Eine sehr freund­li­che Zuschrift erhielt der Heimat­ver­ein von Herrn Mager, dem Sohn des Lehrers Alfons Mager, dessen heimat­kund­li­che Forschun­gen Grund­la­ge für manche Erkennt­nis in unserem Heimat­buch waren. Herr Mager schreibt uns, daß er das kleine Bildchen von der alten Kirche in Oberko­chen durch Zufall im Nachlaß seines Vaters fand und es dem HVO überlas­se. Herzli­chen Dank für dieses reizen­de, nur 6 auf 9 cm große Foto, das uns Anlaß zu genaue­rer Betrach­tung gibt.

Es handelt sich um eine fotogra­fi­sche Repro­duk­ti­on einer wahrschein­lich aquarel­lier­ten Feder­zeich­nung unbekann­ter Größe, die im rechten unteren Eck mit C. Beisbarth signiert ist. Die Leser unserer heimat­kund­li­chen Bericht­erstat­tung werden sich erinnern, daß dieser Name im Zusam­men­hang mit dem Bau der neuen Katho­li­schen Kirche St. Peter und Paul erwähnt wurde. (Bericht 35 vom 23.9.88). Die Herren Beisbarth und Früh sind die Stutt­gar­ter Archi­tek­ten des neuro­ma­ni­schen Kirchen­neu­baus kurz vor der Jahrhun­dert­wen­de Auch die Ansicht in Bericht 35 stammt aus der Hand von C. Beisbarth.

Oberkochen

Die heute veröf­fent­lich­te Darstel­lung stellt nun die sehr alte Vorgän­ger­kir­che dar. In einer mehrfach veröf­fent­lich­ten Fotogra­fie, die diese Kirche kurz vor ihrem Abbruch von der Kirch­gass (Aalener Straße) her gesehen zeigt, ist das hohe Alter dieses Baus nicht ables­bar, da die Fenster in dem sicht­ba­ren Teil barocki­siert sind. Bei unserer heuti­gen Darstel­lung dagegen, die die Kirche etwa von dem Platz zwischen der Schee­rer­müh­le (Untere Mühle) und dem Scheerer’schen Wirtschafts­ge­bäu­de am Fuße des Mühlbergs gesehen zeigt, können wir hervor­ra­gend erken­nen, daß es sich bei dem Kirchen­bau um einen mittel­al­ter­li­chen Bau gehan­delt hat. In der apsiden­lo­sen Stirn­wand im Osten sind zwei gotische Fenster erkenn­bar. Das Dach des Haupt­schif­fes ist über seiten­schif­f­ähn­li­che Anbau­ten abgeschleppt, und weist die Form eines Krüppel­walm­da­ches auf, das bei mittel­al­ter­li­chen Sakral­bau­ten eine höchst außer­ge­wöhn­li­che Dachform darstellt. Es entsteht ein harmo­ni­scher Einklang mit dem ebenfalls mittel­al­ter­li­chen Bau des Pfarr­hau­ses — (Katho­li­sches Schwes­tern­haus) links im Bild, das diesel­be Dachform aufweist. Inter­es­san­ter­wei­se erken­nen wir diese Giebel­form auch im Scheu­erndach des Gebäu­des, das wir durch den Mühlberg jenseits der Kirch­gass sehen.

Sehr gut erkenn­bar ist in dieser Ansicht, daß die alte katho­li­sche Kirche im Gegen­satz zur heuti­gen, die senkrecht zur Haupt­stra­ße steht, um 45 Grad verdreht zum heuti­gen Grund­riß steht. Der Grund dafür ist, daß man im Mittel­al­ter Wert darauf gelegt hat, daß die Kirche von West nach Ost gerich­tet ist, sodaß man gedank­lich die Kirche vom dunkeln Westen her in Richtung auf die aufge­hen­de Sonne im Osten zu, wo sich der Altar befand, durch­schrit­ten mußte. Diese symbo­li­schen Gedan­ken nennt man in der Sakral­ar­chi­tek­tur die »Ostung« des Kirchen­baus. Der noch ältere der Kirche, der Turm, von Beisbarth und Früh als romanisch bezeich­net, ist diesem geoste­ten Grund­riß angepaßt, bezie­hungs­wei­se umgekehrt. Er erinnert in seiner im Grund­riß der neuen Kirche um 45 Grad verdreh­ten Gerich­tet­heit noch heute an die geoste­ten Vorgän­ger­kir­chen. Der Turmhelm stammt aus der Zeit, in welcher die Kirche »barocki­siert« wurde.

Inter­es­sant ist auch, daß das Gelän­de Richtung Kocher, schon für die mittel­al­ter­li­che Kirche aufge­füllt worden sein mußte, denn die Mauer links des Mühlbu­ckels weist auch damals schon eine beacht­li­che Höhe auf. Der Fried­hofs­be­reich, heute zumeist unter dem neuen Kirchen­schiff, wirkt relativ eben. Die leicht verschnei­te Landschaft und die schrä­gen Kreuze lassen entfernt an das Caspar David Friedrich’sche Bild »Abtei im Eichwald« denken.

Man geht sicher richtig, den Zeitpunkt des Entste­hens dieses idylli­schen Bildchens in die Zeit kurz vor dem Abbruch dieses Uralt­zeu­gen Oberko­che­ner Geschich­te zu verle­gen, also in die späten Jahre des letzten Jahrzehnts des letzten Jahrhunderts.

Dietrich Bantel

Der Zufall fügte es, daß dem Heimat­ver­ein dieser Tage ein Brief aus Jena ins Haus kam, dem ein Foto der dorti­gen Schil­ler­kir­che beilag. Wir möchten sowohl Brief als auch Foto veröf­fent­li­chen, zumal eine verblüf­fen­de Verwandt­schaft der kurz vor 1900 abgebro­che­nen alten Oberko­che­ner St. Peter und Pauls Kirche und der Schil­ler­kir­che in Jena festzu­stel­len ist.

Ev.-Luth. Kirch­ge­mein­de Jena
Schil­ler­kir­che
Charlot­ten­str. 16
Jena DDR — 6900
Siegfried Nenke, Pfarrer

Jena, 20.6.1989
Liebe Freun­de vom Heimat­ver­ein Oberko­chen!
Leider sind offen­sicht­lich Postschwie­rig­kei­ten aufge­tre­ten. Deshalb schicke ich Ihnen den Durch­schlag eines Briefes an Frau Stephan. Daraus können Sie etwas über den derzei­ti­gen Bauzu­stand der Schil­ler­kir­che erfah­ren. Für die Spende des Heimat­ver­eins bedan­ken wir uns ganz herzlich! Sie wird uns helfen, nötige Anschaf­fun­gen zu machen (Werkzeu­ge und Bauma­te­ri­al). Gerade heute war wieder eine Beratung mit der Denkmal­pfle­ge. Wir sagen schon scherz­haft, daß wir die geplan­te Einwei­hung vom 200. Todes­tag Schil­lers im Febru­ar 1990 auf den 300. Todes­tag verschie­ben werden. Ich rechne damit, daß es schon noch zwei bis drei Jahre dauern wird, bis wir mit allen Arbei­ten fertig sind. Arbeits­kräf­te, Bauma­te­ri­al und Geld sind knapp. Wir freuen uns über jede Hilfe. Grüßen Sie bitte die Mitglie­der und Freun­de des Heimat­ver­eins! Sie sind uns willkom­men, wenn Sie in Jena sind!

Herzli­che Grüße
Ihr Siegfried Nenke, Pfarrer

Oberkochen

Dietrich Bantel

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