahren ging Scotland Yard der engli­sche Posträu­ber Major Bruce Reynolds ins Netz. Jetzt fehlte nur noch Ronald Biggs – der sollte sich aber noch als eine ganz harte Nuss für den Chef-Super­in­ten­dent Thomas Butler erweisen.

Deutsch­land.

Die Schlag­wor­te waren APO, Wider­stand, Terror. Andre­as Baader und Gudrun Ensslin verüb­ten einen Brand­an­schlag auf ein Kaufhaus in Frank­furt. Rudi Dutsch­ke wurde auf der Straße nieder­ge­schos­sen, der Staat antwor­te­te mit den Notstands­ge­set­zen. In den Kinos sorgte „Zur Sache Schätz­chen“ für erfri­schen­de Begeis­te­rung. Man glaubt es heute kaum. Da lesen wir doch die Schlag­zei­le vom VW-Chef Dr. Lotz: „VW berei­tet sich auf das Elektro­au­to vor“. Ob Batte­rien oder Brenn­stoff­zel­le – das sei noch die Frage. Da haben die aber verdammt lange darüber nachge­dacht. Die ruhmrei­chen Clubbe­rer aus Nürnberg holten ihre letzte Meister­schaft vor Werder Bremen und zehren seitdem von alten Zeiten. Der Schre­cken von uns jungen Wilden war in der Hitpa­ra­de nicht zu schla­gen: Heint­je und sein „Mama“.

Oberko­chen.

1) Ein wichti­ges Jahr für Oberko­chen – die Stadt­er­he­bung stand bevor. Das neue Stadt­wap­pen bekam die drei Rosen der Herren von Kochen. Am 1. Juni war es dann soweit: Wir wurden offizi­ell Stadt und werden die herbei­ge­dach­ten Einwoh­ner­zah­len „niemals nie nicht“ errei­chen. 2) Der TVO wurde 65 Jahre alt. 3) Horst Jankow­ski, Meister der leich­ten Muse und Kompo­nist der „Schwarz­wald­fahrt“ ließ seine Band im Carl Zeiss-Saal aufspie­len. Das Ganze wurde von Walde­mar Müller, einer bekann­ten Radio­stim­me aus Stutt­gart moderiert.

Oberkochen

Jürgen Braun und die Clochards in der ARD u.a. mit Bill Ramsey und Gus Backus (Archiv Braun)

4) Der Oberko­che­ner Jürgen Braun (Sohn von Helma Braun) trat im Talent­schup­pen im Fernse­hen mit seiner Gruppe „Les Clochards“ auf, die in den 60ern und 70ern in Europa recht erfolg­reich war. Doch lassen wir Jürgen selbst zu Wort kommen:

„1960, im Alter von 19 Jahren, bin ich ans berühm­te Mozar­te­um gegan­gen und habe Musik studiert. Aller­dings ist mir nach 4 Jahren klar gewor­den, dass Orches­ter­mu­si­ker nichts für mich ist. Zu wenig Kreati­vi­tät. Also habe ich mich mit 4 anderen Studen­ten zusam­men­ge­tan und eine Band gegrün­det. Im Laufe unserer Berufs­tä­tig­keit, haben wir beim SWR einen Talent­schup­pen­wett­be­werb absol­viert und die Sparte BAND gewon­nen. Darauf­hin wurden wir für einige Regio­nal­sen­dun­gen, dann für das ARD-TV engagiert. Dann kam auch das ZDF auf uns zu. Insge­samt haben wir über 60 TV-Sendun­gen bestrit­ten und in unserer Karrie­re fast alle damali­gen Stars beglei­tet: Bill Ramsey, Rober­to Blanco, Chris Roberts, Katja Ebstein, Adamo, Freddy Quinn, Gus Backus, Giorgio Moroder, Daliah Lavi u.v.m.“

Oberkochen

Jürgen Braun und die Clochards in der Sendung „Baden-Badener Roulette“ u.a. mit Peter Weck (Archiv Braun)

