Norma­ler­wei­se berich­ten wir ausschließ­lich aus Oberko­chen, aber dieses Mal weiche ich einmal von dieser Regel ab. Ich schrei­be diesen Bericht, weil es zwischen dem Härts­feld und Oberko­chen schon immer eine enge Bezie­hung gab und gibt. Nicht wenige Oberko­che­ner stamm(t)en vom Härts­feld und viele Härts­fel­der mussten früher in Oberko­chen ihr Brot verdie­nen. Denn es gab auch eine Zeit vor Carl Zeiss in der die Firmen Bäuerle, Leitz und Grupp früher über 2.000 Menschen beschäf­tig­ten, von denen viele ihren Ursprung auf dem „Harten Feld“ hatten. Deshalb ist dieser Bericht gerecht­fer­tigt, auch wenn er nicht direkt über Oberko­chen erzählt. Aus Stutt­gar­ter Sicht galt lange der Spruch über die „drei Geißeln der Mensch­heit“: „Chole­ra, Malaria und von d’r Alb ra“ und das Härts­feld war für die Haupt­städ­ter nichts mehr als „Schwä­bisch-Sibiri­en“. Heute kommen sie am Wochen­en­de um das Härts­feld zu genie­ßen. So folgt nun eine kleine Liebes­er­klä­rung an die Heimat meines Vaters.

Das Härts­feld

nennen wir die Region zwischen Aalen, Nördlin­gen, Heiden­heim und Neres­heim. Die wichtigs­ten Orte/Ortsteile sind: Dunstel­kin­gen, Flein­heim, Auern­heim, Nattheim, Dischin­gen, Neres­heim (mit Elchin­gen, Dorfmer­kin­gen, Ohmen­heim), Bopfin­gen (mit Ober- und Unter­rif­fin­gen, Härts­feld­hau­sen) sowie die Aalener Stadt­tei­le Ebnat und Waldhau­sen. Das war für mich immer die Gegend aus der mein Vater stamm­te und meine Mutter nach dem Krieg als Schnei­de­rin auf den Bauern­hö­fen gegen Natura­li­en arbei­te­te. Haupt­be­zie­hungs­or­te sind Brastel­burg (hier wurde mein Vater geboren) und Waldhau­sen (hier lebten meine Großel­tern mit meinen Onkels). Wie könnte man das Härts­feld in den 50er und 60ern charak­te­ri­sie­ren? Vermut­lich kommt der Name von dem Begriff „Das ist ein hartes Feld“ (bewie­sen ist es nicht, aber es klingt echt und liegt nahe). Es war und ist ein steini­ges Land, aber nicht unfrucht­bar, das von seinen Bewoh­nern aber vollen Einsatz abver­lang­te um vernünf­ti­ge Erträ­ge zu erwirt­schaf­ten. Die Landschaft ist aber wegen seines Kalkbo­dens sehr trocken, da das Wasser schnell versi­ckert und sich in unter­ir­di­schen Seen sammelt, die für die Trink­was­ser­ver­sor­gung wichtig waren. Weil die Wasser­ver­sor­gung immer ein Problem war, wurde 1972 bei Dischin­gen das 8te Weltwun­der erbaut: Ein See auf dem Härts­feld. Die Alten konnten es kaum glauben. Und wir brachen natür­lich zu einer sonntäg­li­chen Besich­ti­gungs­tour auf um dem neuen See unsere Referenz zu erwei­sen. Landschaft­lich fällt die Heide auf, die geprägt ist von Wachol­dern und Schle­hen, Krüppel­kie­fern, Silber­dis­teln und stache­li­gem Gras. Forst­wirt­schaft und das Verschwin­den der Schaf­her­den führten aber zu einer Verän­de­rung: Mehr Wald, weniger Heide. Es war eine bäuer­li­che, zutiefst katho­li­sche Gegend mit Bewoh­nern, deren Charak­ter­ei­gen­schaf­ten schon sehr den Pflan­zen der Heide ähnel­ten: Hart im Wind stehend, dem Klima trotzend, die Nahrung dem Boden abrin­gend, sparsam im Ausdruck, gradraus, sehr „oiga“ und gottes­fürch­tig. Und das alles unter einem oft stahl­blau­em Himmel und einer eigen­ar­ti­gen ruhigen Atmosphä­re. Kurz, es waren harte, ehrli­che, arbeit­sa­me Menschen und durch­aus liebens­wert – mit Ausnah­men wie anders­wo auch. Eine Landschaft in der die Macht vom Bürger­moisch­ter, Lehrer, Pfarrer und Großbau­ern ausging. Alles andere musste sich fügen. Unten im Tal wurden sie „Härts­fel­der“ genannt und „Du Härts­fel­der“ war durch­aus negativ besetzt. Und nachsich­tig wurden seine vermeint­li­chen Schwä­chen mit den Worten abgetan „S isch halt a Härts­fel­der“. Heute ist es eine schöne Landschaft, die für uns unten im Tal mit dem zentral gelege­nen Kloster Neres­heim zum Naherho­lungs­ge­biet gewor­den ist. Man stelle sich nur einmal vor man hätte 1966 diese archi­tek­to­ni­sche Seele des Härts­fel­des abgeris­sen, nur weil die Tiefflie­ger eine zerstö­re­ri­sche Wirkung auf die Kuppel ausüb­ten. Das Härts­feld wäre seelisch, kunst­his­to­risch, barock und touris­tisch verarmt. Auch hier bedurf­te es Unter­stüt­zung von außen durch den „Verein zur Erhal­tung der Abtei­kir­che Neres­heim“ und 1975 konnte die Kirche neu renoviert wieder geöff­net werden. Heute ist sie wieder ein echtes Schmuck­stück. Mehr Details dazu unter https://de.wikipedia.org/wiki/Abtei_Neresheim und http://www.abtei-neresheim.de

