Normalerweise berichten wir ausschließlich aus Oberkochen, aber dieses Mal weiche ich einmal von dieser Regel ab. Ich schreibe diesen Bericht, weil es zwischen dem Härtsfeld und Oberkochen schon immer eine enge Beziehung gab und gibt. Nicht wenige Oberkochener stamm(t)en vom Härtsfeld und viele Härtsfelder mussten früher in Oberkochen ihr Brot verdienen. Denn es gab auch eine Zeit vor Carl Zeiss in der die Firmen Bäuerle, Leitz und Grupp früher über 2.000 Menschen beschäftigten, von denen viele ihren Ursprung auf dem „Harten Feld“ hatten. Deshalb ist dieser Bericht gerechtfertigt, auch wenn er nicht direkt über Oberkochen erzählt. Aus Stuttgarter Sicht galt lange der Spruch über die „drei Geißeln der Menschheit“: „Cholera, Malaria und von d’r Alb ra“ und das Härtsfeld war für die Hauptstädter nichts mehr als „Schwäbisch-Sibirien“. Heute kommen sie am Wochenende um das Härtsfeld zu genießen. So folgt nun eine kleine Liebeserklärung an die Heimat meines Vaters.
Das Härtsfeld
nennen wir die Region zwischen Aalen, Nördlingen, Heidenheim und Neresheim. Die wichtigsten Orte/Ortsteile sind: Dunstelkingen, Fleinheim, Auernheim, Nattheim, Dischingen, Neresheim (mit Elchingen, Dorfmerkingen, Ohmenheim), Bopfingen (mit Ober- und Unterriffingen, Härtsfeldhausen) sowie die Aalener Stadtteile Ebnat und Waldhausen. Das war für mich immer die Gegend aus der mein Vater stammte und meine Mutter nach dem Krieg als Schneiderin auf den Bauernhöfen gegen Naturalien arbeitete. Hauptbeziehungsorte sind Brastelburg (hier wurde mein Vater geboren) und Waldhausen (hier lebten meine Großeltern mit meinen Onkels). Wie könnte man das Härtsfeld in den 50er und 60ern charakterisieren? Vermutlich kommt der Name von dem Begriff „Das ist ein hartes Feld“ (bewiesen ist es nicht, aber es klingt echt und liegt nahe). Es war und ist ein steiniges Land, aber nicht unfruchtbar, das von seinen Bewohnern aber vollen Einsatz abverlangte um vernünftige Erträge zu erwirtschaften. Die Landschaft ist aber wegen seines Kalkbodens sehr trocken, da das Wasser schnell versickert und sich in unterirdischen Seen sammelt, die für die Trinkwasserversorgung wichtig waren. Weil die Wasserversorgung immer ein Problem war, wurde 1972 bei Dischingen das 8te Weltwunder erbaut: Ein See auf dem Härtsfeld. Die Alten konnten es kaum glauben. Und wir brachen natürlich zu einer sonntäglichen Besichtigungstour auf um dem neuen See unsere Referenz zu erweisen. Landschaftlich fällt die Heide auf, die geprägt ist von Wacholdern und Schlehen, Krüppelkiefern, Silberdisteln und stacheligem Gras. Forstwirtschaft und das Verschwinden der Schafherden führten aber zu einer Veränderung: Mehr Wald, weniger Heide. Es war eine bäuerliche, zutiefst katholische Gegend mit Bewohnern, deren Charaktereigenschaften schon sehr den Pflanzen der Heide ähnelten: Hart im Wind stehend, dem Klima trotzend, die Nahrung dem Boden abringend, sparsam im Ausdruck, gradraus, sehr „oiga“ und gottesfürchtig. Und das alles unter einem oft stahlblauem Himmel und einer eigenartigen ruhigen Atmosphäre. Kurz, es waren harte, ehrliche, arbeitsame Menschen und durchaus liebenswert – mit Ausnahmen wie anderswo auch. Eine Landschaft in der die Macht vom Bürgermoischter, Lehrer, Pfarrer und Großbauern ausging. Alles andere musste sich fügen. Unten im Tal wurden sie „Härtsfelder“ genannt und „Du Härtsfelder“ war durchaus negativ besetzt. Und nachsichtig wurden seine vermeintlichen Schwächen mit den Worten abgetan „S isch halt a Härtsfelder“. Heute ist es eine schöne Landschaft, die für uns unten im Tal mit dem zentral gelegenen Kloster Neresheim zum Naherholungsgebiet geworden ist. Man stelle sich nur einmal vor man hätte 1966 diese architektonische Seele des Härtsfeldes abgerissen, nur weil die Tiefflieger eine zerstörerische Wirkung auf die Kuppel ausübten. Das Härtsfeld wäre seelisch, kunsthistorisch, barock und touristisch verarmt. Auch hier bedurfte es Unterstützung von außen durch den „Verein zur Erhaltung der Abteikirche Neresheim“ und 1975 konnte die Kirche neu renoviert wieder geöffnet werden. Heute ist sie wieder ein echtes Schmuckstück. Mehr Details dazu unter https://de.wikipedia.org/wiki/Abtei_Neresheim und http://www.abtei-neresheim.de
6. Januar, dem Tag der Hl. Drei Könige
Das war unser jährlicher Jour Fix am Härtsfeld. Und meistens herrschte um diese Zeit der Winter mit eisiger kalter weißer Faust. Die Anfahrt mit dem Auto war nicht ohne, zumal wir einen Ford Taunus 12 M mit Vorderradantrieb hatten, der im Winter bei Schnee und Eis nicht immer das machte was der Herr mit Hut (mein Vati) hinter dem Steuerrad wollte. Der Wald zwischen Unterkochen und Ebnat sah nicht so aus wie heute (Das hat der Sturm „Lothar“ am 26. Dez 1999 grundlegend verändert). Große Nadelbäume standen damals mit ihrer Schneelast beladen bis an den Straßenrand und es bestand immer die Gefahr des Astbruches. Zudem entstand dadurch eine dunkle bedrückende Atmosphäre, die erst aufhörte als man vor Ebnat den Wald verließ und die freie Schneelandschaft funkelnd im Sonnenlicht glitzerte. Die Sonnenwinterseite des Härtsfeldes. Einfach schön – auch heute noch. Für uns Kinder war das immer eine Art Grimm‘s‑Märchen-Wald in dem irgendwo in den Tiefen des Waldes das Hexenhäuschen stand und Hänsel und Gretel herumirrten. Aber zurück zum 6. Januar, dem Namenstag von Kaspar, Melchior und Balthasar. (CMB, das die Sternsinger über der Haustür anbringen ist nicht die Ansammlung der Abkürzung der Königsnamen sondern bedeutet „Christus Mansionem Benedictat“. Auf gut Deutsch also „Christus segne dieses Haus“.) Diese Vornamen wurden in früheren Zeiten dort oben oft verwendet. Geburtstag bedeutete nahezu nichts, der Namenstag wurde aber gebührend gefeiert. Und da unser Vadder Müller, der Opa und Familien-Patriarch, Kaspar hieß, bestand Anwesenheitspflicht, wenn nicht gerade der WinterWetterGott mit Schneeverwehungen die Zufahrt nahezu unmöglich machte. Also machten wir uns immer nach dem Mittagessen auf den Weg hinauf, nach Waldhausen. Für uns Kinder war das ein langweiliger Tag. Die Alten saßen zusammen und sprachen über Gott und die Welt, die alltäglichen Probleme und den neuesten Bauernklatsch. Wir wurden vor den Fernseher platziert und schauten das Drei-Königs-Springen der Vierschanzentournee mit ihren Stars von damals und ihren heute lustig anzuschauenden Flugstilen an, wie z.B. Helmut Recknagel, Max Bolkart und Dieter Neuendorf. Im Haus war immer ein Geruch von Tannennadeln und Orangenschalen, die auf die Herdplatte gelegt wurden um eine winterlich-romantische Atmosphäre zu schaffen. Beeindruckend fand ich immer den Blick aus dem Küchenfenster Richtung Geiselwang. Die Doppelfenster, die man zum Putzen mit einem Schlüssel öffnen musste, waren mit Eisblumen übersäht und wenn der Schneesturm draußen tobte, sah das einfach spannend aus, wie der Schnee über die Straße getrieben wurde. Abends waren wir wieder froh zuhause am Sonnenberg in Oberkochen zu sein.
Sommerurlaub

