Intro.

Vor über einem Jahr wurde Teil 1 unter tatkräf­ti­ger Mithil­fe von Eberhard Kolb, Bruno Brand­stet­ter und Chris­toph Stumpf veröf­fent­licht. Bei den Recher­chen und nach den Reaktio­nen war klar – es wird einen Teil 2 geben, der noch andere Aspek­te beleuch­ten muss.

Oberkochen

Der Skisport in Oberko­chen als Winter noch Winter waren und es reich­lich Platz dafür gab (Archiv Brandstetter)

Wie alles begann.

Heilig­abend, der 24. Dez 1923. Der Stutt­gar­ter Oberinspek­tor Mahler, ein gebür­ti­ger Oberko­che­ner mit bereits über 60 Jahren, verbrach­te in seiner alten Heimat seinen Weihnachts­ur­laub. Er war schon ein begeis­ter­ter „Schnee­schuh­fah­rer“, wie man die Skiläu­fer damals nannte, und lud zu einem kosten­lo­sen und ersten Skikurs in Oberko­chen ein. Am 1. Weihnachts­fei­er­tag trafen sich 20 — 25 „Schnee­stamp­fer“, um sich in die Geheim­nis­se des „Weißen Sports“ einwei­hen zu lassen und bereits am Ende des Kurses wird die „Schnee­schuh­ab­tei­lung“ inner­halb des Schwä­bi­schen Albver­eins mit dem ersten Vorstand Buchhal­ter Hans Maier (Gebr. Leitz) gegrün­det. Am 30. Dezem­ber wurde der erste Wettkampf durch­ge­führt und die Sieger mit höchs­ten Preisen geehrt:

Platz 1: Max Tritt­ler – Preis 1,84 DM (gestif­tet vom Förde­rer Fritz Leitz)
Platz 2: Anton Grupp – Preis 1,00 DM (gestif­tet von Albert Bäuerle)
Platz 3: Julius Schaupp – Preis 1 Paar Würste
Platz 4: Rudolf Speth – 1 Wurst
Platz 5: Reinhold Baßler – 1 Wurst (die müsste aber kleiner gewesen sein ☺)
Platz 6: Chris­ti­an Braun – 1 Paar Saitenwürste

Die Oberkoch­ner Schi-Gemeinde.

Die Anfän­ge des Ski-Sports in Oberko­chen gehen fast 100 Jahre zurück. Dazu schreibt 1955 Willi­bald Grupp (d’r Bälde wie früher die Kurzform für Willi­bald war) wie folgt:

…..An den hiesi­gen Berghal­den tauch­ten die ersten Schifah­rer kurz nach 1920 auf. Das benach­bar­te Unter­ko­chen war uns Oberkoch­nern eine Nasen­län­ge voraus, denn von dort wurden die ersten „Latten“ beschafft. Oberpost­in­spek­tor Mahler ist damals ein eifri­ger Förde­rer der guten neuen Sache, er ist der erste Schileh­rer vor Ort, Die jungen Männer und Buben lernen erst das Gehen auf den Schiern, Bremsen und Bogen­fah­ren. Das passen­de Gelän­de ist das komplet­te Dreißen­tal. Weihnach­ten 1923 wird von Hans Maier (damals Buchhal­ter bei Gebr. Leitz) eine Schiab­tei­lung des Schwä­bi­schen Albver­eins gegrün­det. Das Üben verla­gert sich auf den Volkmars­berg. Von Aalen bis Heiden­heim kamen die Schi-Begeis­ter­ten auf unseren Hausberg. Die erste Langlauf-Medail­le bringt Josef Fischer (Schrei­ber­le) 1925 nach Hause. Erfol­ge sorgen für Auftrieb. Es wurde mit Pflug und Kuhge­spann gearbei­tet um Hänge befahr­bar zu machen und Pisten zu schaf­fen. Der Kessel wurde befahr­bar gemacht. Eine Jugend­schan­ze wurde gebaut. 10 Jahre lang gewan­nen die Oberkoch­ner Ostgau­meis­ter­schaf­ten in der Kombi­na­ti­on und wir waren eine Nummer im Schisport. 1929 wurde die Hans-Maier-Schan­ze gebaut. Hans Maier zog weg und Fritz Leitz übernahm die Abtei­lung und sorgte für weite­ren Aufschwung. Und dann geschah das Wunder – der 21jährige Karl Lense gewann völlig überra­schend 1933 in Freuden­stadt die deutsche Dauer­lauf­meis­ter­schaft über 50 km. Das ganze Dorf holte ihren Karl am Bahnhof ab und er hatte eine große Zukunft vor sich – so dachte man. Aber das Dritte Reich und der II. Weltkrieg machten ihm einen Strich durch die Rechnung und er beende­te sein Leben 1943 bei Monte Cassi­no im Kampf als Maschi­nen­ge­wehr­schüt­ze. Ab 1953 wurde jährlich der Karl-Lense-Gedächt­nis­lauf durch­ge­führt. Die Läufer kamen von überall her um hier im sport­li­chen Wettkampf ihr Bestes zu geben…..Der Schisport wurde als Ausgleich zum harten Leben gesehen. Die ganze Woche über waren die Schlag­wor­te: Lärm, Akkord­ar­beit, Straßen­ver­kehr, Büromaschinen…….Tack-Tack-Tack…..immer schneller……keine Zeit.“