6. Januar, dem Tag der Hl. Drei Könige

Das war unser jährli­cher Jour Fix am Härts­feld. Und meistens herrsch­te um diese Zeit der Winter mit eisiger kalter weißer Faust. Die Anfahrt mit dem Auto war nicht ohne, zumal wir einen Ford Taunus 12 M mit Vorder­rad­an­trieb hatten, der im Winter bei Schnee und Eis nicht immer das machte was der Herr mit Hut (mein Vati) hinter dem Steuer­rad wollte. Der Wald zwischen Unter­ko­chen und Ebnat sah nicht so aus wie heute (Das hat der Sturm „Lothar“ am 26. Dez 1999 grund­le­gend verän­dert). Große Nadel­bäu­me standen damals mit ihrer Schnee­last beladen bis an den Straßen­rand und es bestand immer die Gefahr des Astbru­ches. Zudem entstand dadurch eine dunkle bedrü­cken­de Atmosphä­re, die erst aufhör­te als man vor Ebnat den Wald verließ und die freie Schnee­land­schaft funkelnd im Sonnen­licht glitzer­te. Die Sonnen­win­ter­sei­te des Härts­fel­des. Einfach schön – auch heute noch. Für uns Kinder war das immer eine Art Grimm‘s‑Märchen-Wald in dem irgend­wo in den Tiefen des Waldes das Hexen­häus­chen stand und Hänsel und Gretel herum­irr­ten. Aber zurück zum 6. Januar, dem Namens­tag von Kaspar, Melchi­or und Baltha­sar. (CMB, das die Stern­sin­ger über der Haustür anbrin­gen ist nicht die Ansamm­lung der Abkür­zung der Königs­na­men sondern bedeu­tet „Chris­tus Mansio­nem Benedic­tat“. Auf gut Deutsch also „Chris­tus segne dieses Haus“.) Diese Vorna­men wurden in frühe­ren Zeiten dort oben oft verwen­det. Geburts­tag bedeu­te­te nahezu nichts, der Namens­tag wurde aber gebüh­rend gefei­ert. Und da unser Vadder Müller, der Opa und Famili­en-Patri­arch, Kaspar hieß, bestand Anwesen­heits­pflicht, wenn nicht gerade der Winter­Wet­ter­Gott mit Schnee­ver­we­hun­gen die Zufahrt nahezu unmög­lich machte. Also machten wir uns immer nach dem Mittag­essen auf den Weg hinauf, nach Waldhau­sen. Für uns Kinder war das ein langwei­li­ger Tag. Die Alten saßen zusam­men und sprachen über Gott und die Welt, die alltäg­li­chen Proble­me und den neues­ten Bauern­klatsch. Wir wurden vor den Fernse­her platziert und schau­ten das Drei-Königs-Sprin­gen der Vierschan­zen­tour­nee mit ihren Stars von damals und ihren heute lustig anzuschau­en­den Flugsti­len an, wie z.B. Helmut Reckna­gel, Max Bolkart und Dieter Neuen­dorf. Im Haus war immer ein Geruch von Tannen­na­deln und Orangen­scha­len, die auf die Herdplat­te gelegt wurden um eine winter­lich-roman­ti­sche Atmosphä­re zu schaf­fen. Beein­dru­ckend fand ich immer den Blick aus dem Küchen­fens­ter Richtung Geisel­wang. Die Doppel­fens­ter, die man zum Putzen mit einem Schlüs­sel öffnen musste, waren mit Eisblu­men übersäht und wenn der Schnee­sturm draußen tobte, sah das einfach spannend aus, wie der Schnee über die Straße getrie­ben wurde. Abends waren wir wieder froh zuhau­se am Sonnen­berg in Oberko­chen zu sein.

