Begin­nen wir diesen Teil mit einer Sicht auf die Frau im Lehrer­be­ruf. Das war vor rund 125 Jahren aus unserer heuti­gen schon sehr speziell.

Frauen im Lehrberuf.

Das war in alten Zeiten ein sehr heikles Thema. Man(n) war der Meinung, dass die Frau in der Berufs­aus­bil­dung körper­lich, geistig und nervlich den Anfor­de­run­gen nicht gewach­sen sei. Dazu finden wir einige offizi­el­le Einschätzungen:

1896 finden wir den Hinweis, „dass der männli­che Lehrer geeig­ne­ter für die Erzie­hung von Mädchen ist….nur der Mann das Weib erzie­hen kann. Er weiß es besser als sie selbst, welche Eigen­schaf­ten ihm an ihr am besten gefal­len, am wünschens­wer­tes­ten sind, welche die notwen­di­gen Ergän­zun­gen seiner eigenen Natur bilden.“

Aus dem Jahr 1898. „Mädchen, die mit 20 Jahren in blühen­der Schön­heit in das Amt treten, sehen schon nach einer Arbeit von 6–8 Jahren wie ganz verblüh­te alte Jungfern aus. Im Alter von 30–35 Jahren, wenn der Jüngling im Lehrbe­ruf erst recht zu leben und der durch ernste Studi­en und Vorar­bei­ten erlang­ten Kraft sich recht zu freuen beginnt, sind die Lehre­rin­nen oft bereits ganz gebro­chen, nervös, leidend, bestän­dig kränk­lich und erfül­len ihre Pflich­ten ohne Freudig­keit unter inneren Qualen. Mit 40 Jahren haben fast alle ohne Unter­schied mit bestän­di­gem Siech­tum zu kämpfen, so dass ihr Leben von dieser Zeit an als ein im Grunde trauri­ges bezeich­net werden muss.“

Und im Jahr 1916 vertrat man folgen­de Ansicht. „Nur dem Manne gebührt eine Stellung in der Öffentlichkeit…der Mann ist der Erhal­ter und Fortset­zer der Kultur. Alle Gebie­te des öffent­li­chen Lebens, die dem Kultur­fort­schrit­te dienen, sind sein Tätig­keits­be­reich: mithin gehört ihm auch die Schule.“

Und heute? Meine persön­li­che Meinung: Es fehlen Lehrer in den Klassen 1 bis 4. Dort finden wir heute überwie­gend Lehre­rin­nen. Meiner Ansicht nach besteht da ein Missver­hält­nis. Woran es liegt? Da fehlt mir leider die Detail­kennt­nis, entwe­der wollen die Männer das nicht oder es liegt am Geld oder gibt’s da noch einen anderen Grund, der sich mir nicht erschließt?

Der Schüler Hermann Metz (Jg. 1938) erinnert sich noch genau an den Lehrer Klotz­bü­cher und die damali­gen Erziehungsmethoden

Der Lehrer Leo Klotz­bü­cher. So wie die Menschen allge­mein mit unter­schied­li­chen Charak­te­ren geseg­net sind, so ist auch jeder Lehrer anders geartet. Das konnte man an unserem langjäh­ri­gen Lehrer Leo Klotz­bü­cher studie­ren. Ihn zu beschrei­ben, ist nicht ganz einfach. Der Ort seines Wirkens war die Dreißen­tal­schu­le, auch Katho­li­sche Schule genannt. Äußer­lich war er für uns schon sehr alt; um die 60 wird er nach dem 2. Weltkrieg gewesen sein. Gott hatte ihn mit einer kleinen Figur ausge­stat­tet, rundlich gebaut und mit einer Glatze verse­hen. Er trug eine Brille, mit der er uns stets über den oberen Rand hinweg betrach­te­te, so, als brauche er eigent­lich gar keine Brille. Er trug, so glaube ich, immer ein Gilet, in dem er eine Taschen­uhr verbor­gen hielt. Diese zog er auffäl­lig oft heraus, um abzuschät­zen, ob der Unter­richt bald vorbei sei. Er hatte auch eine Ehefrau, mit der er eine der beiden Lehrer­woh­nun­gen unter dem Schul­h­aus­dach im „Fuchs­bau“ bewohn­te. Das wussten wir, weil wir Schüler Frau Klotz­bü­cher öfters etwas hochbrin­gen mussten, z. B. Holzschei­te für den Herd oder eine schwe­re Einkaufs­ta­sche. Wie wir alle, so besaß auch dieser Herr Lehrer seine Eigen­hei­ten. Gerne kleide­te er viele seiner Worte in Reimver­se, gedich­tet, und das ad hoc, an Ort und Stelle. Insge­samt war er ein humor­vol­ler Mensch, was durch seinen Körper­bau nur noch unter­stri­chen wurde. So wie andere Menschen Wörter auf dem „A“ übermä­ßig betonen oder das „F“ als „Pf“ ausspre­chen, so lag Lehrer Klotz­bü­chers Lieblings­be­to­nung auf dem „R“. Dieses rollen­de „Rrrrrrrrrrr“ kam z. B. beson­ders gut zur Geltung, wenn er einen bestimm­ten Schüler „ausam Dreiß­adal“ mit »du Krrrrommsch­diefl« beschimpf­te. Überhaupt schimpf­te er recht gerne, wenn er nicht recht wusste, wie er mit den ihm anver­trau­ten und öfters unbot­mä­ßi­gen Schülern umgehen sollte. Einmal ließ er uns wissen: „Wenn morgen der Herr Schul­rat Visita­ti­on macht, setz i mein Huat auf und sag zu ihm: Herr Visid­adorr, ich geh nach Hause, iibrnem­mat Sie dean Sauhau­fa.“ Der Lehrer pfleg­te im Unter­richt gerne die Zeitung zu lesen. Dazu versorg­te er uns zuvor mit Lese- oder Rechen­auf­ga­ben, um sich dann genüss­lich seiner Lektü­re zuwen­den zu können. Einmal muss er wohl dabei einge­schla­fen sein, und wie auf eine gehei­me Abspra­che hin stiegen wir aufs Fenster­brett und hüpften mit unseren Schul­ran­zen hinaus auf den Schul­hof. Nur der Schüler W. K. (belas­sen wir es mal bei den Initia­len) traute sich nicht. Da erwach­te er und verlang­te vom ängst­lich übrig­ge­blie­be­nen Schüler Auskunft darüber, warum seine Mitschü­ler nicht mehr da seien. Er konnte keine befrie­di­gen­de Antwort geben und so wurde er unschul­di­ger­wei­se Opfer des verbe­am­te­ten schmerz­haf­ten Steckens. Der Vater des bestraf­ten Schülers wollte sich so viel Ungerech­tig­keit nicht gefal­len lassen. Er erschien am Tag darauf erbost im Unter­richt, um zu hören, warum sein Sohn verprü­gelt worden sei und warum nicht die anderen, die eigent­lich Schul­di­gen. Wie die Geschich­te ausging, habe ich verges­sen – ich vermu­te, wie das Hornber­ger Schie­ßen. Der Lehrer stamm­te aus dem Dörfchen Lautern am Rosen­stein. Das liebli­che Dorf, die grünen Wiesen, das munter plätschern­de Bächlein und der Rosen­stein mit dem Finster­loch und der Großen Scheu­er hatten es ihm sehr angetan. Das Heimweh und die Freude über seine gelieb­te Heimat verschmol­zen zusam­men mit seinem Reimta­lent zu unzäh­li­gen Gedichten.