1932 – ein wichti­ges Schi-Jahr.

Am 6. Und 7. Febru­ar fand hier der Mannschafts-Staffel­lauf statt. Dieser galt im Schnee­lauf-Bund als beson­de­rer Prüfstein für das schwä­bi­sche Skivolk. Oberko­chen wird in einem Bericht darüber wie folgt beschrie­ben: „Keine überlan­ge Wettkampf­ge­schich­te bedeu­ten­der Winter­sport­er­eig­nis­se haftet dem schmu­cken Ort am Oberlauf des Kochers an, aber eine rühri­ge und kernge­sun­de, vollkom­men auf Sport einge­stell­te Schizunft sitzt in Oberko­chen, dem Ort an der Härts­feld­bahn. Und wo solche Männer der Tat sitzen Führer und Läufer, dahin legt auch gerne der schwä­bi­sche Schnee­lauf­bund einen seiner wichtigs­ten Läufe, auch wenn es bedeu­ten­de­re Mitwett­be­wer­ber gab.“ Außer­dem wurde in diesem Bericht die herrli­che Landschaft rund um den Volkmars­berg bewun­dernd hervorgehoben.

Nach dem Krieg frisch aufgestellt

mit Abtei­lungs­lei­ter Hans Düver, Edmund Schoch stlvtr. Abtei­lungs­lei­ter, Kuno Gold Techni­scher Leiter, Albin Schaupp Kassier, Hans Holz Sport­wart Langlauf, Albert Theil­a­cker Sport­wart Sprung­laug, Vincenz Dürr Jugend­lei­ter Männer und Josef Fischer Jugend­lei­ter Frauen.

D’r Lift bei d’r Schihütte.

Der längst verstor­be­ne rühri­ge, und in Oberko­chen unver­ges­se­ne, Zahnarzt Karl-Maria Riede schlug vor, auf dem Berg einen Skilift zu bauen und zwar einen Schlepp­lift mit einer Stunden­ka­pa­zi­tät für 600 Skiläu­fer. Er war zusam­men mit Hans Düver die treiben­de Kraft für dieses Projekt. Das war mit Sicher­heit nicht einfach (wie das für Oberko­chen nicht selten üblich ist), denn auch dagegen gab es Wider­stän­de. Es gab vermut­lich die Fraktio­nen der ewigen „Nein-Sager“, die der „Beden­ken­trä­ger“, die „Jetzt-Spinnet-se-ganz-Gruppe“ und nicht zuletzt das Hinder­nis „Natur­schutz­ge­biet“. Aber, wie so oft im Leben gilt auch hier: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.“ Die Vorar­beit dauer­te 1 ½ Jahre. Der Verein lag mit nur noch 18 Mitglie­dern fast schon im Koma, aber dann ging es rapide aufwärts. Nach vielen Arbeits­stun­den, Planier­ar­bei­ten und Abnah­me durch den TÜV, erfolg­te die Einwei­hung am 31.10.1973. Und die Mitglie­der­an­zahl schnell­te wieder auf über 150 Mitglie­der und erreich­te Ende der 70er gar die Zahl von 400. Was ein engagier­tes erfolg­rei­ches Projekt doch alles bewir­ken kann. Er wurde damals als eines der schnee­si­chers­ten Gebie­te in der Region bezeich­net, aber auch das ist längst Geschich­te – Klima­ge­schich­te. Die Anfangs­prei­se belie­fen sich anfangs je nach „Benut­zer­sor­te“ zwischen 18 und 40 Pfennige.

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Der Skilift im Einsatz (Archiv Müller)

Das Luftschloss.

Es wurde sogar einmal ein Sessel­lift geplant. D’r Steile nauf beim Schüt­zen­haus. Man hätte dann zu Fuß die Straße überque­ren müssen und dann auf den Lift beim Holza-Hans zu wechseln. Das war dann doch zu viel des Träumens.