Das Haus vom Vadder Müller und der Hebamm‘ Babette (Archiv Müller)
In dieser Welt wollte Klein-Wilfried eines Tages einen Teil seiner Sommerferien verbringen. Niemand konnte das in der Familie verstehen. Warum will der Bub im Sommer nach Waldhausen? Dort macht man keine Ferien. Dort hat niemand Zeit für dich. Das machte mir nichts. Ich war schon immer gerne ein Alleiner, der aber nie einsam war und sich schon immer selbst unterhalten und beschäftigen konnte. Also wurde der Kinderwunsch zwischen Eltern und Großeltern besprochen und ich durfte 2 Wochen alleine aufs Härtsfeld. Natürlich war das auch eine Portion Vertrauen, die in mich gesetzt wurde, denn tagsüber war ich tatsächlich meistens alleine. Zuerst erkundete ich das Haus, das so anders war als unseres, da es auch mehr Menschen beherbergte und auch das Haus ist, in dem mein Bruder Harald (Spitzname Boxer) geboren wurde: Kaspar sen. (der unumstrittene Chef), seine Frau Barbara (Babette die Hebamme), ihre Kinder Kaspar jun. (der später die Tochter Candida vom Fässles-Wirt geheiratet hat), Josef (der beim Eugen Heiter in Ebnat Elektriker lernte und später an den Bodensee zog, Berufsschullehrer wurde und einen schwarzhaarigen Engel namens Rosmarie Heilig heiratete) und Walter der Jüngste (der die Tochter Anne eines Großbauern – des Schwarzenbauers – in Waldhausen heiratete). Zum Übernachten hatte ich kein eigenes Bett und musste zwischen den Onkels in der Spalte schlafen. Gewöhnungsbedürftig waren für mich die sanitären Einrichtungen: Die Schlafzimmer im oberen Stock beeindruckten durch Nachttischchen mit noch zu benutzendem Boddschamberle, ein kaltes zugiges Klo mit altem Zeitungspapier das nicht zum Lesen gedacht war. Im Schlafzimmer der Großeltern gab es kaltes fließendes Wasser, d.h. sie hatten ein Lavabo (Waschtisch) wo das Wasser vom Wasserkrug in die Waschschüssel floss – gelobt sei was hart macht.
Zuerst durchstöberte ich das Haus und schaute mir jedes Zimmer an und sah interessante Sachen. Besonders das Zimmer mit den „elektrischen Sachen“ wie alte Radios, Leitungen, Antennen u.ä.m. beeindruckte mich. Bücher musste ich mir selbst mitbringen, damit ich tagsüber bei Sonnenschein im Garten in einer Liege in Ruhe lesen konnte. Apropos Ruhe, der Ort versprühte immer eine ländliche Ruhe, weil wohl alle irgendwo zur Arbeit waren – in der Fabrik, auf dem Feld oder im Wald. Dann streifte ich durch den Ort, ging beim „Fässles-Wirt“ vorbei und holte mir meinen täglichen Apfelsaft ab. Dabei lernte ich dann einen älteren Buben kennen, der mich mit auf den elterlichen Hof nahm. Dort lernte ich bäuerliches Leben kennen und half täglich freiwillig (!) fleißig mit (daheim drückte ich mich möglichst vor jeder Arbeit): Beim Kartoffelschälen, bei Arbeiten auf dem Feld wie dem „Stoiner klauben“ und einiges mehr. Es machte mir Spaß mit dem Traktor mitzufahren und ein kleiner temporärer UrlaubsBauernBub zu sein. Bis dahin hatte ich keinen Kartoffelsalat gegessen – das wurde jetzt anders und Mutti verstand nicht, dass ich in Waldhausen plötzlich Dinge aß, die ich zuhause ablehnte.