Erzie­hung mit anderen Mitteln. Als alter Mensch denke ich immer wieder einmal an unsere Erzie­hung in den Jahren während und nach dem 2. Weltkrieg zurück. Das ist gut 70, 80 Jahre her. Damals waren Erzie­her – Eltern, Lehrer, Ausbil­der – in der Wahl ihrer pädago­gi­schen Mittel nicht immer wähle­risch. Weil ich in dieser Zeit als Kind in Oberko­chen aufwuchs, kann ich nur von Oberko­che­ner Erleb­nis­sen reden. Aber woanders wird es auch nicht besser gewesen sein. Wer hat es nicht erfah­ren: Einem Kind, einem Jugend­li­chen mit Verständ­nis und christ­li­cher Nächs­ten­lie­be in die Spur bringen zu wollen, war und ist anstren­gend. Da dachte man schnell, eine Ohrfei­ge sei der direk­te­re Weg zum Ziel. Dazu kam, dass in den Jahren, von denen ich spreche, die Menschen einen Krieg aushal­ten mussten oder ihn gerade losge­wor­den waren. Im Krieg waren und sind Gewalt, Mord und Totschlag an der Tages­ord­nung. Vielleicht war deshalb die gesam­te Gesell­schaft verroht und hatte weniger Hemmun­gen, zuzuschla­gen. „Dir will i helfa!“ war ein Spruch, an den ich mich deutlich erinne­re. Diese Willens­be­kun­dung ging der Tatze, der Ohrfei­ge, der Kopfnuss, dem Reißen an den Haaren, dem grobem Schüt­teln und dem Fußtritt oft voraus. Die schein­bar feine­re Art war das Geschrei, das Schrei­en, das Anschrei­en. Meine Mutter war eine rechte Frau, sie ging immer gut mit uns um. Aber sie war auch ein Kind ihrer Zeit. Mein Vater trat nicht in Erschei­nung, denn er half Hitler, den Krieg in Frank­reich, Nordafri­ka und Russland zu gewin­nen, korrek­ter­wei­se zu verlie­ren und galt dann als vermisst. Da lag die ganze Erzie­hungs­last auf der armen Mutter, die in späte­ren Jahren aus purer Verzweif­lung ihre Autori­tät schon einmal dem Kochlöf­fel übergab. Wenn ich wider­spens­tig war, die Aufga­ben nicht machte, abspick­te, schwätz­te, gab es einen Lehrer, der den Grund dafür kannte. Vor versam­mel­ter Klasse sagte er einmal: „Metz, Dir merkt ma au oa, dass Dir d‘r Vaad‘r fehlt!“, was gewiss kein Lob war. Ich dachte schon damals bei mir: Was kann ein Kind dafür, dass man seinen Vater nach Russland geschickt hat? Und was kann es erst recht dafür, wenn er dort auch noch ums Leben kam? Und wenn dann auch noch dem gebil­de­ten Lehrer der Sensus für die Situa­ti­on fehlte! Auf seinen Ausspruch hin habe ich mich wahrschein­lich „ond‘r da Disch naaduckt und a bissle greint“. Wie die Pädago­gen reagier­ten, wusste man als Schüler im Dreißen­tal ziemlich genau. Ich glaube nicht, dass sie alle zuschlu­gen, aber die meisten behal­fen sich damit und es traf haupt­säch­lich die Buben. Die benei­de­ten die Mädchen und nicht selten hörte man sie sagen: „Gell, ´s Schätz­le derf ällas, dera duat er wiedr nex!“ Als Zucht­hil­fen lernten wir kennen: Geübte Hände, den Zeige­stock, mit dem man fitzte, moisch­dens auf da Hendra, wo es beson­ders dann weh tat, wenn er in einer Leder­ho­se steck­te. Bei den Hosen­span­nern zog der Lehrer die Hosen stramm und dann fitzte er. Später fragte ich mich, woher die biegsa­men Ruten und Prügel kamen. Im Laden kaufen konnte man sie bestimmt nicht – die Oberko­che­ner Hasel­nuss­bü­sche werden den Lehrern leicht verfüg­ba­re Rohstoff­lie­fe­ran­ten gewesen sein.

Sehr weit zurück­lie­gen­de Erinne­run­gen an ihren ersten Schul­tag hat Luitgart Hügle.

Im Septem­ber oder Oktober 1947 bin ich im alten Evange­li­schen Schul­haus (im heuti­gen Schil­ler­haus), in die Schule gekom­men. Wir hatten damals keine Schul­tü­te oder sonst etwas Beson­de­res. Alle Mädchen hatten noch Schür­zen an – an meine erinne­re ich mich gut, denn sie war beson­ders schön – Nicht zum Binden, sondern zum Reinschlup­fen, ärmel­los und auf dem Rücken oben mit 2 Knöpfen geschlos­sen. Vorne hatte sie rechts und links eine aufge­setz­te Tasche, jeweils bestickt mit Entchen. Außer­dem hatte ich einen Schul­ran­zen aus Leder. Mit welchen Mitteln meine Eltern mir diesen Schul­ran­zen kaufen konnten, möchte ich auch heute noch zu gerne wissen. Zu dieser Zeit, vor der Währungs­re­form, gab es ja so gut wie nichts zu kaufen. Im Schul­ran­zen befan­den sich eine Schie­fer­ta­fel und ein Griffel. Was war sonst noch drin? Wahrschein­lich irgend­ein Heft oder Papier und ein paar Buntstif­te, aber daran erinne­re ich mich nicht mehr. Viele Kinder, aber nicht alle, kannte ich aus dem Kinder­gar­ten. Wir standen auf dem Schul­hof herum und als letzte kam, wie auch später immer wieder, die Heidi Betzler mit ihren roten Zöpfen. Sie kam sicher immer zu spät, weil sie einen sooooooo weiten Schul­weg hatte – sie wohnte direkt gegen­über dem Schul­haus. Dann kam Lehrer Gottlob Braun und hat alle neuen Schüle­rIn­nen nachein­an­der aufge­ru­fen. Aber auch daran erinne­re ich mich kaum. An die Schul­bän­ke kann ich mich aber sehr gut erinnern. Es waren Zweier-Bänke mit fest verbun­de­nem Pult in Reihen aufge­stellt, eine hinter der anderen. Wir waren über 80 „Husele” (so nannte man eben die neuen Schüler), sind aber wohl in 2 Klassen aufge­nom­men worden, so wie auch der Unter­richt für Buben und Mädchen getrennt war, aber immer mit dem Lehrer Braun. Für mich war er ein guter Lehrer, auch wenn er mich manch­mal kräftig in die Wangen geklemmt und gesagt hat: „Du leicht­sin­ni­ges Huhn”. (Zu einem Jungen hat er bestimmt nicht Hahn gesagt ☺).