5) Die Modell­ei­sen­bah­ner des Eisen­bahn-Amateur-Clubs Oberko­chen machten nach vielen ruhigen Jahren wieder von sich reden. Der alte Eisen­bahn-Waggon wurde abgebaut und ein neues Heim bezogen. In diesem Jahr wurden wieder große Ausstel­lun­gen organi­siert und somit der Name Oberko­chen in die Welt hinaus­ge­tra­gen. 6) Und wieder gab es tödli­che Unfäl­le zwischen Oberko­chen und Königs­bronn 7) Ein neuer Verein wurde gegrün­det, der gelbe Filzball sollte nun auch bei uns übers Netz hin- und her geschla­gen werden. Eberhard Rossow wurde Vorsit­zen­der von anfangs 25 Mitglie­dern. 8) Der Neubau der Oberkoch­ner Bank, am Platz des alten Rathau­ses, wurde einge­weiht. Eine erfolg­rei­che Geschich­te – auch wenn es Jahre später zu einer Verei­ni­gung mit der VR-Bank kommen sollte. 9) Carl Zeiss schenk­te der jungen Stadt eine Uhr, natür­lich nur für die sonni­gen Stunden. Instal­liert wurde das Ganze damals vor dem neuen Rathaus neben dem Musik­pa­vil­lon in einem Mosaik-Beet, für das der Kunst­ma­ler Wanner verant­wort­lich zeich­ne­te. 10) Im Rahmen der städti­schen Festta­ge wurde in der Schwä­po eine, aus heuti­ger Sicht, sehr inter­es­san­te Sonder­bei­la­ge über die junge Stadt und alte Gemein­de veröf­fent­licht. Wer da zu Hause noch ein Origi­nal hat und sich davon trennen kann – ich würde es gerne überneh­men! 11) Ein Anlass, um neue Ehren­bür­ger zu ernen­nen (mit voller Länge mit allen Titeln: Dr. Ing. Dr. Ing. E.H.H. Küppen­ben­der und Dr. rer. pol. G. Kühn. Darüber wird noch an anderer Stelle noch zu reden sein. 12) Im Progym­na­si­um wurde eine große Übung mit allen Rettungs­kräf­ten abgehal­ten unter dem Szena­rio „Schwe­re Explo­si­on im Chemie­raum“. Ich möchte nicht wissen, wie nervös Horst Riegel mögli­cher­wei­se damals war „Hoffent­lich machen die mir nichts kaputt“. 13) Dann gab es eine kultu­rel­le Veran­stal­tung, die neue Erkennt­nis für unsere Gemein­de brach­te. Thaddä­us Troll, mit bürger­li­chem Namen Dr. Hans Bayer, verkün­de­te während einer Lesung im vollbe­setz­ten Bürger­saal, dass seine Großmutter eine Oberkoch­ne­rin gewesen sei. 14) Die zweite Aalener Disko­thek, der „Bottich“ öffne­te seine Pforten in Unterrom­bach im alten „Rössle-Saal“. 15) Im Carl-Zeiss-Saal gastier­te das weltbe­rühm­te Burg-Theater aus Wien. 16) Der FCO zeigte inzwi­schen wieder wo’s lang gehen soll und führte die Tabel­le der A‑Klasse souve­rän an. 17) Das „Disco- Pub“ in der Romba­cher Straße brann­te aus. Als Ursache wurde ein Gasofen oder eine wegge­wor­fe­ne Zigaret­ten­kip­pe gehan­delt. Der Schaden wurde auf 25.000 DM taxiert. (P.S.: „Pub“ und „Bottich“ gehören zwar zu Aalen, waren wir uns Oberkoch­ner Jungen aber sehr wichtig, weil uns Rupert-Mayer-Haus, TeaTi­me im ev. Gemein­de­zen­trum und der CZ-Jugend-Club nicht mehr genügten.)

Meine kleine Welt.

Der Zerstö­rer Mölders (D186) lief in Maine/USA bei der Werft Bath Iron Works vom Stapel und wurde in Dienst gestellt. Warum so wichtig? Es sollte in den 70ern meine beruf­li­che mariti­me Heimat werden. Das wussten aber ich und das Schiff damals noch nicht :-). Das Disco Pub in der Romba­cher Straße eröff­ne­te nach dem Brand wieder. Chris Barber’s Jazzband gab in Aalen ein Konzert und ich freute mich schon sehr darauf. Mein Schul­freund „Biba“ Eckart Irion hatte die Karten besorgt, aber elter­li­che pädago­gi­sche Straf­maß­na­men verhin­der­ten das und so musste „Biba“ ohne mich gehen und ich war stink­sauer. Es war die Zeit der „Django-Filme“ in den Kinos und eines Abends fuhr ich mit dem letzten Bus (Lumpen­samm­ler genannt) um 0:30 Uhr nach Hause. Da stieg noch ein junger Mann, leicht angedu­delt und etwas verlot­tert, zu und sagte zum Fahrer: „Django zahlt heute nicht“. Da antwor­te­te der Busfah­rer schlag­fer­tig und cool: „Und Django zahlt heute doch, denn sonst kommt der Marshall“.