Der Waldhäuser Müller-Clan um Kaspar und Babette (Archiv Müller)
Opa und die Onkels nahmen mich mit zum Holzmachen in den Wald und lehrten mich, dass erst g’schafft und dann g’veschpert wird, und dass sogar ein Ranken trockenen Brotes schmecken konnte wenn man vorher kräftig geschafft hat. Das wird heute noch gerne im Familienkreis erzählt nach dem Motto: „Woisch no wo m’r mit Dir im Wald waret? Ja, I wois des scho no ond s isch guat gwäsa.” Überhaupt hat mir das Essen dort oben gefallen. Gefrühstückt wurde anders als ich es kannte. Bevor alle aus dem Haus gingen gab es eine Schale Kaffee zum Eintunken von alten Brezeln oder ein schnelles Gsälzbrot, Mittagessen warm und Abendessen kalt – Aber was ich gar nicht kannte war das 9‑Uhr-Vesper und das 16- Uhr-Vesper. Interessanterweise gibt es das in der Schweiz auch und heißt dort „Z’Nüni und Z’Vieri“. Um diese Zeiten wurde kräftig gevespert, wie es Menschen brauchten, die körperlich schwer arbeiteten. Da wir heute aber nicht mehr so kräftig arbeiten, ist auch nur noch das 9‑Uhr-Vesper übriggeblieben – und das wird im Süden Deutschlands sogar gewerkschaftlich hart vertreten. Damit man richtig neben der Wurst etwas auf dem Teller hatte, hatte die Oma einen großen Garten, in dem allerlei Rohkost und viele Beeren geerntet werden konnte. Und dazu gab es selbst gemachten Johannisbeersaft aus den Tiefen des Kellers, in dem die herrlichsten Sachen aufbewahrt wurden, für die Zeit wo eben nichts mehr wuchs und auch die Regale in den Geschäften entsprechend leer waren. Bevor ich es vergesse, da war natürlich immer ein besonderer Ritus, den nicht nur die Oma sondern auch meine Mutti pflegte: Bevor das Brot angeschnitten wurde, war es heilige Pflicht mit dem Messer dreimal das Kreuz darüber zuschlagen, erst dann wurde aufgeschnitten und zwar aus der Hand mit dem Messerschnitt zur Brust zu. Und auf dem Härtsfeld waren das schon mal große 1,5 kg- oder 3‑Kg-Bauernbrotlaibe.
Mobilität
war und ist am Härtsfeld extrem wichtig. In den Nachkriegsjahren ging man zu Fuß, fuhr mit dem Fahrrad und der Härtsfeldschättere. Und das über Entfernungen, da würden die Jungen heute „kein Bein mehr auf den Boden bekommen“, geschweige denn dass sie überhaupt ein Vorstellungsvermögen dafür entwickeln könnten.