Oberkochen

1949 – Die brave Schüle­rin Luitgard in der 3. Klasse – Tochter des Gruppa-Paul (Archiv Hügle)

Etwa 1948 begann die Schul­spei­sung, forciert durch die Ameri­ka­ner. An manchen Tagen bekam man eine Suppe – Gemüse­sup­pe mit Fleisch­ein­la­ge. Das Töpfchen – eine Art Milch­känn­chen – musste man dafür mitbrin­gen. Der Lehrer schöpf­te aus einem großen Thermo­kes­sel, der im Schul­haus angelie­fert wurde, ein. Genau­so verlief es, wenn man den belieb­te­ren Kakao mit Milch­we­cken bekam. Wenn wir Erdnüs­se bekamen, mussten wir beide Hände zusam­men aufhal­ten, aus einer großen Tüte schüt­te­te der Lehrer dann die Erdnüs­se in die Hände. Ganz beson­ders beliebt war ein Riegel „Eszet“-Schokolade.

Die war natür­lich auch viel einfa­cher zu vertei­len. Lehrer Klotz­bü­cher unter­rich­te­te in einem großen Raum mit 4er-Bänken rechts und links. Wenn er in der Mitte durch­ging, kam es vor, dass er über einen Schul­ran­zen, der an der Bank lehnte, stolper­te. Einmal stolper­te er auch auf dem Rückweg – wieder am selben Ranzen. Wütend nahm er ihn und schmiss ihn, durch das geschlos­se­ne (!) Fenster, aus dem 2. Stock. Danach ging er gleich zum Glaser Wingert, um ein neues Fenster zu bestel­len und hinauf in die Wohnung zu seiner Frau, damit sie den Ranzen wieder in Ordnung bringen konnte. Lehrer Klotz­bü­cher dichte­te sehr viel, er sprach fast alles in Reimen aus. Wenn wir „Singen” hatten, setzte er sich auf eine vorde­re Bank und begann stets mit dem Lied „Im schöns­ten Wiesengrunde…“

Oberkochen

Das Lieblings­lied des Lehrers Leo Klotz­bü­cher (Aus dem Volks­lie­der­buch von Carus und Reclam)

Mit Lehrer Höfel haben wir tolle Schul­aus­flü­ge gemacht: Nach Unter­ko­chen zum „weißen“ Kocher­ur­sprung, nach Wasser­al­fin­gen auf den Braunen­berg und einmal sind wir mit dem Bus nach Bopfin­gen gefah­ren. Dort haben wir den Ipf bestie­gen (manche Bopfin­ger haben das bis heute nicht geschafft) und sind dann nach Nördlin­gen weiter­ge­fah­ren. Im Hof einer Wirtschaft gab es für alle einen Teller Suppe. Nach Besich­ti­gung und Begehung der Stadt­mau­er begann eine Wande­rung durch das Ries. Da war es „saumä­ßig hoiss“, es gab nur wenige Bäume, ab und zu eine Hecke, die voller Maikä­fer war. Die Zweige hingen bis zur Erde herun­ter – nie wieder habe ich so viele Maikä­fer gesehen. Wir besuch­ten die Offnet-Höhle, bevor wir wieder den Bus bestie­gen. Siegfried Höfel war während des Krieges in Murmansk und berich­te­te von schönen Sonnen­un­ter­gän­gen, aber auch von eisiger Kälte. In meinem Poesie­al­bum findet sich von ihm folgen­der Fonta­ne-Eintrag: „Nicht Glückes bar sind deine Lenze / Du forderst nur des Glücks zu viel / Gib deinem Wunsche Maß und Grenze / Und dir entge­gen kommt das Ziel“.

Oberkochen

Der Lehrer Zweig – er verließ uns als Hagmann Rektor wurde (Archiv Rathaus)

Mit Lehrer Zweig machten wir einmal einen Schi-Ausflug durch den Langert auf den Volkmars­berg. Zuerst fuhr er ziemlich rasch voraus, aber dann ging der Weg ein Stück steil hinun­ter. Davor blieb er stehen und ließ alle Schüler vorbei­ge­hen. Wir standen dann auf der anderen Seite und warte­ten auf ihn, bezie­hungs­wei­se waren gespannt, wie er wohl das Berge­le herun­ter­kom­men wird. Er nahm dann schließ­lich beide Stöcke als Bremse zwischen die Beine und schaff­te es auf diese Weise. Er spiel­te bei Sing-Unter­richt immer auf einem, nahe beim Pult stehen­den, Harmo­ni­um. Dabei schau­te er jedoch immer auf die Klasse und wenn dann jemand falsch sang oder eine sonsti­ge Dummheit beging, verließ er mit einem Satz das Harmo­ni­um, packet den Sünder am Arm und gab ihm kleine Schlä­ge auf den oberen Rücken. Wenn er jeman­den dabei ertapp­te, wie er durchs Fenster sah, sagte er: „Was gucksch, hat’s do a Oxaflu­ig”. Wenn er gut aufge­legt war, sprach er schwä­bisch, denn er stamm­te aus Horb am Neckar.

Oberkochen

Klasse Luitgard Hügle mit Frau Düver geb. Essig (Archiv Hügle)

Zwei Jahre waren wir im evange­li­schen Schul­haus (heute Heimat­mu­se­um), danach ging es ins Bergheim im Turmweg 24, es folgte die Zeit im roten Backstein-Dreißen­tal-Schul­haus (Fuchs­bau genannt) und zuletzt waren wir im neuen Schul­ge­bäu­de der Dreißen­tal­schu­le. An folgen­de Lehrer und Lehre­rin­nen kann ich mich noch erinnern: Fräulein Wiech, Fräulein Pfleschin­ger, Fräulein Gimpel, Lehrer Klotz­bü­cher, Lehrer Höfel, Fräulein Hils und Fräulein Essig (späte­re Frau Düver).

