1968 im Jahr des Affen – Ab urbe condita (Maßeinheit der Zeit) 2721
Welt.
Der Prager Frühling wurde durch Panzer des Warschauer Pakts im August beendet. Eines der bekanntesten Kriegsbilder entstand in Vietnam: Der Polizeichef von Saigon erschoss einen Vietcong per Kopfschuss und die US-Army sorgte für das Massaker von My Lai. Das Drama bei den Kennedys setzte sich fort – Robert wurde erschossen. Die Niederlande führten einen Mindestlohn ein (!). Das erste Legoland wurde in Billun eröffnet. Mit Apollo 7 startete der bemannte Flug des Apollo-Programms. In Mexiko-City fanden die Olympischen Spiele statt. Herausragend dabei der Weitsprung von Bob Beaman mit sagenhaften 8,90 Mtr. Nach 5 Jahren ging Scotland Yard der englische Posträuber Major Bruce Reynolds ins Netz. Jetzt fehlte nur noch Ronald Biggs – der sollte sich aber noch als eine ganz harte Nuss für den Chef-Superintendent Thomas Butler erweisen.
Deutschland.
Die Schlagworte waren APO, Widerstand, Terror. Andreas Baader und Gudrun Ensslin verübten einen Brandanschlag auf ein Kaufhaus in Frankfurt. Rudi Dutschke wurde auf der Straße niedergeschossen, der Staat antwortete mit den Notstandsgesetzen. In den Kinos sorgte „Zur Sache Schätzchen“ für erfrischende Begeisterung. Man glaubt es heute kaum. Da lesen wir doch die Schlagzeile vom VW-Chef Dr. Lotz: „VW bereitet sich auf das Elektroauto vor“. Ob Batterien oder Brennstoffzelle – das sei noch die Frage. Da haben die aber verdammt lange darüber nachgedacht. Die ruhmreichen Clubberer aus Nürnberg holten ihre letzte Meisterschaft vor Werder Bremen und zehren seitdem von alten Zeiten. Der Schrecken von uns jungen Wilden war in der Hitparade nicht zu schlagen: Heintje und sein „Mama“.
Oberkochen.
1) Ein wichtiges Jahr für Oberkochen – die Stadterhebung stand bevor. Das neue Stadtwappen bekam die drei Rosen der Herren von Kochen. Am 1. Juni war es dann soweit: Wir wurden offiziell Stadt und werden die herbeigedachten Einwohnerzahlen „niemals nie nicht“ erreichen. 2) Der TVO wurde 65 Jahre alt. 3) Horst Jankowski, Meister der leichten Muse und Komponist der „Schwarzwaldfahrt“ ließ seine Band im Carl Zeiss-Saal aufspielen. Das Ganze wurde von Waldemar Müller, einer bekannten Radiostimme aus Stuttgart moderiert.

Jürgen Braun und die Clochards in der ARD u.a. mit Bill Ramsey und Gus Backus (Archiv Braun)
4) Der Oberkochener Jürgen Braun (Sohn von Helma Braun) trat im Talentschuppen im Fernsehen mit seiner Gruppe „Les Clochards“ auf, die in den 60ern und 70ern in Europa recht erfolgreich war. Doch lassen wir Jürgen selbst zu Wort kommen:
„1960, im Alter von 19 Jahren, bin ich ans berühmte Mozarteum gegangen und habe Musik studiert. Allerdings ist mir nach 4 Jahren klar geworden, dass Orchestermusiker nichts für mich ist. Zu wenig Kreativität. Also habe ich mich mit 4 anderen Studenten zusammengetan und eine Band gegründet. Im Laufe unserer Berufstätigkeit, haben wir beim SWR einen Talentschuppenwettbewerb absolviert und die Sparte BAND gewonnen. Daraufhin wurden wir für einige Regionalsendungen, dann für das ARD-TV engagiert. Dann kam auch das ZDF auf uns zu. Insgesamt haben wir über 60 TV-Sendungen bestritten und in unserer Karriere fast alle damaligen Stars begleitet: Bill Ramsey, Roberto Blanco, Chris Roberts, Katja Ebstein, Adamo, Freddy Quinn, Gus Backus, Giorgio Moroder, Daliah Lavi u.v.m.“

