Einlei­tung

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Das halbe Kies aus der Heiden­hei­mer Straße (vermtl. Jahr 1950, Bild von Dörrich)

Das Oberkoch’ner Kinder­fest wird dieses Jahr 90 Jahre alt. Ein wichti­ger Grund das Thema nochmals aufzu­grei­fen. Wesent­li­ches wurde dazu schon von Dietrich Bantel in den Berich­ten 238, 615, 618 und 625 geschrie­ben, aber ein Jubilä­um verlangt nach weite­rer Beach­tung mit einge­hen­der Recher­che. Dieser Artikel verbin­det also Fakten und Emotio­nen zu einem Gesamt­pa­ket, das unsere Gedan­ken in eine ferne Vergan­gen­heit zurück­führt. Eine Auflis­tung alle Kinder­fes­te ab 1927 finden Sie in der Berichts­ver­si­on auf der WebSite des Heimatvereins.

Liste aller Kinder­fes­te ab 1927
(zum PDF-Download der Liste bitte hier klicken)

Ebenso einen detail­lier­ten Ablauf des Festes aus dem Jahr 1954.

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Natür­lich, und da bin ich mir voll bewusst, wird es wieder Diskus­sio­nen geben nach dem Motto: „Das war doch ganz anders“. Das mag mitun­ter durch­aus stimmen, aber im Bereich der Fakten bemühe ich mich sehr genau zu sein. Dass die persön­li­chen Erinne­run­gen mancher Mitbür­ge­rIn­nen vielleicht „leicht gefärbt“ sind, ist ganz normal und wird immer so sein. Auch die Jahres­zah­len unter den Bildern sind mögli­cher­wei­se nicht zu 100 % korrekt. Wer sich durch den Bericht angespro­chen fühlt und eigene Erinne­run­gen ergän­zen möchte kann das gerne tun. Alle diesbe­züg­li­chen Eingän­ge werden zu einem Ergän­zungs­be­richt zusam­men­ge­fasst um das Thema dann abzuschließen.

Ein ganz großes Danke­schön
an alle, die sich erinnert und mit Wort und Bild dazu beigetra­gen haben, dass DAS alte Oberkoch’ner Kinder­fest durch diesen Artikel heuer gebüh­rend gewür­digt werden kann. Mein Dank geht beson­ders an:

Richard Burger, Paul Hug, Luitgard Hügle, Franz Holden­ried, Wolfgang Jäger, Wilfried Preuß, Wolfgang Eber, Valeria Franz, Helmut Gold, Anton Gutheiß, Chris­toph Stumpf, Anna Asen, Irmgard Dörrich, Birgit Egle, Heidi Köhler, Ralf Mispel­horn, und Ingeborg Schlipf.

Unsere Lieder – waren derer drei:
Das Lied, das uns Jahrzehn­te­lang beglei­te­te war „Geh aus mein Herz und suche Freud“. Das bis in die Gegen­wart populä­re geist­li­che Lied wurde Mitte des 17. Jahrhun­derts von dem evange­li­schen Theolo­gen Paul Gerhardt (1607 – 1676) verfasst. Als „Sommer­ge­sang“ besingt es die Schön­hei­ten der Natur und verweist zugleich auf den jensei­ti­gen „Himmels­gar­ten“. Es gehört zu den populärs­ten Liedern des evange­li­schen Kirchen­ge­sangs. Außer­halb des Gottes­diens­tes wurde es seit dem 19. Jahrhun­dert auch als Natur- und Wander­lied verbrei­tet. Das erste Abschluss­lied war „Im schöns­ten Wiesen­grun­de“. Dieses Heimat­lied wurde Mitte des 19. Jahrhun­derts vom württem­ber­gi­schen Hobby­dich­ter Wilhelm Ganzhorn (1818 – 1880), auf eine ältere Volks­lied­wei­se verfasst. Über Schul­lie­der­bü­cher fand es rasch weite Verbrei­tung und etablier­te sich als eines der promi­nen­tes­ten, im 19. Jahrhun­dert neu entstan­de­nen „Volks­lie­der“. Ganzhorn war Gerichts­ak­tu­ar in Neuen­bürg und Oberamts­rich­ter in Aalen, Neckar­sulm und Cannstatt. Das späte­re Schluss­lied war „Kein schöner Land in dieser Zeit“. Es ist eines der gegen­wär­tig bekann­tes­ten und belieb­tes­ten Volks­lie­der. Populär wurde das in der ersten Hälfte des 19. Jahrhun­derts entstan­de­ne Abend­lied im frühen 20. Jahrhun­dert durch die Jugend- und Singbe­we­gung und hat für uns alte Oberkoch’ner eine Erinne­rung an den Waldrand am Zeppe­lin­weg und den alten Rektor Hagmann. Sogar im „Tatort“ im Januar 2017 konnten wir es im Fernse­hen sehen und hören. (Zum Download der Liedtex­te bitte draufklicken.)

Chrono­lo­gie
1927 – ein ganz wichti­ges Jahr in Oberko­chen, das erste Kinder­fest wurde aus der Taufe gehoben und im Anschluss an das 50jährige Jubilä­um des Sänger­bun­des gefei­ert. Der Ort hatte damals ca. 1.500 Einwoh­ner. Zu dieser Zeit waren sicher maßgeb­lich an der Gestal­tung des Festes der damali­ge Bürger­meis­ter Richard Frank, die Pfarrer Alfons Riek (kath.) und Stöck­le (ev.) sowie der gesam­te Gemein­de­rat betei­ligt. Zwei Dinge wurden seiner­zeit beschlos­sen: 1.) Das Kinder­fest sollte möglichst immer im Anschluss an ein anderes Fest veran­stal­tet werden und 2.) war ein 2‑Jah­res-Rhyth­mus vorge­se­hen. Ab 1929 wurde dann aber doch jährlich gefeiert.