1969 im Jahr des Hahns – Hindu Kalen­der nach Shaka 1891/92

Welt.

Apollo 11 starte­te zum Mond und Neil Armstrong prüfte an Ort und Stelle, ob Gus Backus mit dem „Mann im Mond“ nicht doch recht hatte. In Washing­ton protes­tier­ten 250.000 Menschen gegen den Vietnam­krieg. Thor Heyer­dahl starte­te mit der „Ra“ von Marok­ko aus zur Überque­rung des Atlan­ti­schen Ozeans. Sein Papyrus­boot löste sich bei Barba­dos auf und er musste den Versuch abbre­chen. Das Dörfchen „Woodstock“ wurde weltbe­rühmt und alle Künst­ler, die dort vor 400.000 Besuchern auftra­ten, ebenfalls. John Lennon und Yoko Ono heira­te­ten in Gibral­tar und „Pele“ erziel­te sein 1.000tes Tor.

Deutsch­land.

Willy Brandt wurde Kanzler. Heinz Mäger­lein musste endgül­tig seinen Hut nehmen. Die Zuschau­er und seine Chefs hatten von ihm als Quassel­strip­pe genug. Die olympi­schen Spiele 1968 hatten endgül­tig den Ausschlag gegeben. Es begann eine neue Ära im Fußball. Der FC Bayern holte die erste von unzäh­li­gen Meister­schaf­ten (vor Aleman­nia Aachen) und gewann das erste sog. „Double“ – das heuti­ge Minimal­ziel der „Mia-san-mia-Truppe“. Die Mannschaft von damals setzte sich wie folgt zusam­men: Maier, Pumm, Olk, Schwar­zen­beck, Roth, Ohlhau­ser, Starek, Brenn­in­ger, Becken­bau­er, Müller (30Tore), Kupfer­schmidt, Schmidt, Jung. Obwohl inzwi­schen der „Beat“ die Hitpa­ra­den seit einigen Jahren beherrscht, stand wieder ein deutscher Schla­ger an der Spitze: Micha­el Holm und „Mendo­ci­no“. In den Kinos machten die beiden Kult-Filme „Spiel mir das Lied vom Tod“ und „Easy Rider“ Furore und der Hambur­ger Star Club schloss für immer seine Pforten. Aus dem Fernse­her schall­te es einem entge­gen: „Hier ist Berlin….“ Die ZDF-Hitpa­ra­de ging auf Sendung, damit bekam der Schla­ger eine Platt­form zur media­len Präsentation.

Oberkochen

Das neue städte­bau­li­che Ensem­ble von Didi Bantel gestal­tet (Archiv Rathaus)

Oberko­chen.

1) Es fand eine Brief­mar­ken­aus­stel­lung aus Anlass des 20jährigen Bestehens des Carl-Zeiss-Sammler­rin­ges statt. 2) Auch die Innen­stadt von morgen wurde geplant. Als attrak­ti­ves Zentrum sollte die Goethe­stra­ße zur Haupt- und Geschäfts­stra­ße ausge­baut und der Eichen­dorff­weg sowie die Blumen­stra­ße einge­bun­den werden. Der Kreis­bau­meis­ter Koch trug folgen­des vor: „Breite Straßen, moder­ne mit 3 und 4 Geschos­sen, arkaden­ähn­li­che Schau­fens­ter­pas­sa­gen, ausrei­chend Parkmög­lich­kei­ten und einge­rahm­te Grünstrei­fen. Ein städti­sches Flair bis zum neuen Rathaus hinab.“ Wenn ich das heute so lese, fällt mir nur ein Wort ein – Wolken­ku­ckucks­heim – völlig an der Reali­tät vorbei. 3) Zur Bildung eines Großver­eins aus Turnver­ein, Boxver­ein, Fußball­club und Schwimm­ver­ein wird weiter verhan­delt (und wenn sie nicht gestor­ben sind….) Vereins­zu­sam­men­schlüs­se sind immer schwer. 4) In der Besten­lis­te des württem­ber­gi­schen Leicht­ath­le­tik-Verban­des belegen Gerd und Frank Hillje sowie Micha­el Knopf sehr gute Plätze. In der damali­gen Liste finden wir auch Dr. Frank Gebert, Siegbert Wolf, Ilse Mangold sowie Marti­na Greiner verh. Renner (schau, schau). 5) Prof. Dr. Walter Jens, eine Koryphäe auf vielen Gebie­ten in Deutsch­land sowie Mitglied der „Gruppe 47“, hielt im Carl-Zeiss-Saal einen Vortrag „Perspek­ti­ven für das letzte Drittel des 20. Jahrhun­derts“. Den Mann hätte ich gerne einmal persön­lich erlebt. 6) Der Schwä­bi­sche Albver­ein feier­te sein 75jähriges Bestehen.