Oberkochen

1955 Entlas­sungs-Jahrgang Luitgard Hügle mit den Lehrkräf­ten Hagmann, Höfel und Zweig (Archiv Hügle)

Gerda Böttger steuert eine Begeben­heit aus dem Jahr 1954 bei.
Geben wir der Geschich­te den Titel „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmer mehr“. Es geschah in der 1. Klasse an der Dreißen­tal­schu­le. Wir Mädchen hatten das Fach „Handar­bei­ten“ im Handar­beits­raum, dem heuti­gen Schil­ler­haus (Der Lehrer Gottlob Braun wohnte mit seiner Familie im OG des Schil­ler­hau­ses). Wir sollten einen Finger­hut in den Unter­richt bei der Handar­beits-Schwes­ter mitbrin­gen, um mit diesem vertraut zu werden. Ich hatte meinen verges­sen. Wahrschein­lich dachte ich bei mir, dass dieser doch unnötig sei, da wir ja sowie­so noch nicht mit Stoff arbei­ten durften, sondern mit buntem Papier weben sollten. Die Schwes­ter hat die Finger­hü­te kontrol­liert und war anderer Meinung, denn „was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmer­mehr“ und so musste ich zur Strafe die erste Bank verlas­sen und ganz allein in die letzte Bank sitzen. Immer­hin hat die Straf­ak­ti­on gefruch­tet. Ich habe später sehr viel genäht und niemals ohne Fingerhut. ☺

Oberkochen

1957 Lehrer Leo Klotz­bü­cher 70. Geburts­tag (Archiv Rathaus)

Auch Schreiberle’s Rudolf weiß etwas zu berichten:

Der Lehrer Klotz­bü­cher hatte im Keller einen Hasen­stall. Die Hasen wurden von uns manch­mal gefüt­tert, aber zuerst „jesas­mä­ßig em Keller romgs­chaicht”. Mitun­ter haben wir auch den „Datza­st­eg­ga” manipu­liert, d.h. wir haben den damals als pädago­gisch wertvoll gelten­den Stecken aufge­bohrt, mit Tinte gefüllt und dann wieder mit einem leich­ten „Stöpsa­le” verschlos­sen. Die Folgen waren atembe­rau­bend. Beim Lehrer Leo Klotz­bü­cher in der 4. Klasse im Leseun­ter­richt habe ich vom Ludwig Trucken­mül­ler das Pfeifen mit den Fingern gelehrt bekom­men und immer fleißig geübt. Auf einmal hat´s geklappt, aber die unwei­ger­li­che Ohrfei­ge hat dann der Ludwig bekom­men, weil der Lehrer Klotz­bü­cher der Meinung war, dass der Rudolf (also ich) doch gar nicht mit den Fingern pfeifen könne. Der Joachim Figura saß auch mit Ludwig Trucken­mül­ler, Wilfried Vögele und mir in der ersten Reihe vor den Mädchen, weil der Klotz­bü­cher nach der Pause seine Zeitung lesen wollte und die Erste Reihe musste dann so manches für ihn erledi­gen. So lernt man auch Verant­wor­tung zu überneh­men. ☺ Einmal haben wir unsere Schul­ran­zen einge­packt und uns, am hinte­ren Fenster (das Eck fehlt jetzt am Schul­haus), mit Hilfe vom Horst Seitz abgeseilt. Eine andere Begeben­heit mit dem Lehrer Klotz­bü­cher war folgen­de: Der Erwin Fischer oder der Seitza Horscht (eh egal) hat mal wieder gestört. Da hat der Klotz­bü­cher einen „Holzklep­per“ (Sanda­len nach dem Krieg) genom­men und einem von den beiden an den Kopf gewor­fen. Die Folge war eine kleine Platz­wun­de. Der Lehrer sprach: „Geh schnell rauf zu meiner Frau und lass‘ dir ein Pflas­ter dranma­chen“ und die Sach‘ war erledigt. Ja so war das damals – da wurde nicht viel Aufhe­bens gemacht. 1952 war dann für uns die Schul­zeit zu Ende und der Ernst des Lebens begann.

Der „Goggl“ Jürgen Hahn, gebür­tig von der Lenzhal­de, erinnert an die Gymmi-Zeiten.

Im Deutsch­un­ter­richt präsen­tier­te der Lehrer Hohmuth gerne mit seinem volumi­nö­sen Körper, wie man mit seinen Extre­mi­tä­ten bei einem Vortrag umgeht. Er stand (!!!) auf einen Schul­tisch und demons­trier­te die optima­le Körper­hal­tung „högxscht“ persön­lich (Stand­bein / Spiel­bein) von oben herab. Das erinner­te irgend­wie an den Lehrer John Keating in dem Film „Der Club der toten Dichter“.

Die Tür geht auf, unser Latein­leh­rer Jörg Fäser kommt herein. Die erste Proze­dur war immer: Fenster öffnen (egal ob sibiri­sche Kälte oder afrika­ni­sche Hitze draußen herrsch­te), danach setze er sich auf den Lehrer­tisch, um sich dann mit dem befeuch­te­ten Kamm das Haar zu Seite zu kämmen. Jetzt konnte es dann losge­hen. Wir haben das in der Regel ausge­nutzt und auch bei sticki­ger Luft die Fenster erst mal alle geschlos­sen gehal­ten. Seine dunkel­blaue, dünne Regen­ja­cke benutz­te Fäser eigent­lich erst ab minus 10 Grad, ansons­ten reich­te ihm sein dünnes, meist weißes, Hemd. Das Desin­ter­es­se der Hinter­bänk­ler führte gar zum Ausschluss aus dem Latein­un­ter­richt.
Origi­nal­kom­men­tar: „Ich will Euch nicht mehr sehen. Ich sag Euch dann wann die Arbei­ten sind, aber sonst .…..“ Diese willkom­me­nen „Hohlstun­den“ kamen uns gerade recht, um unsere Fähig­kei­ten beim Billard­spiel im „Fässle“ zu verfei­nern. Bei unkla­rer Schul­no­te (z.B. 2,6) war folgen­de Vorge­hens­wei­se üblich. Der Schüler fragte: „Herr Fäser, wie sieht’s aus mit meinem 2er? Der Lehrer antwor­te­te: „Kommsch in’s Hallen­bad, dann schau mer mal .….“ Nach dem nicht unübli­chen Wettschwim­men zwischen Schüler und Lehrer (Brust­stil ohne Armbe­we­gung und viel zu kleiner Badeho­se) ergab sich im Nachgang bei einer mündli­chen Abfra­ge im Unter­richt (das Thema sicker­te beim vorabend­li­chen Schwimm­wett­kampf durch) dann in so manchem Fall doch noch die eigent­lich unver­dien­te 2 im Zeugnis. Böses Erwachen aber gab es dann für einige Kandi­da­ten, als nach ein paar Jahren Latein der Lehrer­wech­sel auf Albert Seckler dazu führte, dass die Schul­no­te von 2 auf gerade noch so 4 absack­te. Mit dem Lehrer Otto Fischer ging es ins Schul­land­heim (vermut­lich 7. Klasse) nach Rheins­wald in Südti­rol. Otto Fischer war unser Musik- und auch Klassen­leh­rer. Doch zum Entset­zen aller Klassen­ka­me­ra­den war nicht eine attrak­ti­ve weibli­che jünge­re Lehrkraft mit dabei, nein, seine Frau beglei­te­te ihn. Die beiden waren das klassi­sche Musiker­paar schlecht­hin. Es sollte so kommen, wie es kommen musste: Anstatt morgens mit z.B. den Bay City Rollers geweckt zu werden, marschier­te Otto frühmor­gens mit seiner Violi­ne durch die Gänge und strich Vival­di als Weckton über die Saiten. Wir waren total bedient. Auch den Physik­leh­rer Wolfgang Schwab hatten wir mitun­ter im Visier. Im Physik­saal wurde bei verschie­de­nen Experi­men­ten Feuer benötigt und um dieses zu entfa­chen, brauch­te Lehrer Schwab gerne mal zwei bis drei Streich­höl­zer, um eine Kerze zu entzün­den. Wohlwis­send und voraus­schau­end leerten wir vor Ankunft des Lehrers die Streich­holz­schach­tel bis auf ein einzi­ges Streich­holz. Das hat uns des Öfteren einige „freie Minuten“ beschert, nachdem Lehrer Schwab den langen Weg zum Lehrer­zim­mer antrat, um Nachschub zu holen. Ja ja, des Schüler’s Humor ist manch­mal von beson­de­rer Art.