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Kinder­fest 1929 (Bild Archiv HV)

1948 – ein weite­res wichti­ges Jahr, denn nun wurde das erste Kinder­fest nach dem Krieg vom Lehrer Menzl organi­siert, denn die Nazizeit, die Kriegs­zeit und die Folgen waren weitest­ge­hend überwun­den und es ging wieder aufwärts, wie man aller­or­ten diese Zeit beschrieb. Es war wieder Zeit den Kindern ihr Fest zurückzugeben.

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Vor dem Gasthaus „Hirsch“ (vermtl. 1948 Bild Wingert)

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Vor dem alten Schwes­tern­haus (vermtl. 1948 Bild Wingert)

1956Gedan­ken zum Kinder­fest 1959 von Pfarrer Gottfroh (bitte klicken) Ein Artikel von Pfarrer Gottfroh (ein passen­der Name für einen Pfarrer) im Amtsblatt zum Thema mit dem Titel „Gedan­ken zum Kinder­fest“ brach­te zum ersten Mal Unruhe und es began­nen erste Diskus­sio­nen wie ein Kinder­fest zeitge­mäß veran­stal­tet werden sollte. Auf der Website können Sie diesen Artikel im Origi­nal nachle­sen. Im Grunde ist der Grund­te­nor dieses damali­gen Artikels auch heute noch, im Zeital­ter der Digita­li­sie­rung 4.0, durch­aus inter­es­sant – jedoch, es wird kein Weg mehr zu den alten Werten zurückführen.

1958 – schrieb Dr. Hans Schmid seine Gedan­ken zum Kinder­fest nieder und die Diskus­sio­nen gingen weiter und führten letztendlich

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In der Aalener Straße (vermtl. vor 1959, da es herkömm­lich aussieht Bild von Schlipf)

1959 – zum ersten Kinder­fest auf der Märchen­wie­se auf unserem Hausberg, dem Volkmarsberg.

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Erster Omnibus­ver­kehr zum Festplatz 1959

1966 – und die Diskus­sio­nen gingen weiter. Eine Kinder­fest­ord­nung musste her.

1967 – wurde diese beschlos­sen und beinhal­te­te folgen­de Punkte
1) gemein­sam mit Gemein­de, Schulen, Kirchen und Eltern­schaft 2) ein Fest der und für die Kinder 3) jährlich am 1ten Samstag im Juli 4) Mithil­fe örtli­cher Verei­ne aus technisch-wirtschaft­li­chen Gründen 5) Verbin­dung mit Vereins­fes­ten ist unzuläs­sig 6) neuer Zyklus: 2 Jahre auf dem Berg und dann 1x im Tal 7) Festzug nur im Tal

1968 – das Jahr der Stadt­er­he­bung erfor­der­te vollen Einsatz von Schülern, Eltern, Schulen und Freiwil­li­gen um einen Mega-Umzug auf die Beine zu stellen. Beson­ders engagiert waren da wohl die Herren Bantel und Porzig (wie den Unter­la­gen zu entneh­men ist).

1978 – wurde letzt­mals ein Festzug gestal­tet. Der Aufwand in den Schulen wurde zu groß.

1979 – wurde das Kinder­fest aus vieler­lei Gründen auf dem Volkmars­berg zu Grabe getra­gen. Aber alle, die zwischen 1959 und 1979 das Fest auf dem Berg erleb­ten, bewah­ren sich diesen Schatz in ihrem Herzen auf. Und wenn heute das Lied der Lieder ertönt: „Kein schöner Land in dieser Zeit“ dann werden wir heute im Alter vielleicht rührse­lig, weil es im Trend der Zeit liegt, sich mit Emotio­nen zu beschäf­ti­gen und die Fakten mal hinten anste­hen zu lassen. Das ist keine schlech­te Reakti­on in Zeiten, in denen sich alles verän­dert und wir uns nach Dingen sehnen, die stand­haft im „Wind of Change“ ausharren.

1985 – wurde nochmals, aus Anlass des 50ten durch­ge­führ­ten Kinder­fes­tes, ein Festzug gestaltet.

1990 – gab es immer noch Kletter­bäu­me auf dem Hof der Dreißentalschule

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Kletter­bäu­me auf dem Hof der Dreißentalschule

1993 – starb die Tagwa­che für das Kinder­fest und tönte von nun an nur noch für das Stadt­fest. Das Fest wurde nun freitags durch­ge­führt und verla­ger­te sich ins Stadi­on wo es bis heute zu Hause ist.

1995 – den Unter­la­gen ist zu entneh­men dass in diesem Jahr „Das Lied“ starb. Das Herz ist nicht mehr ausge­gan­gen um Freud‘ zu suchen. Der Zeitgeist macht mitun­ter vor nichts halt.

2000 – das Millen­ni­um führte nochmals zu einem Umzug mit dem Motto „Zukunfts­vi­sio­nen“

2002 – im Alter von 73 Jahren, starb das klassi­sche Kinder­fest und verwan­del­te sich in ein Rest-Kinder­fest, wie es Franz Uhl damals nannte, weil ab diesem Jahr nur noch Kinder aus den Kinder­gär­ten und den Grund­schu­len teilnah­men – eben auch dem sog. Zeitgeist geopfert.