Jürgen Braun und die Clochards in der Sendung „Baden-Badener Roulette“ u.a. mit Peter Weck (Archiv Braun)
5) Die Modelleisenbahner des Eisenbahn-Amateur-Clubs Oberkochen machten nach vielen ruhigen Jahren wieder von sich reden. Der alte Eisenbahn-Waggon wurde abgebaut und ein neues Heim bezogen. In diesem Jahr wurden wieder große Ausstellungen organisiert und somit der Name Oberkochen in die Welt hinausgetragen. 6) Und wieder gab es tödliche Unfälle zwischen Oberkochen und Königsbronn 7) Ein neuer Verein wurde gegründet, der gelbe Filzball sollte nun auch bei uns übers Netz hin- und her geschlagen werden. Eberhard Rossow wurde Vorsitzender von anfangs 25 Mitgliedern. 8) Der Neubau der Oberkochner Bank, am Platz des alten Rathauses, wurde eingeweiht. Eine erfolgreiche Geschichte – auch wenn es Jahre später zu einer Vereinigung mit der VR-Bank kommen sollte. 9) Carl Zeiss schenkte der jungen Stadt eine Uhr, natürlich nur für die sonnigen Stunden. Installiert wurde das Ganze damals vor dem neuen Rathaus neben dem Musikpavillon in einem Mosaik-Beet, für das der Kunstmaler Wanner verantwortlich zeichnete. 10) Im Rahmen der städtischen Festtage wurde in der Schwäpo eine, aus heutiger Sicht, sehr interessante Sonderbeilage über die junge Stadt und alte Gemeinde veröffentlicht. Wer da zu Hause noch ein Original hat und sich davon trennen kann – ich würde es gerne übernehmen! 11) Ein Anlass, um neue Ehrenbürger zu ernennen (mit voller Länge mit allen Titeln: Dr. Ing. Dr. Ing. E.H.H. Küppenbender und Dr. rer. pol. G. Kühn. Darüber wird noch an anderer Stelle noch zu reden sein. 12) Im Progymnasium wurde eine große Übung mit allen Rettungskräften abgehalten unter dem Szenario „Schwere Explosion im Chemieraum“. Ich möchte nicht wissen, wie nervös Horst Riegel möglicherweise damals war „Hoffentlich machen die mir nichts kaputt“. 13) Dann gab es eine kulturelle Veranstaltung, die neue Erkenntnis für unsere Gemeinde brachte. Thaddäus Troll, mit bürgerlichem Namen Dr. Hans Bayer, verkündete während einer Lesung im vollbesetzten Bürgersaal, dass seine Großmutter eine Oberkochnerin gewesen sei. 14) Die zweite Aalener Diskothek, der „Bottich“ öffnete seine Pforten in Unterrombach im alten „Rössle-Saal“. 15) Im Carl-Zeiss-Saal gastierte das weltberühmte Burg-Theater aus Wien. 16) Der FCO zeigte inzwischen wieder wo’s lang gehen soll und führte die Tabelle der A‑Klasse souverän an. 17) Das „Disco- Pub“ in der Rombacher Straße brannte aus. Als Ursache wurde ein Gasofen oder eine weggeworfene Zigarettenkippe gehandelt. Der Schaden wurde auf 25.000 DM taxiert. (P.S.: „Pub“ und „Bottich“ gehören zwar zu Aalen, waren wir uns Oberkochner Jungen aber sehr wichtig, weil uns Rupert-Mayer-Haus, TeaTime im ev. Gemeindezentrum und der CZ-Jugend-Club nicht mehr genügten.)
Meine kleine Welt.