Sommer­ur­laub

Oberkochen

Das Haus vom Vadder Müller und der Hebamm‘ Babet­te (Archiv Müller)

In dieser Welt wollte Klein-Wilfried eines Tages einen Teil seiner Sommer­fe­ri­en verbrin­gen. Niemand konnte das in der Familie verste­hen. Warum will der Bub im Sommer nach Waldhau­sen? Dort macht man keine Ferien. Dort hat niemand Zeit für dich. Das machte mir nichts. Ich war schon immer gerne ein Allei­ner, der aber nie einsam war und sich schon immer selbst unter­hal­ten und beschäf­ti­gen konnte. Also wurde der Kinder­wunsch zwischen Eltern und Großel­tern bespro­chen und ich durfte 2 Wochen allei­ne aufs Härts­feld. Natür­lich war das auch eine Porti­on Vertrau­en, die in mich gesetzt wurde, denn tagsüber war ich tatsäch­lich meistens allei­ne. Zuerst erkun­de­te ich das Haus, das so anders war als unseres, da es auch mehr Menschen beher­berg­te und auch das Haus ist, in dem mein Bruder Harald (Spitz­na­me Boxer) geboren wurde: Kaspar sen. (der unumstrit­te­ne Chef), seine Frau Barba­ra (Babet­te die Hebam­me), ihre Kinder Kaspar jun. (der später die Tochter Candi­da vom Fässles-Wirt gehei­ra­tet hat), Josef (der beim Eugen Heiter in Ebnat Elektri­ker lernte und später an den Boden­see zog, Berufs­schul­leh­rer wurde und einen schwarz­haa­ri­gen Engel namens Rosma­rie Heilig heira­te­te) und Walter der Jüngs­te (der die Tochter Anne eines Großbau­ern – des Schwar­zen­bau­ers – in Waldhau­sen heira­te­te). Zum Übernach­ten hatte ich kein eigenes Bett und musste zwischen den Onkels in der Spalte schla­fen. Gewöh­nungs­be­dürf­tig waren für mich die sanitä­ren Einrich­tun­gen: Die Schlaf­zim­mer im oberen Stock beein­druck­ten durch Nacht­tisch­chen mit noch zu benut­zen­dem Boddscham­ber­le, ein kaltes zugiges Klo mit altem Zeitungs­pa­pier das nicht zum Lesen gedacht war. Im Schlaf­zim­mer der Großel­tern gab es kaltes fließen­des Wasser, d.h. sie hatten ein Lavabo (Wasch­tisch) wo das Wasser vom Wasser­krug in die Wasch­schüs­sel floss – gelobt sei was hart macht.