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Die alte Abfahrts­stre­cke mit „Schlucht“ im „Kessel“ im Dreißen­tal (Archiv Müller)

Die Abfahrts­stre­cke von der Märchen­wie­se bis in d‘ Schlucht na.

Das Jahr 1961 war ein ganz wichti­ges Jahr im Oberko­che­ner Skizir­kus – die Abfahrts­stre­cke wurde mit großem Spekta­kel eröff­net. Die Strecke führte vom Übungs­hang (der alten Kinder­fest-Märchen­wei­se) den Hohlweg, vorbei am Felsle, hinun­ter, überquer­te die Volkmars­berg­stra­ße und führte hinun­ter in den sog. „Kessel“ beim Schüt­zen­haus. Man konnte auch nach Überque­rung der Straße den alten Viehweg rechts hinun­ter­ja­gen (das war aber nur den Könnern zugera­ten). Der jährli­che Pacht­zins in Höhe von 300 DM für die Realge­nos­sen­schaft wurde von der Gemein­de­ver­wal­tung übernom­men.
Zur sport­li­chen Eröff­nung am 5. Febru­ar 1961 schrieb Willbald „Bälde“ Grupp die Einfüh­rungs­wor­te im „Blätt­le“: „…..sie wettei­fern alle, ihre arbeits­frei­en Tages­stun­den in der reinen, so wachol­der­kräf­ti­gen Volkmars­berg­luft, im makel­lo­sen Schnee, zu verbrin­gen, mit vollende­ter Leibes­übung den vielen Sitzstun­den im Büro , der verheiz­ten , oft durch staubi­ge Luft entwer­te­ten schlech­ten Atmung in Werkstatt und Fabrik zu entkom­men – die Frauen möchten raus aus ihren vier Wänden! – alle wollen der Woche im Schnee da droben ein freudi­ges Ende geben, Leib, Herz und Lungen, das ganze Gemüt entschla­cken – auftan­ken für die kommen­de Arbeits­wo­che… Ja, so hat man damals geschrie­ben und dann hat der „Bälde“ noch empfoh­len bei unüber­sicht­li­chem Strecken­ver­kauf „B a h n f r e i“ zu rufen.
Nachdem das Rennen doch auf der Kippe stand, sorgte Frau Holle aber über Nacht doch noch dafür, dass am Sonntag über 100 Sport­ler an den Start gehen konnten. In den radak­tio­nel­len Nachbe­rich­ten wurden nachfol­gend aufge­führ­te Sport­ler beson­ders erwähnt: Rudi Günther vom VfR Aalen und die TVOler Manfred Maier, Dirk Helias, Franz Schil­ling und Hans Meschen­mo­ser. Renate Sußmann, Renate Mayer und Helga Brach­mann zeigten ihr Können wie auch Sigrid Pfizen­may­er. Natür­lich war auch der Gruppa-Paul wieder vorne mit dabei. Auch andere Jugend­li­che zeigten was sie können wie Klaus Dinckel­acker, Eberhard Kolb, Fried­helm Brach­mann (als kleins­ter und jüngs­ter Teilneh­mer), Volker Honold, Roland Jakob und Anton Feil.

Auch die Zeiss-Betriebs­sport­grup­pe führte einst einen Abfahrts­lauf für Damen und Herren bei besten Schnee­ver­hält­nis­sen durch (80 cm !!! Schnee­hö­he) und feier­te danach kräftig im „Café Gold“ (heute Muckentaler).

Was ist von der Strecke übrig geblie­ben? Ein Hinweis­schild auf die alte Strecke, welche die Volkmars­berg­stra­ße überquer­te, wird langsam aber sicher von einem Baum im wahrs­ten Sinn des Wortes „verschlun­gen“.

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Das alte Hinweis­schild „Abfahrts­stre­cke quert die Volkm­ar­berg­stra­ße“. Wie die Strecke ist auch bald das Schild verschwun­den. (Archiv Müller)

Plasch­diggguck­aren­na.