Diskus­sio­nen im Laufe der Zeit
Beson­ders ab Mitte der 50er Jahre began­nen die Gedan­ken und Diskus­sio­nen, wohl überwie­gend von der Lehrer­schaft aus, über die Art des Kinder­fes­tes auch öffent­lich nachzu­den­ken. Denn im Gemein­de­rat wurde immer wieder beschlos­sen, dass das Fest auf „herkömm­li­che“ Art und Weise gefei­ert werden sollte. Da das Fest früher immer montags gefei­ert wurde, appel­lier­te die Lehrer­schaft immer an die Eltern dafür frei zuneh­men. Des Weite­ren war der gewohn­te Festzug ein Problem. Die Lehrer sahen hier ein Problem seitens der Schule, die diesen Kraft­takt auf Dauer nicht verkraf­ten könne.1958 gab es im Gemein­de­rat eine länge­re und lebhaf­te Debat­te dazu und der Eltern­bei­rat sowie der Ortsschul­rat beschäf­ti­gen sich mit dem Themen: „1) Soll das Fest in „herkömm­li­cher“ Weise gefei­ert werden? 2) Soll es in „herkömm­li­cher“ Weise, aber nur 2jährig gefei­ert werden? 3) Sollen wir von den bishe­ri­gen Formen abgehen und neue entwi­ckeln? Dr. Hans Schmid formu­lier­te das seiner­zeit so: „Wir wollen ein Kinder­fest aber kein Volks­fest“. 1959 war es dann soweit. Das neue Kinder­fest wurde auf der Märchen­wie­se auf dem Hausberg geboren. Dabei ging es auch darum einige alte Zöpfe (wie z. B. den Fackel­zug, übermä­ßi­gen Rummel usw.) abzuschnei­den und neue Dinge zu integrie­ren. Es war ein Risiko und es waren vermut­lich nicht wenige, die ein Schei­tern gerne gesehen hätten um das Fest wieder „herkömm­lich“ im Tal feiern zu können. Aber Petrus hatte, soweit ich mich erinnern kann, immer dafür gesorgt, dass dem Fest auf dem Berg reich­lich Sonne beschie­den war. Der Regen hielt in Oberko­chen wohl erst Einzug, als das Kinder­fest in das Stadt­fest integriert wurde. ☺

Der Ablauf war am 11. Juli 1959 wie folgt:

07:00 Uhr Tagwa­che durch die Musik­ka­pel­le mit Böller­schüs­sen
08:45 Uhr Abmarsch vom Schul­hof mit Musik zu den Gottes­diens­ten
09:00 Uhr Kinder und Eltern nehmen am Gottes­dienst teil
09:45 Uhr Geschenk­ver­lo­sung auf dem Schul­hof
13:00 Uhr Abmarsch der Schulen mit Musik von der Dreißen­tal­schu­le aus auf den Berg (Übungs­hang). Nach Ankunft auf dem Platz um die Jugend­schan­ze Choral: „Geh aus mein Herz und suche Freud“ mit Musik, Anspra­che des Bürger­meis­ters, anschlie­ßend Spiele und Belus­ti­gun­gen
16:00 Uhr Ausga­be von Wurst und Wecken durch die Klassen­leh­rer
18:00 Uhr Signal zum Sammeln
18:30 Uhr Abmarsch zur Dreißen­tal­schu­le mit Musik, dort Schluss­wor­te durch Rektor Hagmann und Lied „Kein schöner Land in dieser Zeit“

In der Schwä­po vom darauf­fol­gen­den Montag lesen wir darauf hin, dass, wer etwas Neues wolle, etwas riskie­ren müsse, gegen Wider­stän­de angehen und sich nicht von einer guten Idee abbrin­gen lassen solle. Tradi­tio­nen seien eben oft nur Phanta­sie­lo­sig­keit und Bequem­lich­keit. Im Jahr darauf wurde tituliert: „Kinder­fest als Bürger­fest“. In den jährli­chen Vorbe­rich­ten, die immer von der Lehrer­schaft geschrie­ben wurden, wird oft an Papa appel­liert, den Lehnstuhl zu verlas­sen, sich nicht hinter der Zeitung zu verste­cken, die Zigar­re auszu­lö­schen und das Mittags­schläf­chen sausen zu lassen, um mit den Kindern zusam­men zu feiern. Auch das Gemein­sa­me (vom Kommen über das Spielen bis zum Gehen) musste wohl immer betont werden. Wohl wissend, dass diese Form des Festes nicht der Weisheit letzter Schluss war, aber es war eine besse­re und geeig­ne­te­re Form, die auch vom Oberschul­amt mitge­tra­gen wurde. Dazu eine persön­li­che Bemer­kung, die meine Alters­klas­se angeht: „Wir empfin­den das noch heute als Glück, dass wir das Fest auf dem Berg feiern konnten. Mit all den Vorbe­rei­tun­gen, dem Umzug, den Kletter­bäu­men, den Spielen

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Zeich­nung Kissen­schlacht 1979

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Zeich­nung Boxen 1971

wie Stelzen­lau­fen, Sackhüp­fen, Eierlauf, Fahrrad­ren­nen, Kissen­schlacht und Boxen (auch Mädchen!) und dem Hohen­stei­ner Kaspar im dunklen Tann – heute, völlig unmög­lich. Die heuti­gen Mütter würden die Krise bekom­men, die Lehrer­schaft hätte aus versi­che­rungs­tech­ni­schen Gründen keine Traute mehr und den heuti­gen Kindern fehlt vermut­lich die frühe Selbstän­dig­keit, geschwei­ge denn das noch einer auf einen Kletter­baum käme. Den mutigen Entschei­dern von damals sei gedankt.“ Es wurde dann noch die Neuerung mit der sog „Schlei­fe“ über den Bahnhofs­platz einge­führt, damit sich die Gruppen im Festzug auch selbst bestau­nen konnten. Mitte der 60er Jahre kam es wieder­um zu Diskus­sio­nen, die dazu führten, dass ein Gremi­um eine Kinder­fest­ord­nung erarbei­ten sollte. 1968 wurde dann ein großer aufwen­di­ger Umzug im Rahmen der Feier­lich­kei­ten der Stadt­er­he­bung durchgeführt