Zuerst durch­stö­ber­te ich das Haus und schau­te mir jedes Zimmer an und sah inter­es­san­te Sachen. Beson­ders das Zimmer mit den „elektri­schen Sachen“ wie alte Radios, Leitun­gen, Anten­nen u.ä.m. beein­druck­te mich. Bücher musste ich mir selbst mitbrin­gen, damit ich tagsüber bei Sonnen­schein im Garten in einer Liege in Ruhe lesen konnte. Apropos Ruhe, der Ort versprüh­te immer eine ländli­che Ruhe, weil wohl alle irgend­wo zur Arbeit waren – in der Fabrik, auf dem Feld oder im Wald. Dann streif­te ich durch den Ort, ging beim „Fässles-Wirt“ vorbei und holte mir meinen tägli­chen Apfel­saft ab. Dabei lernte ich dann einen älteren Buben kennen, der mich mit auf den elter­li­chen Hof nahm. Dort lernte ich bäuer­li­ches Leben kennen und half täglich freiwil­lig (!) fleißig mit (daheim drück­te ich mich möglichst vor jeder Arbeit): Beim Kartof­fel­schä­len, bei Arbei­ten auf dem Feld wie dem „Stoiner klauben“ und einiges mehr. Es machte mir Spaß mit dem Traktor mitzu­fah­ren und ein kleiner tempo­rä­rer Urlaubs­Bau­ern­Bub zu sein. Bis dahin hatte ich keinen Kartof­fel­sa­lat geges­sen – das wurde jetzt anders und Mutti verstand nicht, dass ich in Waldhau­sen plötz­lich Dinge aß, die ich zuhau­se ablehnte.

Oberkochen

Der Waldhäu­ser Müller-Clan um Kaspar und Babet­te (Archiv Müller)

Opa und die Onkels nahmen mich mit zum Holzma­chen in den Wald und lehrten mich, dass erst g’schafft und dann g’veschpert wird, und dass sogar ein Ranken trocke­nen Brotes schme­cken konnte wenn man vorher kräftig geschafft hat. Das wird heute noch gerne im Famili­en­kreis erzählt nach dem Motto: „Woisch no wo m’r mit Dir im Wald waret? Ja, I wois des scho no ond s isch guat gwäsa.” Überhaupt hat mir das Essen dort oben gefal­len. Gefrüh­stückt wurde anders als ich es kannte. Bevor alle aus dem Haus gingen gab es eine Schale Kaffee zum Eintun­ken von alten Brezeln oder ein schnel­les Gsälz­brot, Mittag­essen warm und Abend­essen kalt – Aber was ich gar nicht kannte war das 9‑Uhr-Vesper und das 16- Uhr-Vesper. Inter­es­san­ter­wei­se gibt es das in der Schweiz auch und heißt dort „Z’Nüni und Z’Vieri“. Um diese Zeiten wurde kräftig geves­pert, wie es Menschen brauch­ten, die körper­lich schwer arbei­te­ten. Da wir heute aber nicht mehr so kräftig arbei­ten, ist auch nur noch das 9‑Uhr-Vesper übrig­ge­blie­ben – und das wird im Süden Deutsch­lands sogar gewerk­schaft­lich hart vertre­ten. Damit man richtig neben der Wurst etwas auf dem Teller hatte, hatte die Oma einen großen Garten, in dem aller­lei Rohkost und viele Beeren geern­tet werden konnte. Und dazu gab es selbst gemach­ten Johan­nis­beer­saft aus den Tiefen des Kellers, in dem die herrlichs­ten Sachen aufbe­wahrt wurden, für die Zeit wo eben nichts mehr wuchs und auch die Regale in den Geschäf­ten entspre­chend leer waren. Bevor ich es verges­se, da war natür­lich immer ein beson­de­rer Ritus, den nicht nur die Oma sondern auch meine Mutti pfleg­te: Bevor das Brot angeschnit­ten wurde, war es heili­ge Pflicht mit dem Messer dreimal das Kreuz darüber zuschla­gen, erst dann wurde aufge­schnit­ten und zwar aus der Hand mit dem Messer­schnitt zur Brust zu. Und auf dem Härts­feld waren das schon mal große 1,5 kg- oder 3‑Kg-Bauern­brot­lai­be.

Mobili­tät

war und ist am Härts­feld extrem wichtig. In den Nachkriegs­jah­ren ging man zu Fuß, fuhr mit dem Fahrrad und der Härts­feld­schät­te­re. Und das über Entfer­nun­gen, da würden die Jungen heute „kein Bein mehr auf den Boden bekom­men“, geschwei­ge denn dass sie überhaupt ein Vorstel­lungs­ver­mö­gen dafür entwi­ckeln könnten.