Einige Male wurde dieses einma­li­ge närri­sche Rennen auf der Piste neben dem Lift durch­ge­führt. Mal mit inter­na­tio­na­ler Betei­li­gung wie „Bären­fan­ger, Gelbfüß­ler und einem Englän­der“ oder auch einmal von einem Fernseh­team der Abend­schau beglei­tet. Das gab’s sonst nirgend­wo. Irgend­wann war halt dann doch Schluss – wegen Schnee­man­gel und vielleicht auch weil’s mit den Jahren gefähr­li­cher wurde. Die Rußgug­gamu­si­ker heizten die Stimmung des zahlreich erschie­nen Publi­kums an. Manch einem versag­te der Mut am Start und so konnte ein Rennen erst mit der Nr. 7 starten, weil die Rutscher 1 bis 6 Muffen­sausen bekamen ☺. Rennlei­ter Helmut „Murxle“ Gold starte­te die todes­mu­ti­gen Bauch­rut­scher, die am Ende der Strecke in den Heubal­len oder in den Beinen der Zuschau­er lande­ten. Wie beim Abfahrts­lauf galt auch hier: Masse beschleu­nigt einfach besser und so konnte kein Spargel-Tarzan gewin­nen. Sieger, männlich wie weiblich, bekamen der „Gugga­rut­scher-Orden“ verliehen.

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Das Plastik-Guggen-Rennen auf der Skiwie­se – sogar das Fernse­hen aus Stutt­gart war da (Archiv Müller)

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Wagemu­ti­ge in blauen Kehricht-Säcken (Archiv Müller)

Unsere Schan­zen.

Die erste Schan­ze aus dem Jahr, war’s „Schänz­le“ auf dem Volkmars­berg, rechts neben dem späte­ren Übungs­hang gelegen. 1925/26 wurde im Dreißen­tal eine größe­re Schan­ze gebaut, die aber wegen Schnee­man­gel nicht einge­weiht wurde. Nachdem der Schüt­zen­ver­ein 1926 eine Schieß­an­la­ge erstellt hatte, die quer durch den Schan­zen­aus­lauf ging, musste wieder neu geplant werden. Zurück auf den Berg, das „Schänz­le“ wurde ausge­baut. 1929 musste aber etwas Größe­res her – im Wolferst­tal wurde eine Schan­ze gebaut und 1931 erwei­tert. Sie erhielt den Namen „Hans-Maier-Schan­ze“ im „Hirten­roi­na“.

Wir mir Karl Seitz kürzlich sagte, wurden vor ein paar Jahren die gesam­ten Planungs­un­ter­la­gen der Schan­ze entsorgt. Da muss ich doch jetzt nochmals einen Aufruf erlas­sen: „Leut‘ – wenn ihr alte Unter­la­gen nicht mehr braucht, lasst doch erst uns vom Heimat­ver­ein drüber schau­en. Wenn’s nix taugt – wegschmais­sa kennet mir au.“

In diesem Zusam­men­hang sei erwähnt, dass sich hier ein richti­ges Skisprin­ger-Reser­vat entwi­ckelt hatte, mit Schan­zen in Unter­ko­chen, Oberko­chen und Königs­bronn und auch Heiden­heim. Die frühen Sprin­ger waren Alfred Wanner, Otto Bihlmai­er, Edwin Ruschitz­ka, Manfred Maier und Peter Fischer.

Nach dem II. Weltkrieg musste die Hans-Maier-Schan­ze wieder herge­rich­tet werden. Sie erhielt einen Kampf­rich­ter­turm und der Schan­zen­re­kord wurde durch den Sprin­ger Richard Knoblauch aus Unter­ko­chen von bisher 39 Meter auf 45 Meter gestei­gert. Aber auch dieser Stand­ort hatte keine Zukunft und die Natur überwu­cher­te auch hier im Laufe der Jahre mensch­li­ches Tun. Die mächti­gen Leitun­gen der Landes­was­ser­ver­sor­gung ließen keine Wieder­auf­er­ste­hung der Schan­ze zu und so wurde wieder einmal das „Schänz­le“ auf dem Berg bis 1977 zur Berg-Jugend-Schan­ze ausge­baut. Heute findet man nur noch Reste vor. Die Natur hat sich auch hier ihren Teil wieder zurückgeholt.

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Die alte Jugend­schan­ze neben dem heuti­gen Übungs­hang (Archiv Müller)

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Die Staffel bei den schwä­bi­schen Meister­schaf­ten 1952 in Meßstet­ten (Archiv Müller)

D’r Langlauf.