Der Zerstörer Mölders (D186) lief in Maine/USA bei der Werft Bath Iron Works vom Stapel und wurde in Dienst gestellt. Warum so wichtig? Es sollte in den 70ern meine berufliche maritime Heimat werden. Das wussten aber ich und das Schiff damals noch nicht :-). Das Disco Pub in der Rombacher Straße eröffnete nach dem Brand wieder. Chris Barber’s Jazzband gab in Aalen ein Konzert und ich freute mich schon sehr darauf. Mein Schulfreund „Biba“ Eckart Irion hatte die Karten besorgt, aber elterliche pädagogische Strafmaßnamen verhinderten das und so musste „Biba“ ohne mich gehen und ich war stinksauer. Es war die Zeit der „Django-Filme“ in den Kinos und eines Abends fuhr ich mit dem letzten Bus (Lumpensammler genannt) um 0:30 Uhr nach Hause. Da stieg noch ein junger Mann, leicht angedudelt und etwas verlottert, zu und sagte zum Fahrer: „Django zahlt heute nicht“. Da antwortete der Busfahrer schlagfertig und cool: „Und Django zahlt heute doch, denn sonst kommt der Marshall“.
1969 im Jahr des Hahns – Hindu Kalender nach Shaka 1891/92
Welt.
Apollo 11 startete zum Mond und Neil Armstrong prüfte an Ort und Stelle, ob Gus Backus mit dem „Mann im Mond“ nicht doch recht hatte. In Washington protestierten 250.000 Menschen gegen den Vietnamkrieg. Thor Heyerdahl startete mit der „Ra“ von Marokko aus zur Überquerung des Atlantischen Ozeans. Sein Papyrusboot löste sich bei Barbados auf und er musste den Versuch abbrechen. Das Dörfchen „Woodstock“ wurde weltberühmt und alle Künstler, die dort vor 400.000 Besuchern auftraten, ebenfalls. John Lennon und Yoko Ono heirateten in Gibraltar und „Pele“ erzielte sein 1.000tes Tor.
Deutschland.
Willy Brandt wurde Kanzler. Heinz Mägerlein musste endgültig seinen Hut nehmen. Die Zuschauer und seine Chefs hatten von ihm als Quasselstrippe genug. Die olympischen Spiele 1968 hatten endgültig den Ausschlag gegeben. Es begann eine neue Ära im Fußball. Der FC Bayern holte die erste von unzähligen Meisterschaften (vor Alemannia Aachen) und gewann das erste sog. „Double“ – das heutige Minimalziel der „Mia-san-mia-Truppe“. Die Mannschaft von damals setzte sich wie folgt zusammen: Maier, Pumm, Olk, Schwarzenbeck, Roth, Ohlhauser, Starek, Brenninger, Beckenbauer, Müller (30Tore), Kupferschmidt, Schmidt, Jung. Obwohl inzwischen der „Beat“ die Hitparaden seit einigen Jahren beherrscht, stand wieder ein deutscher Schlager an der Spitze: Michael Holm und „Mendocino“. In den Kinos machten die beiden Kult-Filme „Spiel mir das Lied vom Tod“ und „Easy Rider“ Furore und der Hamburger Star Club schloss für immer seine Pforten. Aus dem Fernseher schallte es einem entgegen: „Hier ist Berlin….“ Die ZDF-Hitparade ging auf Sendung, damit bekam der Schlager eine Plattform zur medialen Präsentation.

Das neue städtebauliche Ensemble von Didi Bantel gestaltet (Archiv Rathaus)
Oberkochen.