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Der erste Bus 1947 (Archiv Beck und Schubert)

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Der erste Härts­fel­der 1948 (Archiv Beck und Schubert)

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Der Härts­fel­der on Tour (Archiv Beck und Schubert)

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Der Härts­fel­der on Tour (Archiv Beck und Schubert)

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Der Oldti­mer­bus (Archiv Beck und Schubert)

Im Jahr 1947 began­nen Albert Beck und Günther Schubert mit dem legen­dä­ren „Härts­fel­der“ in Ebnat im Auftrag von Carl Zeiss einen Werks­ver­kehr für ihre Härts­fel­der einzu­rich­ten. Das war eine typische Win-Win-Situa­ti­on wie wir heute sagen würden. Beck und Schubert konnte von Beginn an rasant wachsen und inves­tie­ren und Carl Zeiss hatte das Problem für eine pünkt­li­che Verbin­dung zum und vom Arbeits­platz gelöst. Und für die Härts­fel­der selbst begann sich ab 1948/1949 ein Netz von Bus-Verbin­dun­gen über das Härts­feld zu erstre­cken, das es bis heute für Leute wie mich (ohne Führer­schein) möglich ist das Härts­feld zu besuchen und die Schön­hei­ten dort oben zu genie­ßen. Ein Jahr später wurde dann das bis heute erfolg­reich bestehen­de Busun­ter­neh­men gegrün­det. Und bei Vereins­aus­flü­gen ist man selbst­re­dend immer mit den Bussen von Beck und Schubert gefah­ren. Das war als Härts­fel­der Ehren­sa­che. Den Oldti­mer­bus Setra S 11 (mit dem ich in den 60ern auch einige Ausflü­ge des Kegel­clubs Sonnen­berg mitma­chen durfte) kann man heute noch mieten, wie wir das beim letzten Schul­zeit-Treff 2016 getan haben. Im letzten Jahr ist auch der weithin bekann­te Bus-Chauf­feur Horst Saemann 93jährig und sein Chef Günther Schubert 88jährig gestorben.

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Todes­an­zei­ge des Busfah­rers Horst Saemann (Archiv Schwäpo)

Auch hier sei zur Ergän­zung die Website des Oldti­mer­bus­ses empfoh­len http://oldtimerbus-der-haertsfelder.de
Eine Beson­der­heit war, und ist heute wieder, unsere alte gelieb­te „Schät­te­re“.

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Fahrplan Aalen-Ballmerts­ho­fen vom 1. Mai 1905 (Eisen­bahn­ar­chiv)

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Fahrplan Aalen-Dillin­gen vom 28. Mai 1972 (Eisen­bahn­ar­chiv)

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Dampf­zug Kloster­acker Neres­heim (Archiv Härtsfeldmuseum)

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Dampf­zug Viadukt Unter­ko­chen (Archiv Härtsfeldmuseum)

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Dampf­zug Kloster­acker Neres­heim (Archiv Härtsfeldmuseum)

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Härts­feld­bahn­hof Aalen (Archiv Härtsfeldmuseum)

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Härts­feld­bahn­hof Aalen Schie­nen­bus (Archiv Härtsfeldmuseum)

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Alte Fahrkar­ten für die Härts­feld­bahn (Archiv Härtsfeldmuseum)

Die damals 39 km lange Strecke von Aalen nach Balmerts­ho­fen wurde am 30. Oktober 1901 in Betrieb genom­men, am 3. April 1906 wurde die Erwei­te­rung bis Dillin­gen eröff­net und am 30. Septem­ber 1972 die gesam­te Strecke still­ge­legt. Das Herz der ganzen Strecke war der Bahnhof Neres­heim. Von hier aus wurden das Perso­nal und die Aufga­ben organi­siert. In Spitzen­zei­ten arbei­ten ca. 70 Menschen für den Betrieb auf der Strecke. Dazwi­schen gab es immer wieder Diskus­sio­nen um die Ertrags­la­ge und um die Still­le­gung. Doch wieder und wieder gab es eine Galgen­frist durch ein erhöh­tes Aufkom­men während des I. und nach dem II. Weltkrieg. In den 50ern wird sie nochmals technisch moder­ni­siert (Umstel­lung von Dampf auf Diesel), bevor sie 1972 „ermor­det“ und bis 1976 „besei­tigt“ wurde. Aber 1984 begann die Wieder­ge­burt des Bähnles. Es bedurf­te einiger Verrück­ter, die Unmög­li­ches schaf­fen wollten und sich zum „Freun­des­kreis Schät­te­re“ zusam­men­schlos­sen. Für viele Details empfeh­le ich die nachfol­gen­de WebSite
https://de.wikipedia.org/wiki/Härtsfeldbahn und
http://ibwollny.de/haertsfeldbahn/geschi.htm