Der erste Bus 1947 (Archiv Beck und Schubert)

Der erste Härtsfelder 1948 (Archiv Beck und Schubert)

Der Härtsfelder on Tour (Archiv Beck und Schubert)

Der Härtsfelder on Tour (Archiv Beck und Schubert)

Der Oldtimerbus (Archiv Beck und Schubert)
Im Jahr 1947 begannen Albert Beck und Günther Schubert mit dem legendären „Härtsfelder“ in Ebnat im Auftrag von Carl Zeiss einen Werksverkehr für ihre Härtsfelder einzurichten. Das war eine typische Win-Win-Situation wie wir heute sagen würden. Beck und Schubert konnte von Beginn an rasant wachsen und investieren und Carl Zeiss hatte das Problem für eine pünktliche Verbindung zum und vom Arbeitsplatz gelöst. Und für die Härtsfelder selbst begann sich ab 1948/1949 ein Netz von Bus-Verbindungen über das Härtsfeld zu erstrecken, das es bis heute für Leute wie mich (ohne Führerschein) möglich ist das Härtsfeld zu besuchen und die Schönheiten dort oben zu genießen. Ein Jahr später wurde dann das bis heute erfolgreich bestehende Busunternehmen gegründet. Und bei Vereinsausflügen ist man selbstredend immer mit den Bussen von Beck und Schubert gefahren. Das war als Härtsfelder Ehrensache. Den Oldtimerbus Setra S 11 (mit dem ich in den 60ern auch einige Ausflüge des Kegelclubs Sonnenberg mitmachen durfte) kann man heute noch mieten, wie wir das beim letzten Schulzeit-Treff 2016 getan haben. Im letzten Jahr ist auch der weithin bekannte Bus-Chauffeur Horst Saemann 93jährig und sein Chef Günther Schubert 88jährig gestorben.

Todesanzeige des Busfahrers Horst Saemann (Archiv Schwäpo)
Auch hier sei zur Ergänzung die Website des Oldtimerbusses empfohlen http://oldtimerbus-der-haertsfelder.de
Eine Besonderheit war, und ist heute wieder, unsere alte geliebte „Schättere“.