1) Es fand eine Briefmarkenausstellung aus Anlass des 20jährigen Bestehens des Carl-Zeiss-Sammlerringes statt. 2) Auch die Innenstadt von morgen wurde geplant. Als attraktives Zentrum sollte die Goethestraße zur Haupt- und Geschäftsstraße ausgebaut und der Eichendorffweg sowie die Blumenstraße eingebunden werden. Der Kreisbaumeister Koch trug folgendes vor: „Breite Straßen, moderne mit 3 und 4 Geschossen, arkadenähnliche Schaufensterpassagen, ausreichend Parkmöglichkeiten und eingerahmte Grünstreifen. Ein städtisches Flair bis zum neuen Rathaus hinab.“ Wenn ich das heute so lese, fällt mir nur ein Wort ein – Wolkenkuckucksheim – völlig an der Realität vorbei. 3) Zur Bildung eines Großvereins aus Turnverein, Boxverein, Fußballclub und Schwimmverein wird weiter verhandelt (und wenn sie nicht gestorben sind….) Vereinszusammenschlüsse sind immer schwer. 4) In der Bestenliste des württembergischen Leichtathletik-Verbandes belegen Gerd und Frank Hillje sowie Michael Knopf sehr gute Plätze. In der damaligen Liste finden wir auch Dr. Frank Gebert, Siegbert Wolf, Ilse Mangold sowie Martina Greiner verh. Renner (schau, schau). 5) Prof. Dr. Walter Jens, eine Koryphäe auf vielen Gebieten in Deutschland sowie Mitglied der „Gruppe 47“, hielt im Carl-Zeiss-Saal einen Vortrag „Perspektiven für das letzte Drittel des 20. Jahrhunderts“. Den Mann hätte ich gerne einmal persönlich erlebt. 6) Der Schwäbische Albverein feierte sein 75jähriges Bestehen.

Ein proppevolles Kocherstadion – der FCO wies den VFR erfolgreich vor 2.000 Zuschauern in die Schranken (Archiv Rathaus)
7) Der FCO fertigte den VfR Aalen im Spitzenspiel um den Aufstieg vor 2.000 Zuschauern mit 2:1 ab. Das war DAS Spiel in meiner Jugendzeit und Jugendzeit und man kann getrost sagen: Das war Spitze! (Anfang der 70er bin ich dann zum VFR gepilgert. So änderten sich die Zeiten 8) Der Schwimmverein gewann den Häberle-Pokal (ein herrlicher Name) 9) Beim Sportfest war Martina Greiner wieder die beste A‑Jugendliche und gewann den Weitsprung mit 5,11 Mtr., den Diskuswurf mit 24,72 Mtr. und den Hochsprung mit 1,35 Mtr. 10) Der Sängerbund feierte seit 130jähriges mit einem tollen Konzert im Carl-Zeiss-Saal. Mit der Berichterstattung war man allerdings nicht zufrieden und veröffentlichte kurzerhand einen zusätzlichen Bericht als Leserbrief. Ein Tiefschlag für die Kritikerin der Schwäpo. 11) Der TVO hatte sich wieder eine eigene Turnhalle gebaut und feierte eine Super-Einweihung. 12) Der FCO hatte es geschafft und war wieder in der II. Amateurliga.

Richtfest des Altenwohnheims „Jägergässle – oben die Schaffer und unten die Entscheider (Archiv Rathaus)
13) Im Jägergässle wurde das 3te Altenwohngebäude errichtet. 14) Die Bibliothek, durfte sich nunmehr städtisch nennen, hatte inzwischen im Rathaus (am Platz des heutigen Bürgerbüros) ihr neues Reich aufgeschlagen und bestand inzwischen auch schon wieder 10 Jahre. Helma Braun, von Anfang an dabei, erwähnte folgende Fakten: 1.300 Leser und über 4.000 Bücher. Ständig verliehen waren Sachbücher und Reiseführer sowie der heimliche Renner – der Bildband „Rauschgift“ (Da staune ich aber). Und für die angepeilten 5.000 Heidianer erträumte man sich ebenfalls eine mobile Bücherei. 15) Zum ersten Mal tauchte der SKO Sportkegelclub Oberkochen (einer der stärksten seiner Art im Kreis Aalen) mit seinem Vorsitzenden Harry Scheibe in der Presse auf. Es spielten damals 4 Männer- und 1 Frauenmannschaften. Einer der erfolgreichsten war der Georg „Schorsch“ Trittler, ein Bruder der heutigen Grub-Wirtin Mathilde.