Oberkochen

Die PGO-Lehrer­schaft in den ersten Jahren am Tierstein (Archiv Rathaus)
Vorde­re Reihe v.l.n.r.: Zimmer, Ulrich, Geiger, Schrenk, Forster, Sekler, Thiem
Hinte­re Reihe v.l.n.r.: Seckler, Fischer, Enders, Bantel, Riegel, Schwab, Krug, Rapp, NN, NN, Thiem

Oberkochen

Der Fuchs­bau im Jahr 1958 (Archiv Rathaus)

Der Hausmeis­ter­sohn Ludwig Burghard erinnert sich.

Im Frühjahr 1952 wurde neben dem roten Fuchs­bau ein neues Schul­ge­bäu­de und auch die heuti­ge Turnhal­le erstellt. Durch diese Erwei­te­rung der damali­gen Volks­schu­le wurde zum ersten Mal eine Hausmeis­ter­stel­le geschaf­fen, für welche sich mein Vater, Leonhard Burghard, bewarb. Laut der Anord­nung der Gemein­de, musste der Hausmeis­ter mit seiner Familie in der vorge­se­he­nen Dienst­woh­nung in der Schule wohnen. Also hieß es aus dem 1940 erstell­ten Eigen­heim, in der hinte­ren Dreißen­tal­stra­ße, hoch hinauf in das alte Schul­haus zu ziehen. Es war schon eine Umstel­lung für unsere sechs­köp­fi­ge Familie, zumal wir noch für eine kürze­re Zeit die Wohneta­ge kurz mit der damals ausge­schie­de­nen „Schul­die­ne­rin“ Frau Elmer, nebst ihrer Tochter Liesel und deren Sohn Paule, teilen mussten. Nachdem wir dann den obers­ten Stock, also die Dienst­woh­nung, für uns allein beanspru­chen konnten, hatten wir in geräu­mi­gen Zimmern genügend Platz für die ganze Familie. Völlig ungewohnt waren für uns die 69 (!) Stufen zu unserer neuen Wohnung, welche wir tagtäg­lich und das mehrfach, zu überwin­den hatten. Für uns Kinder wurde das bald zur Norma­li­tät, wobei es schon etwas dauer­te bis sich meine Eltern daran gewöhn­ten; beson­ders meine Mutter hatte auf Grund ihrer Herzbe­schwer­den oft ihre Proble­me damit. Entschä­digt wurden wir jedoch mit einem herrli­chen Panora­ma­blick über ganz Oberko­chen hinweg. Ich erinne­re mich noch heute daran, wie nicht wenige Leute zum Hausmeis­ter in die Wohnung kamen, um mit meinem Vater etwas zu regeln, und oft mit roten Köpfen und aufge­bla­se­nen Backen zuerst nach Atem ringen mussten, bevor sie ihr Anlie­gen meinem Vater vortra­gen konnten. „Harde, dao bischt ja halba he, bis ma bei dir doba isch!“ war öfters zu hören.

Oberkochen

Die Familie Burghard vorne v.l.n.r.: Mutter, Stamm­hal­ter, Vater und hinten v.l.n.r.: Die Mädels Zenta, Marga­re­te und Valeria (Archiv Burghard)

Bei unserem Einzug in das alte Schul­haus war ich gerade 5 Jahre alt, wobei mich diese neue Umgebung auch sehr neugie­rig machte. Die Schul­ge­bäu­de, die Turnhal­le und auch alles was sonst noch dazu gehör­te war für mich ein richti­ger Abenteu­er­spiel­platz. Beson­ders der neue Chris­to­pho­rus-Brunnen war für alle Kinder und auch für mich ein begehr­ter Spiel­platz, zumal dieser Brunnen vom damali­gen katho­li­schen Pfarrer und Hobby-Fischer Hager ständig mit seinen gefan­ge­nen Fischen, Aalen und auch Krebsen bestückt wurde. Leider fanden diese Tiere meistens ein klägli­ches Ende, da sie ständig von den Kindern falsch gefüt­tert und mit Stecken attackiert wurden. Der Herr Pfarrern sorgte dann sofort für Nachschub, welchen aber mein Vater oft umgehend zur Rettung in den nahen Kocher setzte, was bei dem Herrn Hochwür­den wieder­um einen heili­gen Zorn entfachte.