Fahrplan Aalen-Ballmertshofen vom 1. Mai 1905 (Eisenbahnarchiv)

Fahrplan Aalen-Dillingen vom 28. Mai 1972 (Eisenbahnarchiv)

Dampfzug Klosteracker Neresheim (Archiv Härtsfeldmuseum)

Dampfzug Viadukt Unterkochen (Archiv Härtsfeldmuseum)

Dampfzug Klosteracker Neresheim (Archiv Härtsfeldmuseum)

Härtsfeldbahnhof Aalen (Archiv Härtsfeldmuseum)

Härtsfeldbahnhof Aalen Schienenbus (Archiv Härtsfeldmuseum)

Alte Fahrkarten für die Härtsfeldbahn (Archiv Härtsfeldmuseum)
Die damals 39 km lange Strecke von Aalen nach Balmertshofen wurde am 30. Oktober 1901 in Betrieb genommen, am 3. April 1906 wurde die Erweiterung bis Dillingen eröffnet und am 30. September 1972 die gesamte Strecke stillgelegt. Das Herz der ganzen Strecke war der Bahnhof Neresheim. Von hier aus wurden das Personal und die Aufgaben organisiert. In Spitzenzeiten arbeiten ca. 70 Menschen für den Betrieb auf der Strecke. Dazwischen gab es immer wieder Diskussionen um die Ertragslage und um die Stilllegung. Doch wieder und wieder gab es eine Galgenfrist durch ein erhöhtes Aufkommen während des I. und nach dem II. Weltkrieg. In den 50ern wird sie nochmals technisch modernisiert (Umstellung von Dampf auf Diesel), bevor sie 1972 „ermordet“ und bis 1976 „beseitigt“ wurde. Aber 1984 begann die Wiedergeburt des Bähnles. Es bedurfte einiger Verrückter, die Unmögliches schaffen wollten und sich zum „Freundeskreis Schättere“ zusammenschlossen. Für viele Details empfehle ich die nachfolgende WebSite
https://de.wikipedia.org/wiki/Härtsfeldbahn und
http://ibwollny.de/haertsfeldbahn/geschi.htm
Zwischen Geburt und Tod des Bähnles lag ein reiches Eisenbahnleben zwischen Aalen und Dillingen, das ganze Familien stark prägte. Ich erinnere mich noch gut daran als Vati mit uns an der letzten Fahrt im Schienenbus bis Dischingen teilnahm. Eine Ära ging zu Ende, die gottseidank durch den Museumsverein in unwahrscheinlicher Anstrengung Stück für Stück ins Leben zurückgeführt wurde und eines nicht allzu fernen Tages von Neresheim bis Katzenstein fahren wird – wenigschtens Äbbes. Und auch für dieses Projekt gilt der alte Spruch: „Wenn man mal angefangen hat, geht’s“. Im Rahmen unseres Schulzeit-Treffs hatten wir im Museum in Neresheim eine Führung. Dabei wurde die Frage gestellt, wieso man nicht die ganze Strecke neu aufbauen würde. Darauf antwortete Jürgen Ranger, dass 1 KM Schiene rundherum 1 Million Euro kosten würde. Na denn – ein Megasponsor mit mindestens 30 Mio. € wird gesucht. Noch ein Tipp. Auf Youtube gibt es zahlreiche interessante wirklich sehenswerte Filme dazu und in der SWR Mediathek einen Film des SWR aus der Redaktion „Eisenbahnromantik“ zum 100jährigen Geburtstag des Bähnles.
Jürgen Ranger – Brücke zum Härtsfeld in neuem Glanz (zum PDF bitte klicken)
Der Verein der Härtsfelder
Nach einem Zeitungsaufruf wurde dieser am 24. November 1928 in Aalen im Gasthaus „Eintracht“ gegründet. Vermutlich kamen sich die vielen Härtsfelder, die aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen waren sich ihren Lebensunterhalt im Kochertal zu verdienen, wie in einer Diaspora vor. Also wurde flugs ein Verein gegründet mit den Zielen „Landsmannschaftliche Hilfe zu gewähren, heimatliche Verbundenheit und Brauchtum zu pflegen, gesellige Unterhaltung zu organisieren sowie nostalgischen Gefühlen nachzugehen“. Der Verein veranstaltete Wanderungen, Ausflüge, aber auch Empfänge wie seinerzeit für den großen Härtsfeld-Förderer und Politiker Dr. jur. Adalbert Seifriz, der aus Neresheim stammte.