Festzu­gauf­stel­lung am 30. Juni 1968 (bitte klicken)

und damit waren die Schulen wohl über ihre Belas­tungs­gren­ze hinaus gegan­gen. 1970 wurde eine neue Runde einge­läu­tet. SR Bantel plädier­te für Neuerun­gen und SR Metzger beharr­te auf der bishe­ri­gen Form. 1971 gab es dann einen Bruch. Zum 18ten und letzten Mal wurden die Kinder und Eltern von Rektor Hagmann und „unserem Lied“ verab­schie­det, wobei da schon viele am Rektor vorbei liefen und ihn nahezu allei­ne singen ließen – war wohl auch eine Abstim­mung mit den Füßen. Lehrer Heller wies 1973 nochmals darauf hin, dass das Fest eben nicht nur ein Fest für die Kinder sei, sondern auch ein Famili­en­fest, ein Bergfest, ein Stadt­fest um das Erleben von Heimat zu vertie­fen. 1975 ging es dann zum ersten Mal auf die Heide. 1976 wurde rund um das Rathaus gefei­ert, 1978 nochmals in Verbin­dung mit einer Integra­ti­on in ein „10 Jahre Stadt-Geden­ken“ und 1979 wurde das Fest auf der Märchen­wie­se unseres Volkmars­ber­ges zu Grabe getra­gen. Aus heuti­ger Sicht ist das sicher schade, aber es wäre auch nicht mehr machbar. Sind wir dankbar, dass wir das erleben durften und somit heute darüber noch Geschich­ten erzäh­len und Emotio­nen nachspü­ren können.

Verschie­de­ne Bilder aus alten Zeiten

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Dreißen­tal­stra­ße (vermtl. Jahr ???, Bild von Asen)

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Dreißen­tal­schu­le Gärtne­rei Mahler (vermtl. 1957, Bild von Egle)

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Festzug Aalener Straße vor dem „Ochsen“ (vermtl. 1950 Bild von Holdenried)

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Die berühm­te Wildsau im Umzug (zwischen 1950 bis 1952 Bild von Holdenried)

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vor dem Uhren-Maier in der xyz Straße (vermtl. 1952, Bild von Hügle)

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mit Lehrer NN (vermtl. 1953 Bild von Hügle)

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Aufstel­lung zu Festzug in der heuti­gen Straße zwischen Kreisel und Leitz (vermtl. ???, Bild von Krämling)

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infach herrlich anzuschau­en (vermtl. ???, Bild von Krämling)

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Festzug Heiden­hei­mer Straße vorm „Grünen Baum“, heute Metzge­rei Lerch (vermtl. ???, Bild von Krämling)

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Der Filstal­blitz 1968 (Bild von Mispelhorn)

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Der „Gemein­de­rat Klasse 1b Gymmi“ mit Klassen­leh­rer Thiem (vermtl. 1963, Bild von Müller)

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auf dem Weg zum Volkmars­berg – wie immer zu heiß (vermtl. 1961 oder 1962, Bild von Müller)

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Die Jäger im grünen Wald des Volkmars­ber­ges (vermtl. 1956, Bild von Preuß)

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Spiel­stra­ße im Jäger­gäss­le, Zeichnung

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Spiel­stra­ße im Jäger­gäss­le, Zeichnung

Persön­li­che Erinne­run­gen einiger Mitbür­ge­rIn­nen
Richard Burger: „Kinder­fest und „Berg“ gehören für mich zusam­men. Alle anderen Kinder­fes­te waren nichts mehr. Aller­dings verband mich mit dem „Berg“ eine Art Hasslie­be. Grund: Es war immer (?) heiß, wir mussten immer laufen, während immer die anderen mit dem Zügle fahren durften. Die tolls­ten Dinge gab es immer auf den Kletter­bäu­men zu holen und waren für mich unerreich­bar, weil ich als Unsport­li­cher nicht die gerings­te Chance hatte, an diese heißbe­gehr­ten Spiel­sa­chen zu kommen. Ich kaufte mir immer einen Flieger, den man mit einer Gummi­schleu­der hochschoss und der daheim immer nach wenigen Minuten auf dem Hausdach seine letzte Ruhe fand. Ich liebte die kalte Rote mit Wecken, die von den Lehrern verteilt wurden – nach heuti­gen Hygie­ne­vor­schrif­ten völlig undenk­bar. Wir haben aber alle überlebt und ich liebe kalte Rote mit Wecken auch heute noch. Vielleicht kommt meine Liebe zu allen „Roten“ als SPDler daher?“

Paul Hug: „Sensa­tio­nell war immer, dass den Gruppa-Paule koiner, aber wirklich koiner, bei der Kissen­schlacht vom Bock hauen konnte, denn er war immer schlau­er, voraus­se­hen­der, listiger…

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Welche Schüler sind das bei der berühm­ten Kissen­schlacht? (Bild Archiv Bantel)

Einmal haben wir vormit­tags gegen die Lehrer Fußball gespielt (6. Klasse, heute hieße es 10. Klasse), 4:2 verlo­ren (der kath. Vikar war der Beste). Die Lehrer spendier­ten eine Kiste Bier im Ochsen bei der Anna. Wir schaff­ten die Flaschen nur mit aller­größ­ter Mühe – eine Folge davon war, dass „Chicko“ Dicken­herr am nachmit­täg­li­chen Festzug leider nicht mitma­chen konnte, da er sich im Bett ausru­hen musste…“

Luitgard Hügle: „Das Kinder­fest war ein ganz wichti­ger Tag für uns Schüler und Schüle­rin­nen Ende der 40iger und Anfang der 50iger Jahre. Da wurde beraten was man darstel­len konnte und dann wurde entspre­chend gearbei­tet. Zur Verwen­dung kam vorwie­gend Krepp­pa­pier, um daraus ein Kostüm als Blume oder als Vogel zu zaubern. Es war herrlich in diesen Kostü­men, unter den Blicken der Zuschau­er am Straßen­rand, durch die geschmück­ten Straßen zu schrei­ten. Danach war das Fest dann auf dem Sport­platz, beim Segel­flie­ger­häus­le. In der 7. Klasse fiel uns etwas Beson­de­res ein.