Der Arbeits­be­ginn meines Vaters war täglich, von Montag bis Samstag, gegen 6 Uhr, mit der Aufga­be die Heizung zu überprü­fen und, vor allen Dingen, die drei großen Öfen, welche sich im Unter­ge­schoß des neuen Schul­hau­ses befan­den, die auch alle zwei Schul­ge­bäu­de versorg­ten, mit Koks-Kohle zu füttern. In den Sommer­mo­na­ten war das aller­dings nicht so aufwen­dig, da für die Warmwas­ser­auf­be­rei­tung nur ein einzi­ger Ofen in Betrieb war. In den Winter­mo­na­ten war das jedoch eine Schuf­te­rei, da musste man dann schon mehrmals täglich, an stren­gen Winter­ta­gen auch nachts, alle drei Öfen mit großen Mengen Koks beschi­cken. Kohle­staub, Gase und bei der laufen­den und notwen­di­gen Entsor­gung der angefal­le­nen Schlag­gen und Asche, sowie auch das Rußen der großen Anlage, verur­sach­ten schon einige Kratzer und Huster im Hals meines Vaters, der dann aber am Abend beim Vesper diesen Staub genüss­lich mit mindes­tens einem Stein (1‑Ltr-Krug) sauren Mostes genüss­lich hinun­ter gespült wurde. War dann die Heizung in Schwung, konnte er alle Eingän­ge der beiden Schul­häu­ser öffnen. In späte­ren Jahren wurden für die Schüler auch Milch und teilwei­se Kakao, zu einem ermäßig­ten Preis angebo­ten. Diese Geträn­ke wurden täglich und zeitig in der Frühe, in Viertel­li­ter-Flaschen angelie­fert. Mein Vater sortier­te die Flaschen je nach den Bestell­men­gen der jewei­li­gen Klassen. Die Milch­käs­ten wurden dann von Schülern der betref­fen­den Klassen an der Sammel­stel­le abgeholt. In den Winter­mo­na­ten war vor dem Schul­be­ginn das Schnee­räu­men vor allen Gebäu­den und auch auf den Verbin­dungs­we­gen zu den Gebäu­den angesagt. Zum tägli­chen Schul­be­ginn am Vormit­tag und auch am Nachmit­tag, mussten die Schüler klassen­wei­se in Zweier­rei­hen vor dem Eingang des Schul­ge­bäu­des antre­ten, worauf sie dann von ihren Klassen­leh­rern, bei gebote­ner Ruhe, abgeholt wurden. Schon beim Eingang wurde von meinem Vater das unerläss­li­che „Schuhe abput­zen“ streng überwacht. Wehe ein Schüler kam diesem Ritual nicht nach, so wurde er gleich vom „Harde“ barsch ermahnt und zurück­ge­ru­fen. Ähnli­ches wieder­hol­te sich dann in der großen Pause, während dieser jeweils in Abwechs­lung Bäcker aus Oberko­chen verschie­de­ne Wecken und auch „Brezgen“ zum Verkauf am Haupt­ein­gang im Gebäu­de anboten. Mein Vater unter­stütz­te den Bäcker beim Verkauf, was sich jedoch mehr als Aufsicht heraus­stell­te, indem er auch wieder streng die Einhal­tung der Warte­schlan­ge regulier­te. Oft musste er auch nach der Pause so manch lädier­tes Knie mit Jod und Pflas­ter verarz­ten, denn der Schul­hof war damals noch mit einem verlet­zungs­freund­li­chen Splitt übersät. Nach der letzten Schul­stun­de am Tag, mussten die Schüler ihre Stühle auf die Tische stellen, damit das Reini­gungs­per­so­nal, in diesem Falle im heuti­gen Mittel­bau meine Eltern, alle Klassen­zim­mer, Lehrer­zim­mer, Werkräu­me, Flure, alle Toilet­ten und Treppen­auf­gän­ge besen­rein säubern konnten. Die wöchent­lich größe­re Reini­gung wurde am Samstag vorge­nom­men. Da zu dieser Zeit auch noch an den Samsta­gen bis 12 Uhr Unter­richt abgehal­ten wurde, konnte man erst am Nachmit­tag mit der wöchent­li­chen Schul­rei­ni­gung begin­nen, welche zusätz­lich noch das Nasswi­schen aller Flure, Treppen und Toilet­ten erfor­der­te. Das Entlee­ren aller Papier­kör­be, in den dafür geschaf­fe­nen Beton-Bunker am Schul­hof­rand, war zeitwei­se meine ehren­vol­le Aufga­be, von welcher ich mich hin und wieder drücken konnte.

Nicht selten an Samsta­gen beauf­trag­te mich meine Mutter den Backofen, zu der von ihr genann­ten Zeit, abzuschal­ten und das „Kranzes“ (Hefezopf) aus dem Backrohr zu nehmen, da sie zu dieser Zeit im Schul­haus unabkömm­lich war. Ab und zu war ich dann doch mit meinen Freun­den im Spiel derart versun­ken und habe meinen mütter­li­chen Auftrag total verges­sen. Was dann neben dem Qualm aus dem Rohr kam, konnte man nur noch als einen Kohlen­strang erken­nen. Lob gab es dann von allen Seiten, da ja ein Wochen­en­de ohne Kranzes undenk­bar war. Also hieß es noch einmal backen. Zu all den Wochen­end­ar­bei­ten kam noch der Badebe­trieb mit acht Wannen- und drei Dusch­bä­der im Unter­ge­schoss des neuen Schul­hau­ses auf meine Eltern zu, welcher sich freitags und samstags bis gegen Abend hinzog. Einen zusätz­li­chen Dienst nach Feier­abend erfor­der­te auch die Turnhal­le, in welcher an den Wochen­en­den vieler­lei Veran­stal­tun­gen von Verei­nen abgehal­ten wurden, wie z.B. die legen­dä­ren Boxkämp­fe vom BCO, Turnwett­kämp­fe vom TVO, Ausstel­lun­gen, Weihnachts­fei­ern, Konzer­te vom Musik- und Gesang­ver­ein usw. Auch hier musste der Hausmeis­ter parat sein, oft auch meine Mutter, sofern ein Garde­ro­be­be­trieb angesagt war. Die Behei­zung der Halle erfolg­te über zwei riesi­ge Geblä­se, welche im Unter­ge­schoss der Turnhal­le instal­liert waren. Die Warmluft wurde jeweils über einen Kanal mit einem hölli­schen Lärm in die Halle gebla­sen, daher konnte eine Behei­zung während einer Veran­stal­tung nicht vorge­nom­men werden. Also mussten die beiden Geblä­se, je nach Tempe­ra­tur, etliche Stunden vor Beginn der Veran­stal­tun­gen ihren ohren­be­täu­ben­den Dienst verrich­ten. Auch in den Schul­ge­bäu­den waren unter der Woche an den Abenden ständig irgend­wel­che Klassen­zim­mer belegt, in welchen Chor- und Musik­pro­ben, Kurse der Volks­hoch­schu­le, Kochkur­se, Eltern­aben­de und auch Werkaben­de der Segel­flie­ger­grup­pe in den unteren Werkräu­men abgehal­ten wurden. Zu diesem Thema fällt mir eine teils amüsan­te Geschich­te ein: Es war so ziemlich am Beginn der Dienst­zeit meines Vaters, als am Abend im Erdge­schoss des neuen Schul­hau­ses einer der wöchent­li­chen Englisch­kur­se abgehal­ten wurde, welche dann spätes­tens gegen 22 Uhr endeten. Just, an einem solchen Englisch­kurs-Abend, es müsste aber schon zwischen 1 Uhr und 2 Uhr in der Nacht gewesen sein, schritt der gute Schul­tes Bosch am Schul­haus vorbei in Richtung Jäger­gäß­le, zu seinem trauten Heim. Im Vorbei­ge­hen sah er mit Bestür­zung, dass die Vorhän­ge in dem besag­ten Klassen­zim­mer noch zugezo­gen waren und somit gegen­über den anderen Klassen­zim­mern, von außen gesehen, kein einheit­li­ches Bild mehr boten. Er wusste in seiner Trollin­ger-Laune nichts anderes, als zu dieser sehr späten Stunde bei uns in der Wohnung Sturm zu läuten, um diesen Zustand bei meinem Vater umgehend zu rekla­mie­ren. So konnte er auch wieder sein, unser Gustav. (Sofort handeln – nix auf die lange Bank schieben ☺).

Das große Reine­ma­chen war dann immer an den großen, sechs­wö­chi­gen Sommer­fe­ri­en angesagt. Da wurde alles nass geputzt, gewachst und geboh­nert, bis alles glänz­te, wobei diese Putze­rei fast die halbe Ferien­zeit in Anspruch nahm.