Zwischen Geburt und Tod des Bähnles lag ein reiches Eisen­bahn­le­ben zwischen Aalen und Dillin­gen, das ganze Famili­en stark prägte. Ich erinne­re mich noch gut daran als Vati mit uns an der letzten Fahrt im Schie­nen­bus bis Dischin­gen teilnahm. Eine Ära ging zu Ende, die gottsei­dank durch den Museums­ver­ein in unwahr­schein­li­cher Anstren­gung Stück für Stück ins Leben zurück­ge­führt wurde und eines nicht allzu fernen Tages von Neres­heim bis Katzen­stein fahren wird – wenigschtens Äbbes. Und auch für dieses Projekt gilt der alte Spruch: „Wenn man mal angefan­gen hat, geht’s“. Im Rahmen unseres Schul­zeit-Treffs hatten wir im Museum in Neres­heim eine Führung. Dabei wurde die Frage gestellt, wieso man nicht die ganze Strecke neu aufbau­en würde. Darauf antwor­te­te Jürgen Ranger, dass 1 KM Schie­ne rundher­um 1 Milli­on Euro kosten würde. Na denn – ein Megaspon­sor mit mindes­tens 30 Mio. € wird gesucht. Noch ein Tipp. Auf Youtube gibt es zahlrei­che inter­es­san­te wirklich sehens­wer­te Filme dazu und in der SWR Media­thek einen Film des SWR aus der Redak­ti­on „Eisen­bahn­ro­man­tik“ zum 100jährigen Geburts­tag des Bähnles.

Jürgen Ranger – Brücke zum Härts­feld in neuem Glanz (zum PDF bitte klicken)

Der Verein der Härtsfelder

Nach einem Zeitungs­auf­ruf wurde dieser am 24. Novem­ber 1928 in Aalen im Gasthaus „Eintracht“ gegrün­det. Vermut­lich kamen sich die vielen Härts­fel­der, die aus wirtschaft­li­chen Gründen gezwun­gen waren sich ihren Lebens­un­ter­halt im Kocher­tal zu verdie­nen, wie in einer Diaspo­ra vor. Also wurde flugs ein Verein gegrün­det mit den Zielen „Lands­mann­schaft­li­che Hilfe zu gewäh­ren, heimat­li­che Verbun­den­heit und Brauch­tum zu pflegen, gesel­li­ge Unter­hal­tung zu organi­sie­ren sowie nostal­gi­schen Gefüh­len nachzu­ge­hen“. Der Verein veran­stal­te­te Wande­run­gen, Ausflü­ge, aber auch Empfän­ge wie seiner­zeit für den großen Härts­feld-Förde­rer und Politi­ker Dr. jur. Adalbert Seifriz, der aus Neres­heim stammte.

Oberkochen

Neres­heim in alter Zeit (Archiv Müller)

Der erste Vorsit­zen­de war Karl Abele, der letzte mein Onkel Kaspar Müller jun. Im Jahre 2011 kam das Ende. Der Verein musste mangels Mitglie­der aufge­löst werden und spende­te sein Vereins­ver­mö­gen sozia­len Einrich­tun­gen. Damit geht auch hier eine Ära zu Ende, weil manche Verei­ne den sozia­len Wandel in der Gesell­schaft nicht überstehen.

Erich Günther von Günther & Schramm

hat früher regel­mä­ßig im Blätt­le seine dichte­ri­schen Quali­tä­ten zum Besten gegeben. Darun­ter auch eines mit dem Titel „D’r nui Rektor kommt“. Bezogen auf den Amtsan­tritt von Georg Hagmann der von Ebnat nach Oberko­chen (also von oben nach unten) beför­dert wurde. Da heißt es in den letzten Zeilen hinsicht­lich der Bedeu­tung des Härtsfeldes.

Vom Härts­feld kommt er zu ons rah
Drum muaß er sei a braver Ma
Denn’s Sprüch­le hoißt
„Der wo d’hoim net folge tuat
Den schickt m’r, I gib d‘ Hand dir drauf
Bloß gerade­wegs auf’s Härts­feld nauf“.