1925 brach­te unser „Schrei­ber­le (sen.)“, Josef Fischer, den Titel des 1. Gaumeis­ters nach Oberko­chen. Bald darauf wurde Anton Grupp Gaumeis­ter in der Nordi­schen Kombi­na­ti­on, der junge Clemens Grupp zeigte sich, wie auch Rosa Fischer, in bester Form. Clemens zeigte in den folgen­den Jahren sehr gute Leistun­gen. 1936 gingen unter­halb des Rosen­steins sage und schrei­be 60 Oberkoch­ner Wettkämp­fer an den Start. Durch diese tollen Leistun­gen bekam Oberko­chen einen Namen in der Szene und wurde deutsch­land­weit bekannt. 1933 wurde ein Oberkoch­ner Ausnah­me­sport­ler Schwä­bi­scher Meister im Langlauf über 18 KM und deutscher Meister im 50 KM Dauer­lang­lauf in 3 Stunden und 45,31 Minuten. Er wohnte seiner­zeit im Pflug-Gässle, mit der offizi­el­len Adres­se Katzen­bach 77, und sein Name war Karl Lense. Was hätte er sport­lich noch alles errei­chen können…..aber der II. Weltkrieg forder­te seinen Tribut. Karl starb 1943 in Itali­en. Dazu hat Didi Bantel schon vor langer Zeit den Bericht 281 geschrieben.

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1955 Ziel des Karl-Lense-Gedächt­nis-Laufes in der Panora­ma­stra­ße (Archiv Oberdorfer)

Aber es gab noch andere gute Langläu­fer in unserer Gemein­de (kein Anspruch auf Vollzäh­lig­keit). Da waren die Brüder Clemens und Willi­bald Grupp, Edmund Schoch, Otto Bihlmai­er, Hans Klein, Hans und Fritz Holz sowie Hans Meschen­mo­ser, Marksa Michel und Vinzenz Dürr, Josef Oberdor­fer, Anne Illner, Rosa Fischer und Regina Tritt­ler. Nicht zu verges­sen Albert Theil­a­cker und Karl Schnei­der. Auch Elli Brach­mann, Regine Fickert, Suse Zweig und Elisa­beth Gold waren erfolg­reich in der Spur.

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1952 schnee­rei­che und kalte Winter in Oberko­chen (Archiv Brandstetter)

Die damali­gen Winter waren schnee­rei­cher als heute und so konnten in den 50er Jahren sogar einige Straßen in einen Langlauf­wett­be­werb einge­bun­den werden. Die Sonnen­berg­stra­ße war schon immer winter­li­cher als viele andere Straßen in unserer Gemein­de, wie das entspre­chen­de Bild zeigt. 1956 gab es eine große Veran­stal­tung, den 4. Karl-Lense-Gedächt­nis­lauf, mit folgen­dem Strecken­ver­lauf: Sonnen­berg­stra­ße – Kapel­le-Sprung­schan­ze – Hinte­re Lach – Theus­sen­ber­ger Skiweg zur Leitzhüt­te – über Bronnen­ebe­ne – Sixen­feld­le – Kocher­ur­sprung – Brunnen­hal­de – Kessel – Start­platz Panora­ma­stra­ße oberhalb Bergheim. Die Strecke betrug 15 km und musste zweimal durch­lau­fen werden.

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1955 Langlauf­stre­cke Sonnen­berg (Archiv Oberdorfer)

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Und nochmal der winter­li­che Sonnen­berg in den 50ern (Archiv Brandstetter)

Durch die guten Erfol­ge in den Nordi­schen Diszi­pli­nen angelockt, kam sogar der schwe­di­sche Trainer Lars Öster in den Ostalb­be­zirk und trainier­te die besten Läufer in dieser Zeit. Doch in den 60ern verflach­te das Ganze – der Wille zum „Sich Quälen“ um des Erfolgs­wil­len ließ deutlich nach. Anfang der 70er starte­te dann der erfolg­rei­che Neuan­fang in diesen Disziplinen.

Selbst ist der Mann – also der Grupp.

Clemens Grupp, einsti­ger Schrei­ner­lehr­ling, baute sich in seiner Freizeit seine Schi selbst und das mit einfachs­ten Mitteln. Später kauften viele Oberko­che­ner bei ihm die ersten Schi, hatte er doch die Meister­schaft-Schi für den Karl Lense gebaut.

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Groß und Klein beim Langlauf (Archiv Brandstetter)

Schi-Wandern.

Das begeis­ter­te damals viele Menschen. Oft sah man an die 60 „Schirg­ler“ durch die weiten Schnee­fel­der nach Bartho­lo­mä, Zang, ins Wental oder aufs Kalte Feld ziehen. In den Gasthö­fen wurden in diesen Jahren, in denen das Geld knapp war, eimer­wei­se Tee für die Wande­rer bereitgestellt.

D’Schihütte und d’r Holza-Hans.