Ich erlaube mir, als ehemaliger SKOler zu sagen – Georg „Schorsch“ Trittler aus d’r Gruab war damals der Beste – kein Wunder bei den Trainingsbedingungen (Archiv Schwäpo)
16) Erhard Eppler, und das war ein richtiger demokratischer Eklat, durfte bei seinem Besuch nicht im Bürgersaal sprechen, sondern musste es bei einem Eintrag im Goldenen Buch der Stadt belassen. Der Gemeinderat hatte Schiss vor Unruhen und Demonstrationen. Die SPD mit Otto Griebisch hatte dafür zu Recht kein Verständnis. 17) Die Aalener Drogerie Rassel eröffnete in der Aalener Straße 5 (heute Oy’s Thai-Massage) eine Niederlassung. 18) Die Thüringer Landsmannschaft, mit dem Vorsitzenden Willy Siegmund, feierte in der „Grube“ ihr 10jähriges Bestehen. BM Gustav Bosch schaute bei solchen Gelegenheiten gern bei allen Vereinen vorbei – eben ein Mann des Volkes. 19) Der Friseursalon Hurler hatte an der Ecke Schillerstraße / Primelweg in einem modernen Salon seine neue Heimat gefunden. Meine Cousine Ulrike Müller verh. Stiglmayr war dort lange Jahre beschäftigt. 20) Die angeblich beste Heizung für das Wohngebiet Heide wurde vom Gemeinderat festgezurrt – Elektrospeicherofen (der damals neuste Atomstrom-Schrei). Ich verstehe bis heute nicht, warum man den Bauherren das so vorschrieb. Wer heute noch eine hat, weiß was Heizkosten sind. Meine Mutti könnte das heute von ihrer Rente gar nicht mehr bezahlen. 21) Und wieder ein Highlight im Zeiss-Kulturring. Der Weltklasse-Trompeter Maurice André kam mit dem Radio-Symphonie-Orchester Straßburg nach Oberkochen. Hier sei mir eine Anmerkung erlaubt: Man erkennt eindeutig, dass früher die erste Sahne aus der Kultur (Musik, Theater und Literatur) nach Oberkochen kam, heute reicht das Geld vermutlich nur noch für zweite, dritte und vierte Reihe. So ändern sich die Zeiten. 22) Der FCO im Höhenflug. Paul Mühl schoss die Ulmer Spatzen vor über 1.000 Zuschauern aus dem Pokal. 23) Alfred Fichtner machte bei der Handwerkskammer Ulm seine Meisterprüfung als Konditormeister. 24) Gerhard Büttner wurde württembergischer Meister über 400 Mtr. Lagen. 25) Der ev. Pfarrer Geiger wurde verabschiedet. 26) Der Sängerbund gab aus Anlass des 130jährigen Bestehens ein großes Konzert im Carl-Zeiss-Saal. 27) Wolfgang Porzig, ein Mann wie es heute nur noch wenige gibt, verabschiedete sich vom Kath. Kirchenchor. Über diesen außergewöhnlichen Mann wird es anlässlich seines 100ten Geburtstages 2022 einen separaten Bericht geben.

Zur Verabschiedung von Wolfgang Porzig vom katholischen Kirchenchor spielten auf (Archiv Hug)
v.l.n.r.: Werner Reichenbach, Paul Hug, Anton Holz, Gerhard Bahmann

Eine alte Glocke aus der alten evangelischen Kirch in Oberkochen wird in Aalen feierlich, im Rahmen des Gustav-Adolf-Festes, an eine Diaspora-Gemeinde in Österreich übergeben
28) Die Glocke aus der alten evangelischen Kirche wird mit „großem Bahnhof“ auf dem Aalener Marktplatz an eine österreichische Diaspora-Gemeinde übergeben. 29) Es schien die Zeit von Besuchen politischer Großgewichte bei uns zu sein. BM Bosch empfing den Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein Dr. Helmut Lemke und den Bundesminister Dr. Lauritz Lauritzen. Auch hier stelle ich fest, dass sich die erste politische Reihe so gut wie nicht mehr bei uns sehen lässt.
Meine kleine Welt.