Oberkochen

Ein proppe­vol­les Kocher­sta­di­on – der FCO wies den VFR erfolg­reich vor 2.000 Zuschau­ern in die Schran­ken (Archiv Rathaus)

7) Der FCO fertig­te den VfR Aalen im Spitzen­spiel um den Aufstieg vor 2.000 Zuschau­ern mit 2:1 ab. Das war DAS Spiel in meiner Jugend­zeit und Jugend­zeit und man kann getrost sagen: Das war Spitze! (Anfang der 70er bin ich dann zum VFR gepil­gert. So änder­ten sich die Zeiten 8) Der Schwimm­ver­ein gewann den Häber­le-Pokal (ein herrli­cher Name) 9) Beim Sport­fest war Marti­na Greiner wieder die beste A‑Jugendliche und gewann den Weitsprung mit 5,11 Mtr., den Diskus­wurf mit 24,72 Mtr. und den Hochsprung mit 1,35 Mtr. 10) Der Sänger­bund feier­te seit 130jähriges mit einem tollen Konzert im Carl-Zeiss-Saal. Mit der Bericht­erstat­tung war man aller­dings nicht zufrie­den und veröf­fent­lich­te kurzer­hand einen zusätz­li­chen Bericht als Leser­brief. Ein Tiefschlag für die Kriti­ke­rin der Schwä­po. 11) Der TVO hatte sich wieder eine eigene Turnhal­le gebaut und feier­te eine Super-Einwei­hung. 12) Der FCO hatte es geschafft und war wieder in der II. Amateurliga.

Oberkochen

Richt­fest des Alten­wohn­heims „Jäger­gäss­le – oben die Schaf­fer und unten die Entschei­der (Archiv Rathaus)

13) Im Jäger­gäss­le wurde das 3te Alten­wohn­ge­bäu­de errich­tet. 14) Die Biblio­thek, durfte sich nunmehr städtisch nennen, hatte inzwi­schen im Rathaus (am Platz des heuti­gen Bürger­bü­ros) ihr neues Reich aufge­schla­gen und bestand inzwi­schen auch schon wieder 10 Jahre. Helma Braun, von Anfang an dabei, erwähn­te folgen­de Fakten: 1.300 Leser und über 4.000 Bücher. Ständig verlie­hen waren Sachbü­cher und Reise­füh­rer sowie der heimli­che Renner – der Bildband „Rausch­gift“ (Da staune ich aber). Und für die angepeil­ten 5.000 Heidia­ner erträum­te man sich ebenfalls eine mobile Büche­rei. 15) Zum ersten Mal tauch­te der SKO Sport­ke­gel­club Oberko­chen (einer der stärks­ten seiner Art im Kreis Aalen) mit seinem Vorsit­zen­den Harry Schei­be in der Presse auf. Es spiel­ten damals 4 Männer- und 1 Frauen­mann­schaf­ten. Einer der erfolg­reichs­ten war der Georg „Schorsch“ Tritt­ler, ein Bruder der heuti­gen Grub-Wirtin Mathilde.