Neresheim in alter Zeit (Archiv Müller)
Der erste Vorsitzende war Karl Abele, der letzte mein Onkel Kaspar Müller jun. Im Jahre 2011 kam das Ende. Der Verein musste mangels Mitglieder aufgelöst werden und spendete sein Vereinsvermögen sozialen Einrichtungen. Damit geht auch hier eine Ära zu Ende, weil manche Vereine den sozialen Wandel in der Gesellschaft nicht überstehen.
Erich Günther von Günther & Schramm
hat früher regelmäßig im Blättle seine dichterischen Qualitäten zum Besten gegeben. Darunter auch eines mit dem Titel „D’r nui Rektor kommt“. Bezogen auf den Amtsantritt von Georg Hagmann der von Ebnat nach Oberkochen (also von oben nach unten) befördert wurde. Da heißt es in den letzten Zeilen hinsichtlich der Bedeutung des Härtsfeldes.
Vom Härtsfeld kommt er zu ons rah
Drum muaß er sei a braver Ma
Denn’s Sprüchle hoißt
„Der wo d’hoim net folge tuat
Den schickt m’r, I gib d‘ Hand dir drauf
Bloß geradewegs auf’s Härtsfeld nauf“.
Ein Gedicht über’s Härtsfeld
Bei einem Besuch bei Rita Grupp (Golda-Bäuerin) übergab sie mir ein Gedicht, das zu diesem Artikel perfekt passt. Die Sprache alt, das Versmaß grob, aber bei einer Liebeserklärung des Wilhelm Nieß (über ihn war die Recherche erfolglos) darf das mal so sein. (Anmerkung: „Die junge Pfalz“ ist ein Gasthaus in Dischingen):
Das Härtsfeld und die junge Pfalz – von Wilhelm Nieß
Wo Jagst und Kocher sind zu sehen,
es Hohen-Alfing nur kann sein.
Von hier aus lädt dich über Höhen
Ein Pfad zum Härtsfeld südwärts ein.
Hüttlingen, Hofen westlich sind,
Dalkingen, Buch im Nord‘ man find’t.
Mit Schönenberg, Ellwangens Schloss
Ist Niederalfing’s Burg auch groß.
Am Braunenberg steht auf der Höhe
Der Funk- und auch der Fernsehturm.
Röthardt, das ist ganz in der Nähe,
die Ostalb schaust Du Menschenwurm.
Staufen, Rechberg, und Rosenstein
Sind hier in deinem Blickfeld fein.
Am Kolbenberg im Wellandhaus
Ruht sich das deutsche Staatshaupt aus.
Von Vaterswald und auch vom Baierstein
Siehst Aalen, Himmlingen und Grauleshof.
Bei Brastelburg, da muss Waldhausen sein.
Deutschorden Kapfenburg einst schuf.
Im Süden ist Affalterwang,
Ebnat liegt an der Härtsfeldbahn.
Bei Elchingen ist Bärenloh,
durch Stetten Neresheim geht’s zu.
Es winkt dir hier ein schönes Kloster,
ein Bauwerk, das sich sehen lässt.
Wertvoller ist’s wenn du als Tröster
für Mitmenschen es nicht vergisst,
dass Gottes Gabe nur allein
uns hie rund ewig kann erfreu’n,
drum schaue nicht auf Bau und Prunk.
Nur Jesu Blut macht uns gesund.
Die Jünger Jesu einstens meinten:
„Sieh‘, welch ein Bau der Tempel ist“,
nach 70 viele Juden weinten,
weil Menschenwerk nicht ewig ist.
Ein Tempel Gottes kann nur sein,
Der Mensch als Ebenbild allein,
wenn er als Bruder / Schwester Jesu Christ
aus Gottes Geist geboren ist.
Das Härtsfeld möchte‘ uns alle lehren,
viel Steine gibt’s und wenig Brot,
selbst schönster Marmor wird nicht währen,
sie marterten einst Christum tot.
Nur wenn wir essen Lebensbrot
Und trinken von dem teuren Blut,
bringt uns die Liebe Gottes dann
zur ew’gen Herrlichkeit hinan.
Der „Jungen Pfalz“ möcht‘ ich gedenken,
Thurn-Taxis erster Spross der Post.
In Dischingen kann Egau schenken
Erholung, die uns macht getrost.
In Ballmertshofen Haltepunkt
Der Bahn einst, bis sie Anschluss fand
Nach Dillingen am Donaustrand.
Europas Geist noch nicht bekannt.
Es wär‘ hier vieles zu erzählen
Von Kocherburg und Hüttenwerk.
Nach Kapfenburg findst du auch Hülen.