17 Jahre jung und der Ernst des Lebens, ein beliebter Spruch dieser Zeit, begann nun auch für mich, und zwar am 1. September bei der ortsansässigen Firma Gebr. Leitz. Ich begann eine kaufmännische Lehre. Neue Menschen, neue Schule und Lehrer – und siehe da, plötzlich ging alles wie von selbst. Die Zeit des schulischen Leidens war vorüber. Ein Film kam in die Kinos, der mich „so was von“ in den Bann zog – ich glaube, dass ich ihn 5 Mal hintereinander in Aalen angeschaut habe. Und heute sitze ich immer noch vor der Mattscheibe, wenn er zum 127ten Mal ausgestrahlt wird: „Easy Rider“ – geniale Bilder, geile Musik und tolle Schauspieler. Während des Wahlkampfes klebten Andreas Klopfleisch, Friedemann Blum und ich Plakate für die SPD und die Balle-Brüder aus dem Katzenbach für die CDU. Wenn ich mich rechte erinnere, gab es Probleme wegen des Wegreißens und Überklebens der Plakate der jeweiligen anderen Gruppe.
Der alte saugute FCO.
Da muss ich natürlich ein bisschen mehr ausholen. Die 60er – das waren FCO Jahre. Da sind wir gerne auf den Fußballplatz gegangen. In der II. Amateurliga (damals die vierthöchste Liga) spielte er von 1961 bis 1966 sowie 1968/1969. Es wurde gepflegter, guter, schön anzusehender Fußball gespielt. Der Club spielte in diesen Jahren zwischen der B‑Klasse und der II. Amateurliga. Die Spieler dieser Jahre waren: Abt, Abraham, Beißwenger, Beißwenger jun., Bekker, Bestle, Betzler, Bittel, Buschbaum, Bolze, Brock, Brunke, Budic, Calabek, Carl R., Czivizc, Döring, Erhardt, Fischer, Frank, Franz, Fuchs, Gerner, Göring, Grimm, Grüner, Hassinger, Kovacevic, Langer, Liebmann, Lipsius, Lissner A., Lissner H., Mäßner, Maier, Maile, Marquardt, Meisel, Mohrmann, Möhrle, Mühl, Nothaft, Oweger, Patron, Plickert, Richter, Schell, Schellmann, Schöninger, Schönmetzer, Scholler, Schorcht, Seiler, Speth, Tromsdorf, Weng, Zeitler, Zimmer.
Es gibt keine Garantie auf Vollständigkeit. Die Namen wurden den Spielberichten der Schwäpo entnommen, aber nicht in allen wurden die Spieler aufgeführt. Wenn also welche fehlen – her damit – auf der Website werden sie natürlich für die Ewigkeit eingetragen.

Der A‑Klassenmeister von 1969 – Einige Oberkochner Fußball-Idole meiner Jugend (Archiv Rathaus)
Vordere Reibe v.l.n.r.: Gerhard Marquardt †, Thomas Schorcht, Heinz Buschbaum †, Heinz Beißwanger †, Heiner Erhard †
Hintere Reihe v.l.n.r.: Betreuer Hermann Wickom †, Trainer Paul Günter †, Georg Schöninger, Zvonko Kovacevic, Adolf Fischer, Paul Mühl †, Johann Czivisz, Hans Brock †, Detlef Schönmetzer, Otto Kölbl, Abtl. Leiter †, Sanitäter Maier †
Dann hat mich noch ein Beitrag vom Reinhold Bahmann erreicht.
Nach den, meist gewonnen, Spielen trafen sich Spieler und Fans im „Ochsen“, wo dann am Sonntagabend meist in der Regel eine Party mit Musik (vom Tonband) und teilweise auch mit Tanz stattfand. Dabei wurde es oft sehr spät bzw. früh. Das Wochenende stand da ohnehin ganz im Zeichen des Fußballs. Freitags nach dem Training und der obligatorischen Spielerversammlung, ebenfalls im „Ochsen“, ging es noch in die Nacht hinaus, oft nach Königsbronn zum „Funka Paul“. Man musste vorbestellen, denn es waren meist über 30 Leute, die mitgekommen sind. Damit nicht genug. Am Samstagmorgen traf man sich beim Edel-Fan Alfred Zimmermann in dessen kleiner Kneipe, neben der Metzgerei, zu Thüringer Rostbratwurst und Rostbrätchen. Alfred ließ sich meistens nicht lumpen und spendierte einen „Klaren“ zum Vesper.