Oberkochen

Ich erlau­be mir, als ehema­li­ger SKOler zu sagen – Georg „Schorsch“ Tritt­ler aus d’r Gruab war damals der Beste – kein Wunder bei den Trainings­be­din­gun­gen (Archiv Schwäpo)

16) Erhard Eppler, und das war ein richti­ger demokra­ti­scher Eklat, durfte bei seinem Besuch nicht im Bürger­saal sprechen, sondern musste es bei einem Eintrag im Golde­nen Buch der Stadt belas­sen. Der Gemein­de­rat hatte Schiss vor Unruhen und Demons­tra­tio­nen. Die SPD mit Otto Griebisch hatte dafür zu Recht kein Verständ­nis. 17) Die Aalener Droge­rie Rassel eröff­ne­te in der Aalener Straße 5 (heute Oy’s Thai-Massa­ge) eine Nieder­las­sung. 18) Die Thürin­ger Lands­mann­schaft, mit dem Vorsit­zen­den Willy Siegmund, feier­te in der „Grube“ ihr 10jähriges Bestehen. BM Gustav Bosch schau­te bei solchen Gelegen­hei­ten gern bei allen Verei­nen vorbei – eben ein Mann des Volkes. 19) Der Friseur­sa­lon Hurler hatte an der Ecke Schil­ler­stra­ße / Primel­weg in einem moder­nen Salon seine neue Heimat gefun­den. Meine Cousi­ne Ulrike Müller verh. Stigl­mayr war dort lange Jahre beschäf­tigt. 20) Die angeb­lich beste Heizung für das Wohnge­biet Heide wurde vom Gemein­de­rat festge­zurrt – Elektro­spei­cher­ofen (der damals neuste Atomstrom-Schrei). Ich verste­he bis heute nicht, warum man den Bauher­ren das so vorschrieb. Wer heute noch eine hat, weiß was Heizkos­ten sind. Meine Mutti könnte das heute von ihrer Rente gar nicht mehr bezah­len. 21) Und wieder ein Highlight im Zeiss-Kultur­ring. Der Weltklas­se-Trompe­ter Maurice André kam mit dem Radio-Sympho­nie-Orches­ter Straß­burg nach Oberko­chen. Hier sei mir eine Anmer­kung erlaubt: Man erkennt eindeu­tig, dass früher die erste Sahne aus der Kultur (Musik, Theater und Litera­tur) nach Oberko­chen kam, heute reicht das Geld vermut­lich nur noch für zweite, dritte und vierte Reihe. So ändern sich die Zeiten. 22) Der FCO im Höhen­flug. Paul Mühl schoss die Ulmer Spatzen vor über 1.000 Zuschau­ern aus dem Pokal. 23) Alfred Ficht­ner machte bei der Handwerks­kam­mer Ulm seine Meister­prü­fung als Kondi­tor­meis­ter. 24) Gerhard Büttner wurde württem­ber­gi­scher Meister über 400 Mtr. Lagen. 25) Der ev. Pfarrer Geiger wurde verab­schie­det. 26) Der Sänger­bund gab aus Anlass des 130jährigen Bestehens ein großes Konzert im Carl-Zeiss-Saal. 27) Wolfgang Porzig, ein Mann wie es heute nur noch wenige gibt, verab­schie­de­te sich vom Kath. Kirchen­chor. Über diesen außer­ge­wöhn­li­chen Mann wird es anläss­lich seines 100ten Geburts­ta­ges 2022 einen separa­ten Bericht geben.

Oberkochen

Zur Verab­schie­dung von Wolfgang Porzig vom katho­li­schen Kirchen­chor spiel­ten auf (Archiv Hug)
v.l.n.r.: Werner Reichen­bach, Paul Hug, Anton Holz, Gerhard Bahmann

Oberkochen

Eine alte Glocke aus der alten evange­li­schen Kirch in Oberko­chen wird in Aalen feier­lich, im Rahmen des Gustav-Adolf-Festes, an eine Diaspo­ra-Gemein­de in Öster­reich übergeben

28) Die Glocke aus der alten evange­li­schen Kirche wird mit „großem Bahnhof“ auf dem Aalener Markt­platz an eine öster­rei­chi­sche Diaspo­ra-Gemein­de überge­ben. 29) Es schien die Zeit von Besuchen politi­scher Großge­wich­te bei uns zu sein. BM Bosch empfing den Minis­ter­prä­si­den­ten von Schles­wig-Holstein Dr. Helmut Lemke und den Bundes­mi­nis­ter Dr. Lauritz Laurit­zen. Auch hier stelle ich fest, dass sich die erste politi­sche Reihe so gut wie nicht mehr bei uns sehen lässt.

Meine kleine Welt.