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Heiden­hei­mer Straße vorm Golda-Bauer (vermtl. 1952, Bild von Hügle)

Was wir nun genau darstel­len sollten, daran erinne­re ich mich nicht, aber meine Freun­din und ich saßen, statt mit Ritter­rüs­tung, schwarz geklei­det, auf dem Kopf einen Helm, jeweils auf einem Schim­mel, Helga auf dem Wallach, ich auf einer Stute. Die schwar­zen Helme hat uns wohl Helgas Stief­va­ter besorgt, der damals Haupt­mann bei der Betriebs­feu­er­wehr der Firma Zeiss war. Die Pferde gehör­ten dem „Hirsch­wirt“ und Landwirt Hans Nagel. Er half uns aufsit­zen und führte uns während des ganzen Umzuges. Das war natür­lich etwas Außer­or­dent­li­ches – aber was es darstel­len sollte, daran kann ich mich nicht erinnern, auch meine Freun­din Helga nicht.“

Franz Holden­ried: „In der 7.,8 Klasse (wohl 1950 herum) in der Volks­schu­le nahmen wir uns für das Kinder­fest dem Thema „Auf d’r schwäb’sche Eisebahna“ an und hämmer­ten, sägten und werkel­ten zusam­men mit dem Lehrer Zweig im Bäuerles-Säg’werk die Aufbau­ten für ein Elektro­kär­re­le, das von einem Mann vorne im Stehen gesteu­ert wurde.“

Wolfgang „Jagger“ Jäger: „Als Jg. 60 habe ich natür­lich die Feste auf dem Volkmars­berg vor Augen. Der Festplatz „Schwörz“ ist bei mir nicht mehr in Erinne­rung, obwohl der „Schwörz“ ja nach dem Berg kam, ich glaube das war dort auch nicht mehr so kultig, wie auf dem Berg. Anläss­lich der Stadt­er­he­bung gab es ja ein beson­de­res Kinder­fest. Wir gingen damals verklei­det als Jäger, einheit­lich in Grün mit Holzge­weh­ren, die uns der Brunn­hu­ber auf Drängen meines Vaters anfer­ti­gen musste (umsonst natür­lich). Im Umzugstross trugen wir dann eine ausge­stopf­te Wildsau mit – und es war sauheiß. Es war immer saumä­ßig heiß wenn wir anläss­lich des Kinder­fes­tes auf den Berg mussten / durften. Oben war dann alles verges­sen. Das Gelän­de erstreck­te sich vom „Holzen­hans“ (jetzt Skihüt­te) bis hoch, oben wo der Lift endet. Da oben standen dann Holzklet­ter­mas­ten mit Spiel­sa­chen on the top. Für mich unerreich­bar – sport­lich für mich ein Alptraum. Hab es erst gar nicht versucht um mich nicht zu blamie­ren. Aber wenigs­tens gab es Bluna (das echte aus der gerif­fel­ten Flasche) und Grill­würs­te im Wecken. Das Fassbier wurde noch direkt vom Lastwa­gen herun­ter in Stein­krü­ge ausge­schenkt und auf den Fässern lagen riesi­ge Eisklöt­ze um den Gersten­saft zu kühlen.“

Wilfried Preuß: „Vor dem Fest wurde während des Unter­richts das „Zubehör“ für das Kinder­fest angefer­tigt. Meist kleine Dinge zum Verklei­den und eine Tafel, die während des Festzu­ges getra­gen wurde. Vermut­lich 1956 nahmen wir als Jäger teil. Der Tag des Festes begann damit, dass wir uns auf dem Schul­hof der Dreißen­tal­schu­le klassen­wei­se versam­mel­ten und Wurst und Wecken bekamen. Es war eine herrli­che Fleisch­wurst, die man gerne aß. Darauf freute ich mich jedes Mal sehr. Ich weiß noch, dass wir dann alle sehr aufge­regt waren. Irgend­wann wurde gemein­sam losmar­schiert auf den Volkmars­berg. Ich weiß noch, dass dieser Aufstieg sehr schweiß­trei­bend war. Oben angekom­men wurde dann

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Begrü­ßung auf der Märchen­wie­se (Bild Archiv Müller)

„Geh aus mein Herz und suche Freud“ unter der Leitung von Rektor Hagmann gesun­gen. Oben angelangt, zog man mit Schul­ka­me­ra­den auf dem Festplatz umher und sah sich die Spiele an. Faszi­niert hat mich immer das Klettern an den Stangen, an deren oberen Ende an einem Ring Geschen­ke angebun­den waren. Ich konnte nur staunen, denn selber klettern konnte ich nicht. Sofern man sich es leisten konnte waren Bratwürs­te zu haben. Ich weiß, dass unsere Familie das nicht konnte – das eigene Haus war wichti­ger. Bewun­dert habe ich auch die Blaska­pel­le, die sehr engagiert spiel­te und zwischen­durch Bier trank. Sehr beein­druckt war ich dann auch beim Abstieg vom gemein­sa­men Singen der letzten Strophen von „Kein schöner Land“ – wieder unter Leitung von Rektor Hagmann. Ich bekom­me heute noch, wenn ich daran denke, feuch­te Augen vor Rührung. Es war immer eine schöne Sache mit dem Kinder­fest auf dem „Berg“. Den Nieder­gang des Kinder­fes­tes auf dem „Berg“ habe ich zum Glück nicht mehr miter­lebt, nur in einem Beitrag von Herrn Dietrich Bantel davon gelesen und das hat mich sehr traurig gestimmt.“

Wolfgang Eber: „Es gab auf dem Kinder­fest immer Kletter­bäu­me, in drei oder 4 Höhen. In der ersten Klasse sollte man auf den kleins­ten klettern. Schöne Preise winkten an der Krone. Ich kam aber nicht einen Meter hinauf. Im nächs­ten Jahr ging es höher, wieder dassel­be. Ich hatte nicht genug Kraft in Armen und Beinen, keine Chance. Ich war immer total frustriert.