Ein Gedicht über’s Härtsfeld

Bei einem Besuch bei Rita Grupp (Golda-Bäuerin) übergab sie mir ein Gedicht, das zu diesem Artikel perfekt passt. Die Sprache alt, das Versmaß grob, aber bei einer Liebes­er­klä­rung des Wilhelm Nieß (über ihn war die Recher­che erfolg­los) darf das mal so sein. (Anmer­kung: „Die junge Pfalz“ ist ein Gasthaus in Dischingen):

Das Härts­feld und die junge Pfalz – von Wilhelm Nieß

Wo Jagst und Kocher sind zu sehen,
es Hohen-Alfing nur kann sein.
Von hier aus lädt dich über Höhen
Ein Pfad zum Härts­feld südwärts ein.
Hüttlin­gen, Hofen westlich sind,
Dalkin­gen, Buch im Nord‘ man find’t.
Mit Schönen­berg, Ellwan­gens Schloss
Ist Niederalfing’s Burg auch groß.
Am Braunen­berg steht auf der Höhe
Der Funk- und auch der Fernseh­turm.
Röthardt, das ist ganz in der Nähe,
die Ostalb schaust Du Menschen­wurm.
Staufen, Rechberg, und Rosen­stein
Sind hier in deinem Blick­feld fein.
Am Kolben­berg im Welland­haus
Ruht sich das deutsche Staats­haupt aus.
Von Vaters­wald und auch vom Baier­stein
Siehst Aalen, Himmlin­gen und Grauleshof.
Bei Brastel­burg, da muss Waldhau­sen sein.
Deutsch­or­den Kapfen­burg einst schuf.
Im Süden ist Affal­ter­wang,
Ebnat liegt an der Härts­feld­bahn.
Bei Elchin­gen ist Bären­loh,
durch Stetten Neres­heim geht’s zu.
Es winkt dir hier ein schönes Kloster,
ein Bauwerk, das sich sehen lässt.
Wertvol­ler ist’s wenn du als Tröster
für Mitmen­schen es nicht vergisst,
dass Gottes Gabe nur allein
uns hie rund ewig kann erfreu’n,
drum schaue nicht auf Bau und Prunk.
Nur Jesu Blut macht uns gesund.
Die Jünger Jesu einstens meinten:
„Sieh‘, welch ein Bau der Tempel ist“,
nach 70 viele Juden weinten,
weil Menschen­werk nicht ewig ist.
Ein Tempel Gottes kann nur sein,
Der Mensch als Ebenbild allein,
wenn er als Bruder / Schwes­ter Jesu Christ
aus Gottes Geist geboren ist.
Das Härts­feld möchte‘ uns alle lehren,
viel Steine gibt’s und wenig Brot,
selbst schöns­ter Marmor wird nicht währen,
sie marter­ten einst Chris­tum tot.
Nur wenn wir essen Lebens­brot
Und trinken von dem teuren Blut,
bringt uns die Liebe Gottes dann
zur ew’gen Herrlich­keit hinan.
Der „Jungen Pfalz“ möcht‘ ich geden­ken,
Thurn-Taxis erster Spross der Post.
In Dischin­gen kann Egau schen­ken
Erholung, die uns macht getrost.
In Ballmerts­ho­fen Halte­punkt
Der Bahn einst, bis sie Anschluss fand
Nach Dillin­gen am Donau­strand.
Europas Geist noch nicht bekannt.
Es wär‘ hier vieles zu erzäh­len
Von Kocher­burg und Hütten­werk.
Nach Kapfen­burg findst du auch Hülen.
Die Glassteig führt nach Hohen­berg,
das wieder­um ab Bopfin­gen
mit Beuren, Hoh’loh, Riffin­gen,
Dorfen und Härts­feld­hau­sen ist.
Christ­gar­ten mahnt an Jesus Christ.
Schwein­dorf und Kösin­gen einst Grenzen,
blau-weiße Pfähle wirkten hier.
Merkin­gen Dorf und Weiler wünschen
Sich trotz­dem bayeri­sches Bier.
Durch Dehlin­gen ging Römderstrß‘,
bei Ohmen­heim wächst Korn und Gras,
nach Hohlen­stein Hof Fluerts­haus‘,
in Katzen­stein gibt’s guten Schmaus.
Viel Hirsch zeigt dir der Park von Dutten­stein,
durch Tragen­ho­fen kommst du hin.
Elchingen’s Flugplatz flecht ich gerne ein,
wer fliegen will muss sein seht kühn.
Zum Himmels­flug gehört viel Mut.
Wer edel denkt hat’s dabei gut,
doch alles muss geler­net sein.
Die Knech­te Jesu zeigen’s fein.
Groß- und Klein­ku­chen muss ich nennen,
nicht weit davon ist Auern­heim.
In Stein­weil‘ sich die Straßen trennen,
Nattheim siehst du und auch Flein­heim.
Nach Schnait­heim zeigt sich Heiden­heim
Mit Voith, Cattun und Hartmann fein,
das Vieler Ziel und Ausgangs­ort
für Arbeit und für Gottes Wort.
Als Wandrer zwischen beiden Welten,
in Gott allein die Ruh‘ du findest.
Sieh Gottes Macht in Stern­ge­zel­ten.
Er schickt den Knecht mit dem Verdienst
Von Jesus Christ als Friedens­gruß,
drob alles leid verstim­men muss.
Ja Gottes Knecht teilt Segen aus,
sag’s Härts­feld, Egau jedem Haus.