17 Jahre jung und der Ernst des Lebens, ein belieb­ter Spruch dieser Zeit, begann nun auch für mich, und zwar am 1. Septem­ber bei der ortsan­säs­si­gen Firma Gebr. Leitz. Ich begann eine kaufmän­ni­sche Lehre. Neue Menschen, neue Schule und Lehrer – und siehe da, plötz­lich ging alles wie von selbst. Die Zeit des schuli­schen Leidens war vorüber. Ein Film kam in die Kinos, der mich „so was von“ in den Bann zog – ich glaube, dass ich ihn 5 Mal hinter­ein­an­der in Aalen angeschaut habe. Und heute sitze ich immer noch vor der Mattschei­be, wenn er zum 127ten Mal ausge­strahlt wird: „Easy Rider“ – genia­le Bilder, geile Musik und tolle Schau­spie­ler. Während des Wahlkamp­fes klebten Andre­as Klopf­leisch, Friede­mann Blum und ich Plaka­te für die SPD und die Balle-Brüder aus dem Katzen­bach für die CDU. Wenn ich mich rechte erinne­re, gab es Proble­me wegen des Wegrei­ßens und Überkle­bens der Plaka­te der jewei­li­gen anderen Gruppe.

Der alte saugu­te FCO.

Da muss ich natür­lich ein bisschen mehr ausho­len. Die 60er – das waren FCO Jahre. Da sind wir gerne auf den Fußball­platz gegan­gen. In der II. Amateur­li­ga (damals die viert­höchs­te Liga) spiel­te er von 1961 bis 1966 sowie 1968/1969. Es wurde gepfleg­ter, guter, schön anzuse­hen­der Fußball gespielt. Der Club spiel­te in diesen Jahren zwischen der B‑Klasse und der II. Amateur­li­ga. Die Spieler dieser Jahre waren: Abt, Abraham, Beißwen­ger, Beißwen­ger jun., Bekker, Bestle, Betzler, Bittel, Busch­baum, Bolze, Brock, Brunke, Budic, Calabek, Carl R., Czivi­zc, Döring, Erhardt, Fischer, Frank, Franz, Fuchs, Gerner, Göring, Grimm, Grüner, Hassin­ger, Kovace­vic, Langer, Liebmann, Lipsi­us, Lissner A., Lissner H., Mäßner, Maier, Maile, Marquardt, Meisel, Mohrmann, Möhrle, Mühl, Nothaft, Oweger, Patron, Plickert, Richter, Schell, Schell­mann, Schönin­ger, Schön­met­zer, Schol­ler, Schorcht, Seiler, Speth, Troms­dorf, Weng, Zeitler, Zimmer.

Es gibt keine Garan­tie auf Vollstän­dig­keit. Die Namen wurden den Spiel­be­rich­ten der Schwä­po entnom­men, aber nicht in allen wurden die Spieler aufge­führt. Wenn also welche fehlen – her damit – auf der Website werden sie natür­lich für die Ewigkeit eingetragen.

Oberkochen

Der A‑Klassenmeister von 1969 – Einige Oberkoch­ner Fußball-Idole meiner Jugend (Archiv Rathaus)
Vorde­re Reibe v.l.n.r.: Gerhard Marquardt †, Thomas Schorcht, Heinz Busch­baum †, Heinz Beißwan­ger †, Heiner Erhard †
Hinte­re Reihe v.l.n.r.: Betreu­er Hermann Wickom †, Trainer Paul Günter †, Georg Schönin­ger, Zvonko Kovace­vic, Adolf Fischer, Paul Mühl †, Johann Czivisz, Hans Brock †, Detlef Schön­met­zer, Otto Kölbl, Abtl. Leiter †, Sanitä­ter Maier †

Dann hat mich noch ein Beitrag vom Reinhold Bahmann erreicht.

Nach den, meist gewon­nen, Spielen trafen sich Spieler und Fans im „Ochsen“, wo dann am Sonntag­abend meist in der Regel eine Party mit Musik (vom Tonband) und teilwei­se auch mit Tanz statt­fand. Dabei wurde es oft sehr spät bzw. früh. Das Wochen­en­de stand da ohnehin ganz im Zeichen des Fußballs. Freitags nach dem Training und der obliga­to­ri­schen Spieler­ver­samm­lung, ebenfalls im „Ochsen“, ging es noch in die Nacht hinaus, oft nach Königs­bronn zum „Funka Paul“. Man musste vorbe­stel­len, denn es waren meist über 30 Leute, die mitge­kom­men sind. Damit nicht genug. Am Samstag­mor­gen traf man sich beim Edel-Fan Alfred Zimmer­mann in dessen kleiner Kneipe, neben der Metzge­rei, zu Thürin­ger Rostbrat­wurst und Rostbrät­chen. Alfred ließ sich meistens nicht lumpen und spendier­te einen „Klaren“ zum Vesper.