Oberkochen

Ludwigs Klasse – Coole Jungs mit ihrer Lehre­rin Frl. Essig, späte­re Frau Düver (Archiv Burghard)

1954 wurde ich einge­schult, es gab je eine Buben- und eine Mädchen­klas­se. Natür­lich wurde auch ein Klassen­bild mit der Lehre­rin aufge­nom­men, aller­dings gab es kein Gemein­schafts­bild, sondern wir wurden getrennt nach Konfes­si­on fotogra­fiert, warum, weiß ich bis heute nicht, schein­bar war da in so manchen sturen Köpfen die längst abgeschaff­te Konfes­si­ons­schu­le noch gegen­wär­tig. In all den Jahren kamen auch immer mehr Zeissia­ner, meist aus Jena, nach Oberko­chen und somit wuchs auch die Schüler­zahl an der Schule sehr schnell an. Es wurde eng in den Gebäu­den. Der Umklei­de­raum vor der Massen­du­sche im Keller musste als Unter­richts­raum, meist für den Religi­ons­un­ter­richt, herhal­ten. Das ist nur ein Beispiel von so vielen Notlö­sun­gen, welche notwen­dig waren, um einen ordent­li­chen Schul­be­trieb zu gewähr­leis­ten. Auch in dem damali­gen Rathaus wurde es so langsam eng und enger. Neben Ausla­ge­run­gen verschie­de­ner Amtsstel­len wurden auch die Gemein­de­rats­sit­zun­gen im Schul­haus abgehal­ten. Dafür wurde ein Klassen­raum von den Gemein­de­ar­bei­ter ausge­räumt und mit passen­den Tischen und Stühlen für die Räte ausge­stat­tet. Nach der Sitzung wurde alles wieder ausge­tauscht, damit am nächs­ten Morgen das Zimmer für den Unter­richt wieder bereit­stand. Nach dem Anbau eines Sitzungs­saa­les im damali­gen Rathaus, war auch dieses Proce­de­re beendet. Und so kam es, dass das vor wenigen Jahren neu erbau­te Schul­ge­bäu­de schon wieder aus allen Nähten platzte.

Also, wurde 1958 das dringend erfor­der­li­che Schul­ge­bäu­de erstellt, mit genügend Klassen­räu­men, einer Lehrkü­che, Physik­raum, Musik­saal, Karten- und Lernmit­tel­zim­mer, einem geräu­mi­gen Lehrer­zim­mer und dazu noch ein schönes Rekto­rat. Gleich­zei­tig, im Zuge dieses Neubaus, wurde die Heizung auf Ölbetrieb umgestellt, was natür­lich eine enorme Erleich­te­rung für den Hausmeis­ter war. Dieser Neubau erfüll­te unseren Bürger­meis­ter, nebst Gemein­de­rat und auch Verwal­tung, mit einem gewis­sen Stolz. Oft, auf dem Weg zu seinem Amt, schritt vorher Bürger­meis­ter Bosch ab und zu, mit seiner unerhört göttli­chen Würde, um seine Worte zu gebrau­chen, durch seine Schule. Er nutzte dabei die Gelegen­heit, dem Hausmeis­ter und auch der Schul­lei­tung den einen oder auch anderen Hinweis zu geben. Gleich­zei­tig konnten auch die Schul­lei­tung und der Hausmeis­ter ihre Rekla­ma­tio­nen, Wünsche und Hinwei­se direkt an den Schul­tes richten.

Während ich das alles aufschrei­be werden auch noch andere, schöne Erinne­run­gen wach, wie z.B. das jährli­che Mosten, als man den Süßmost in die Fässer im Gewöl­be­kel­ler fließen ließ, oder auch die Hausschlach­tun­gen im Wäsche­kel­ler. Später, in meinen Jugend­jah­ren, haben wir dann die gewölb­ten Keller­räu­me aus ihrer tristen Vergan­gen­heit geret­tet und diese zum zünfti­gen Party­kel­ler umgemo­delt, für welche sie eigent­lich wie geschaf­fen waren. Wir haben dort tolle Partys und Feste gefei­ert, mit nicht selten an die 30 Perso­nen, was natür­lich auch dem Bürger­meis­ter zugetra­gen wurde (Ein Schul­tes hat immer seine Infor­man­ten). Nach kurzem Verbot und einer einge­hend feuch­ten Verhand­lung mit dem Schul­tes am Stamm­tisch im Pflug, wurde von Bosch wieder grünes Licht gegeben: „Buaba feirat, so lang ihr wellat!!!“. Julius Metzger, der damals unseren Schul­tes beglei­te­te, protes­tier­te jedoch energisch: „Nein, das geht nicht, das ist ein Sünden­pfuhl!!“ Worauf Gustav Bosch laut antwor­te­te: „Julius, halt dei Gosch !!“ Und so war es nicht verwun­der­lich, dass sich der liebe Gustav einmal zur späten Stunde bei uns im Keller zu einem Absacker­vier­te­le einfand. Meine Eltern, die Glaser Wingert-Eltern, Mutter vom Gruppa-Paul u.a. waren sich einig: „Dao wissat mir wenigs­tens, wo die Lausbu­aba send.“ Doch alles haben sie dann auch nicht mitbekommen..…

Wie bereits erwähnt, war das Wohnen hoch droben im alten Schul­haus schon etwas Ungewöhn­li­ches und so gab es auch hin und wieder spannen­de Ereig­nis­se. So wurden von der Firma Mannes in den Ferien die vier Holztrep­pen bis zum 2. Stock ausge­wech­selt, wofür wir zwei Tage von unserer Wohnung ausge­sperrt wurden. Die zwei letzten Treppen zu unserer Wohnung wurden leider nicht erneu­ert, sie knarr­ten und ächzten lustig weiter und verrie­ten somit oft meiner wachsa­men Mutter mein viel zu spätes Heimkom­men. Noch viel spannen­der war es, als Anfang der Sechzi­ger, an der Giebel­sei­te des alten Schul­hau­ses zur Dreißen­tal­stra­ße hin, der Abriss für den Arkaden­durch­gang anstand. Keiner der Verant­wort­li­chen war sich damals sicher, ob das Heraus­bre­chen des halben Klassen­zim­mers, samt der tragen­den Außen­wand, auch keinen größe­ren Einsturz verur­sa­chen würde. Diese sehr heikle Arbeit wurde natür­lich in den großen Ferien durch­ge­führt, somit war die Schule leer und es war nur noch die dreiköp­fi­ge Hausmeis­ter­fa­mi­lie, nebst Inven­tar der Gefahr ausge­setzt, im rasan­ten Tempo vom dritten Stock auf die Straße zu „plotzen“. Auch hier mussten wir wieder zwei Tage ins Asyl, bis die Baustel­le wieder bomben­si­cher abgestützt und gesichert war.