Aller HERZlichs­ten Dank aufs Härts­feld und an das Schwäpo-Archiv!

Für die Bereit­stel­lung des Bildma­te­ri­als bedan­ke ich mich ganz herzlich bei Joachim Schubert vom Firma „Beck und Schubert“, bei Ingo Ehrlich vom Eisen­bahn­ar­chiv und bei Jürgen Ranger vom Verein Härts­feld-Museums­bahn e.V.. Ohne dieses tolle Bildma­te­ri­al wäre dieser Artikel nur halb so schön. Zum Thema Härts­fel­der­ver­ein hat Fr Bieg-Schray wieder für mich im Archiv gegra­ben. Alle Bilder gibt es wie immer auf der WebSite des Heimatvereins!

Es grüßt herzlich Wilfried Billie Wichai Müller vom Sonnen­berg. Machen Sie mal wieder einen Ausflug aufs Härts­feld, buchen Sie für Ausflü­ge den begehr­ten Härts­fel­der-Oldie-Bus wie wir das bei unserem Schul­zeit-Treff im Septem­ber 2016 getan haben, besuchen Sie das „Härts­feld­bahn-Museum“ und fahren mit dem Bähnle Richtung Burg Katzen­stein, die sich Stück für Stück ihrem Endziel Dischin­gen entge­gen­ar­bei­tet. Es gibt dort oben Menschen, die mit Herzblut das alte Härts­feld mit wichti­gen Symbo­len erhal­ten wollen. Das gilt es zu unterstützen.

Wilfried Billie Wichai Müller vom Sonnenberg

Nachtrag zu Bericht 667 über d’r Brunkel

1) Ich traf des Tritt­lers Done mit seiner lieben Mone und er ergänz­te noch, dass die Wiesen im Brunkel einst als Versuchs­feld für eine Eisbahn dienten. Es wurden kleine Erdwäl­le errich­tet, das innere Feld mit Wasser geflu­tet – nur konnte man danach nicht Eislau­fen, weil jeder Grashalm von einer Eishül­le umgeben war und das ganze vermut­lich mehr wie eine eisiges Stalag­mi­ten­feld aussah. Schön war es bestimmt, aber eben nicht zu gebrau­chen. Heute haben wir zwar eine Eisbahn, aber mangels dazu passen­der Winter sieht man sie nicht.

2) Natür­lich wurde der unabsicht­lich versteck­te ☺ Bild-Fehler zur Kapel­le im Weingar­ten von Ludwig Burghard sowie Rudi und Helga Fischer entdeckt. Es handelt sich tatsäch­lich um den Blick vom Mahd aus. Vielleicht sollten wir öfters einen Fehler verste­cken, denn das erhöht deutlich die nachträg­li­che Kommunikation ☺ ?

3) Des Weite­ren wurde aufge­deckt, dass der Küfer­meis­ter auf dem Bild mit den Fässern der Adolf Wunder­le ist.

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