Ich habe damals die Spiel­be­rich­te geschrie­ben, als 22jähriger natür­lich nicht mit dem großen Erfah­rungs­schatz eines angehen­den Sport­re­por­ters, was mir oft auch Kritik einbrach­te. Sonntags abends musste ich zur Zeitungs­re­dak­ti­on und den auf Schreib­ma­schi­ne geschrie­be­nen Bericht auf der Redak­ti­on abgeben, damit dieser am Montag­mor­gen in der Zeitung stand. Es gab damals als Lohn das sogenann­te Zeilen­geld, wenn ich es noch richtig weiß, 20 Pfennig je Zeile (aus heuti­ger Sicht: Nicht schlecht Herr Specht). Fax, Mail, sozia­le Medien – damals unbekannt. (in der ARD-Sport­schau wurde die Filme von den Stadi­en auf dem Motor­rad, teilwei­se brand­heiß in die laufen­de Sendung, gefah­ren.) Wenn wir auswärts gespielt hatten, oft im Filstal und in der Ulmer Gegend, war Eile angesagt und ich musste mich sputen, denn gegen 19:00 Uhr war Redak­ti­ons­schluss. Aber es war eine tolle Zeit, die auch für den FCO und den Nachfol­ge­ver­ein nicht mehr wieder­kom­men wird. Vielleicht waren die 60er Jahre wirklich die besten nach dem Krieg.

Ein paar Monate bevor der „Gutheißa-Done“ verstor­ben ist, hatte ich mit ihm noch ein Gespräch über den FCO. Dabei sagte er mir, dass der VfR Aalen dem Kovace­vic (Zvonko) während Done‘s Trainer­zeit ein Angebot über 700 DM gemacht habe. Zum einen hat Zvonkos Frau ihren Mann gebeten zu bleiben, nachdem der FCO für ihn so viel getan hätte und zum anderen hat der „Done“ alles versucht, um ihn zum Bleiben zu überre­den und ihm sein eigenes Trainer­ge­halt, ihn Höhe von 350 DM, durch­ge­steckt, damit der Zvonko auch in Oberko­chen bleibt und somit auch beim FCO auf die Summe auf 700 DM kam. Geschich­ten für die Ewigkeit.

Pokal­schreck FCO.

Es geschah am Samstag, 22. Novem­ber 1969 im Ulmer Stadi­on vor über 1.000 Zuschau­ern, davon sehr viele aus Oberko­chen. Der FCO machte wieder einmal ein Super­spiel gegen die Ulmer, welche auf ihren damali­gen Star, Ulli Hoeneß, verzich­ten mussten, der auf einem Amateur­län­der­spiel dem Ball nachjag­te. Paul Mühl versenk­te die Kugel in der 83. Minute im Ulmer Gehäu­se, denn das „Runde“ musste schließ­lich ins „Eckige“. Der Herbst 1969 war einfach die geils­te Zeit des FCO. Man spiel­te in der 4. Liga !!! und hatte einen Super­lauf. Die Schwä­po schrieb: „Wer soll diesen FCO noch schla­gen?“ Aber wie das so im Leben ist, im kommen­den Jahr sollte das Märchen ein Ende haben.

Beson­de­re Zuschauer.

Bleibend in Erinne­rung geblie­ben sind mir auch Käte und Rudolf Funke. Neben denen durfte man nicht stehen – da riskier­te man Verlet­zun­gen, denn die gingen als Zuschau­er beim Spiel körper­lich nach allen Richtun­gen mit. Und dann noch der Roland Müller, der mitun­ter so emotio­nal aufge­la­den war, dass er das Spiel­feld stürm­te, um mit dem Schieds­rich­ter Tache­les zu reden.

Das waren nun die 60er und hier kann ich mich nur mit einem ganz lauten „WiImaaaaaaaaaaaaaaaaa“ verab­schie­den, denn nur die Kinder der 60er wissen wer das gerufen hat.

Wilfried „Billie Wichai“ Müller

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