In den 30er Jahren des vergan­ge­nen Jahrhun­derts entstan­den wichti­ge Highlights im Ort, auf die wir auch heute unger­ne verzich­ten würden: Die Volkmars­berg­stra­ße wurde gebaut, die Skiwie­se (von der Märchen­wie­se bis zur Straße) und der Turm wurden errich­tet. Fritz Leitz brach­te sich hier massiv als Sponsor und Unter­stüt­zer ein. 1956 wurde dann vom BM und dem Gemein­de­rat beschlos­sen, eine Pacht für alkoho­li­sche Geträn­ke und Esswa­ren zu verge­ben. Hans Holz, kurz Holza-Hans, erhielt durch Stimmen­mehr­heit die zunächst befris­te­te Pacht in Höhe von 250 DM. 1957 entschei­det das Amtsblatt wie folgt: „Durch Erlass vom 26. Aug. 1957 hat das Landrats­amt den zeitli­chen Umfang des Wirtschafts­be­triebs »Bergschen­ke« in stets wider­ruf­li­cher Weise wie folgt festge­setzt: Vom 1. Mai bis 30. Sept. von 8.00 bis 22.00 Uhr, vom 1. Okt. bis 30. April von 8.00 bis 20.00 Uhr.“ Der Kiosk verän­der­te sich. Eine Baracke und ein späte­rer Anbau ergaben eine Hütte wie wir sie als Kinder erlebt haben. Hans beschäf­tig­te sicher die ganze Familie und ich denke, dass meine frühe­rer Arbeits­kol­le­gin Heidi (verh. Friedel) und ihre Schwes­ter Helga (verst. Stana) oft helfen mussten. Gesund­heit­lich seit einem Skiun­fall angeschla­gen, belas­te­te ihn der Betrieb immer stärker. Ausschlag­ge­bend für die Aufga­be des Gastbe­triebs (1975) waren dann vor allem auch die harten Aufla­gen des Landrats­amts im sanitä­ren Bereich, – Wasser, Abwas­ser, Toilet­ten betref­fend. 1977 starb der Holza-Hans, der auch ein guter Skifah­rer und Langläu­fer war, im Alter von nur 56 Jahren. Die Hütte wurde dann 1975 von der Ski-Abtei­lung des TVO in Pacht und 1977 komplett übernom­men und man entschloss sich dann aber für einen Neubau. Nach 9 Monaten Bauzeit, mit einer Eigen­leis­tung von einigen tausend Stunden, wurde die neue Hütte 1982 einge­weiht. Beson­ders einge­bracht haben sich damals Hans Düver und der unver­ges­se­ne umtrie­bi­ge „Eiche“ Horst Eichentopf.

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Die alte Hütte vom Holza-Hans (Archiv Müller)

Anmer­kung.

Dazu will ich sagen, dass die Proble­me für die Verei­ne, die sich um Bewirt­schaf­tung kümmern, immer größer werden. Ordnung, Sauber­keit und Hygie­ne sind notwen­dig, aber man darf das Kind nicht mit dem Bad ausschüt­ten. Wenn sich irgend­wann niemand mehr, wegen Vorga­ben, Verord­nun­gen und Haftun­gen, getraut, dieses wichti­ge und notwen­di­ge Geschäft für die Gesell­schaft und den sozia­len Zusam­men­hang zu verrich­ten, dann verküm­mert etwas, das zu unserer Seele gehört. Früher sind wir auch nicht gestor­ben, weil die Lehrer am Kinder­fest „Wurst und Weck“ mit der Hand angefasst haben – Herrgott Sechser noamoal.

„Schrei­ber­le“ Rudolf Fischer hat auch einiges beizutragen.