Die Glassteig führt nach Hohenberg,
das wiederum ab Bopfingen
mit Beuren, Hoh’loh, Riffingen,
Dorfen und Härtsfeldhausen ist.
Christgarten mahnt an Jesus Christ.
Schweindorf und Kösingen einst Grenzen,
blau-weiße Pfähle wirkten hier.
Merkingen Dorf und Weiler wünschen
Sich trotzdem bayerisches Bier.
Durch Dehlingen ging Römderstrß‘,
bei Ohmenheim wächst Korn und Gras,
nach Hohlenstein Hof Fluertshaus‘,
in Katzenstein gibt’s guten Schmaus.
Viel Hirsch zeigt dir der Park von Duttenstein,
durch Tragenhofen kommst du hin.
Elchingen’s Flugplatz flecht ich gerne ein,
wer fliegen will muss sein seht kühn.
Zum Himmelsflug gehört viel Mut.
Wer edel denkt hat’s dabei gut,
doch alles muss gelernet sein.
Die Knechte Jesu zeigen’s fein.
Groß- und Kleinkuchen muss ich nennen,
nicht weit davon ist Auernheim.
In Steinweil‘ sich die Straßen trennen,
Nattheim siehst du und auch Fleinheim.
Nach Schnaitheim zeigt sich Heidenheim
Mit Voith, Cattun und Hartmann fein,
das Vieler Ziel und Ausgangsort
für Arbeit und für Gottes Wort.
Als Wandrer zwischen beiden Welten,
in Gott allein die Ruh‘ du findest.
Sieh Gottes Macht in Sterngezelten.
Er schickt den Knecht mit dem Verdienst
Von Jesus Christ als Friedensgruß,
drob alles leid verstimmen muss.
Ja Gottes Knecht teilt Segen aus,
sag’s Härtsfeld, Egau jedem Haus.
Aller HERZlichsten Dank aufs Härtsfeld und an das Schwäpo-Archiv!
Für die Bereitstellung des Bildmaterials bedanke ich mich ganz herzlich bei Joachim Schubert vom Firma „Beck und Schubert“, bei Ingo Ehrlich vom Eisenbahnarchiv und bei Jürgen Ranger vom Verein Härtsfeld-Museumsbahn e.V.. Ohne dieses tolle Bildmaterial wäre dieser Artikel nur halb so schön. Zum Thema Härtsfelderverein hat Fr Bieg-Schray wieder für mich im Archiv gegraben. Alle Bilder gibt es wie immer auf der WebSite des Heimatvereins!
Es grüßt herzlich Wilfried Billie Wichai Müller vom Sonnenberg. Machen Sie mal wieder einen Ausflug aufs Härtsfeld, buchen Sie für Ausflüge den begehrten Härtsfelder-Oldie-Bus wie wir das bei unserem Schulzeit-Treff im September 2016 getan haben, besuchen Sie das „Härtsfeldbahn-Museum“ und fahren mit dem Bähnle Richtung Burg Katzenstein, die sich Stück für Stück ihrem Endziel Dischingen entgegenarbeitet. Es gibt dort oben Menschen, die mit Herzblut das alte Härtsfeld mit wichtigen Symbolen erhalten wollen. Das gilt es zu unterstützen.
Wilfried Billie Wichai Müller vom Sonnenberg
Nachtrag zu Bericht 667 über d’r Brunkel
1) Ich traf des Trittlers Done mit seiner lieben Mone und er ergänzte noch, dass die Wiesen im Brunkel einst als Versuchsfeld für eine Eisbahn dienten. Es wurden kleine Erdwälle errichtet, das innere Feld mit Wasser geflutet – nur konnte man danach nicht Eislaufen, weil jeder Grashalm von einer Eishülle umgeben war und das ganze vermutlich mehr wie eine eisiges Stalagmitenfeld aussah. Schön war es bestimmt, aber eben nicht zu gebrauchen. Heute haben wir zwar eine Eisbahn, aber mangels dazu passender Winter sieht man sie nicht.
2) Natürlich wurde der unabsichtlich versteckte ☺ Bild-Fehler zur Kapelle im Weingarten von Ludwig Burghard sowie Rudi und Helga Fischer entdeckt. Es handelt sich tatsächlich um den Blick vom Mahd aus. Vielleicht sollten wir öfters einen Fehler verstecken, denn das erhöht deutlich die nachträgliche Kommunikation ☺ ?
3) Des Weiteren wurde aufgedeckt, dass der Küfermeister auf dem Bild mit den Fässern der Adolf Wunderle ist.