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Zeich­nung Kletter­baum 1973

Für mich war immer unver­gess­lich, wie wir am Ende des Kinder­fes­tes, schon nach dem runter­ge­hen, am Waldrand über dem Haus von Zahnarzt Riede, von Direk­tor Hagmann angestimmt zum Tages­ab­schluss immer das Lied „Kein schöner Land“ sangen. Ich fühlte damals genau so, es drück­te meine volle Überzeu­gung aus: Kein schöner Land als hier das unsere weit und breit (wobei ich geste­hen muss, nicht viele andere Länder bis dahin gesehen zu haben). Einen anderen Bericht hab ich noch: Ein nach dem 17. Juni 1953 aus Jena Geflüch­te­ter berich­te­te mir stolz, dass es auf dem ersten Kinder­fest, an dem er teilnahm, einen Stand mit Thürin­ger Würsten und drei mit roten Würsten gab. Im zweiten Jahr wären es schon 2 und 2 gewesen, ab dem dritten Jahr wären es immer drei Stände mit Thürin­gern gewesen und nur einer mit der tradi­tio­nel­len Roten. Die Thürin­ger hatten sich voll durch­ge­setzt und für eine kultu­rell-kulina­ri­sche Berei­che­rung in der neuen Heimat gesorgt.“

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Thürin­ger auf dem Berg – Grillen­de und Gegrill­te (Bild Archiv Bantel)

Hier sei ein kurzes Gedicht zur Wurscht der Würsch­te aus dem Jahr 1934 aus Jena einge­fügt:
Es soll in diesen Breiten­gra­den
Die Wurst beson­ders gut geraten
So hier man bratet auf dem Rost
Worun­ter rot die Kohle glost.

Valeria Franz, geb. Burghard: „Nach dem Krieg war das erste Kinder­fest 1948. Viele Jahre fand das Kinder­fest auf dem Sport­platz beim alten Segel­flie­ger­häus­le statt. Aufstel­lung war auf der Straße zwischen heuti­gem Kreisel und der Fa. Leitz. Danach ging es durch die Heiden­hei­mer Straße über die Katzen­bach­stra­ße zum Festplatz. Das damali­ge Kinder­fest­lied war lange Jahre „Im schöns­ten Wiesen­grun­de“. Während der Kriegs­zeit von 1939 bis 1945 sowie in den beiden ersten Nachkriegs­jah­ren 1946 / 1947 fand kein Kinder­fest statt. Da waren die tägli­chen Proble­me noch zu groß um sich mit dem Kinder­fest zu beschäf­ti­gen. In meiner Kindheit war das Kinder­fest für Kinder und Eltern immer etwas Beson­ders, denn es gab sonst nicht viel zu feiern und zu festen. Die Zeiten waren damals entbeh­rungs­reich. Darun­ter haben wir aber nicht gelit­ten, denn die Zeiten waren einfach so. Es galt der alte Spruch: „Was man nicht kennt kann man nicht vermis­sen.“ Die heuti­ge Jugend kann sich kein Bild davon machen wie die Zeiten damals waren – sie müssen es aber auch nicht. Aller­dings gilt es daran zu denken, dass es für alle Annehm­lich­kei­ten und Vielfalt, die wir heute genie­ßen, keinen Anspruch darauf gibt.

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v.l.n.r.: Johan­na Sproll, Heidi Ziemons und Valeria Burghard (1948 Bild von Holdenried)

Zu diesem Bild eine kurze Erklä­rung wie das so war. Es gab 1948 nicht viele Materia­li­en, aber es gab den Wunsch aller Betei­lig­ten mit Kreati­vi­tät und Einfalls­reich­tum etwas auf die Beine zu stellen. Da gab es noch nicht das Denken der späte­ren Jahre, dass der Unter­richt beein­träch­tigt wird, der Aufwand zu groß sei oder ähnli­che Argumen­te der Lehrer­schaft. Es wurde geschaut was haben wir und was machen wir daraus. In diesem Fall Seiden­pa­pier und grün einge­färb­te Korsett­bän­der – was hilft das? Daraus und aus geschnei­der­ten Blusen sowie aus irgend­wel­chen Resten entstan­den hübsche Kleid­chen für den Umzug. Dazu traf man sich im Stadel vom Schmid-Jörgle. Diese Vorbe­rei­tun­gen waren Gemein­schafts­ar­beit. Auch hier galt wie überall auf der Welt bis heute: „Wo nicht viel vorhan­den ist, ist der gemein­schaft­li­che Wille entscheidend.“

Helmut „Murxle“ Gold: „Mein erstes Kinder­fest war 1949. Es fand auf dem Sport­platz beim Segel­flie­ger­häus­le statt. Die Bewirt­schaf­tung fand auf der Streu­obst­wie­se gegen­über statt. Heute befin­den sich dort die Häuser der Famili­en Brand­stet­ter, Kretschmer, Weller usw. Diese Wiesen gehör­ten dem „Grubwirt“. Als erstes Lied wurde „Geh‘ aus mein Herz und suche Freud“ und als Schluss­lied „Im schöns­ten Wiesen­grun­de“ gesungen.“