Ich habe damals die Spielberichte geschrieben, als 22jähriger natürlich nicht mit dem großen Erfahrungsschatz eines angehenden Sportreporters, was mir oft auch Kritik einbrachte. Sonntags abends musste ich zur Zeitungsredaktion und den auf Schreibmaschine geschriebenen Bericht auf der Redaktion abgeben, damit dieser am Montagmorgen in der Zeitung stand. Es gab damals als Lohn das sogenannte Zeilengeld, wenn ich es noch richtig weiß, 20 Pfennig je Zeile (aus heutiger Sicht: Nicht schlecht Herr Specht). Fax, Mail, soziale Medien – damals unbekannt. (in der ARD-Sportschau wurde die Filme von den Stadien auf dem Motorrad, teilweise brandheiß in die laufende Sendung, gefahren.) Wenn wir auswärts gespielt hatten, oft im Filstal und in der Ulmer Gegend, war Eile angesagt und ich musste mich sputen, denn gegen 19:00 Uhr war Redaktionsschluss. Aber es war eine tolle Zeit, die auch für den FCO und den Nachfolgeverein nicht mehr wiederkommen wird. Vielleicht waren die 60er Jahre wirklich die besten nach dem Krieg.
Ein paar Monate bevor der „Gutheißa-Done“ verstorben ist, hatte ich mit ihm noch ein Gespräch über den FCO. Dabei sagte er mir, dass der VfR Aalen dem Kovacevic (Zvonko) während Done‘s Trainerzeit ein Angebot über 700 DM gemacht habe. Zum einen hat Zvonkos Frau ihren Mann gebeten zu bleiben, nachdem der FCO für ihn so viel getan hätte und zum anderen hat der „Done“ alles versucht, um ihn zum Bleiben zu überreden und ihm sein eigenes Trainergehalt, ihn Höhe von 350 DM, durchgesteckt, damit der Zvonko auch in Oberkochen bleibt und somit auch beim FCO auf die Summe auf 700 DM kam. Geschichten für die Ewigkeit.
Pokalschreck FCO.
Es geschah am Samstag, 22. November 1969 im Ulmer Stadion vor über 1.000 Zuschauern, davon sehr viele aus Oberkochen. Der FCO machte wieder einmal ein Superspiel gegen die Ulmer, welche auf ihren damaligen Star, Ulli Hoeneß, verzichten mussten, der auf einem Amateurländerspiel dem Ball nachjagte. Paul Mühl versenkte die Kugel in der 83. Minute im Ulmer Gehäuse, denn das „Runde“ musste schließlich ins „Eckige“. Der Herbst 1969 war einfach die geilste Zeit des FCO. Man spielte in der 4. Liga !!! und hatte einen Superlauf. Die Schwäpo schrieb: „Wer soll diesen FCO noch schlagen?“ Aber wie das so im Leben ist, im kommenden Jahr sollte das Märchen ein Ende haben.
Besondere Zuschauer.
Bleibend in Erinnerung geblieben sind mir auch Käte und Rudolf Funke. Neben denen durfte man nicht stehen – da riskierte man Verletzungen, denn die gingen als Zuschauer beim Spiel körperlich nach allen Richtungen mit. Und dann noch der Roland Müller, der mitunter so emotional aufgeladen war, dass er das Spielfeld stürmte, um mit dem Schiedsrichter Tacheles zu reden.
Das waren nun die 60er und hier kann ich mich nur mit einem ganz lauten „WiImaaaaaaaaaaaaaaaaa“ verabschieden, denn nur die Kinder der 60er wissen wer das gerufen hat.
Wilfried „Billie Wichai“ Müller