Einmal kam es vor, dass meine Eltern, beide mit einer hefti­gen Grippe, das Bett hüten mussten. Leider gab es in der Gemein­de keinen Hausmeis­ter­ver­tre­ter, um den mein Vater vielfach und gebets­müh­len­ar­tig gebeten hatte, der sich mit der Heizungs­an­la­ge und auch mit den sonsti­gen Aufga­ben auskann­te. Ich war damals wohl zwölf Jahre alt und kam somit als einzi­ger Stell­ver­tre­ter in Frage. Am Bettrand wurden mir von meinem Vater die notwen­di­gen Handgrif­fe an der Heizung und für den sonsti­gen Betrieb, erklärt. Voller Stolz, als kleiner Hausmeis­ter, trat ich meinen Dienst gegen 6 Uhr an, um eben die mir angege­be­nen Arbei­ten auszu­füh­ren. Meine schöns­te Beloh­nung war dann, dass ich erst zur zweiten Stunde zum Unter­richt musste.

Ein kurio­ses Erleb­nis war, als die Firma Fritscher einer der ersten Fernse­her für ein paar Tage bei uns im Wohnzim­mer zur Probe aufstell­te, um zu testen, ob ein Empfang in dieser Höhe besser, als in den unteren Lagen wäre. Gegen Abend kam dann Herr Fritscher mit seinem Elektri­ker, um den Apparat in Betrieb zuneh­men. Der halbe Gesang­ver­ein saß bei uns im Wohnzim­mer, als ein Fußball­spiel aus England übertra­gen wurde, in welchem aber nur Nebel und Schat­ten auszu­ma­chen waren (Techni­sche Proble­me oder Londo­ner Nebel?).

Auffal­lend war auch die Hellhö­rig­keit unserer Wohnung zu den unter uns liegen­den Klassen­zim­mern, weil diese gegen­über den Räumen in den unteren Etagen um einiges niedri­ger waren. Als ich später im Berufs­le­ben stand und somit auch samstags gerne ausge­schla­fen hätte, fand ich das schon etwas störend. Heute dagegen finde ich es eher lustig. Damals war noch an den Samsta­gen der Schul­un­ter­richt angesagt. Unter meinem Schlaf­zim­mer war das Klassen­zim­mer von Konrek­tor Braun, der immer eine obere Mädchen­klas­se unter­rich­te­te. Samstag 7.30 Uhr wurde ich stets, einem lästi­gen Wecker gleich, mit dem obliga­to­ri­schen, gemein­sa­men Gruß der Mädchen: „Gu-ten-Mor-gen- Herr-Braun!!!“ jäh aus meinem notwen­di­gen Tiefschlaf geris­sen. Nach einem glück­li­chen Wieder­eindu­seln vernahm ich dann die unver­wech­sel­ba­re Stimme von dem Konrek­tor mit seiner präzis-betont, einflö­ßend und lauten Stimme. Ich konnte jedes Wort, egal ob Lehrer oder Schüle­rin­nen, deutlich hören. Am schlimms­ten war es immer, als Herr Braun sein altes Harmo­ni­um quälte und die Mädchen ihn mit ihren hohen und kreischen­den Stimmen beglei­ten mussten. Da half nur noch die Flucht aus meinem Zimmer.

Einmal, es war ein samstäg­li­cher Spätnach­mit­tag im Winter, saßen ein paar Freun­de und ich gelang­weilt in unserem Stüble, meine Eltern waren nicht zu Hause. In der Turnhal­le wurde eine größe­re Versamm­lung vom Turngau Braunen­berg abgehal­ten, also Gäste und Funktio­nä­re aus dem ganzen Oberamt. Redner am Mikro­fon, die Halle war hell beleuch­tet. Ich sagte so neben­bei, dass ich mit einem Finger diese Versamm­lung beenden könnte, denn eine Treppe tiefer befan­den sich Siche­rungs­käs­ten und tatsäch­lich, da gab es einen kleinen Schal­ter, mit dem man den Strom in der gesam­ten Halle abschal­ten konnte. Begeis­te­rung ohne Ende unter den elektri­sier­ten Freun­den. Gesagt, getan – ich „hatte die Macht“ und legte den Schal­ter um und wir sahen dann am Fenster, wie es in der vollbe­setz­ten Turnhal­le „kuahn­aacht“ wurde und das Mikro­phon seinen Dienst versag­te. Nach wenigen Sekun­den rannte schon ganz aufge­regt ein TVO-Funktio­när aus der Halle in Richtung Hausmeis­ter­woh­nung. Als dieser auf dem halben Weg war, ließen wir wieder die Halle hell erleuch­ten, worauf gleich der nächs­te Funktio­när den Melder zurück­rief: „Bleib dao, s gat wiedr !!!“ Wir wieder­hol­ten den Spuk noch zweimal und sahen belus­tigt zu, wie die TVOler verzwei­felt in Richtung Hausmeis­ter­woh­nung rannten, aber immer wieder auf halbem Weg zurück­ge­pfif­fen wurden. Es war ein Heiden­spaß – natür­lich nur für uns ☺.

Noch eine Turnhal­len­ge­schich­te. Mein Vater kam etwas später von seinem Dämmer­schop­pen zurück, die Turnhal­le sollte eigent­lich zu dieser Stunde schon dunkel sein, jedoch im Geräte­raum brann­te noch ein Licht. Vorsich­tig betrat er die Halle und überrasch­te dabei ein Sport­ler­pär­chen wie es gerade noch innigst dabei war ihre Kürübun­gen auf der Matte noch etwas auszufeilen.

Wollte man nach Feier­abend etwas vom Hausmeis­ter, so wurde an der Klingel „geschellt“, denn eine Sprech­an­la­ge oder Telefon gab es natür­lich nicht. So hielt es auch einmal der unver­ges­se­ne BCO-Manager Waldi Spind­ler, der gerade seine Jahres­fei­er in der Turnhal­le vorbe­rei­te­te und in seinem breiten, thürin­gi­schen Dialekt zu mir hoch rief: „Is Hardin da ?!!“ „Noe, warom ?!!“ „Brauch die Disch­di­ie­cher für die Dombo­la, aber nich die griien, die waißn!“ Dieser lusti­ge Mundart-Dialog ist mir bis heute unver­ges­sen und wird immer wieder unter uns Freun­den nachgeahmt.

Oberkochen

Der „Harde“ im sport­li­chen Angriffs­mo­dus (Archiv Burghard)

Das sind in sehr groben Zügen meine Erinne­run­gen und Erleb­nis­se als Hausmeis­ter­sohn während der 21jährigen Tätig­keit meines Vaters, dem „Harde“, als Hausmeis­ter der Dreißen­tal­schu­le. Mein Vater beende­te am 31.12.1972 seinen Dienst und sein Berufs­le­ben, worauf wir wieder zurück in unser Eigen­heim ins Dreißen­tal zogen, was aber meiner Mutter, die sich sehr darauf gefreut hatte, leider versagt blieb, da sie kurz vor dem Umzug überra­schend verstarb.

Dieses war der zweite Streich und der dritte folgt sogleich.
Bis dahin grüßt wie immer „Der Billie vom Sonnenberg!“

Wilfried „Billie Wichai“ Müller

Weitere Berichte aus dieser Kategorie

Weitere Berichte