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Am Sport­platz im Langert (vermtl. 1954, Bild von Egle)

Anton Gutheiß: „Mein erstes Kinder­fest fand auf der Wiese statt, auf dem heute die Spedi­ti­on Maier (ehemals Bäuerle) in der Bahnhof­stra­ße ihr zuhau­se hat. Später auf der Wiese beim Segel­flie­ger­häus­le. Der Gemein­de­ver­wal­tung hat es wohl nicht gefal­len, dass der „Grubwirt“ das allei­ni­ge Schank­recht beim Segel­flie­ger­häus­le inne hatte und wohl mit aus diesem Grund das Kinder­fest später verlegt.“

Chris­toph Stumpf: „Solan­ge ich die Dreißen­tal­schu­le besuch­te (1958 – 1966), war das Kinder­fest für mich immer der absolu­te Höhepunkt im Jahres­kreis des Schul­le­bens. Und ich bin mir sicher, dass es auch die aller­meis­ten meiner Mitschü­le­rin­nen und Mitschü­ler so erlebt haben. Das Kinder­fest hatte für uns eine enorme Anzie­hungs­kraft. Und wir alle, die ganze Schul­fa­mi­lie einschließ­lich unserer Eltern fieber­ten dem Fest gleich­sam jedes Jahr entge­gen. Warum das so war, hat für mich rückbli­ckend vor allem zwei Gründe: 1) Für alle Schüler und Lehrer der Dreißen­tal­schu­le gab es nach den Oster­fe­ri­en nur ein schul­über­grei­fen­des Thema: „Kinder­fest“. 2) Für die Bürger Oberko­chens war es das Fest mit der größten Anzie­hungs­kraft, bei dem Alt und Jung sowie alle Schich­ten der Bürger­schaft zusam­men fanden wie sonst bei keiner anderen Gelegen­heit im Jahr. Und so habe ich das Kinder­fest auf dem Volkmars­berg erlebt: „Los ging es in der Schule nach den Oster­fe­ri­en. Da ging es jedes Jahr erstmal um die wichti­ge Frage: Als was gehen wir (unsere Klasse) diesmal beim Umzug? Das war gar nicht so einfach, denn man wollte ja Beach­tung finden und sich von den anderen abheben. Also musste es auf jeden Fall immer ein neues Motto sein und keines­falls etwas, das sich andere Klassen auch ausge­sucht hatten. Die gängi­gen Themen, wie z.B. Schnee­witt­chen und die sieben Zwerge, India­ner, die alte Ritters­leut‘ kamen daher kaum in Frage. Es musste schon etwas origi­nel­les sein! Außer­dem sollte die Kostü­mie­rung und die erfor­der­li­chen Ausstat­tungs­ge­gen­stän­de samt „Bewaff­nung“ möglichst mit vertret­ba­rem Aufwand im Handar­beits- bzw. Werkun­ter­richt selbst herge­stellt werden können und – ganz wichtig – auch recht­zei­tig fertig sein. Gar keine leich­te Aufga­be für uns Kinder und die Lehrer. Aber die meisten von uns fanden das „super“ und waren mit Feuer­ei­fer bei der Sache. Das lag zum einen daran, dass wir von unseren Klassen­leh­rern in das „Projekt Kinder­fest 19xx“, wie man es heute nennen würde, einbe­zo­gen wurden und eigene Ideen und Vorschlä­ge willkom­men waren. Natür­lich war dabei jede Menge Gruppen­dy­na­mik im Spiel, denn es ging ja nicht um den Schüler Wilfried oder Reinhold, die eine gute Note haben wollten, sondern um uns – die Klasse, die sich erfolg­reich präsen­tie­ren sollte und wollte. Bis zum großen Tag des Kinder­fes­tes wurde aber immer alles fertig – nicht zuletzt, weil Eltern, Geschwis­ter, Onkel, Tanten und Bekann­te mitge­hol­fen hatten, wenn es irgend­wo „klemm­te“. Spannend blieb aber bis zuletzt die Frage. „Wie wird das Wetter?“ In meiner Erinne­rung hatten wir immer nur schönes „Kinder­fest­wet­ter“ – so wie es sich nach all den Mühen gehört. Dann war er also endlich da, der große Tag – das Kinder­fest. Der Ablauf des Kinder­fest­ta­ges war damals nach meinem Empfin­den fast schon „ritua­li­siert“. Der Kinder­fest­tag war damals ein Samstag und begann für uns Schüler vormit­tags um 9 Uhr mit einem Schüler­got­tes­dienst. Das war faktisch eine Pflicht­übung, um die man nicht herum kam – außer vielleicht durch Finten. Wenn ich in dieser Kinderfest–Messe nicht gerade als Minis­trant im Einsatz war, sehnte ich das Ende dieses Rituals in den Kinder­bän­ken der St. Peter und Paul Kirche ungedul­dig herbei.“

Wilfried Müller: „Ergän­zen möchte ich noch, dass das Uhinger Bähnle eine große Rolle im Festzug spiel­te, beson­ders bei den Mädchen scheint das in Erinne­rung geblie­ben zu sein.“

Oberkochen

Die Prinzes­sin­nen im Uhinger Bähnle (vermtl. 1961, Bild von Schlipf)

Die Bewirt­schaf­tung
wurde immer von den örtli­chen Verei­nen organi­siert. Dabei wurde darauf geach­tet, dass es keine Ungerech­tig­kei­ten gab. Mitun­ter wurden auch finanz­klam­me Verei­ne bevor­zugt. Erinne­run­gen an das Kinder­fest 1974 auf dem Volkmars­berg von Reinhold Bahmann:

Das Kinder­fest 1974 fand an einem sport­his­to­ri­schen Tag statt: Das erste Länder­spiel der Fußball­na­tio­nal­mann­schaft der Bundes­re­pu­blik und der DDR fand in Hamburg im Rahmen der WM 1974 in unserem Lande, am 22.Juni 1974 statt. Ich war damals beim 1. FCO geschäfts­füh­ren­der Vorsit­zen­der und habe das Kinder­fest mitver­ant­wort­lich organi­siert. Es sollte ein Fest werden, an das man noch lange danach sich zu erinnern vermoch­te. Die Vorfreu­de war riesig, nach dem Spiel die Stimmung auf dem Tiefpunkt, hatte man doch gegen den ungelieb­ten Klassen­feind eine nie und nimmer für möglich gehal­te­ne Nieder­la­ge (0:1) bezogen, gleich­wohl war man quali­fi­ziert und wurde später ja doch noch Champi­on (Dank sei dem Kaiser). Das Fest als solches warf seine Schat­ten lange voraus, es galt an alles zu denken denn – man war auf dem Hausberg, dem Volkmars­berg einge­la­den. Mit meiner Meinung, dass auf dem „Berg“ die schöns­ten Kinder­fes­te statt­fan­den, bin ich bis heute nicht allei­ne. Dazu bot jener Samstag alles was einem das Herz höher schla­gen lassen konnte. Ein perfek­tes Wetter, das zum Verwei­len sogar in der Höhe regel­recht einlud. Nun aber eins nach dem andern: Beim FCO instal­lier­te man einen Festaus­schuss, der wohl im Frühjahr seine Arbeit aufnahm. Die Versor­gung der sicher­lich an die 2.000 Gäste musste sicher­ge­stellt, Tische, Bänke, Grill­sta­tio­nen und Theken aufge­baut werden. In Max Tritt­ler hatten wir einen ebenso sach- wie fachkun­di­gen Mann zur Seite, der vortreff­li­che Arbeit leiste­te, saß er doch an der „Quelle“, bei der Fa. Brunn­hu­ber, die auch bereit­wil­lig das benötig­te Holz bereit­stell­te. Für den Abend der Fernseh­über­tra­gung hatten wir extra eine große Weinlau­be gebaut um die zahlrei­chen Fans auch aufneh­men zu können. Ein kleiner Fernse­her wurde mit einem Strom­ag­gre­gat betrie­ben. Die Oggen­hau­se­ner Königs­braue­rei hatte, um den Oberko­che­ner Markt zu gewin­nen, ein süffi­ges Pilsbier gebraut, das allge­mein hoch gelobt wurde. Vereins­mit­glied und Sponsor Alfred Zimmer­mann hatte die belieb­ten Thürin­ger Rostbrat­würs­te in großer Anzahl vorbe­rei­tet. Ich bekam den Kühlhal­len­schlüs­sel, um dann über das Tiefen­tal mehrmals am Nachmit­tag mit dem vereins­ei­ge­nen VW-Bus für frischen Nachschub zu sorgen. Tradi­tio­nell wurde das Fest, nachdem der Fußmarsch auf den „Berg“ manche Schweiß­per­le gekos­tet hatte (ein Bus-Shuttle war auch einge­rich­tet) mit dem Lied: „Geh aus mein Herz und suche Freud“ eröff­net. Kletter­bäu­me mit aller­lei Preisen wollten von kletter­fes­ten Buben erklom­men werden. Für Bürger­meis­ter, den Rat und die Lehrer­schaft war im Schat­ten der Fichten der Platz reser­viert, der denn auch für viele bis in den Abend das Dasein mehr als erträg­lich werden ließ. Bier, Limona­den und Würste gingen bei diesen besten äußeren Bedin­gun­gen buchstäb­lich wie „warme Semmeln“ weg. Nach meiner Schät­zung waren seitens des Vereins sicher­lich 60 bis 70 Perso­nen an diesem Tag bis in die späten Abend­stun­den im Einsatz. Als dann das Fußball­spiel begann war die Stimmung auf dem Höhepunkt, es konnte ja nach Meinung der Exper­ten nichts mehr schief­ge­hen… Weit gefehlt: die 90. Minute war angebro­chen und lähmen­des Entset­zen machte sich breit, es herrsch­te eine nicht zu glauben­de Stille angesichts des sport­li­chen Desas­ters. Erst allmäh­lich fand man sich angesichts der bereits erreich­ten Quali­fi­ka­ti­on wieder, aber der Abend war „im Eimer“; der Rest der Gäste machte sich, mir nichts Dir nichts, aus dem Staub und zog gefrus­tet gen Tal. Einige, deren Pegel nach dem Spiel schon ordent­lich hoch war, wählten sogar die weichen Plätze neben den Wachhol­der­but­zen als Nacht­quar­tier, was ob der lauen Sommer­nacht problem­los möglich war. Am Sonntag­mor­gen kamen sie dann, verka­tert und geläu­tert aus der Heide… Fazit: Ein Tag, den man nicht missen möchte. Ein fried­li­ches Fest auf unserem Hausberg, der späte­re Kinder­fes­te leider nicht mehr allzu oft zu sehen bekam. Ich erinne­re mich noch heute gerne an diesen Tag und möchte ihn nicht missen! Ab 1979 fiel die Märchen­wie­se in einen Dornrös­chen­schlaf, der vermut­lich 1000 Jahre andau­ern wird.

Wie immer liebe Grüße vom Sonnen­berg. Ich schaue hinüber zum Waldrand oberhalb der neuen Siedlung und höre wie der Wind ein Lied herüber­weht: „Kein schöner Land in dieser Zeit“…

Melden Sie sich, wenn Sie noch etwas zu ergän­zen haben, bevor die Erinne­run­gen verblas­sen und in Verges­sen­heit geraten. Denn, was aufge­schrie­ben wird – bleibt.

Ihr
Wilfried Billie Wichai Müller

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