Für die Abfahrts­stre­cken hatte man mehre­re Varian­ten. Zum einen ging es über den Übungs­hang oben in den „Alten Weg“ und runter bis zu den Gärten beim „Murgsa-Hans“. Den „Alten Weg“ verließ man beim Tannen­wäld­le. Hier erlitt auch, anläss­lich eines Abfahrt­laufs, der Holza-Hans im Ziel durch einen Sturz eine schwe­re Verlet­zung, als er gegen die Zielstan­ge rutsch­te. Andere Abfahrts­stre­cken gingen von der Brunnen­ebe­ne über die Volkmars­berg­stra­ße in den „Alten Weg“ und dann links in den „Kessel“ hinein. (Anmer­kung: Die geschätz­te Leser­schaft mag nicht verzwei­feln an der Schreib­wei­se von „Murksa‑, Margsa‑, Murxa- oder Margksa-„ ….. sei’s drum ich bin’s auch nicht ☺). Die heuti­ge Abfahrts­stre­cke hatten wir mit ihrem Verlauf schon in unseren Köpfen, aber da standen noch einige Bäume im Weg. Bei einem Bierabend im Haus Pfitzen­mai­er (Hansjörg Fischer, Heiner Pfitzen­mai­er und ich) war die Gelegen­heit günstig, als gegen 1.00 Uhr nachts der Chef nach Hause kam. Die Bierfla­schen lagen auf dem Boden (so war´s halt damals) und der Forst­meis­ter war sicht­lich angetan von unserem Tun. „So Buaba, hend´r recht g’feiert“. Sein Sohn Heiner gab mir das Zeichen zum Angriff. So haben wir den Forst­meis­ter in der Bierlau­ne wegen einer mögli­chen Aushol­zung der geplan­ten Abfahrts­stre­cke angespro­chen und siehe da: „Ja Buaba, da werde ich euch unter­stüt­zen“. Das war der Anfang. Denn die alten Strecken­ver­läu­fe wurden langsam durch die schnel­le­ren Ski gefähr­lich. Einen Proto­typ des ersten Alu-Skis gab es Anfang der 50ziger Jahre auch schon. Fritz Leitz jun. hatte die Idee Ski zu bauen, mit einem Alu-Profil, das mit einer geboge­nen Aluspit­ze verse­hen wurde. Das Experi­ment gelang zum Teil. Das Problem war, dass die Ski keine Spannung hatten und sich so im nassen Schnee festsaugten.

Der (vermut­lich) erste wettkampf­mä­ßi­ge Abfahrts­läu­fer war meine Wenig­keit im Jahre 1950 im Alter von gerade mal 12 Jahren. Bei einem Abfahrts­lauf für 16 — 18 jähri­ge in Königs­bronn war ich mit der Skiaus­rüs­tung meines Vaters (Ski 190 cm und Stöcke bis zu den Ohren) am Start. Ich höre noch heute die Worte meines Vaters: „Wenn Du den Letzten machst und heulst, dann kriegst du noch den Arsch voll.“

Gott sei Dank war der Hans Heiden­reich am Start, denn der Starter wollte mich nicht starten lassen: „Ja guck no doa noa, mit dene lange Ski, der rennt sich der Kerl, des gat net.“ Hans Heiden­reich sagte: „Der hat eine Start­num­mer und der startet.“ Es ging gut. Ich hatte den 2. Platz belegt und bei der Sieger­eh­rung wurde ich fast überse­hen, da ich 2 Köpfe kleiner war als all die anderen. Das war mein Anfang und so ging´s dann von Rennen zu Rennen weiter. 1956 war ich bei den schwä­bi­schen Jugend­meis­ter­schaf­ten in Oberjoch am Start. Mit dem Rucksack und den Ski auf der Schul­ter ging es mit dem Zug nach Sontho­fen und dann mit dem Bus weiter nach Oberjoch. Gewohnt und selbst gekocht haben wir 3 Tage lang in einer kleinen Privat­hüt­te. So war das früher. Einmal war ich mit dem Karl Elmer in Steibis bei den Kreis­meis­ter­schaf­ten. Übernach­tet haben wir beim Xaver Schäfer (früher bei Fritz Leitz beschäf­tigt) im Keller. Xaver Schäfer hatte nach dem Krieg eine große Gärtne­rei beim Leitz-Areal bevor er nach Steibis ging und dort den ersten Lift zum Imberg baute.

Rektor und Dreißen­tal­schu­le brach­ten sich engagiert ein.

Rektor Hagmann schick­te seine Klassen während des Unter­richts zum „Stoiner klauben“ auf die Abfahrts­stre­cke in die Schlucht im Kessel. Dann wurde die Strecke mit Skiern getrep­pelt. Das war ein selbst­ver­ständ­li­cher freiwil­li­ger Zwang für alle Skifah­rer (30 bis 25 Personen).

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Gute Figur(en) am Skihang (Archiv Müller)

Zum Thema Skiaus­rüs­tung gibt es folgen­des anmerken.

Die erste Skistock-Fabri­ka­ti­on in Oberko­chen fand bei uns in der Küche in Heimar­beit statt. Nach dem Krieg mussten wir notge­drun­gen erfin­de­risch sein. Fritz Leitz jun. (Fritz Leitz sen. hatte zwei Söhne den Fritz jun. und den Heiner, den späte­ren VFR-Aalen Sponsor), Herr Ziemons, Hans Heiden­reich, mein Vater und ich als Stift bilde­ten ein Arbeits­team. Das erfor­der­li­che Alu-Rohr hatte der Leitza-Fritz, mein Vater drehte die Spitzen, Rollla­den­band wurde zu Handschlau­fen umgear­bei­tet. Wo wir das her hatten, weiß ich nicht mehr. Die Reifen für die Stocktel­ler wurden ebenfalls aus Alurohr gefer­tigt. Der Garten­schlauch wurde so zurecht­ge­schnit­ten, dass Griffe daraus entstan­den und mit der alten vorge­glüh­ten Locken­zan­ge wurden die Löcher für die Schlau­fen durch­ge­brannt: „Ja nei, des hat jesas­mä­ßig g‘schtonkga!“

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Alte Schier in Reih und Glied (Museum Essingen)

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Schreiberle’s Schi-Stall für die Schi-Hasen….. (Archiv Rudolf Fischer)

Viele Skier wurden im Skistall beim Schrei­ber­le verkauft. Es waren Ski der Marken „Rosskopf“ aus Immstadt, „Erbacher“ und „Völkl“. Stahl­kan­ten gab´s serien­mä­ßig noch nicht, die wurden auf Wunsch von Hand montiert. Und das alles in der Küche auf dem Hocker. D’r Gruppa Clemens hat die Nuten gefräst. Das Materi­al war auch noch nicht das Beste, beson­ders die kleinen Schrau­ben. Ja da ging so mancher Fluch über die Lippen, wenn mal wieder so ein Schrau­ben­kopf ausge­bro­chen ist. Die Holzskier wurden zur besse­ren Wachs­auf­nah­me mit „Tipp-Top-Lack“ vorla­ckiert, und wieder alles in der Küche und manch­mal sogar noch am Hl. Abend.

Mitte der 50ziger gab es die ersten Kunst­stoff­lauf­flä­chen – den Kofix­be­lag. Ich hatte damals ein Paar „Völkl“-Skier, die ich bei einem Abfahrts­lauf in Atten­ho­fen zum ersten Mal fuhr. Die Skier liefen wie die „Feuer­wehr“ und alle Rennläu­fer wollten meinen „Wunder­ski“ sehen.

Peter Königer erinnert sich an Biathlon.

Das einzi­ge an das ich mich noch sehr gut erinnern kann, waren die Biath­lon­meis­ter­schaf­ten im Wolfert­s­tal. Der Schieß­stand war am „Monte Scher­be­li­no“ (der aufge­schüt­te­te Hügel in der Nähe des Wasser­häus­chens im Wolfer­s­tal), damit ja nichts passie­ren konnte. Zu den Teilneh­mern gehör­ten natür­lich auch die Bayern, eine Art Hasslie­be von Harald Fickert, der die Gesamt-Leitung der ganzen Veran­stal­tung hatte. In der Ausschrei­bung stand u.a. dass am Samstag um 12.00 angeschos­sen wird, zeitlich konnte der Termin nicht einge­hal­ten werden was den Boss der Bayern mächtig aufbrach­te und er sich etwas ungehal­ten Fickert gegen­über beschwer­te. Darauf erwider­te Harald: „Du musst Dir eines merken, wenn ein Fickert sagt um 12.00 wird angeschos­sen, dann wird um 12.00 angeschos­sen, aber wann es 12.00 Uhr ist, das bestim­me ich.“

Abschluss.

Damit endet der Teil 2 zum Thema „Schi-Dorf Oberko­chen“. Da es jetzt immer noch etwas zu schrei­ben gibt, und zwar über einige einzel­ne Sport­ler und ihre Spuren, die sie hinter­las­sen haben, wird es im nächs­ten Winter einen weite­ren und letzten Teil geben. Und da hoffe ich auf engagier­te Mitar­beit der betref­fen­den Famili­en, bei denen ich mich 2020 im Rahmen von Recher­chen, melden werde. Ich denke da beson­ders an die Famili­en Prosser, Fickert, Grupp, Lense-Nachkom­men und Bopp.

Abschlie­ßend noch ein paar Schman­kerln, die ich nicht vorent­hal­ten möchte, denn Bilder und Dokumen­te, die nicht gezeigt werden, sind nur die Hälfte wert.

Oberkochen

1940 Ehren­ur­kun­de für Josef Brand­stet­ter (Archiv Brandstetter)

Oberkochen

Gedenktel­ler 50 km Dauer­lauf 1951 (Archiv Müller)

Oberkochen

Ehren­ur­kun­den Willi­bald Grupp 1925 (Archiv Müller)

Oberkochen

Unbekann­tes zeich­ne­ri­sches Schmuck­stück (Archiv Müller)

Wilfried „Billie Wichai“ Müller vom Sonnenberg

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